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Jahrgang 104

Brüning undDietrich überdasErgebnis vonBasel

Ter Younoplon ist übeiholl Bordereiiung der nächsten Ewppe zur Tli!iutrev.,ion

--- Berlin, 28. Dez. Reichskanzler Dr. Brüning und NcichZsinanzminister Dietrich nahmen Gelegenheit, sich vor der Presse zu dem Baseler Ergebnis zu äußern.

Minister Dietrich führte aus, wie es zur Anrufung des Baseler Sonderausschusses gekommen sei und wies dar­aus hin, daß die Ausgaben des Sonderausschusses durch den Poungplan im Grunde genommen zu eng gezogen morden seien, io daß der Ausschuß infolgedessen bei seinen Feststel­lungen gehemmt gewesen sei. Es sei besonders erfreulich, daß die These, Deutschland wirtschafte schlecht, nicht mehr ausrechterhalten werden könne und daß nunmehr die Soli­dität der jetzigen Finanzwirtschast anerkannt worden sei. Zu den kritischen Bemerkungen über die Finanzgebarung in den früheren Jahren sei zu bemerken, es sei zwar rich­tig, daß die Ausgaben in den früheren Jahren übersteigert gewesen seien. Das sei aber wo anders ebenso gewesen. In Deutschland habe man in den letzten IS Jahren keinen kla­ren Einblick mehr in die wirtschaftlichen Möglichkeiten ge­winnen können, da Kriegswirtschaft, Jnslation und die Pe­riode der Hereinnahme der ausländischen Kredite sie ver­schleiert hätten. Tie Tatsache, daß das Ausland «ns soviel Geld g-'iehen habe, zeigt im übrigen, daß auch die anderen unsere Lage überschätzt haben. Diese Dinge gehören aber der Vergangenheit an.

Der Vizekanzler wies sodann darauf hin, daß die wesent­lichste Feststellung des Berichtes der Satz fei. in dem es heiße, daß der Ausschuß seine Aufgabe nicht vollständig er­füllt haben würde, wenn er eS unterließe, die Aufmerksam­keit der Negierungen aus die beispiellos schwere Krise in Deutschland zu lenken, deren Ausmaß zweifellos über die vom Aounavlan ins Anne gefaßte verhältnismäßig kurze Depression hinäuSgehe. Mit Befriedigung stellte Dr. Dietrich sodann fest, daß die Ursachen der gegenwärtigen Krise auch hier eindeutig Umrissen worden seien und daß auch hier ausdrücklich festgestellt werde, daß seit dem In­krafttreten des Noungplanes nicht nur der Umfang bcS Welthandels zusammengeschrumpst sei, sondern daß sich auch die Lasten aller in Gold festgesetzten Zahlungen durch das Fallen des Goldwertes in den letzten zwei Jahren außer­ordentlich erhöht hätten.

Im Zusammenhang gesehen, werde man deutscherseits folgendes feststellen dürfen: 1. Der Neue Plan ist überholt. Er ist von Voraussetzungen ausgegangen, die nicht eingetreten find.

2. Diese Voraussetzungen find in entscheidenden Punkten von den Staaten, mit denen Deutschland Handel treibt, zu denen vornehmlich die Vertragsschließenden gehören, da­durch beseitigt worden, baß sie in ihrer Handelspolitik das Gegenteil von dem tun, was sie sinngemäß nach dem Plan hätten tun müssen. Statt Deutschland die Zahlungen durch Warenimport, was die einzige Möglichkeit der Zahlung -arstellt, zu gestatten, haben sie diese Zahlungen durch Zollerhöhung, Kontingent, und Einfuhr­sperren unmöglich gemacht.

3. Es ist ein Fall etngetreten, den der Neue Plan über­haupt nicht vorsah, und es sind deswegen Maßnahmen not­wendig, die außerhalb der Möglichkeiten des Planes liegen, die nur von den Regierungen ergriffen werden können.

