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verantwort!. Schriftleitung: Frieckrich Hans Scheele Druck unck Verlag «ler A. Oelschläger'schen vuchäruckerei

Nr. 170

Freitag, den 24. 3uli 1931

Fahrgang 104

Das Ergebnis der Londoner Ministerkonferenz

Eine nicht aussichtslose Zwischenlösung Vertrauenskundgebung für Deutschland Zwischenmaßnahmen zur Stützung des deutschen Kredits

gelegt. Brüning ging dann auf Sie Einlabung über, einige ausländische Bankiers nach Deutschland zu berufen. Er habe bereits in der vergangenen Woche mit Mister Spragne in

TU London, 24. Juli. Ueber die gestrige Schlußsitzung der Ministerkonferenz wurde vom Foreign Office solgende amtliche Mitteilung ausgegeben:

Die kürzlich stattgefundenen außerordentlichen Kapital­abzüge aus Deutschland haben eine akute finanzielle Krise hervorgerufen. Sie haben einen Mangel an Vertrauen her­vorgerufen, der nicht durch die wirtschaftliche und Hans- Haltslage des Landes gerechtfertigt ist. Um eine Fortbauer der finanziellen Stabilität Deutschlands sicherzustellen, die für die Interessen der gesamten Welt notwendig ist, sind die auf der Konferenz vertretenen Negierungen zu einer Zu­sammenarbeit bereit, um, soweit es in ihrer Macht liegt, das Vertrauen wiederherz« st eklen. Die auf der Konferenz vertretenen Regierungen sind bereit, den Finanz- institutcn ihrer betreffenden Länder folgende Vorschläge zur Erleichterung der augenblicklichen Lage zu unterbreiten:

1. Der Zentralbankkredit von hundert Millionen Dollar, der kürzlich der Reichsbank durch die BIZ. bewilligt wurde, soll bei Fälligkeit für weitere drei Monate verlängert wer­den,

2. Die vereinbarte« Maßnahmen sollen von den Finanz­instituten in den einzelnen Ländern ergänzt werden, um den Umfang der bereits an Deutschland gegebenen Kredite bei- znbehalten.

Die Konferenz empfiehlt, die BIZ. aufzufordern, unver­züglich einen Ausschuß von Finanzleuten einzu- sctzcn, die von den Gouverneuren der interessierten Zentral­banken ernannt werden, um die Frage weiterer Kreditbe- dttrfnissc unverzüglich zu prüfen und um die Möglichkeiten einer Konvertierung eines Teiles der kurz­fristigen in langfristige Kredite zu studieren. Die Konferenz hat mit Interesse eine Darlegung Dr. Brü­nings bezüglich einer kürzlich von der deutschen Industrie der Golddiskontbank zur Verfügung gestellten Gesamt­garantie zur Kenntnis genommen. Die Konferenz ist der Ansicht, daß eine derartige Garantie es möglich macht, eine gesunde Grundlage für die Wiederaufnahme normaler internationaler Krcöitoperationen herznstcllen. Die Konfe­renz glaubt, daß eine Durchführung dieser Maßnahme eine Grimdlage für eine dauerhaftere zukünftige Aktion bilden werde."

