Aus Stadt und Land
Calw, den 17. September 1931.
Denkt au die kalten T»gel
Schon ist der Herbst mit Nebeln und früher Kälte bei uns «ingekehrt, in wenigen Wochen wird -S winterlich sem. Und wenn die Propheten recht behalten, haben wir einen recht strengen Winter zu erwarte». Auf jeden Fall scheint es angebracht. jetzt schon daran zu denken, wie unser Winterfreund, der Ofen, genährt werden soll, um so mehr, als ein Not Winter vor der Tür steht, und manche Familie nicht weiß, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten soll. Kohlen wird diesen Winter nicht jeder kaufen können und den Wohl- fahrtseinrtchtungen. die ohnehin vor schwere Aufgaben gestellt werden dürften, sollte man wenigstens zu einem Teil die Arbeit der Brennstoffvcrsorgung abnehmen. Die Erwerbslosen und anderen Bedürftigen haben jetzt reichlich Gelegenheit, in den Waldungen — soweit es sich nicht um Privatwald handelt — ihren Winterbedarf an Brennholz zu decken. Leseholz, Tannenzapfen und Kienäpfel finden sich in unfern Wäldern in großen Mengen, ohne daß erst weite Fahrten unternommen werden müßten. Notwendig ist nur, -aß man sich für die städt. Waldungen einen Leseholz- Bettel beim Förster ausstellen läßt oder die Holzlese-Er- laubnis in Staatswalbungen durch Antrag beim Bürgermeisteramt einholt. Die Erlaubniszettel werden völlig unentgeltlich ausgegeben. Jetzt ist es Zeit, diese Gelegenheit wahrzunehmenl Wer nicht frieren, aber auch wer die Winterwohlfahrtshilfe nicht unnütz in Anspruch nehmen will, gehe jetzt in die Wälder und sammle dort den winterlichen Brennbedarf auf. Ein altes Sprichwort sagt: Sorge in der Zeit, so hast du in der Not!
Unfälle
Beim Abführen von Langholz ist gestern nachmittag im Tälesbachgebiet Ztmmermeistcr I. Völter von Calw verunglückt. Ein Stamm schleifte ihm über beide Füße, so daß V. nicht unerhebliche Verletzungen erlitt und ins Krankenhaus überführt werden mußte. — Beim Bad. Hof wurde gestern abend ein Kind von einem Kraftwagen angefahren und ins Krankenhaus verbracht. Die erlittenen Verletzungen sind leichterer Art.
Straßenkorrektion
Die Verbesserung der Staatsstraße bei der Kreuzung Calw —Stammheim —Althengstett in der Richtung nach Stuttgart und Herrenberg—Tübingen geht ihrer Vollendung entgegen. Es wurde schon jahrelang als großer Mangel empfunden, daß der Verkehr nach dem Eisenbahndurchlaß in der Richtung nach Stammheim sich sehr unübersichtlich gestaltete. Bei dem starken Autoverkehr konnte dieser Uebelstand auf die Dauer nicht aufrecht erhalten werden. Im Laufe der letzten Monate hat nun eine durchgreifende Verbesserung der Straßenverhältnisse stattaefunden. Die starken Kurven wurden beseitigt und ein freier Platz für eine Verkehrsinsel geschaffen. Der ganze Platz erfuhr eine große Erbreiterung. Die Uebersicht über die drei Straßen hat nun bedeutend ge Wonnen, so daß der Verkehr sich reibungslos abwickeln kann. Die neuen Fahrbahnen werben auf lange Zeit hinaus den Bedürfnissen des Verkehrs entsprechen. Die ganze Straßenanlage verdient volle Anerkennung.
Der Südwestdentsche Freiballon-Wettbewerb
Anläßlich der am Sonntag erfolgten Freiballonlanbunq bet Calw begegnet dieser Wettbewerb in unserem Bezirk erhöhtem Interesse. Er fand übrigens nicht, wie uns irrtümlicherweise aus Stuttgart berichtet wurde, von Mannheim, sondern von Karlsruhe aus statt. Sechs Freiballone erschienen am dortigen Startplatz und die Teilnehmer erlebten infolge der besonderen meteorologischen Verhältnisse sehr interessante Fahrten, galt es doch für die Ballonführer, um in günstige Luftschichten zu kommen, eine Wolkendecke von 2000 Meter zu durchstoßen. Die Sieger dieser größten ballonsportlichen Veranstaltung der Nachkriegszeit sind Direktor Fritz Schneider-Mannheim und Dr. Roland E i s e n l o hr-Karlsruhe. Der Mannheimer Vallon landete in der Nähe von München und legte damit die weiteste Fahrtstrecke zurück. Der bet Calw gelandete Ballon des Württ. Luftfahrtverbandes hat demgegenüber nur eine geringe Fahrtleistung zu verzeichnen: anscheinend unterließ es Ser Führer, sogleich größere Höhen mit günstigem Fahrtwind aufzusuchen und entschloß sich hierzu erst, als der Ballon allzu nahe an die französische Grenze herantricb. Die besonderen atmosphärischen Verhältnisse über dem Schwarzwald mögen dann wohl zum Landungsentschluß betgetragen haben.