4. Werden solche Maßnahmen, die bas Vertrauen wieder Herstellen und die Voraussetzungen eines geordneten wirt­schaftlichen Verkehrs neu schaffen, nicht getroffen, so sind öle Folgen katastrophal sür alle Wirtschastsvölker Europas, aber auch für die überseeischen Länder.

Reichskanzler Dr. Brüning sprach sodann zunächst den deutschen Sachverständigen in Basel seinen wärmsten Dank aus. Er wies dann darauf hin, daß der Vase,er Bericht in Schürfe und Prägnanz zweifellos einen Rückschritt bedeute gegenüber dem früheren Baseler Bericht. Dies liege jedoch daran, baß die Aufgaben des Sonderausschusses durch den Aoungplan eng begrenzt feien, so daß die Aufgabe stän­dig darin bestanden habe, die hier gegebenen Klippen zu umschiffen. Im Ergebnis müsse festgestellt werden, daß nichts verbaut worden sei, wie das insbesondere aus den Feststellungen des Teiles IV hervorgehe, der den gegebenen Nahmen, wenn auch in vorsichtiger Form, zweifellos sprenge.

Wenn im Teil II festgestellt werde, daß Deutschland n a ch Ablauf der Krise wieder zahlungsfähig sei, so werde dies dadurch eingeschränkt, daß andererseits auch er­klärt werde, daß die Prosperität nur durch die Annahme der Empfehlungen des vierten Teiles wiedcrkehren könne. Es sei somit gelungen, alles das, was Parker Gilbert an Weltmeinnng gegen uns geschaffen habe, beiseite zu schie­ben. Im übrigen fei der gesamte Fragenkomplex noch nicht erschöpft, da sich ja erst »ach Abschluß der Still Halte­verhandlungen ein klares Bild gewinnen lassen

werde, auf Grund dessen dann die Regiernngskonferenz handeln könne.

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Die Berliner amtlichen Kreise sind der Meinung, daß sie mit dem Ergebnis von Basel -usrieden sein können, vor allem insoweit, als wenigstens irgendwelche Bindungen sür die nachfolgende politische Konferenz, die bei dem begrenz­ten Mandat der Sachverständigen immerhin zu befürchten waren, vermieden morden sind. Von deutscher Seite ist of­fenbar auch darauf hingewicsen worden, daß dieser Sach­verständigenausschuß, den wir eben wegen seiner begrenzren Mandate von vornherein für überflüssig halten, nur v»e erste Etappe auf dem Weg darstcllt. Die nächste Etappe be­deuten die Berliner Stillhalteverhandlungen. die über Weih­nachten unterbrochen sind, aber Ende Dezember wieder aus­genommen werben. Hier sitzen keine politisch beeinflußten Wirtschaftler, sondern Bankiers, die ihr Geld wieder haben wollen und die deshalb die Dinge sehr viel nüchterner an- sehen. Man darf daher auch erwarten, daß der Bericht, der von ihrer Seite kommt, ohne jede Beschönigung die Tat­sachen kennzeichnet und das nachholen wird, was in Basel versäumt worden ist. Er wirb dann den wirkungsvollen Auftakt bilden zu der eigentliche« Neparationskonferenz, deren Beginn um Mitte Januar erwartet wird.

England und der Baske« Bericht.

Zum Bericht der Baseler Sachverständige« erklärte Macdonald, er zeige deutlich die Notwendigkeit -es un­verzüglichen Zusammentritts -er Regierungskonserenz. Labt unS sofort zusammenkommen!" Das ist

die Metnuna des ««slsiche» Mlnistrrpriisidentrn.

