Aus Stadt und Land

Calw, den 22. August 1931 Znm Sonntag

An den Tropen sind die Betten von allen Seiten mit einem schleierartisen Netz verhängt zum Schutz gegen die Moskitos Die «eine Moskitofliege ist der Träger der Malaria und thr Stich ist nicht nur unangenehm, sondern auch gefährlich- In den vom Netz umschlossenen Betten liegt ein Besen, mit dem man die etwa schon eingedrungenen Mos­kitos tötet oder beseitigt.

Mr finden es natürlich und selbstverständlich, daß man seinen Körper so gut wie möglich schützt gegen giftige, lebens­gefährliche Fliegenstiche. Unser Denken aber und unsere Phantasie geben mir sie nicht täglich die verschiedensten Moskitofliegen" preis? Spritzen sie nicht täglich ihr gefähr­liches Gift tief in unseren Volkskörper? Wie wahllos sind wir oft im Bücherlesen, im Besuch von Kino oder Theater,' wie hemmungslos und unvorsichtig in unseren Reden, sogar vor Kinöerohren; wie gleichgültig im Tun oder Mitansehen von Ungerechtigkeiten,- wie teilnahmslos gegen manches in stillem Heldentum getragene schwere Schicksal,- wie brennend interessiert an einem Verbrechen mit lüsternem, sensatio­nellem Beigeschmack! Wie mancheMoskitofltege" lassen wir so nicht nur zu uns kommen, sondern laufen ihr sogar nach nnd bitten:Ei, stich mich doch, wenns auch gefährlich ist, ich möchte dein Gift spüren!" Wir sollten bessere Moskitonetze um unsere Herzen hängen, steht doch bei uns nicht bloß wie bei den Menschen der Tropen die Gesundheit des Körpers auf dem Spiel, sondern das Leben der Seele und ihre Empfäng­lichkeit für alles Reine und Göttliche.

Dlenstnachricht

Die Stelle des Vorstandes der evangelischen Lehrerbil­dungsanstalt Nagold mit der AmtsbezeichnungOber- studiendirektor" ist dem Studienrat Ulrich an dieser An­stalt übertragen worden.

Der Ban des neuen Postamts Am Montag wird mit dem Bau des Postamtgebäudes in der Badstraße begonnen werben. Die Grab- und Maurer­arbeiten sind den beiden Bauunternehmer» Alber und Müller von der Oberpostdirektion Stuttgart übertragen worden. Der Voranschlag dieser Arbeiten beträgt über 100 000 RM. Die übrigen Arbeiten sind noch nicht vergeben. Die Stadtverwaltung hat sich alle Mühe gegeben, daß die Arbeiten an hiesige Unternehmer zur Vergebung kommen. Dies ist geglückt. Die Eisenbetonarbeiten, auf die die hiesigen Unternehmer schließlich verzichtet hatten, werden won einer Stuttgarter Firma ausgeführt.

Die Reichsbahn führt Netzfahrkarte« ein Die Reichsbahn hat die Absicht, vom 1. November ab Nehfahrkarten einzuführen. Insgesamt sollen im Reich 15 Netzfahrkarten mit je etwa 6000 Kilometer Bahnstrecke ausgegeben werden. Der Preis soll für die 3. Klasse 100 Reichsmark, für die 2. Klaffe 140 NM. betragen. Außerdem ist auch die Ausgabe von monatlichen Bezirksfahrkarten ge­plant für etwa MO Kilometer Bahnstrecke. In jedem Eisen­bahndirektionsbezirk sollen zwei bis drei Bezirke gebildet werden. Die Preise dafür werben zwischen Personen- und Eilzug verschieben sein und sich in der 3. Klasse zwischen 40 und 55 RM. bewegen. Bei Lösung mehrerer Netz- und Bezirksfahrkarten sind Ermäßigungen in Aussicht genom­men. Ueber die Abgrenzung der Reisegebiete sollen mit den großen Jntereffenorganisationen, insbesondere der reisenden Kaufleute, noch Verhandlungen geführt werden. Die Reichs- vahndtrektion Stuttgart schlägt für ihren Bezirk die Aus­gabe von 3 Bezirkskarten vor, von denen eine das Gebiet zwischen Heilbronn und Tübingen bzw. Lorch-Göppingen und Calw-Pforzheim umfaßt.

