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M. 201
Die russischeli Nichtangriffspaklverhandlungen
Der Pakt mit Frankreich zustandegekommen — Mit Polen hat Moskau nicht verhandelt
erheblicher Handelsverkehr. Auf eine weitere Anfrage äußerte er noch, daß der bevorstehende französisch- russische Pakt die Bündnisverträge Frankreichs mit Polen
TU. Berlin, 39. Aug. Der russische Außenkommissar Litwtnow, der auf der Durchreise nach Genf weilt, empfing. nachdem er gestern vormittag eine Aussprache mit Dr. Curtius gehabt hatte, am Nachmittag Vertreter der Presse und äußerte sich eingehend über die angeblich russisch-polnischen Verhandlungen bezüglich eines Nichtangriffspaktes. Litwinow wiederholte die bekannte Darlegung über den russischen Borschlag von 1926 und den Abbruch der Verhandlungen darüber mit Polen im Jahre 1927. Er betonte ausdrücklich, daß seitdem keinerlei russisch-polnische Verhandlungen über einen Nichtangriffspakt geführt wurden und auch augenblicklich nicht geführt werden. Das Dokument, das der polnische Gesandte in Moskau vor einigen Tagen überreichte, habe aufs neue die negative Einstellung der polnischen Regierung zu dem russischen Vorschlag bestätigt. Das Dokument sei nicht Litwinow persönlich, sondern dessen Vertreter Karachan übergeben worden und tags zuvor habe Patek Litwinow einen Besuch gemacht, um sich für seinen Urlaub zu verabschieden, ohne überhaupt das Dokument zu erwähnen. Litwinow fügte hinzu, daß die Beziehungen zwischen Polen und der Sowjetunion auch niemals Gegenstand von Verhandlungen zwischen der Sowjetunion und dritten Staaten (Frankreich) waren.
Zum Schluß seiner Darlegungen wies der russische Autzen- kommissar auf den sowjetrufstschen wirtschaftlichen Nichtangriffspakt hin, der ja demnächst in der Europa-Kommission des Völkerbundes zur Sprache kommen werde. Dieser Nichtangriffspakt werde der Prüfstein für den guten Willen verschiedener kapitalistischer Staaten sein, um zu »eigen, ob sie wirklich die friedlichen wirtschaftlichen Beziehungen mit der Sowjetunion aufrecht zu erhalten wünschen.
Auf eine Anfrage über den russisch-französischen Pakt erklärte Litwinow noch, die Verhandlungen mit Frankreich seien keinen Augenblick auf Schwierigkeiten gestoßen. Als aus den Kreisen der Pressevertreter die Bedeutung eines russisch-französischen Nichtangriffspaktes etwas abfällig beurteilt wurde, äußerte Litwinow, ein derartiger Pakt würde eine ganz außerordentlicheBedeutung haben, wenn man bas derzeitig gespannte Verhältnis zu Frankreich in Betracht ziehe. Die Wiederherstellung eines gewissen Vertrauens zwischen der französischen Wirtschaft lmd Sowjetrußland werde die Folge sein und damit ein
und Rumänien in keiner Weise berühre, da Frankreich zur Hilfeleistung für diese Staaten nur verpflichtet sei, im Falle sie angegriffen würden. Auf die Frage, ob der Abschluß des russisch-französischen Paktes irgendwelche Einwirkungen aus Rußlands Verhältnisse zu Deutschland haben werde, antwortete Litwinow durchaus verneinend.
Die russische« Bedingungen für eine« Nichtangriffspakt mit
Pole».
Wie aus Moskau verlautet, hält dte Sowjetregierung nach wie vor für etwaige Verhandlungen über einen Nicht- angriffspaktmit Polen an folgenden Voraussetzun- »eri fest:
1. Der Pakt wird nur mit Polen ohne Einschluß irgend- ivelcher anderer Länder abgeschlossen. 3. Die Soivjetrcgie- rung garantiert keinerlei Grenzen. 8. Die Sowjetregierung behält sich alle Schritte gegenüber Beßarabien vor. 4. Die Sowjetregierung erkennt keinerlei Ansprüche Polens in bezug auf Danzig an. 5. Die Sowjetregierung verlangt, daß im Falle eines Krieges zwischen der Sowjetunion und einem der polnischen Verbündeten Polen strenge Neutralität bewahrt.
Zaleski in Paris
Der polnische Außenminister Zaleski ist gestern in Paris eingetroffen. Die Verhandlungen mit den maßgebenden französischen Persönlichkeiten beziehen sich, wie man am Quai d'Orsay deutlich durchblicken läßt, in erster Linie auf die Haltung gegenüber Svwjetruhland, wobei der polnische Außenminister die bisherigen Schritte seiner Regierung eingehend -arlcgen dürfte.