Wetter für Freitag nnd Samstag
Ein starkes Hochdruckgebiet erstreckt sich von England bis zur Tschechoslowakei. Unter seinem Einfluß ist für Freitag und Samstag vorwiegend heiteres und trockenes Wetter zu erwarten.
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Besenfeld» 18. Sept. Am Montag verschied bei der Feldarbeit infolge eines Schlaganfallcs der Waldhüter der Johs. Mastschen Nachlaßmasse, Karl Girrbach, ein in allen Kreisen beliebter Mann. Im vorigen Jahre waren es SO Jahre, daß er ununterbrochen seinen Beruf ausfüllte. Girrbach erhielt voriges Jahr die König-Karl-Jubiläums-Meöaille und die Ehrenurkunde des wttrttembergischen Waldbesitzerverbandes.
Hc^n a. Enz, 18. Sept. Gestern nachmittag etwa um ^6 hr ereignete sich zwischen Höfen und der Enzbrücke bei der „Vuche" ein bedauerlicher Unglücksfall. Von einem Last- »»gehörige Arbeiter mit Ausbesserungen AEaatsstraße beschäftigt waren, ragte ein Gabelstiel der Kiefersche Wagen von Calmbach, der wallt,- t>- ^ Gauthier nach Feldrennach befördern
leüia^ an kritische Stelle passierte, wurde ein 24jähriger
lger Mann aus Feldrennach von dem Stiel erfaßt und von vermutlich trug er einige Nippenbrüche da-
von^Der Krankenwagen aus Neuenbürg war sofort zur
GCB. Freudenftadt, 16. Sept. Der älteste Freudenstädter, Ernst Hornberger in Christophstal, wird heute SO Jahre alt. 40 Jahre lang arbeitete er als Senfenmacher im Hüttenwerk, bis er vor 28 Jahren pensioniert wurde.
WTB. Schwenningen, 16. Sept. Die seit 1028 durch eine Interessengemeinschaft eng verbundenen Uhrenfabriken Kienzle und Haller in Schwenningen a. N. sind vollständig fusioniert worden. Aufnehmende Gesellschaft ist die Kienzle- Aktiengesellschaft.
SCB. Friedrichshafen, 16. Sept. Luftschiff „Graf Zeppelin" wirb nicht wie ursprünglich vorgesehen am 17. September 24 Uhr, sondern am 18. September 6 Uhr morgens seine zweite diesjährige Fahrt nach Südamerika antreten. Der zweiten Südamerikafahrt, die voraussichtlich am 28. September mit der Rückkehr nach Friedrichshafen ihren Abschluß findet, wirb „Graf Zeppelin" in der zweiten Oktoberhälfte eine dritte Fahrt nach der südlichen Hälfte der Neuen Welt folgen lasten.
SCB. Friedrichshofen, 16. Sept. Den Tob im Bodensee hat am Montag abend ein 24 Jahre altes aus München stammendes Mädchen gesucht. Sie sprang kurz vor der Einfahrt eines Dampfers von diesem in den See und ertrank trotz der sofort einsetzenden Rettungsarbeiten. Ihre Leiche konnte noch nicht geborgen werden. Das Mädchen kam aus St. Gallen, wo es seine Stellung verloren hatte.
Turnen und Sport
Erfolg der Fechterabteilung des TV. Calw
Vergangenen Sonntag wurde vom 11. Turnkreis Schiva- ben in Obertürkheim das einmal im Jahr stattfindende Fechtturnier der Jungmannen-Klaste in Florett und leichtem Säbel ausgetragen. Nach 81 Kämpfen konnte hierbei der Calwer Fechter Georg K o l b in der Endrunde beste Leistung erzielen, während Georg Nickel- Calw den 6. Platz belegte. Die Calwer Fcchterabteilung ist somit künftig durch zwei Fechter in der sehr schwer erreichbaren württ. Altmannenklasse vertreten. Bei den Damen konnte sich Frl. Hehl an 6. Stelle behaupten. Die Calwer Fechtabteilung hat im Obertürkheimer Fechtturnier einen sehr beachtenswerten Erfolg errungen, der ihr eine künftige Vertretung tu den besten Fechtcrkreiscn des Schwabenlandes sichert.
