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Nr. 234
Mittwoch, den 7. Oktober 1931
Jahrgang 104
Vor der Umbildung des Reichskabinetts
Curtius beantragt seine Entlassung — Fünf Ministerien sollen neu besetzt werden
Eine Wendung nach rechts zu erwarten
TU. Berlin» 7. Okt. Zur Frage der Regierungsumbildung schreibt die „Germania": In der Frage einer Umbildung der Neichsrcgierung, die zweifellos noch in wenigen Tagen erfolgen wird, ist bisher noch keine nähere Klärung erfolgt. Wenn in der Presse berichtet wird, daß bereits die G e s amt- -e Mission üesKabinetts beschlossen sei, wobei es als selbstverständlich gilt, Saß Reichskanzler Brüning sofort mit der Neubildung beauftragt würde, so ist diese Mitteilung Nicht zutreffend oder eilt zumindest den Tatsachen voraus. Bisher ist noch keinerlei Entscheidung darüber getroffen, in welcher Weise die Umbildung der Reichsregierung vollzogen werden wird und ebenso stehen die Namen der Persönlichkeiten noch nicht fest, die zu dieser Umbildung herangezogen werden können. Was hierüber an Nachrichten verbreitet wird, stellen lediglich Kombinationen dar.
In unterrichteten Kreisen erwartet man den Gesamtrücktritt des Kabinetts für morgen. Darnach dürste der Reichspräsident Brüning sogleich mit der Neubildung des Kabinetts betrauen, die bis zum Zusammentritt des Reichstags erfolgt sein muß. Man erwartet die Neubesetzung von sünf Ministerien: Aeußeres, Inneres, Justiz, Wirtschaft und Verkehr. Uebernommen werden dürften nur die Minister Dietrich, Stegerwald, Gröner, Schiele und Schätze!, während neben Dr. CurtiuS voraussichtlich auch die Herren Wirth und Guörard ausfcheiden, ebenso Herr von TreviranuS. Die Neubesetzung wird eine Wendung nach rechts in der Zusammensetzung des Kabinetts bringen.
Rücktrittsgesuch des Reichsanßenministers CnrtiuS Netchsautzenminister CurtiuS hat in einem Schreiben an den Reichskanzler diesen gebeten, bei dem Reichspräsidenten seine Entlassung zu beantragen. Der Reichspräsident empfing gestern vormittag den Neichsauhenminister CurtiuS zum Vortrag.
Die Tagesordnung für die erste Reichstagssitzung Die Tagesordnung für die erste Sitzung des Reichstages «ach der Parlamentspause, die am Dienstag, den 13. Oktober, beginnt, ist nunmehr festgestellt. Auf -er Tagesordnung steht nur Entgegennahme einer Erklärung der Reichsregierung.
Der Vorstand der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion ist für Donnerstag nachmittag einberufen worden. Der Anlaß zu dieser Sitzung liegt in dem beabsichtigten Gesamtrücktritt der Neichsregierung. Die sozialdemokratische Reichs- tagssraktion teilt mit, daß sie von dieser beabsichtigten Um
bildung der Regierung erst durch die Presse Kenntnis erhalten habe und daß vorher mit ihr nicht Fühlung genommen worden sei.
Reichsarbeitsmiuifter Stegerwald zur Lage.
Im Verlauf der Ausschußtagung des Deutschen Gewerk- schaftsbnndes hielt Reichsarbeitsminister Dr. Stegerwald eine Rede, in der er u. a. erklärte, er wäre glücklich, wenn die vorhandenen Mittel es ihm gestatten würden, den Lebensstandard der Arbeitnehmer zu verbessern. Leider seien diese Mittel nicht vorhanden. Ueber die gegenwärtige Lage dürften sich auch die Arbeitnehmer leine Illusionen machen. Nach seiner Auffassung sei der tiefste Punkt der Not deS deutschen Volkes noch nicht erreicht. Auch die Arbeitnehmer müßten noch weitere Opfer bringen. Auf einen Zuruf: »Und wo bleiben die Opfer der anderen?" meinte Stegerwald, die anderen kommen auch dran. Der Minister fuhr dann fort, ein größerer Teil -er gesamten Schwierigkeiten könne deshalb so schlecht überwunden werden, weil das Reich kein Notstandsrecht habe und nur mit dem Artikel 48 die Probleme lösen könne. Alle tief einschneidenden Aen- derungen müßten jedoch mit Zweidrittelmehrheit vom Reichstag angenommen werden. Darüber könne sich die Reichsregierung nicht hinwegsetzen, wenn sie die Verfassung nicht Verletzen wolle. Auch die Regelung der Penfionssrage, vor allem für die Groß-Penflonäre, könne nicht von dieser Retchs- regierung ohne weitere Vollmachten getroffen werden. Eie bedaure das selbst aufs tiefste.
