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Sertchtsstanck
für be»«le?eile ist <*alw
21r. 226
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ontag. den 28. September 1931
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Jahrgang 104
Die französischen Minister in Berlin
Freundlicher Empfang in der Reichst,auptstadt — Brüning und Lavai wechseln Trinksprüche — Die Verhandlungen bereits ausgenommen
--- Berlin, 28. Sept. Der französische Ministerpräsident ...Hai- frnnrüsiscüe Außenminister Brianü sind
Laval und der französische Außenminister am Sonntag um 8.40 Uhr in Berlin eingetroffen und wurden aus dem Bahnhof Fricdrichstraßc vom Reichskanzler und Neichsaufjenrniir.ister begrüßt. Durch starke polizeiliche SicherungS- und Absperrungsketten begaben sich die fran- Mischen und deutschen Minister im Auto nach dem Hotel Adlon. Ans der zuschauendcn Menschenmenge erschollen vereinzelte Nnfe „Bive la paix" und „Nie wieder Krieg. Zu Zwischenfällen ist es nirgendwo gekommen. Die Menschenmenge vor dem Hotel rles verschiedentlich die Namen Btiand und Laval und brachte mehrfach Hochrufe auf den Frieden ans. Die Minister zeigten sich wiederholt an den Fenstern und auf dem Balkon und dankten freundlich.
Laval gab der deutschen Presse eine Erklärung, in der er den Zweck seiner Reise auscinandersctzte, der vor allem in der Einsetzung eines d-e u t s ch - f r a n z ö si s ch en Ausschusses zur Prüfung aller wirtschaftlichen Fragen bestehe. Auf diesem Wege werde man bann auch zu weiterer Verständigung kommen. Briand und Poncet legten einen Kranz am Grabe Stresemanns nieder. Mittags stattete Laval einen Besuch beim Reichskanzler, und Briand einen Besuch beim Ncichsaußenminister ab. Danach fand bei Außenminister Curtius ein Frühstück statt.
In den Besprechungen, die am Sonntagnachmittag zwischen Ministerpräsident Laval und Außenminister Briand auf der einen Seite, Reichskanzler Brüning und Außenminister Curtius ans der anderen Seite stattfandcn, sind insbesondere wirii.'mWche Fragen behandelt worden. Die Atmosphäre, in der die Verhandlungen stattfanden, wird an unterrichteter Stelle als hoffnungsvoll und befriedigend bezeichnet. Beiderseits wird betont, daß durch die Verhandlungen keine Front gegen irgendein drittes Land gebildet werden soll. Vor allem wurden Probleme der deutschen und der französischen Wirtschaftsbeziehungen erörtert. Die Besprechungen dürften auf eine starke Verflechtung der französischen und der deutschen Wirtschaft abzielcn. Ein abschließendes Ergebnis brachten die Sonntagsbesprechungen noch nicht, da cs sich zunächst hauptsächlich um eine Gliederungdes ganzen Berat» ngs st offes handelte. Das Resultat des ersten Verhandlnngstags wird an unterrichteter Stelle als außerordentlich befriedigend für beide Teile bezeichnet.
Reichskanzler Dr. Brüning gab gestern abend zu Ehren der französischen Gäste ein Abendessen, an das sich ein Empfang anschloß. Während des Essens wurden zwischen dem Reichskanzler und dem französischen Ministerpräsidenten Trinksprüche gewechselt. Reichskanzler Dr. Brüning führte u. a. ans: In dieser sorgenvollen Zeit ist längst die Erkenntnis Allgemeingut geworden, daß Europa nur durch zielbewußte und verständnisvolle Zusammenarbeit aller Nationen und durch schnelle und gegenseitige Hilfe vor dem schlimmsten und dauernden Zusammenbruch bewahrt werden kann. Die Bedeutung des deutsch-französischen Verhältnisses für die Geschicke der leibenden Nationen
bedarf keiner Beweisführung mehr. Sie ist in aller Welt offenkundig. Heute kann ich unter Zustimmung der gesamten Weltöffentlichkeit der Ueberzengnng erneut Ausdruck geben, die ich bereits vor wenigen Monaten dahin zusammenfatzte, daß eine wirkliche, aussichtsreiche und fruchtbare Zusammenarbeit Europas und die sür den lebendige« Wirtschastsaus- tansch mit der Neuen Welt notwendige Stabilisierung des europäischen Friedens erst an dem Tage gesichert erscheint, wo bei den beiden großen Nachbarvölker« d«s Vergangene seelisch überwunden ist «nd der Blick sich gemeinsam der Zukunft «nd ihrer geistigen, wirtschaftlichen und politischen Gestaltung znwendet.
