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Nr. 243

Samstag, den 17. Oktober 1931

Jahrgang 104

Der Endkampf im Reichstag

Sieg der Negierung mit geringer Mehrheit Keine Aufhebung der Notverordnungen

Vertagung des Reichstages bis Februgr

TU. Berlin, 18. Okt. Die Mißtrauensanträge werden mit 2S4 gegen 278 St'mmen bei S Enthaltungen abgelehnt Dagegen stimmte» Zentrum, Bayerische Volkspartei, Staats­partei, Konservative Volkspartei, Sozialdemokratie» Wirt­schaftspartei, Christlich-Soziale, BolksnaUonale «nd Baye­rischer Bauernbund. Enthaltungskarte« gaben ab «. a. die Deutsch-Hannoveraner; die meisten Mitglieder der Deutschen Bolkspartei stimmte« für die Mißtrauensanträge.

Die entscheidende Sitzung vor der bevorstehenden Neichs- tagsverlagung begegnet natürlich allgemein größtem Inter­esse, besonders weil in ihr mit den Abstimmungen über die Mißtrauensanträge über das Schicksal des neuen Kabinetts Brüning entschieden wird. Das Haus macht zunächst noch nicht den Eindruck eines sogenannten großen Tages, da viele Fraktionen auch noch während der ersten Stuilden der Voll­sitzung tagen. Der Reichskanzler hat gleich zu Beginn der Sitzung am Regierungstisch Platz genommen, während sich die Minister zunächst noch nicht eingefunden haben.

Das Haus nimmt zunächst nach kurzen Ausführungen des Abg. D. Mumm (Chr.Soz.) eine Entschließung des Aus­schusses für Kriegsbcschädigtenfragen an, die die Regierung ersucht, die Härten in der Reichsversorgungsgesetzgcbung allmählich wieder zu beseitigen und dafür insbesondere solche Mittel zu verwenden, wie sie aus der allmählichen Verringe­rung der Zahl der Versorgnngsberechtigten und der Durch­führung der allgemeinen Sparmaßnahmen aus dem Gebiete der Reichsversorgung ergeben.

In der fortgesetzten Aussprache nimmt zunächst Abg. Nippel lChr.Soz.) bas Wort. Er erklärt, die grenzenlose Not fei der beste Schrittmacher der radikalen Flügelparteten. Auch wir, so betonte er weiter, verlangen, baß Klarheit, Wahrheit und Reinheit wieder in das Volk einziehen. Es sind Hoffnungen erweckt worden, die auch die radikalen Par­teien niemals erfüllen können.

Abg. Dr. Neubauer (Komm.) erklärt, das Kabinett Brüning, das sich bet seinem ersten Regierungsantritt als ein Kabinett der Frontsoldaten vorgestellt habe, habe tnnen- »nd außenpolitisch völlig Bankerott gemacht.

Abg. Mollath-Wirtschaftspartci verliest eine Erklä­rung seiner Fraktion, in der es zunächst heißt, die verhäng­nisvollen Folgen einer zehnjährigen vernichtenden Finanz- und Wirtschaftspolitik haben in Verbindung mit außen­politischen Halbheiten und schweren Fehlern dazu geführt, daß sich heute nicht nur die gesamte deutsche Jugend, sondern auch große Teile der besonnenen Kreise des Bürgertums gegen diese Politik und dieses System wenden. Die von der Wirtschaftspartei gegen die unerhörte Ausgabenwirtschaft und viele andere Fehler der Wirtschaftspolitik vorgeschla­genen Maßnahmen sind verlacht worden und haben zunächst überhaupt keine Berücksichtigung gefunden. Erst heute, viel zu spät, hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß alle diese Forderungen durchgeführt werben müssen. Der Glaube an eine grundlegende Wendung in der Politik mit denselben Männern, die sie bisher führten, ist nicht mehr vorhanden. Die Millionen jugendlicher Wähler, die hinter der sich bil­denden nationalen Front stehen, sind einer der wertvollsten Teile unseres ganzen Volkes. Dazu kommt die Intelligenz und Arbeitstüchtigkeit der Arbeitgcberschaft. Es war nun die Frage aufzuwerfen, ob die Wiri^ spartet den Zeit­punkt zur Bildung einer neuen nationalen Regierung durch Einsatz dieser Kräfte für gekommen halten kann. Dabei kamen allein die Interessen der deutschen Nation in Frage. Wir werden das Kabinett trotz aller Bedenken tolerieren. Wir tun diesen schwerwiegenden Schritt nur, nachdem der Kanzler uns zugesichert hat, eine grundsätzliche Wandlung in der Politik einzuleiten. Die Wirtschastspartei bringe ein großes Opfer in dieser Stunde. ^