Die Londoner ZeitungOb ferner" erklärt, die eng­lische Negierung werde daran festhalten, daß, wenn irgend möglich, jetzt in vollem Einvernehmen mit den beteiligten Regierungen eine Dauerlösung erzielt werde. Be­sonders wichtig sei die Stelle des Baseler Berichts, die von einer unverzüglichen Anpassung aller zwischenstaatlichen Schulde» jNeparationen und anderer Kriegsschulden! an die gegenwärtige zerrüttete Lage der Welt spreche. Dieser For­derung sollten sich sowohl die französischen politischen wie finanziellen Wünsche unterordnen. Im übrigen schreibt das Blatt mit rücksichtsloser Offenheit, daß die Nachkriegspolitik in Ihren wilden Rcparationsträumen die Welt von einem Unglück zum anderen geführt habe. Es sei völlig zweck­los. jetzt wieder eine neue Art von Poung- plan ausarbeitenzu wollen. Die Welt habe lange genug unter den Reparationen und Kriegsschulden gelitten. Sie könne diese Bürde nicht mehr länger mit sich Herum­schleppen.

Einsehen auch in Frankreich?

Der als Hetzblatt bekannte PariserTempS" hat über­raschend eine ruhigere Tonart angeschlagen. Das Malt zieht die Bilanz Deutschlands und kommt dabei zu dem Schluß, daß das Reich nicht in der Lage sei, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Die deutsch« Bilanz sei in Wahrheit eine Konkursbtlanz. Die Frage, vor -ie man nunmehr gestellt sei, sei die, ob eine Möglichkeit bestehe» Deutschland vor dem völligen Zusammenbruch zu retten, dessen Answir­kung für die ganze Welt unübersehbar wäre. Ausgabe der interessierten Negierungen sei es, die ihnen znfallende Ver­antwortung auf -er kommenden Konferenz auf sich zu neh­men, ohne sich dabei von egoistische» Gedankengängen leiten zu lasse«.

Wan« tritt die Regiernngskonferenz zusammen?

An zuständiger französischer Stelle betont man, daß die in -er französischen Presse veröffentlichten Nachrich­ten nicht zutresfen, wonach zwischen der französischen und englischen Regierung eine Einigung dahin erfolgt fei, daß die Regiernngskonferenz am 18. Januar im Haag stattfinden soll. Ein Termin für die Verhandlungen sei überhaupt noch nicht festgesetzt worden und es sei als Verhandlungsort nach wie vor Lausanne ins Auge gefaßt.

Amerika zieht sich zurück

In Washingtoner amtlichen Kreisen ivird erklärt, daß Amerika keinen Vertreter zur Haager Konferenz entsenden werde. Die Hoovcrrcgiernng beabsichtige Europa gegenüber so lange eine N i chte i n m i sch u n g spo l r t r k zu verfol­gen, als es sich nicht für die Sicherung der deutschen Zah­lungsfähigkeit und für die Vorbereitung zur Wiederkehr der europäischen wirtschaftlichen Erholung verbürge. Die Opposition im Kongreß gegen jegliche Zugeständnisse in der Schulöenfrage zwinge Sie Negierung, ihre ganze Kraft den inneren wirtschaftlichen Fragen zuzumenden. Augenblicklich sei selbst die Entsendung eines Beobachters zweifelhaft.

Tages-Zpiegel

Die WeihnachtSselertage sind im ganzen Reich ruhig ver, lausen. Lediglich am Heiligen Abend mußte« in Ha:.:'..rg eine Anzahl Nationalsozialisten wegen Verstoßes gegen die Notverordnung znr Sicherung des Weihnachtosrlcdens in Haft genommen werden.

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Reichskanzler und Neichsfinanzminister habe« sich vor der Presse über das Ergebnis von Basel geäußert, bas als eine nicht «nbesriedigend abgeschlossene Etappe aus dem Wege der Tribnlrevision z« betrachten ist.

DaS Neichskabinett wird voraussichtlich schon heute znsam» meutreten, um sich mit den Vorbereitungen zur Regie, ruugskouserenz zu befassen.

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Die Sowjetunion hat einen tschechoslowakischen Legations­sekretär ans Moskau ansgewiesen» weil er angeblich ein Attentat anf den Botschafter Japans vorbereitet haken soll; es dürste sich «m eine Spionageangclegenheit handeln.

