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Nr. 287

Dienstag, den 8. Dezember 1931

Jahrgang 104

Die Notverordnung wird heute unterzeichnet

Reichskanzler Brüning begründet in einer Rundfunkrede die neue Verordnung

Regierungskrise an Weihnachten?

TU. Berlin» 8. Nov. Nachdem das Reichskabinett am Montag abend die Beratungen über die neue Notverord­nung endgültig abgeschlossen und den Text endgültig sor- muliert hat, wird der Reichskanzler heute vormittag vom Reichspräsidenten empfangen werden. Bei dieser Gelegen­heit wird die Unterzeichnung erfolgen. Die Veröffentlichung durch die Presse wird nach den bisherigen Dispositionen am Mittwoch früh erfolgen. Der vorgesehene Rundfunk­vortrag des Reichskanzlers über die neue Notverordnung wird voraussichtlich noch heute um 21 Uhr stattfinden.

lieber den Inhalt der neuen Notverordnung verlautet noch, datz die Gütertarife der Eisenbahn schon vom 16. Dezember ab um 2S v. H. gekürzt werden sollen, daß gleich­zeitig anch die Umsatzstener erhöht wird, von deren Er­trag die Regierung einen wesentlichen Teil des Defizits der Gemeinden abdccken zu können hofft. Bei den Gehalts­kürzungen ist die Regierung auf einen Durchschnittssatz von S v. H. gekommen, und zwar soll diese Kürzung erst am 1. Februar öurchgeführt werden, nachdem die Bemühungen um die Preissenkung sich ausgewirkt haben. Aehnlichcs scheint auch bei den Löhnen geplant zu sein.

Eine Warnung der Gewerkschaften

Der Vorsitzende des Allgem. Deutschen Gcwerkschafts- bundcs Leipart hat an Reichskanzler Brüning einen Brief gerichtet, in dem es heißt:

Aus der Unterredung, die meine Kollegen mit dem Herrn Reichsarbeitsmintster hatten, ist uns zur Kenntnis ge­kommen. daß die bevorstehende Notverordnung eine wei­tere Lohn- und Gehaltssenkung bringen soll, dergestalt, daß an einem bestimmten Zeitpunkt die Tarif­löhne ohne Rücksicht auf die Geltungsdauer der Verträge und unter Ausschaltung des ordentlichen Schlichtungsver­fahrens durch gesetzlichen Zwang auf den Stand vom 10. Januar 1927 herabgesetzt werden. Gegen solche Absicht erheben wir in letzter Stunde nochmals entschieden­sten Protest. Wir warnen die Reichsregierung, den Weg der Lohnsenkung noch weiter zu gehen und wir prote­stieren insbesondere gegen den geplanten Eingriff in das Tarifrecht. Die voraussehbaren Folgen, die sich hieraus ergeben müßten, wird auch die Regierung nicht tragen können. Wir erklären schon heute, daß wir jegliche Verantwortung ablehnen.

Wann die Parteien und Fraktionen zu der Notverord­nung Stellun- nehmen werden, steht noch nicht fest. Die Sozialdemoknen wollen am Donnerstag sich versammeln. Die anderen Parteien Ende der Woche. Der Aeltestenrat

wird daher kaum vor Montag oder Dienstag nächster Woche zusammentreten, um über den bis dahin zu erwartenden neuen kommunistischen Antrag auf Einberufung des Reichs­tags zu entscheiden. Ob es zu Ser traditionellen Weih- nachtskrise, die uns in den letzten Fahren ausnahms­weise erspart blieb, kommen wir-, ist noch durchaus ungewiß. Der über die Stimmung im sozialdemokratischen Lager im allgemeinen gut unterrichteteBerliner Börsenkurier" glaubt, daß die Sozialdemokraten das Kabinett weiter stützen werden. In der Wilhclmstraße erwartet man zuversichtlich, daß es dem schon oft bewährten taktischen Geschick des Kanz­lers auch jetzt wieder gelingen werde, zum mindesten eine Vertagung der Entscheidung über die Reichstags­einberufung bis nach Weihnachten durchzusetzen. Dabei mag die Erwägung mitspielen, daß einem Zusammentritt des Reichstages vor den Feiertagen auch technische Schmierig­keiten entgegenstehen.

Reist tziller nach Italien?

TU. Wien, 8. Dez. Adolf Hitler ist gestern das österreichische Visum für die Durchreise nach Ungarn und Italien bewilligt worden.

Die nationalsozialistischen Reichstagsabgeorbneten Dr. Nieland und Strieder, der erste Leiter -er Aus­ländsabteilung der NSDAP., letzterer Dezernent -er Par­tei für Italien, find auf ihrer Reife durch Italien in Rom eingetroffen. In Florenz hielt Dr. Nieland einen Vortrag über die Ziele und das Wesen des Nationalsozialismus. Die Nationalsozialisten stattete» im BundeSsekretariat eine« Höflichkeitsbesuch ab und legten einen Kranz am Ehrenmal für die gefallenen Faschisten nieder.