Sp.Vgg. Gechingen — F.B. Bad Liebenzell 1:5.
Das Spiel nahm für die Einheimischen einen vielversprechenden Anfang, da Gechingen schon nach 6 Minuten durch einen Schrägschuß des Rechtsaußen in Führung ging. Die Platzherren, auf eigenem Gelände etwas vertrauter, vermochten zunächst häufig vor dem gegnerischen Tore aufzutauchen. Das Spiel wurde in der Folge immer lebhafter. Die Situationen wechselten fortgesetzt. Dann gegen Ende der ersten Halbzeit fanden sich die Gäste gut zusammen und schafften durch schöne Kombination gefährliche Lagen. Erst in der 35. Minute erfolgte auf Flanke des Rechtsaußen von Liebenzell der Ausgleich. Kurz vor der Spielpause schoß der Mittelstürmer der Gäste auf exaktes Zuspiel des rechten Außenstürmers plaziert den zweiten Treffer. In der zweiten Hälfte beherrschte Liebenzell das Feld und lag ständig im Angriff. Schon S Minuten nach Wiederbeginn errang der Mittelläufer der Gäste, welcher viel beschäftigt wurde, nach Umspielung der gegnerischen Verteidigung ein weiteres Tor. Ein Eckball wurde von Gechingen erfolgreich abgewehrt. Gleich darauf diktierte der Schiedsrichter einen Strafstoß für Liebenzell, den der Halbrechte mit einem Bombenschuß unhaltbar zwischen die Pfosten jagte. Das starke Drängen der Gäste hielt weiter an und 10 Minuten vor dem Schlußpfiff fiel erneut durch den Mittelläufer das S. Tor. Liebenzell war entschieden bester in der Zusammenarbeit. Gechingen
wie immer auch diesmal sehr eifrig. Der beste Teil war die Hintermannschaft mit dem Torwart. Unbegreiflich allerdings, warum dieser scharfe Ton ins Spiel kam, einige ganz unnötige Fauls auf beiden Setten störten die schöne Note, die man sonst dem Spiel geben könnte. Denn es war durchaus nicht einseitig, da die Gechinger immer bestrebt blieben, die Partie offen zu halten. Schiedsrichter Kimmich, Enzberg, hätte die Zügel etwas schärfer anziehen dürfen, amtierte sonst aber gut. _
Geld-,Volks- und Landwirtschaft
Arbeiterumschulung für die Landwirtschaft
Die Badische Landwirtschaftskammer hat im Einvernehmen mit dem Landesarbeitsamt Südwestöeutschland auf ihrem Versuchs- und Lehrgut Katharinentalerhof bet Pforzheim einen „Umschulungsbetrieb" errichtet. Zweck dieser Einrichtung ist, berufsfremde Arbeitskräfte für die Landwirtschaft umzuschulen und Personen, die in den letzten Jahren in die Stadt abgewandert sin-, wieder dem Land zuzuführen. Zunächst werden in je achtwöchigen Kurien weibliche Arbeitskräfte umgeschult. Die Ausbildung erstreckt sich auf alle Betriebszweige des Versuchs- und Lehrgutes Katha- rinental und besteht in der Hauptsache in der Unterweisung in praktischen Arbeiten. Daneben findet auch theoretischer Unterricht statt. Nach Beendigung der Kurse werben die umgeschulten Personen nach Möglichkeit in gut geleitete landwirtschaftliche Betriebe weiter vermittelt.
Börsenbericht
SCB. Stnttgart, 16. Sept. Das Börsengeschäft war heute still, da es fast an jeder Unternehmungslust fehlte. Am Pfaudbriefmarkt waren die Kurse etwas gedrückt. Am Aktienmarkt war die Kursgcstaltung uneinheitlich. Es notierten Farben 98 l->- 0,75): Danatbank 74 lch- 4): Württ. Hypotheken 78l— 2): Ulmer Brauerei 63 <— 2): Weberei Eßlingen 73 l— 2): Württ. Metallwarenfabrik 35 <— 4).