*

Zavelstein, 21. August. Seit 14 Tagen befindet sich das Missionszelt Immanuel hier, das besonders der Evan­gelisation auf dem Lande dient. In Abenövorträgen, Nach­mittagsbibelstunden, Kinberversammlung und Kranken­stunde wird das Evangelium mit seinen Lebenskräften für alle Kreise der Bevölkerung dargeboten. Die Vorträge der Herren Backhaus-Thun, Rupner-Stuttgart, Zwicki-Sielmin- gen, die im Dienste dieses volkskirchlich gerichteten Zelt- komitees stehen, werden opferfreudig unterstützt von den einheimischen Kreisen und den christlichen Musikchörcn des

Kirchspiels und ihren Freunden. Der Besuch ist in Anbetracht der Kleinheit unserer Gemeinden und des Standes der Erntearbeiten ein erfreulich reger.

Mldbad, 21. August. Zwischen der Stabt und dem Fiskus bestand schon seit Jahren ein Streit darüber, ob der hiesige staatliche Gebäudebesitz steuerpflichtig sei. Nun ist endlich die Entscheidung in dieser für die Stadt nicht unbedeutenden Frage gefallen. Der Verwaltnngsgerichtshof hat ein Urteil gefällt und darin zugunsten der Stadt entschieden. Das Urteil stellt fest, daß Ser Badebetrieb nicht als rein gemein­nützig angesehen werden könne und daß er deshalb steuer­pflichtig sei.

SCB. Pforzheim» 21. Aug. Wie berichtet, ist ein Hand­koffer mit Edel- und Halbedelsteinen usw. aus dem Schnell­zug HeidelbergBruchsal entwendet worden Für die Wie­derbeschaffung stnd nun 2000 RM. Belohnung ausgesetzt und bei teilweiser Beibringung 10 Prozent des Wertes zugesagt worden.

SCB. Pforzheim, 21. August. Als gestern abend ein Pforzheimer Fabrikant mit seiner Familie im Kraftwagen Ettlingen durchfahren hatte, sah er etwa 200 Meter hinter dem Ortsausgang einen Radfahrer mit einer klaffenden Kopfwunde auf der Straße liegen. Der Mann war tot. Der Tote mochte etwa 24 Jahre alt sein,' es schien ein Metzger­geselle zu sein. Er war von einem holländischen Kraftwagen, der in größerer Entfernung hielt und in dem zwei junge Paare saßen, überfahren worden. Wer die Schuld an dem Vorfall trug, war im Augenblick nicht zu erfahren. Der Tote befand sich in einer seltsamen Lage: obwohl der Zu­sammenstoß doch recht schwer gewesen sein mußte, saß der Mann noch gerade so auf seinem umgelegtcn Nab, als ob er fahren wollte.

Herrenberg, 21. August. Da der Deutsche Hopfeubauver- band infolge finanzieller Schwierigkeiten, einer Folge der trostlosen Verhältnisse in der Hopsenwirtschaft, gezwungen ist, die Herausgabe seines BercinsorgaucsDie Mitteilun­gen" vorläufig einzustellen, beabsichtigt der neugegrünöete Landesverband württembergischer Hopsenvereine ein eigenes Organ zu schaffen. Es darf wohl damit gerechnet werden, baß dieses Organ demnächst erscheint. Inzwischen gibt der Hop­fenbauverein HerrenbcrgHopsennachrichten" heraus.

SCB. Freudenftadt, 21. August. In den letzten Tagen sind verschiedentlich bei Freudenstädter öffentlichen Zahlungs­stellen falsche Zehn-Mark-Scheine angebalten worden.