Stegerwald kam dann auf die Erschwerung der parlamentarischen Lage zu sprechen. Wenn die Neichsregierung vom Reichstag gestürzt werde, dann wären die Folgen nicht abzusehen. Wahrscheinlich würde dann auch das mühsam aufrecht erhaltene Gebäude unserer Finanzwirtschaft erneut ins Wanken geraten. Ausführlicher sprach Stegerwald dann über die Lohn- und Gehaltsfrage. Es sei ganz ausgeschlossen, daß er in einer Zeit der größten Arbeitslosigkeit und -er Währungskrise mit staatlichen Machtmitteln allein die Löhne Hochhalten könne. Selbstverständlich stehe er zu seinem Versprechen, daß weder an den Grundlagen des Tarifvertrages, noch an der Anerkennung -er Gewerkschaften gerüttelt werde. Es sei angesichts des furchtbaren Ernstes der gegenwärtigen Lage dringend notwendig, Laß Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich selbst verantwortlich über die schwierigsten Fragen einigten.
Tages-Spiegel
DaS Kabinett Brünin« dürfte heute oder morgen znrück» treten «nd -er Kanzler mit -er Neubildung der Regierung beauftragt «erden.
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Wie in Berlin verlautet, «erden fünf Ministerien nenbesetzt werden, die znm große« Teil Männer« -er Rechten Zufällen sollen.
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Der Kanzler begründete vor dem Reichsrat die Unvollständig» keit der Notverordnung. Die Ministerpräsidenten von Bayer« »nd Sachse« erhoben in heftiger Form Einspruch-
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I« Washington find Beratungen über die Bekämpfung der Krisenerscheinungen in Amerika ausgenommen worden, in denen auch die europaischen Frage« behandelt werde«.
DaS englische Kabinett hat die sofortige Auflösung deS Parlaments sowie die Ausschreibung von Nenwahle« beschlossen.
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Die Ansstandsbewegnng im Rnhrbezirk ist beendet. Die Schichte» find vollzählig wieder eingesahre».
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DaS Schlenderflugzeng des Ozeandampfers »Bremen", dessen Aufgabe es war» den Postverkehr zu beschleunigen» ist an der Küste von Nen-Schottland im Nebel ins Meer gestürzt. Die beide« deutsche« Piloten dürfte« ertrnnke« sei«- Nachforschungen zeitigte« keinerlei Ergebnis.
Konferenzen im Weißen 5)aus
TU. Washington, 7. Okt. Präsident Hoover hielt gestern eine neue Konferenz im Weißen Haus ab und erklärte in einer Pressevesprechung, der Zweck der Besprechungen im Weißen Hause sei die Ausstellung eines konstruktiven Programmes zur Bekämpfung der Welt-Finanzkrise. Hoover lehnte es ausdrücklich ab, Einzelheiten aus dem Programm bekanntzugeben. Insbesondere weigerte er sich, die Meldung zu kommentieren, wonach er angeblich beabsichtige, eine Verlängerung des Dchuldenmoratoriums vorzuschlagen.
Nach Meldungen aus Neuyork erwartet man in Kreisen der Wallstreet mit großem Interesse das Ergebnis der Besprechungen Hoovers mit den Führern des Kongresses. Man glaubt. Laß hierbei ein Programm zur Wiederbelebung der Märkte nnd zur Wiederherstellung des Vertrauens in der Welt zustande kommen wird. Es wir- ferner berichtet, daß Amerika zu einer Verlängerung des Hoovermo- ratoriums um 2 Jahre und einer grundlegenden Revision der internationalen Schuldenfrage bereit sei, falls Europa in der Frage der Abrüstung ein entsprechendes weitgehendes Entgegenkommen zeige.
Einer englischen Meldung zufolge soll Amerika die folgenden Bedingungen an eine Verlängerung des Moratoriums knüpfen: 1. Die Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland soll enger gestaltet werden; 2. Frankreich soll Deutschland finanziell unterstützen: 3. Deutschland soll die Agitation gegen Sen Danziger Korridor aufgeben: 4. Deutschland soll die Agitation für das Programm des Panzerkreuzerschiffsbaues aufgeben: 5. Deutschland soll Sorge tragen, daß die kriegerischen Aufzüge von Organisationen wie dem Stahlhelm eingestellt werden: 6. Deutschland soll Beweise erbringen, daß etwaige Kredite nur für produktive Unternehmungen benutzt und nicht für Rüstungen und öffentliche Hilfsmaßnahmen verschwendet werden: 7. es sollen Schritte ergriffen werden, um zu einem wirklichen Abrüstungsfeiertag zu gelangen: 8. die Ausgaben für die Rüstungsetats sollen herabgesetzt werden, um auf diese Weise das internationale Mißtrauen zu verringern.