Wir wissen, daß die Erinnerung an die Vergangenheit zwischen Deutschland und Frankreich unendlich viel Trennendes enthält. Aber diese Erinnerung darf kein Hindernis sein, aus der Erkenntnis die nötigen Folgerungen zu ziehen, daß eine deutsch-französische Zusammenarbeit unentbehrlich ist, wenn die Wirtschaft Europas und der Welt von dem sie bedrohenden Zusammenbruch gerettet werden soll. Wir werden «ns beiderseits von dem Willen treiben lasten, Trennendes beiseite zu lasten «ud das Gebiet z« suchen «nd anszubauen. ans dem eine Gemeinsamkeit der Interessen besteht und eine Nevereinstimmnng gesunden werden kan». Angesichts des Ernstes und Ser Bedeutung der gemeinschaftlich in Angriff genommenen Aufgaben dürfen wir nns aber nicht verhehlen, daß bis zur Erreichung des beiderseits erstrebten Zieles noch ein weiter und schwieriger Weg vor uns liegt.
Indem ich der Hoffnung Ausdruck gebe, daß das Ergebnis unserer Zusammenkunft durch Förderung der Verständigung zwischen den beiden großen Nachbarländern der Befestigung des Friedens in Europa dienen wird und daß sie dazu beitrage» wird, die Völker mit Mut zur Ertragung der gegenwärtigen schweren Nöte zir erfüllen, erhebe ich mein Glas und trinke auf das Wohl Eurer Exzellenzen." »
Ministerpräsident Laval führte in seiner Entgegnung u. a. ans: Herr Briand und ich sind nach Berlin gekommen mit den gleichen Bestrebungen, von denen der Herr Reichskanzler soeben gesprochen hat. Wir wollen die Fäden der Besprechungen von Paris und London wieder aufnehmen und fortführen. In den wirtschaftlichen Fragen und in dem Nahmen, der kürzlich in Genf aufgestellt worden ist, wollen wir versuchen, zwischen den beiden Völkern eine engere Zusammenarbeit «nd vertranensvollere Beziehungen herzustellen. Wir hoffen, daß ans unseren Besprechungen mit den deutschen Ministern nicht.nur ein ständiges Organismus, sondern auch eine Methode hervorgehe, woraus sich sehr bald vollständige praktische Resultate ergeben werden.
Indem wir so handeln, sind wir der Ueberzengnng, nicht nur für das Wohl unserer beiden Länder, sondern auch für die Ordnung und den Frieden der ganzen Welt zu arbeiten. Ich erhebe mein Glas zu Ehren unserer Gastgeber und ich trinke mit ihnen auf den Erfolg unserer gemeinsamen Arbeit.