SCB. Vesperweiler, OA. Freudenftadt, 21. August. Heute früh gegen 4 Uhr ertönte in der Gesamtgemeinbe Cresbach Feueralarm. Das Anwesen des oberen Christian Kübler, Maurers, und der daneben stehende Gasthof zurLinde" des unteren Christian Kübler, Maurer in Vesperweiler, standen in Hellen Flammen. Obwohl sofort die Feuerwehr von Cres­bach und bald darauf auch die von Lützenhardt am Brandplatz ivar, konnte nichts mehr ausgerichtet werden. Die Bewohner konnten gerade noch das nackte Leben retten und ihr Vieh in Sicherheit bringen. Die Gebäude sind bis auf den Grund niebergebrannt. Die BranLursache ist unbekannt.

SCB. Stuttgart, 21. August. Am Dienstagabend kam der 64 Jahre alte Eisenbahnarbeiter Paul Klingler von Waib­lingen auf dem Bahnhof Stuttgart unter die Räder eines Eisenbahnwagens. Schwer verletzt mußte der Bedauerns­werte ins Krankenhaus gebracht werden, wo ihm ein Bein abgenommen wurde. Klingler war bereits 35 Jahre im Eiscnüahndienst tätig und stand kurz vor seiner Pensio­nierung.

SCB. Schloßberg, OA. Neresheim, 21. August. In Nlm wurde der Schuhmacher I. von hier bei der Ausgabe von Falschgeld entdeckt und verhaftet. Eine Kriminalkommission von Ulm nahm hier eine Haussuchung vor, die zuerst zur Festnahme eines bei der Familie I. wohnenden Fremden, offenbar eines Helfers, führte. Die Festnahme erfolgte, als der Fremde bei Erscheinen der Kriminalbeamten in Rich­tung auf den Beiberg flüchten wollte. Es soll sich um die -Her­stellung falscher Fünfzigpfennigstücke handeln. I. ist wegen Diebstahls vorbestraft. Die Untersuchung ist noch im Gange.

SCB. Vom bayerischen Allgäu, 21. August. Als der Nacht­schnellzug D 226 MünchenLirrdau die Station Kaufbcuren verlassen wollte, entdeckte der Zugschaffner einen auf dem Achsengestünge des von Warschau bis Genf durchlaufenden polnischen Schnellzugswagens liegenden jungen Mann. Es stellte sich heraus, daß der blinde Passagier ein I8jähriger polnischer Junge ist, Thaddäus Kamccki mit Namen, der in dieser höchst unbequemen Lage in 24 Stunden die rund 1150

Kilometer weite Entfernung von Warschau bis Kaufbeuren zurückgelegt hatte.

SCB. Niedermange«, OA. Wangen, 20. August. Das freche Auftreten eines Hanöwcrksburschen veranlaßte die Söhne des Landwirts Albert Nonnenmacher in Elitz, ihren Vater zu bitten, sie mit der Handhabung des Revolvers ver­traut zu machen. Er erfüllte ihren Wunsch. Als einer der Söhne nun die Waffe in die Hand nahm und den Mechanis­mus betrachtete, löste sich ein im Lauf befindlicher Schuß, drang dem neben ihm stehenden Vater in den Unterleib und verletzte ihn schwer.

Turnen und Sport

Fußball-Vorschau

Zu dem für morgen bereits angekündigten ersten Ver­bandsspiel der Kreisliga gegen Enzberg, einem alten Ver­treter der Kreisliga, tritt Calw mit verschiedenen neuen Leuten an, die teilweise direkt der Jugend entnommen sind. Hierzu mußten auch verschiedene Bezirksligavereine schrei­ten und haben damit noch keine schlechten Erfahrungen ge­macht. Leider muß in der sonst sehr stabilen Verteidigung noch Ersatz eingestellt werden und wünschen wir dem Ver­letzten baldigst völlige Genesung. Sehr überrascht dürste das Publikum von der neuen Besetzung des Mittelstürmer- Postens sein, auf dem unser Trainer Harsch sein erste» Debüt gibt. Auf das Auftreten der Mannschaft in dieser neuen Aufstellung darf man gespannt sein, und wenn jeder seinen Posten voll und ganz ausfüllt, dürfte der Erfolg nicht versagt bleiben.