Abg. Schmidt-Hannover jDcutschiiat.) verliest in An­wesenheit der Rechten eine Erklärung, in der u. a. betont wird, eine Weiterregicruvq dieses Kabinetts, würde eine außen- und innenpolitisch "^gc von so tragischer Schwere schaffen, daß ein Abgleiter: »Deutschlands in chaotische Zu­stände unvermeidlich wäre.

Abg. Nosenfcld (Soz. Arbeiterpartei) erklärt, cs Hütte vor einigen Monaten ni'N viel daran gefehlt, daß die Mehrheit der Lozialdemvircitischcn Partei sich gegen Brü­ning entschied. '

Vor der Abstimmi''über die Mißtrauensanträge gegen einzelne Neichsminister erklärt Abg. Lcicht-Bancr. VP. cs sei offenbar zum Zn»öck der Abstimmung Beeinflussung im Hause den protestantischen Mitgliedern ein anonmnes Flug­blatt »»gestellt worden, wonach er, Leicht, im Oktober v I einen Zuruf des Abg. Tr. Frank 2 (Rai.-Soz.) wie es mit der Toleranz bei ihm stehe, dahin beantwortet hatte: Sorgen

Sie dafür, daß die große Sache, die vor 400 Jahren be­gangen wurde und an allem Unglück schuld ist, wieder rück­gängig gemacht wird, nämlich die, daß wir in Deutschland zwei christliche Konfessionen haben. Dann brauchen wir nicht mehr über Toleranz zu reden. Redner stellt fest, daß auch der Abg. Dr. Frank 2 sich jetzt einer solchen angeblichen Aeutzerung nicht entsinnt und nennt diese Methoden be­zeichnend.

Abg. Dingeldey (DVP.) gibt eine Erklärung ab, wonach die DVP. jetzt, nachdem sie durch die erste Ab­stimmung ihre Haltung zum Ausdruck gebracht habe, ablehne, kommunistischen Demonstrationsauträgen zuzustimmen.

Im selben Sinne äußert sich Abg. Döbrich lLanüvolk).

Es folgen die mit größter Spannung erwarteten Ab­stimmungen. Das Haus füllt sich nahezu bis aus die letzten Plätze.

Der kommunistische Mißtrauensantrag gegen den Reichs- wehrmistister Dr. Groener wird mit 321 gegen 233 Stimmen bei 16 Enthaltungen abgelehnt.

Die Anträge auf Aufhebung der Notverordnung vom 6. Oktober dS. Js. werden mit 302 gegen 247 Stimmen bei 20 Enthaltungen der Bayerischen Bolkspartei abgelehnt.

Der Auszug der Nechtsopposttio«

^ Abstimmungen

Vor den weiteren Abstimmungen gibt Abg. Fr ick (Nat,- Soz.) eine Erklärung ab, in der es u. a. heißt: «Wir haben am 10. Februar ds. J8. erklärt, daß wir dieses Aoung- Parlament verlassen und erst wieder betreten werden, wenn sich die Möglichkeit bietet, besonders schädliche Maßnahmen der volksschädigenden Mehrheit im Reichstag abzuwehren. sGroße Unruhe im ganzen Hanse und Lärm der Kommnni-

TU. Paris, 16. Okt. Ministerpräsident Laval hat am Freitag vormittag um 8 Uhr mit seiner Tochter und seiner Begleitung Paris verlassen und die Reise nach Washington angetreten. Der Pariser amerikanische Botschafter und Ge­mahlin begleiteten ihn bis Le Havre.