Die staatsparteiliche Reichstagsfraktionsgemeinschaft gegen Hitlers Aktivität

Die staatsparteiliche Reichstagsfraktionsgemeinschast hat ihren Vorsitzenden August Weber einstimmig beauftragt, an den Reichskanzler nachfolgenden Brief zu richten, -er dem Reichskanzler sofort zugelettet wurde:

Die staatsparteiliche Reichstagsfraktionsgemeinschaft hat sich mit den innerpolitischen Vorgängen der letzten Zeit und den Kundgebungen -es Herrn Hitler und seines Anhangs, insbesondere gegenüber dem Auslande und der auslän­dischen Presse beschäftigt. Die Fraktion ist geschlossen der Meinung, daß das passive Verhalten -er Reichsregierung zu dem herausfordernden, die Staatsautorität und die natio­nalen Interessen -er deutschen Politik aufs schwerste gefähr­dende Auftreten des Nationalsozialismus nicht mehr ver­ständlich und nicht mehr lange tragbar ist/

Der Basler Sonderausschuß tagt

Schwieriger Auftakt der Verhandlungen Der Italiener Beneduee

zum Präsidenten gewählt

Basel, 8. Dez. Am Montag trat der beratende Sonder­ausschuß der Internationalen Tributbank zusammen, der die Frage der deutschen Zahlungsfähigkeit auf Ersuchen der Neichsregierung erneut nachprttfen soll. Nach zweistündiger Eröffnungssitzung des Sonderausschusses der BIZ- wurde der Italiener Alberto Beneduce zum Präsidenten ge­wählt. Zum Generalsekretär wurde das italienische Mit­glied der BIZ., Piloti, und zu Sekretären die Herren Bles- fing, Rodenbach und Pollen ernannt. Ferner hat der Sonder­ausschuß noch die Hinznwahl der vier besonderen Mitglieder vorgenvmmen. Es wurden ernannt Direktor Dr. Bind- '/^ler vvn der Schweizerischen Kreditanstalt, der frühere holländische Minister Coljn und der schwedische Finanzsach­verständige Rydbeck, sowie der frühere südslawische Finanz- mimster Ginritsch.

Schließlich beschäftigte sich der Sonderausschuß noch mit verschiedenen organisatorischen und Verwaltungsfragen. Der Nachmittag dient den Mitgliedern dazu, das umfangreiche, von der deutschen Abordnung in drei Sprachen abgefaßte sondermateriol, das über die verschiedenen zu berührenden Punkte genauestens Aufschluß gibt, zu sichten.

Durch eine am Montag veröffentlichte Erklärung der Havasagentur, wonachder Arbcitsrahmen des Sonderaus­schusses sich nur auf die Erörterung -er Aushebung des ge­schützten Teiles der deutschen Zahlungen beziehen würde", ist die Lage stark verwickelt worden. Es wird jedoch ange­nommen, daß sowohl Amerika ivie die Neutralen eine aus- gleichcnde Vermittlung vornehmen werden.

Der Sonderausschuß der BIZ. dürfte aller Wahrschein­lichkeit nach heute seine Arbeiten fortsehen, um die geschäft­liche» Frage» endgültig zu regeln. Dr. Melchior hofft,

voraussichtlich am Mittwoch zu dem eigentlichen Kernpro­blem, der Prüfung' der deutschen Gesamtlage überzugehen, die er mtt einem Bericht einleiten wird. Deutschland hat dazu den Vertretern bereits umfangreiches Material in drei Sprachen zugestellt. Der deutsche Vertreter ist bereit, den Mitgliedern des Ausschusses in eingehender Weise Aufschluß über alle Fragen zu geben und diese, wenn gewünscht, noch durch Hinzuziehung des einen oder anderen besonderen Sachverständigen ergänzen zu lassen. Deutschland -ringt aber auf beschleunigte Beratungen, denn ein weiteres Hinauszögern der Regelung der Reparationsfrage gefährdet nicht nur die laufenden Kredite Deutschlands, sondern unter­gräbt seine ganze Kreditwirtschaft.

Vollständiges Moratorium für Tribute Zmn Zusammentritt des Sonderausschusses der BIZ. er­klärt dieTimes" in einem Leitartikel, Tributen könnten nur bezahlt werden, wenn der wirtschaftliche Wohlstand Deutschlands so weit wiederhergestellt sei, daß die Zahlungen ohne Gefährdung der Währung erfolgen könnten, die ihrerseits von der Wiederbelebung -es Vertrauens ab­hängig sei. Zu diesem Zweck müsse Deutschland eine hin­reichend lange Atempause gegeben werden. Es scheine unvermeidlich zu sein, daß der Ausschuß ein voll­ständiges Moratorium für alle Tributzah­lungen erklärt, und zwar so lange, bis Deutschlands in­nere Festigkeit wieder hcrgestellt sei. Eine Feststellung, welche Zahlungen überhaupt gemacht werden könnten, sei erst mög­lich, wenn dir Weltkrise beigelegt und die Handels-Bedin­gungen wieder einigermaßen normal seien. Aber selbst dann müsse man sicherstellen, Laß zukünftige Zahlungen niemals

Tages-Spiegel

Die sechste Notverordnung -er Neichsregierung wird heute erlasse« «n- morgen -ekanntgege-e« «erden.