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Der neuerliche Vormarsch der Japaner in -er Mandschurei hat die Washingtoner Negierung z« einem abermalige« Schritt in Tokio veranlaßt. Auch England «nd Frank, reich habe« Einspruch erhoben.

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Bei einem Eisenbahnunglück bei Riga«», in der Umgegend »»« Rom, wurden gestern drei Reisende getötet und 29 Verletzt. Ei« Zngzusammenstoß bei Moska« forderte über Weihnachten b Todesopfer.

Die Gedühteiiieiikung bei der Reichsposl

TU. Berlin, 28. Dez. Anfangs dieser Woche werben der Arbeitsausschuß und der Verwaltungsrat der Reichspost zu­sammentreten, um -ie vorgesehene Gebührensenkung im einzelnen festzulegen. Wie derBerliner Lokalanzei­ger" meldet, wird dem Arbeitsausschuß ein Vorschlag vor- ltegen, der u. a. eine Ermäßigung der Gebllhrenbercchnung für Pakete Vorsicht- Eine weitere Neuregelung soll dahin gehen, daß sich der Empfänger Pakete selbst abholen und damit die Zustellungsgebühr sparen kann. Im Fernsprech­wesen soll die Grundgebühr unangetastet bleiben, dagegen die Gesprächsgebühr herabgesetzt werden. Im Telegramm­verkehr soll die Gebühr für 1 Wort um 2 Pfg. herabgesetzt werden. Die Drucksachengebühr, die bisher für 20 Gramm 4 Pfg. betrug, soll auf S Pfg. gesenkt werden. Weiter soll bet Wurfsendungen eine gestaffelte Herabsetzung eintrcten. Briese, Zahlungsverkehr und Rundfunkgebühren sollen bei der Gebührensenkung nicht berücksichtigt werden.

Weihnochlen in der Sowjetunion

TU. Moska« (über Sowno). 28. Dez. In der gesamte» Sowjetunion wurde während der Weihnachtsfeiertage wie an gewöhnlichen Werktagen gearbeitet. Trotz der starken Gottlosenpropaganda waren die Kirchen in allen Teilen -es Landes, auch in Moskau und Leningrad, überfüllt. An einzelnen Stellen versuchten di« Gottlosen den Gottes­dienst zu stören. I« mehreren Fällen mußte die Miliz eiv- greifen, um die Ordnung wieder herzustellen.

Amerikanische Flottenmanöver

TU. Neuyork, 28. Dez. Die amerikanischen Kriegsmanö- ver finden unter Mitwirkung der gesamte« Kriegsmarine und eines Teils des HeereS Ende Februar und Anfang Mär- zwischen Hawai «nd dem amerikanischen Festland statt. Hawat soll dabei theoretisch gegen Angreifer verteidigt werden. Man befürchtet, daß die Manöver den Unwil­le» Tokios erregen werden.

Aufruhr in Chile

TU. Santiago jChilej, 28. Dez. Am Weihnachtsfeicrtag wurden bei einem Gefecht -wischen 300 Kommunisten und chilenischem Militär in Copoapo 11 Personen erschossen, darunter 2 Frauen. Die Kommunisten griffen die Kaserne eines Karabinieriregiments an und belagerten sie 3 Stun­den lang. Nach scharfem Gefecht gelang es den Truppen, die Kommunisten zurückzutreiben. Unter den Getöteten be­finde« sich ein Offizier, 2 Soldaten und 6 Zivilisten.

Erdbeben in Oberilalien

TU. Stom, 28. Dez. Am ersten Weihnachtsseiertag sind mehrcre Ortschaften in Friaul von einem Erdbeben heim­gesucht worden. In Artcgna sind zahlreiche Häuser beschä­digt worden. In Ofoppo und Gemona weisen mehrere Ge­bäude Riste ans. Das Erdbeben wurde auch in Mine und in Venedig verspürt.