Frankreichs Programm für Washington TU. Washington, 16 . Okt. Unter der Ueberschrift »Die Grundlinien der französisch-amerikanischen Aussprache* * ver­öffentlicht derMatin" in seiner Samstagausgabe einen ver­mutlich offiziös inspirierten Artikel, der den französischen amtlichen Standpunkt richtig wiedergeben dürste. Was die zwischenstaatlichen Schulden anbelange, so stehe Frankreich auf dem Standpunkt, daß die von Amerika gewünschte Me­thode des Moratoriums ernste Bedenken Hervorrufe. Durch ein Moratorium werde die Schuldenlast nicht aufgehoben. Dagegen wäre die Herabsetzung der Schulden, z. V. um 56 Prozent, eine wah« Erleichterung. Die dadurch gleich­falls herabgesetzten deutschen Zahlungen könnten auf unbe­stimmte Zeit nicht in Devisen geleistet, sondern tn Mark der BIZ. überwiesen werden, die sie ihrerseits zu einer Hilfeleistung an Länder benutzen könnte, die in finanzielle und wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten feien. Zur Ab­rüstungsfrage wird festgestellt, daß Frankreich als Gegen­leistung für eine Herabsetzung der Schulden bereit fein werde, einer fortschreitenden Abrüstung seine Zustimmung zu erteilen, und zwar unter zwei Bedingungen:

1. müsse die Rüstungsbeschränkung auf dem Wege der Herabsetzung Ser s. Zt. bestehenden Heereshanshaltc und nicht auf dem Wege des Riistungsausgleiches dnrchgesührt werden,

2. der Kclloggpakt müsse durch einen oder zwei Punkte ergänzt werden, in denen festgelegt werde, daß sich die Ber­einigten Staaten im Falle eines drohenden ober ausge- vrochcneu Konfliktes sich ungesäumt den anderen Mächten anschließcn müßten, und daß der augreifende Teil jeder Un­terstützung oder Hilfe, gleichviel welcher Art, beraubt werde.

Der Franken und derverblassende Dollar"

TU. Paris, 16. Okt. Ter außenpolitische Berichterstatter des Echo de Paris, Pcrtinax, schreibt zu den kommenden Ver­handlungen zwischen Hoovcr und Laval, daß Präsident Hoo- ver sich endgültig darüber aussprcchen müsse, ob Amerika gewillt sei, die Klausel von der sog.Freiheit der Meere" fallen zu lassen und dem Kclloggpakt einen Artikel anzn- fügcn, der sich gegen etwaige Angreifer richtet. Diese Frage werde in Washington unbedingt aufgeworfen werden. Aber selbst wenn dieses Problem im Sinne der französischen Auf­fassung gelöst werde, würde die Abrüstnngsirage dadurch nicht wesentlich gewinnen. Man müsse sich in erster Linie

Tages-Spiegei

Die Regierung erhielt bei der gestrigen Abstimmung eine Mehrheit von 24 Stimmen. Die Mißtrauensanträge gegen die Minister Grüner, Schiele «nd Stegcrwald «nrden ab» gelehnt.

*

Die Anträge aus Auslösung des Reichstags und Aushebung -er Notverordnungen fanden keine Mehrheit.

*

Die nationale Opposition ist wieder aus dem Reichstag ans» gezogen.

Der Reichstag wird sich bis Mitte Februar vertagen.

Der französische Ministerpräsident Laval hat seine Reise nach Amerika angetrete» und sich vorher über den Zweck des Besuchs ausgesprochen.

sten.) Wir verlassen jetzt entsprechend dieser Erklärung wie­der bas Hans, um durch weiteres Wirken draußen im Volk die letzten Stützen dieses Systems zu beseitigen (große Un­ruhe) und damit die Voraussetzungen für eine Gesundung der Nation zu schaffen."