L. C. Berliner Produktenbörse vom 16. Sept.
Weizen märk. 211—213: Futterweizen 105—200: Sommerweizen 215—217; Roggen märk. 182—184: Futtergerste ISO vis 158,- Hafer märk. 132—140: Weizenmehl 26,25—32,25: Noggenmehl 25,25—28: Weizenkleie 11,25—11,50: Roggenkleie
9.25— 0,50: Viktoriaerbsen 20-27: Leinkuchen 13,50—13,70: Trockenschnitzel 6,70—6,80. Allgemeine Tendenz: schwächer.
Stuttgarter Häute- und Fellanktion
Au der Häute- und Fellanktion wurden für bas württ. Auktionsgefälle folgende Preise erzielt: Kuhhäute: 29—49 Pfd. 38-40 Npf., 50—59 Pfd. 45—19 Rpf., 60—79 Pfd. SS bis 59 Rpf., 80—99 Pfd. 62 Rpf.,' Ochsenhäute: bis 29 Pfd. 35 Npf, 30-^9 Pfd. 38 Rpf, 50—59 Pfd. 50—54 Npf, 60—79 Pfd.
57.25— 59 Rpf, 80—99 Pfd. 54—56 Npf, 100 u. m. Pfd. 50 bis 53,25 Rpf,' Rinderhäute: bis 29 Pfd. 52 Rpf, 30—49 Pfd. 51 bis 53 Rpf, 50—59 Pfd. 59—63 Rpf, 60—79 Pfd. 61—64 Rpf, 80 u. m. Pfd. 63 Rpf.: Bullenhäute: bis 29 Pfd. 37,25 Rpf, 30-^9 Pfd. 36—39 Rpf, 50-59 Pfd. 40-^1 Rpf, 60—79 Pfd. 35—39 Rpf, 80—99 Pfd. 29—31 Rpf, 100—120 Pfd. 29 biS 31 Rpf.: Schußhäute: 28 Rpf. Tendenz: Kalbfelle wurde« freihändig verkauft: Großviehhäute waren bei schleppendem Geschäft teils letztpreisig, teils leicht erhöht. Es wurde alles verkauft. Nächste Auktion: 15. Oktober.
Obstmärkte
Balingen: Mopobst 150-2; Zwetschgen 13—15 RM. — Ncuenstein: Tafeläpfel 2—3: Tafelbirnen 2,50—5: Tafelbirnen Spalier 7: Wirtschaftsäpfel 150: Zwetschgen 6—10: Mostobst 0,70 NM. — Tübingen: Mostobst 1,50—1,80 RM. — Waldsee: Mostobst 1,30—150 NM.
Schmetterlinge schmecken mit den Füßen
Interessante Versuche über den Geschmackssinn niederer Tiere. — Auch der Fisch kann riechen.
Von Wilhelm Ackermann.
Der Geschmackssinn des Menschen unterscheidet bekanntlich vier Eigenschaften: süß, sauer, salzig und bitter. Mittels Kombination aus diesen werden alle übrigen Geschmacks- Wahrnehmungen gebildet, während weitere Eigenheiten der einzelnen Speisen und Getränke uns durch Vermittlung der Mundschleimhäute vermittelt werden. Geschmack- und der mit ihm eng verbundene Geruchsinn sind bei den meisten Menschen recht hoch entwickelt. Wie steht es aber damit bei den Tieren, vor allem denen, die den sogenannten niederen Klassen angehören? Gerade hinsichtlich der letzteren sind in letzter Zeit recht interessante Versuche angestellt worden, die zum Teil überraschende Aufschlüsse ergeben haben.
Worauf können derartige Versuche sich erstrecken? Einmal läßt sich prüfen, ob das Tier die oben genannten vier Grundeigenschaften des menschlichen Geschmacks gleichfalls zu unterscheiden vermag, ferner, bis zu welcher Verdünnung eine etwaige Unterscheidung noch erfolgt, und endlich, an welche Sineswerkzeuge der Geschmack bei ihm gebunden ist.
Allen derartigen Untersuchungen haben sogenannte Positive oder negative Tressurproben voranzugehen, indem man das Versuchstier, je nachdem es auf bestimmte Reize reagiert, belohnt oder bestraft, um es dahin zu bringen, daß es auf den zu untersuchenden Reiz schließlich allein reagiert. Wie man dabei vorgeht, zeigt sehr gut eine von dem bekannten Forscher Strieck mit blinden Gründlingen angestellte Versuchsreihe.