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In Berlin hofft man, -atz sich eine Regierungskrise zu Weih» «achte« vermeide« lasse« «erde.

Der Sonderausschuß -er BIZ. hat nach schwierige« Bor» Verhandlungen de« Italiener Benednce zum Präsidenten gewählt.

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Der amerikanische Kongreß wurde gestern mittag in Washington feierlich eröffnet. 1<lw kommunistischeHunger- marsch"-Demonstranten mürben von der Polizei in Errip» fang genommen »nd beköstigt.

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Die Behandlung deS Mandschnristenikonflikts im Völker» bnndSrat scheint darauf hinansznlanfe«, datz der Rat sich aus Kosten Chinas mit Japan einigen »lrd.

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Der Erzbischof Dr. Karl Fritz von Freibnrg ist gestern »ach» mittag gestorben.

die deutsche Währung gefährden dürften, da sonst das ganze Gebäude des internationalen Kredits erneut in Verwirrung geraten müßte.

DieTimes" macht Frankreich erneut für Sie Schwierig­keiten verantwortlich und weist erneut darauf hin, baß die Handelskredite erhalten bleiben müßten, nm den deutschen Handel zu erhalten. Die Ergebnisse der Baseler Beratungen müßten sich zwangsläufig an den Layton-Bericht anschließen. Sobald die Tatsachen von den Sachverständige« klargslegt seien, sollte es der diplomatischen Konferenz möglich sein, zu einer praktischen Lösung z« kommen.

Vorerst keine Zollverhandlungen mit England

TU. London, 8. Dez. Wie dieDaily Telegraph" meldet, hat außer Frankreich auch noch eine andere Macht die ge­plante Entsendung einer Abordnung zur Ausnahme von Zollverhandlungen in London infolge eines Winks der eng­lischen Regierung verschoben. Offenbar ist damit Deutsch­land gemeint. Es dürfte auch für solche Verhandlungen noch nicht der geeignete Zeitpunkt gekommen sein. Fast alle Staaten haben um Verhandlungen nachgesucht. Der englische Handelsminister hat aber kategorisch erklärt, daß er von den Zöllen nicht abgehen werde. Im Frühjahr, wenn sich in Eng­land selbst der Psundsturz und der Hochschutzzoll in einer er­heblichen Steigerung aller Preise auswirken werden, dürf­te» sich auch dort die Stimmen mehren, die die Zölle nicht für das richtige Heilmittel für die englische Wirtschaft hal­ten und dann wir- für die Verhandlungen eine ganz andere Grundlage gegeben sein.

Der belgische Außenminister in London

Der belgische Autzenminister Hymans hatte am Mon­tagnachmittag eine längere Unterredung mit dem englischen Außenminister Sir John Simon über Fragen von ge­meinsamem Interesse. Die Verhandlungen knüpften, soweit die. Tribute in Frage kommen, an bas Ergebnis der Lon­doner 7-Mächtekonferenz an, an der Belgien seine besondere Stellung und seine besonderen Wünsche, namentlich auch hin­sichtlich -es Markabkommens zum Ausdruck gebracht hatte. Zwischen der englischen und belgischen Politik scheint Ueber- einstimmung darin zu bestehen, daß die Tributfrage lein geeigneter Grund für die Ergreifung von Sanktionen für den Fall ist, daß Deutschland nicht zahlen kann. Die Unterredung Hymans mit dem englischen Außenminister erstreckte sich fast ausschließlich auf politische Probleme nn- berührte u. a. auch die Abrüstungs- und die mandschurische Frage. Angeblich hat Belgien bereits den französischen Vorschlag hinsichtlich eines französisch-belgischen Zollvereins abgelchnt, worüber der belgische Außenminister weitere Auskunft geben wird.

Der amerikanische Kongreß eröffnet

TU. Renyork, 8. Dez. Wie aus Washington gemeldet wird, wurde der amerikanische Kongreß am Montag mittag feierlich eröffnet. Wie allgemein erwartet, wurde der demo­kratische Fraktionsführer Garn er-Texas znm Sprecher des Repräsentantenhauses gewählt. Die Demokraten be­grüßten die Wahl dieses populären Parlamentariers mtt stürmischen Beifallskundgebungen. Durch die Ergebnisse der letzten Wahlen haben die Demokraten bekanntlich zum ersten­mal seit 18 Jahren die Mehrheit im Repräsentantenhause erlangt. Heute werden beide Häuser des Kongresses zu einer gemeinsamen Sitzung zusammentreten, um die Botschaft des Präsidenten Hoover entgegenzunehmcn.