Die Nationalsozialisten verlassen darauf unter Heil-Rufen den Saal.

Abg. Gottheiner (Dnatl.) erklärt im Namen seiner Freunde und der drei Abgeordneten des Landvolks, die sich der nationalen Opposition angeschlosscn haben, daß auch sie den Reichstag wieder verlassen.

Abg. Leicht lBVP.) stellt fest, daß die im Hause verteil­ten Flugblätter von dem Abg. Münchmeyer tNat.Soz.) stammen. (Stürmische Entrüstnngsrufe.)

Reichstagsvertagung bis Mitte Februar?

Der Aeltcstenrat des Reichstags beschloß am Freitag­abend. der Vollversammlung vorzuschlagen, die Reichstags- Verhandlungen bis Mitte Februar 1932 zu vertagen.

vor Hirngespinsten Wilsonscher Art hüten, deren Unhalt­barkett und Wirkungslosigkeit erst jetzt wieder in Genf zutage getreten sei. Immerhin bestehe die Hoffnung, daß in der Sicherheit und in der Abriistungsfrage geeignete Formeln gefunden werden könnten, die allen Teilen gerecht würden. Die Frage der Solidarität des Dollars und des Franken werde ebenfalls in Washington aufgeworfen wer­den. Der Franken sei eine Zufluchtswährung geworden, gegen die selbst der Dollar infolge der allgemeinen Kapital­flucht verblasse. Sollte Amerika jedoch vom Goldstandard abgchen, dann müsse Frankreich gezwungenermaßen diesem Beispiel folgen. Deshalb liege es im Interesse beider Länder, die gemeinsamen Bemühungen zur Liquidierung aller ungesunden Kredite fortzusetzen. Das allein ermögliche eine Lösung der augenblicklichen Finanzkrise. ES frage sich nur, ob es überhaupt möglich sei, zwei so verschicdengcartete Vankensysteme, wie das der Bustbcsrcservcbank von Frank­reich einander anznglcichen.

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Abwendung ber Genfer Eiuladnngsnote an Amerika ke- schlossen. Hartnäckiger japanischer Widerstand TU. Gens, 16. Okt. Der Völkerbundsrat trat am Freitag vormittag zu einer öffentlichen Sitzung zusammen, in der der tn der geheimen Nachtsitzung gegen die Stimme von Japan gefaßte Beschluß über die offizielle Einladung an die amerikanische Regierung bekannt gegeben wurde. Es kam erneut zu einer ausgedehnten Aussprache, in der Briand und Lord Readtng mit allen Mitteln versuchten, den japa­nischen Botschafter zur Aufgabe seiner ablehnenden Haltung zu bewegen. Briand teilte mit, daß ber Botschafter ihm ein Schreiben übermittelt habe, in dem die japanische Negierung ihren Standpunkt der Ablehnung uneingeschränkt aufrecht erhalte und zunächst dte Klärung der grundsätzlichen Rechts­frage verlangt, ob die Zuziehung eines NichtmitgliebsstaateS durch den Völkcrbundsrat mit Mehrheitsbeschluß gefaßt werden könne und welche Rechte und Pflichten die ameri­kanische Negierung im Falle einer Teilnahme an den Ver­handlungen habe. Briand gab sodann sein Antwortschreiben an den japanischen Botschafter zur Kenntnis, in der dte Auf­fassung der japanischen Negierung als nicht verständlich ab- gclehnt wird. Der japanische Botschafter betonte, daß ledig­lich aus politischen Zweckmässigkeitsgründen, nicht grundsätz­lich, die gesamten die Verfassung des Völkerbundes beühren» den Fragen übergangen werden könnten. Lord Reading er­klärte dann, daß alle rechtlichen Bedenken beiseite gelassen werden müßten, um zu einer sofortigen Regelung dieses außerordentlich ernsten Konfliktes zu gelangen

Laval nach Amerika abgereist <

Laval wünscht keine Beschlüsse, sondern will sich alle Wege offen Hallen Die Ergänzung des Kellogpaktes wird erstrebt