Aus dem Winterprogramm der Reichsregierunc
Die Reichshilfe für die Gemeinden und die Regelung der Arbeitslosenunterstützung
TU. Berlin, 28. Sept. Im Neichskabinett ist im wesent lichcn die Entscheidung über die Hilfe des Reiches für die Gemeinden gefallen. Das Neichskabinett hat beschlossen, den Gemeinden über den bereits zu Beginn des Haushaltsjahres zugcsicherten Betrag von 60 Mill. hinaus weitere 170 Millionen zur Unterstützung der Wohlfahrts- erwerbsloscn zu überweisen. Die Verteilung wirb vermutlich so geregelt werden, daß die eine Hälfte des Betrages dem Dotationsfonds der Länder und die andere den kommunalen Fttrsorgeverbänden zugeführt werden wird. Für die Umschuldung der Gemeinden ist jetzt ein Betrag von etwa 220 bis 280 Millionen Mark sichergcstellt. Damit dürfte allerdings noch nicht das Gesamtdefizit der Gemeinden gedeckt sein, das im Augenblick auf 800 Millionen Mark geschäht wirb, wovon etwa die Hälfte durch Sparmaßnahmen der Gemeinden ausgeglichen werben soll. Dann vuebc also immer noch ein ungedeckter Rest. Immerhin bi- wesentlichsten Bedürfnisse der Gemeinden jetzt erfüllt zu haben. Die Aufbringung wird durch die Ver- schiebung des Etatsjahres auf den 1. Juli ermöglicht. In diesem Zusammenhänge ist recht interessant, daß em wesentlicher Teil der Mittel für die Kt ein- sredlungen aus dem Münzgewinn erzielt werden soll, der sich aus der Ersetzung der Zehnmarkscheine durch Sil- bergelö ergibt.
Ein besonders schmieriges Problem ist die Balanziernng -er Arbeitslosenfürsorge. Da man jür Januar-
Februar mit sechs bis sieben Millionen Erwerbslosen rech nen mutz, läßt sich die Fürsorge nur aufrechterhaltcn, wen: weitere Mittel eingespart werden. Das soll durch eine K ü , zung der Sätze und der Dauer der Arbeits losenuntersttthung geschehen. Es ist geplant, die Nr tcrstiitzungszcit von 26 auf 18 Wochen herabzusctzen. Ferne soll auch die Kriscnuntcrsttthung in die Bedürftigkeitsprr fung einbczogen werden, der ja bisher nur die Wohlfahrt? fürsorge unterliegt.
In der Frage der H au s z in s st c u e r ist eine Total lösung im Augenblick noch nicht möglich. Die Neichsrcgic rung will sich vielmehr darauf beschränken, jetzt einen gewß sen Prozentsatz abzubauen und daneben nur noch die Möe lichkeit zu schaffen, daß ein weiterer Teil rentenmäßig al gelöst werden kann. Eine gewisse Senkung de H a u s z i n s st e u e r ist schon deshalb notwendig, weil de Hausbesitz sonst im nächsten Jahre in eine sehr schwierig Situation kommen würbe. Eine Senkung der gesetzliche: Mietsätze ist in diesem Zusammenhänge nicht möglich.
Elastische Gestaltung der Löhne?
Nach dem „Vorwärts" wird in Rcgierungskreisen ein neue elastischere Gestaltung der Lohne erwogen. Um die Be denken gegen diese Maßnahme zum Ausdruck zu bringen hatten in der vergangenen Woche Besprechungen der Sozial demvkratie mit dem Arbeitsminister, dem Finanzministcr un dem Neichskarrzler stattgesunde») sie werden am morgtüe!
Tages-Spiegei
Die französischen Minister sind gestern vormittag in Berlin eingetroöeu und von der Bevölkerung freundlich empsan- gen worden.
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Die Verhandlungen der deutschen Minister mit Laval «nd Briand wurden bereits gestern nachmittag ausgenommen Abends wechselten Brüning «nd Laval hoffnungsvolle Trinksprüche. Die französischen Minister werden morgen vormittag wieder nach Paris znrückkehren.
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Ans dem Neichsparteitag der Deutschen Staatspartei in Berlin wandte sich Reichssinanzminister Dr. Dietrich entschieden gegen Währungsmaßnahmen inflatorischen Eha. rakters.
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Wie zu !em Winterprogramm der Neichsregierung verlautet, wird die Reichshilse sür die Gemeinden nur einen Teil des Defizits der Kommunen decken. Bei der Arbeitslosenversicherung soll eine Kürzung der Unterstütznngsätze wie -daucr vorgesehen sein.
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In London verlautet, -aß diese Woche die Auflösung deS englischen Parlaments erfolgen soll. Tic R:g::rm:g cde mit einer Taxis- «»- Weltreichspolitik vor das Land hin- treteu.