Sport-Vorschau

Am morgigen Sonntag empfängt der Fußball-Club Alt­burg den jüngsten A-Klassenverein, die Sp.Vgg. Tct- nach-Zavelstein zum ersten Verbandsspiel dieser Sai­son. Beide Mannschaften standen die Sommermonate über in gutem Training und man darf gespannt sein, wie sich die als eifrig bekannten Neulinge aus dem ersten Punkt­kampf ziehen. Spielt Altburg mit dem gleichen Elan wie vergangenen Sonntag in Renningcn, so wird wohl Teinach- Zavclstcin die ersten Punkte liefern muffen. Näheres im Anzeigenteil.

*

Handball-Vorschau

Am kommenden Sonntag beginnen die Pflichtspiele iM Handball der Turner. Die erste Mannschaft des TV. Hir­sau empfängt auf heimischem Platze die bestbekannte Mann­schaft des TV. Nagold als Gast. Die Nagolder konnten bei der letzten Spielrunde die Meisterschaft der A-Klasse im Schwarzwald-Nagoldgau erringen und dürsten neben Calw auch dieses Jahr wieder die besten Aussichten haben, da die körperlich starke Mannschaft die nötige Erfahrung für Pflicht­spiele besitzt. Auch Hirsau tritt wohlvorbereitet als Neuling in der höheren Klasse an. Die in letzter Zeit auswärts aus- getragenen Spiele berechtigen zu großen Hoffnungen, so daß der Ausgang des Spieles völlig offen ist. Man wünscht zahl­reichen Besuch und einen guten Verlauf.

Geld-, Volks- und Landwirtschaft

L.C. Berliner Produktenbörse vom 21 August

Weizen märk. 221223,' Roggen märk. 166168,' Futter- und Jndustriegerste 152162,' Hafer märk. 147156; Weizen­mehl 27,50-33,75; Roggenmehl 24,1026,75; Wcizenkleie 11,7512,25; Roggenkleie 10,25-10,75; Raps 140150; Vik- toriaerbsen 2431; Futtererbsen 1820; Leinkuchen 13M bis 13F0; Trockenschnitzcl 77,10; Soyaschrot 11,70-12,40; allgemeine Tendenz: matt.

Mergentheimer Schafmarkt

Zufuhr: 1524 Lämmer, 1505 Jährlinge, 513 Hämmel, S6d Mutterschafe. Verkauf 930 Stück. Preije für ein Paar Läm­mer 4060, Jährlinge 6470, Hämmel 76, Mutterschafe 46 bis 80 Mk.

Hopfenstand

Die nasse Witterung hat den Hopfengärten nicht gut g» tan. Die Dolden, die schön grün sein sollten, find schon viel­fach belastet und zum Teil unansehnlich. Auch -er Behang läßt zu wünschen übrig. Die Preise des Frühhopfens stnd äußerst nieder. Die Hopfenzüchter werden in diesem Jahr wieder eine große Täuschung erleben. Der Hopfenbau, der in den letzten Jahren einen Aufschwung genommen hatte, wird wohl wieder einen Rückschlag erleiden.

SS ^

ß'-r-il -a-4 » k»Ie-- ru«v»4>-'»«n>-ini»»l 14,4, ädkalil-» 4e, D kl-«- kE», ,» xu,

venn 816 am Wascktaß k^ersi! in der Wssckl^ücke Kat. k^ersi! ist eine mächtige Hille für 8ie, mit k^ersil arkeiten mackt ikr kreude - und freudig getane Arbeit

Hvird doppelt so gut! -bellten 8is aker kitte immer aus die ricktigs /^nvendung. I^Iur «las gikt rlls 8ickerkeit, alle Verrüfe, dis ?ersi! kielet, voll ausrunutren'

s ^r^ o värc/rt, /ratimmerpradrtvo//iveiAe,^ic/r du/tende lsa§dre von /rödr§ler (^e^/ZeFt/red/

VVcKtmmckenlj« Wsaaer,: ttkll SIIlO u