Die Warschauer Presse tobt und wirft der deutschen Regierung vor, baß sie zielbewnßt die Verhandlungen sabotiert habe. Auf eine ähnliche Melodie ist auch die französische Presse gestimmt, wobei vor allem dte scharfe Sprache des offiziösen „Temps" überrascht, der sich in ganz unerhörten Ausfällen gegen die Neichsregierung ergeht und ihr vorwirft, daß sie eine Politik des doppelten Bodens treibe. — Der Plan eines „Ostlocarno aus Umwegen" dürfte allem Anschein nach zunächst gescheitert sein.
Die Reichsrichllinien zur Ländernotverordnung
Ausgabensenkung durch scharfe Einsparungsmaßnahmen in den Verwaltungen Umschuldung für Länder und Gemeinden — Reichsjustizreform durch Notverordnung?
TU. Berlin, 29. Aug. Einer Korrespondenzmeldung zufolge hat der Reichsminister den Ländern Richtlinien zu der Notverordnung des Reichspräsidenten zur Siche- rungderHaushaltevonLändernundGemein- den übersandt. Die Richtlinien beschränken sich auf die Empfehlungen derjenigen Maßnahmen, die von den Ländern und den Gemeinden selbst zu treffen sind. Sie gehen davon aus, daß die Haushalte der Länder und Gemeinden unbedingt ausgeglichen werden müssen. Dieser Ausgleich könne in der Hauptsache nur durch Abstriche auf der Ausgabenseite erfolgen. Mit dem Einsehen einer Sparaktion größten Ausmaßes müsse daher sofort begonnen werden. Die Verordnungen der Länderregierungen, die auf Grund der Notverordnung des Reichspräsidenten erlassen würden, unterstehen nicht den Vorschriften der Landesverfassungen. Im Berordnungswcgc könne von dem bestehenden Landesrecht einschließlich des Landesverwaltungsrechts abgewichen oder bestehendes Landesrecht aufgehoben werden.
Auf der Seite der Gemeinden hätten die Landesregierungen nunmehr die Möglichkeit, im Wege der Ueber - tragung eigener Befugnisse die Gemeindevorsteher zu selbständigen Sparmaßnahmen zu ermächtigen und Bestrebungen, die der Notwendigkeit, Ersparnisse zu machen, entgegenstehen, auszuschaltcn. Was die Sparvorschläge im einzelnen betresse, so gebe das Finanz- und Wirtschastspro- gramm des Deutschen Städtetages eine Reihe beachtlicher Hinweise. Soweit Gemeindebeamtengehälter höher seien als vergleichsbare Gehälter des Reiches und der Länder, so könnten im Wege der Verordnung diese Bezüge den übrigen Gehältern angegltchen werden. Im übrigen kämen als 6^ ö "a h m en insbesondere in Be- rach. Einstellungssprrre, Beförderungssperre, Stellenwcch- lel, Entlassungen und Kündigungen von Angestellten und Arbeitern, Verwendung von entbehrlichen Beamten an anderen Stellen. Des weiteren werde entsprechend Sen Vorschlägen des Städtetages geprüft werde» müs- k«n. inwieweit der Behörden««* rat mit Rücksicht auf die zu
künftige Finanzlage noch aufrechterhalten werden könne. Die öffentlichen Mittel für Wohnungsbau und andere Bauansgaben müßten eingeschränkt werden. Die Vorschläge des Städtetages für eine Einschränkung -er Schullastcn müßten von den Länderrcgierungen eingehend geprüft werden. Die Richtlinien des Reichsfinanzministers werfen die Frage auf, ob nicht durch eine Erhöhung der Klaffenfrcquenz und der Pflichtstundenzahl und durch eine stärkere Vegabtenauslese Einsparungen erzielt werden könnten. Auf dem Gebiet der Justiz müßten unter Umständen die Kosten der Rechtspflege durch eine Jnstizreform herabgesetzt werden. Auf dem Gebiet der Wohlfahrtspflege müssen vertretbare Einschränkungen vorgenommen werden.
Aus dem Fälligwerden von kurzfristigen Schulden von Ländern und Gemeinden drohe eine besondere Gefahr für die öffentlichen Haushalte. Die Reichsregierung sei bereit, für die Gemeinden durch eine Umschul- öungsaktion, deren Ausmaß und Verfahren noch Vorbehalten bleiben müsse, helfend einzugreifen. Länder und Gemeinden würden sich bis dahin rechtzeitig mit ihren Gläubigern über die Verlängerung der Kredite zu einigen haben. Die Reichsregierung würde Ländern und Gemeinden nur in den Fällen einer Umschuldungsaktion oder eines Sonderzuschusses zu den Kosten der Wohlfahrtserwerbslosenfürsorge eine finanzielle Hilfe leisten. Auch auf dem Gebiet der Wohlfahrtslasten könne nur dort unterstützend eingegriffen werben, wo sowohl im Land als in der betreffenden Gemeinde alles zum Etatausglcich erforderliche getan worden sei.