Landgemeindetag und Arbeitslosenfürsorae
Kür vorübergehende Aufhebung der Arbeitslosenversicherung TU. München, 7. Okt. Der Gesamtvorstand des Landgemeindetages nahm auf seiner Tagung in München zu den Notverordnungen und der damit zusammenhängenden Fragen Stellung. Er bedauert, daß die Reichsregierung die einmütig von den kommunalen Spitzenverbänden schon vor Monaten geforderte Vereinigung von Krisen- und Wohlfahrtserwerbslosenfürsorge nicht durchführte und sieht angesichts der ständig wachsenden überaus ernsten Finanznot keinen anderen Weg, als daß die Arbeitslosenversicherung vorübergehend aufgehoben und die bisherige ungerechte Dreiteilung in der Versorgung der Arbeitslosen beseitigt wird. Zur Ueberwindung der Für- sorgekrtse müsse vorübergehend der Zustand wieder eingeführt werden, der von dem Inkrafttreten des Gesetzes über Ar- bettslosenvermittlung und Arbeitslosenversicherung, also vor dem 1. Oktober 1927, bestanden habe.
Die neue Notverordnung unterzeichnet
Der Reichskanzler unterrichtet die Ländervertreter — Einsprüche von Seiten Bayerns
und Sachsens
— Berlin, 7. Okt. Der Reichspräsident Unterzeichnete gestern die neue Notverordnung, mit deren Veröffentlichung im Laufe des heutigen Mittwochs zu rechnen ist.
Unter dem Vorsitz des Reichskanzlers sand am Dienstag in der Reichskanzlei eine Sitzung der Vereinigten Ausschüsse des Rcichsrats statt, zu der die Ministerpräsidenten der einzelnen Länder in der Mehrzahl erschienen waren. Der Reichskanzler erstattete zu Beginn der Sitzung einen eingehenden Bericht über die allgemeine wirtschaftliche und finanzielle Lage Deutschlands, wobei er sich insbesondere mit den aus der Krise des englischen Pfundes zu erwartenden Rückwirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft und auf die deutsche Wirtschaft auseinandersetzte. Da sich diese Auswirkungen in vollem Umfange noch nicht übersehen ließen, so müßten sich die jetzigen Maßnahmen auf eine Vorwegnahme von Eingriffen beschränken, welche die Behebung der dringendsten Notstände, besonders in den Gemeinden, ermöglichen.
Die auf diesen Grundsätzen beruhende Notverordnung würde den Ausgangspunkt für weitere Maßnahmen zu bilden haben, die sich mit der Konsolidierung der Wirtschaft, der Ausbalancierung der Produktionskosten und Lebenshaltungskosten zu befassen haben würden. Aber all diese sofort in Angriff zu nehmenden wirtschaftlichen Maßnahmen könne kein Land, auch Deutschland nicht, für stch allein restlos lösen, nur eine internationale Z »fammenarbeit, und zwar eine solche, die in kür- Sester Zeit in Angriff genommen werden müsse, könne eine Besserung In den einzelnen Ländern und in der gesaintcn Weltwirtschaft mit sich bringen.
Im Anschluß an Liese programmatischen Erklärungen des Reichskanzlers erläuterte NeichSfinanzminister Dietrich die >u der Notverordnung vorgesehenen und in der Haupt
sache die Länder und Gemeinden interessierenden Fragen. An diese Ausführungen schloß sich eine eingehende Diskussion, an der sich zahlreiche Mitglieder der Vereinigten Ausschüsse beteiligten. In einem Schlußwort faßte der Reichskanzler die in der Anssprache erörterten Gedanken zusammen.
Opposition von seiten Bayerns und Sachsens Wie die amtliche bayer. Pressestelle mitteilt, erhob Ministerpräsident Dr. Held in der Aussprache lebhafte Bedenken gegen die ganze Sachbehandlung und bemängelte insbesondere daß der Wortlaut des Notverorbnungseutwurfes den Ländervertretern nicht rechtzeitig zugegangen sei und nicht einmal heute vorliege. Dr. Held ging dann aus die einzelnen Punkte ein. Er verlangte eine andere als die vorgesehene Regelung der Zuweisungen für die Wohlfahrts- erwerbsloscnfürforge, lehnte die Umschuldung in der beabsichtigten Form ab, erhob Protest gegen die vorgesehene Regelung der Hauszinssteuer und ebenso gegen die Behandlung des Sparkasienwesens. Er wies den Eingriff in die Zuständigkeit der Länder auf diesen Gebieten als verfassungswidrig, als sachlich unnötig und unbegründet zurück. Auch der sächsische Ministerpräsident Schieck wandte sich gegen die Notverordnungspolitik des Reichs. Der Ministerpräsident unterstrich dabei, baß die Landesregierungen mehr und mehr zu bloßen Vollzugsorganen der Reichsregierung gemacht und dabei gezwungen werden, unter dem Druck äußerster finanzieller Not Maßnahmen zu treffen, die die Reichsregierung für ihren eigenen Verwaltungsbereich nicht vornehme. Schieck bat darum, dem Volk sobald wie möglich klar den Kurs zu zeigen, den die Politik der Retchsregierung steuern wolle. Dr. Luther lehnte die Schaffung einer Binnenwährung ab. In den Fragen der Regelung der Hauszinssteuer, wie der Liquidationsreserve der Girozentrale stellte die Reichsregierung ein Entgegenkommen gegenüber den Forderungen der Länder in Aussicht.