^ Strieck brachte den Tieren schnell bei, von einer Pinzette Stückchen Schabefleisch abzunehmen. Tann begannen die eigentlichen Versuche. Als Futter diente mit einer Zucker- lösuna getränktes Fleisch. Dazwischen wurden aber Watte- bäuschchen, die in Fleischsaft mit Salz-, Säure- oder Chininzusatz getaucht waren, den Tieren auf der Pinzette vorgehalten. Die Fische erhielten also stets den gleichen Flcisch- geschmack bezw. -geruch, aber der Bissen war nur dann eßbar, wenn er süß war, während die drei anderen Geruchs- bezw. Geschmackseigenschaften stets etwas Ungenießbares ankündigten. Schon nach 14 Tagen nahmen die Fische nur noch das süße Fleisch. Als der Forscher soweit war, wurde den Tieren außer den in der gewohnten Weise vorbereiteten drei Wattebäuschchen auch noch ein vierter mit Zuckerlösung getränkter vorgehalten. Auf diesen reagierten sie durch begieriges Zuschnappen, worauf sie die Watte natürlich wieder ausspien, während sie die übrigen vollkommen links liegen Ueoerr. ES kan» danacki al» vollia erwirken aelte». daß di«
Fische die vier Gruudeigenschaften des menschlichen Geschmacks zu unterscheiden vermögen.
Auch bei den im Wasser lebenden Tieren dient die aus zwei grubenförmigen Vertiefungen in der Kopfhaut bestehend« Nase zum Riechen, während die bei den Fischen in der Mundhöhle oder auch auf der Haut sitzenden Gcschmacksbecher das Schmecken besorgen.
Geschmack und Geruchsvermögen sind auch bei den niederen Wasscrtieren von einander getrennt. Bei dem gelb- gerändcrten Wasserkäfer z. B. sitzen die entsprechenden Sinnesorgane in der Mundhöhle und an den Fühlern der Lippen und Backen, während die Riechorgane, wie auch bei anderen Insekten, sich an den — Fußsohlen befinden.
Untersuchungen bei Bienen haben die interessante Tatsache ergeben, daß manche uns süß schmeckende Stoffe für diese Tiere völlig geschmacklos sind. Nur durch Trauben-, Frucht- oder Malzzucker ließen sie sich dazu bringen, eine allzu stark verdünnte Rohrzuckerlösung an-unehmen. Den Grenzwert für das Wahrnehmungsvermögen der Bienen hinsichtlich Salz hat der bekannte Entomologe von Frisch auf folgende bemerkenswerte Weise ermittelt. Indem er feststellte, wie oft die Tiere ein Schälchen Zuck.-rwasser aussuchcn mußten, ehe es geleert war, und dann das Schälchen vor und nach Beendigung des Versuchs wog, stellte er fest, daß jede Biene jedesmal 0,055 Kubikzentimeter Flüssigkeit aufnahm. Ein Zusatz von ein wenig Salz verminderte diese Menge, während bei noch geringfügiger Hinzusetzung wieder der normale Wert erreicht wurde. Auf diese Weise konnte der Gelehrte Nachweisen, daß die Bienen eine 0,36- prozentige Salzlösung noch zu schmecken vermögen.
Interessant ist auch ein über den Geschmacksinn der Schmetterlinge durchaesützrter Versuch. Bringt man einen Tagfalter nach längerer Nahrungsentziehung unter eine über einen Behälter mit Apfelsaft gestülpte Glasglocke, so entrollt er seine Roll',urige. Ties unterbleibt dagegen, wenn man dem Tiere die Fußsohlen mit Vaseline bestrichen hat. Berührt man jedoch die Spitze des zweiten Füßepaares des Falters mit einer Zuckerlösung, so wird die Nollzunge von neuem ausgestrcckt, ein Beweis, daß hier die Gcschmacksorgane des Schmetterlings sitzen. Man bat auch ermittelt, bis zu welchem Grade der Verdünnung bestimmte Stoffe von den Faltern noch geschmeckt werden, und zwar hat sich ergeben, daß die Tiere noch eine 0,002-prozentige Rohrznckcrlösung wahrzunehmen vermögen, während dem Menschen kanm eine halbprozentige Lösung als süß erscheint. Ein neuer Beweis dafür, in wie hohem Maße gewisse, etwas geringschätzig als „niedere" bezeichnet« Tiere hinsichtlich der Schärfe der Sinneswahrnehmungen dem sich so erhaben dünkenden Menschen überlegen sind.