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Im Gran-Ehaco-Geviet sSLdawerikaj ist cs zwischen Lol'ri- schcn nnd paraguayanischen Truppen erneut zu blu-lgcir Zusammenstößen gekommen.
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„Graf Zeppelin" wird heute nachmittag von seiner zweiten Südamerikasahrt i« Friedrichshofen zurückerwartet.
Dienstag weitergeführt werden. Ter „Vorwärts" bemerkt dazu: „Neue Sparmaßnahmen auf Kosten der. Arbeiter würden nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch äußerst gefährliche Folgen haben. Die Wahrscheinlichkeit, daß eine wirtschaftliche Krise von der Intensität der gegenwärtigen auch zur politischen Krise führt, ist ohnehin groß genug. Die gegenwärtige Negierung möge sich hüten, Lurch Ueberspannnng des Bogens eine politische Krise heraufzubeschwörcn, deren Auswirkungen unübersehbar sind."
Besprechungen -er Innenminister in Berlin Im Reichsinnenministerium fand am Samstag eine Besprechung der Innenminister der Länder über die innenpolitische Lage im Hinblick auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung statt. Anwesend waren u. a. für Preußen Minister Severing, für Bayern Minister Stütze!, sür Württemberg Staatspräsident Bolz, für adcn der Minister Maier, sür Sachsen Dr. Richter, für Hessen Leuschncr, ferner Vertreter Anhalts, Braunschweigs, Hamburgs, Mecklenburg-Schwerins, Lübecks und Thüringens.
Schacht über das Stillhalte-Abkomme«.
Der frühere Rcichsbankpräsident Dr. Schacht äußerte in einer Unterredung mit dem Berliner Vertreter der schwedischen Zeitung „Aftonbladet", es sei mit dem Stillhalteabkommen allein nicht getan. Nach Ablauf der Still- Haltc-Aktion werde die Lage sür Deutschland möglicherweise noch schlechter sein. Es müsse ein Abwicklungsarran- gement mit mehrjähriger Frist vereinbart werden. Voraussetzung für diese Maßnahme scheine ihm aller- dings zu sein, daß von politischen Zahlungen während der Dauer einer Abwicklungsaktion Abstand genommen werde, ferner daß für den regulären Außenhandel die normalen Kreditmöglichkeiten erhalten blieben und endlich, das, während dieser Periode keine Zusatzverschuldung etn- trete. Wenn ein solches Programm in Angriff genommen würde, so wäre auch zweifellos die Möglichkeit einer Fundierung der bestehenden kurzfristigen Schulden gegeben. Eine deutsch-französische Berständiguug, erklärte Dr. Schacht für unwahrscheinlich, da Sie politische Psychose bisher noch nicht überwunden sei. Bei dem innenpolitischen System, das die deutsche Wirtschaft ausge- preßt und lahmgclcgt habe, seien keine Aussichten für wirtschaftliche Zusammenarbeit vorhanden.
Bürgerschastswahlen in Hamburg
Ein Erfolg der Nationalsozialisten nnd Kommunisten TU. Hamburg, 28. Sept. Die gestern hier stattgehabt.'N Bürgcrschaftswahlen hatten folgendes vorläufiges amtliches Ergebnis: SPD. 2,8 50!) (216 685) 46 (60) Mandate) Kommunisten 168 618 014 257) 35 s27j Mandate) Deutsch, nationale 43 269 (94 084) 9 (22) Mandate,' Staatspartei 67 088 (87 553) 14 (2l) Mandate) DVP. 36 920 (85 507) 7 (20) Man- date) Wirtschaftspartei 11373 (20 136) 2 (4) Mandate) Nationalsozialisten 262 465 (14 760) 43 (3) Mandate) Zentrum 10 794 (9 402) 2 (2) Mandate) Volksrechtpartei 1156 (5669) 0 (1) Mandat) Antikapitalisten 1937 (6) kein Mandat) Ehr. soz. VD. 16 874 (0) 2 (0) Mandate. Die Zahlen in Klammern sind die Ergebnisse der Bürgerjchastswal-ieu vom 19. Febr. 1928.