Die Neichsregierung wird demnächst Mitteilungen über die von ihr selbst durchgeführten Sparmaßnahmen machen. Der Neichssinanzminister wird mit dem Reichsjustizministerium dte Verbindung aufnehmen, um dte Frage der ReichS- justizresorm im Weg« der Notverordnung zu prüfen. Endlich wird noch zwischen dem Reichsarbeitsministerium über das Problem der Arbeitslosenversicherung verhandelt
Tages-Spiegel
Die Reichsrichtliuien für den Ausgleich der Haushalt« iv Ländern und Gemeinden sollen scharfe Einsparungsmaß- «ahmen innerhalb -er Verwaltungen vorsehe«. Wie »er- lautet, plant man in Berli« eine beschleunigte Durchsüh- rung -er Reichsjustizreform im Notverordnungswege.
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Im Reichsarbeitsministerium erwägt man, ob im Winte» im Notfall Le« Arbeitslosen «eben Bargeld auch Natu- ralie« geliefert werde« könnten.
Der russische Außeukommiffar Litwinow erklärte in Berli« daß der Nichtangriffspakt mit Frankreich zustandekomme« «erde. Mit Polen habe Rußland überhaupt «icht verhandelt.
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England hat in Paris und Nenyork Kredite in Höhe vov 1V Milliarden Franke» aufgenommen.
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I« Genf erwartet man, daß Henderson, der als neuer Führer der Arbeiterpartei in Opposition znr englischen Regierung steht» den Vorsitz der Abrüstungskonferenz «ieder- legt.
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In Madrid wnrde anf den portugiesischen Botschafter ein Bombenattentat verübt. Der Botschafter blieb unverletzt.
Sorgen um die Erwerbslosenhilfe
Naturalversorgung statt Gcldnnterstütznng?
TU. Berlin, 29. Aug. Der Finanz- und Wirtschaftsplan des Deutschen Städtetages erklärt als Voraussetzung jeder neuen Belastung des Mittelstandes und der Arbeiterschaft eine Herabsetzung der Lebenshaltungskosten, insbesondere der Lebensmittelpreise. Im Verfolg dieses Planes fand im Städtetag eine Besprechung darüber statt, ob es möglich sei, den Arbeitslosen im kommenden Winter a n Stelle -er Geldleistungen eine Naturalversorgung zu gewähren und wenigstens für sie die Preise des täglichen Bedarfs herabzusetzen. In der Besprechung, an der Vertreter deutscher Städte, der zuständigen Reichsstellen, der freien Wohlfahrtspflege, der Gewerkschaften und der Wirtschaft teilnahmen, wurden die Schwierigkeiten, die der Durchführung dieses Gedankens noch entgegcnstchen, keineswegs verkannt. Trotzdem muß die Möglichkeit geschaffen werden, um die Arbeitslosen und Hilfsbedürftigen wenigstens mit verbilligtem Brot, Kartoffeln und Brennstoff unmittelbar zu versorgen. Verhältnismäßig einfach liegt es in den kleinen und mittleren Städten, schwieriger in den Großstädten. Der Deutsche Städtetag wird der weiteren Klärung der Frage seine besondere Aufmerksamkeit widmen und entsprechende Vorschläge den zuständigen Stellen übermitteln.
Für eine europäische Zollunion
TU. Gens, 29. Aug. Der vom Europaausschuß eingesetzt« Ausschuß -er wirtschaftlichen Sachverständigen, an dem von deutscher Seite der bekannte Industrielle Lammers tcil- nimmt, hat gestern seine Arbeiten mit Ser Annahme eines Berichts an den KoordinationsauSschuß des Europaausschusses abgeschlossen, in dem die Notwendigkeit einer z unpolitischen Annäherung zwischen den europäischen Staaten hervorgehoben und Maßnahmen empfohlen werden, die als Ziel eine allgemeine europäische Zollunion haben. Die Erörterung zweiseitiger Zollunionen, wie sie der deutsch-österreichische Zollunionsplan vorsieht, müßte infolge des Widerstandes von italienischer und tschechoslowakischer Seite aufgegeben werden. In dem Bericht -er wirtschaftlichen Sachverständigen, der am Montag veröffentlicht werden wird, wird ferner auf die Bedeutung des Zollwaffenstillstanösabkommens von 1930 hingewiesen und den Staaten der Beitritt zu diesem Abkommen empfohlen.
Neue Erdbeben in Asien
TU. Jena, 29. Aug. Mit dem ungewöhnlich schweren Erdbeben, das sich am 10. August in Asten ereignet hat, scheint eine Periode größerer Umwälzungen innerhalb der Erdkruste eingesetzt zu haben. Ständig werden stärkere Erdbeben aus den verschiedensten Herdgebieten von den Instrumenten der Neichsanstalt für Erdbebenforschung in Jena ausgezeichnet. Ein besonders heftiges Erdbeben wurde am Donnerstag um 16.84 Uhr 44 Sekunden beobachtet. Die Herdentfernung beträgt etwa 5000 Kilometer.
Durch ein furchtbares Erdbeben soll die Stadt Sharigu im Quettabistrikt jRordindien) vollkommen vom Erdboden verschwunden sein. Die Ausläufer des Erdbebens machten sich bis Karaschi bemerkbar.