Brüning über das Ergebnis von London

Bei Beurteilung der vorstehenden amtlichen Mitteilung legte Reichskanzler Brüning zunächst einmal Wert auf den ersten Paragraphen dieses Schriftstückes. Er betonte, hiermit habe die Konferenz ausdrücklich anerkannt, daß die Kapitalzurückziehnngen aus Deutschland in erster L>nie ans bas Ausland zurückznführen seien, und baß Deutsch­lands Staatshaushalt und Wirtschaft in Ordnung gebracht worden wären, nachdem der Hoover- plan dieses möglich gemacht habe. Die Londoner Konferenz habe nur eine Zwischenlösung gebracht. Er Habe eigentlich auch von vornherein nichts anderes erwartet, nachdem man sich über die Schwierigkeiten, die der Aufnahme einer inter­nationalen langfristigen Anleihe entgegenstehen, klar ge­worden sei. Finanziell sei sie nicht zu erzielen gewesen. Die Verfassung Amerikas erlaube eine Garantie seitens der Ne­gierung nicht. Der Londoner Kapitalmarkt befände sich zur­zeit nicht in der gewünschten Verfassung. Auch bereite ein Einvernehmen zwischen Amerika und England einerseits und Frankreich andererseits Schwierigkeiten. Die -entsche« Erwartungen hätten sich daher von vornherein eigentlich lediglich auf die Verlängerung des ISS Millionen Doll«r- rediskontkredits «nd das Anhalten -er ausländischen Kre- dttzurückztehungen beschränkt. Brüning wies hierbei beson­ders auf den Einfluß hin, den die amerikanische Stellung­nahme auf die günstige Lösung dieser beiden Fragen ausge­übt habe.

Die Konferenz sei besonders stark von der deutschen In ö u str i e g a r a n t i e beeinflußt gewesen uird anschei­nend biete diese die geeignete Unterlage für eine zukünftige Sreditaktion die Sann nicht unmittelbar an das Reich, son­dern wahrscheinlich über den Weg der Golddiskontbank nach Deutschland fließen würbe. Der Kanzler brachte zum Aus­druck, daß die Vorschläge, die der Neichsbankpräsident Luther auf seiner Rundreise vor etwa 14 Tagen vorgetragen habe, ^ " ^meinen nicht den Beifall der Konferenz gesunden wohl auch etwas schnell entworfen und h preffemaßig nicht genügend vorbereitet gewesen.

-er Konferenz bedeuteten nichts weiter Emaß«ahmen. aber es müsse an dem Ziele festge- ^ ^ Ges"mt««s-ng des deutsch-n «,.- 7 .^ Em Auslände zu vermehren sei. Die Konferenz habe, wie er hoffe, den Grundstein für eine Wktto« »»» Dauer

in

dieser Angelegenheit Rücksprache genommen.- Dabei habe sich herausgestellt, daß die komplizierte Lage in Deutschland von nur sehr wenig Menschen im Auslande verstanden würde, besonders nachdem durch das ausgedehnte System der kurzfristigen Kredite die Lage in Deutschland sehr un­übersichtlich geworden sei. Die Mitglieder dieses Vankier- ausschnsses würden von der deutschen Negierung ernannt. Es stehe noch nicht endgültig fest, welche Herren hierzu herangezogen würden.

Der Reichskanzler sagte dann, daß zwischen diesem von der deutschen Regierung zu ernennenden Ausschuß und dem von Ler BIZ. zu ernennenden ein Unterschied bestehe. Es seien zwei durchaus von einander getrennte Ausschüsse, wobei es allerdings möglich sei, daß eine Person sowohl den einen wie dem anderen Ausschuß ange­höre. Der Gedanke des von der BIZ. zu ernennenden Aus­schusses entstamme dem amerikanischen Vorschlag, es sei dann gegenüber dem französischen Antrag eine Zwischenlö­sung in der Form gefunden worden, daß zwar die BIZ. formell den Ausschuß ernennt, daß aber Sie Zentralbanken die Mitglieder selbst nominieren. Brüning bezeichnete den Ausgang der Konferenz als sehr gut. Er fand Worte des Dankes für Macdonald, durch dessen Bemühungen es ge­lungen sei, die Konferenz in Herzlichkeit beisammen zu hal­ten, er dankte den Amerikanern und ganz besonders auch dem französischen Ministerpräsidenten Laval, der ausdrück­lich auf die Tragweite der offenen Aussprache zwischen den deutschen und den französischen Staatsmännern hingewiesen habe. Eines der wesentlichsten Ergebnisse dieser Konferenz sei, so sagte der Reichskanzler, -atz sich die internationale Fi­nanz nunmehr mit -er internationale« Lage Dentschlands dauernd z« beschäftigen habe; hierzu kämen die Bemühun­gen, die Deutschland aus eigener Kraft machen müsse. Inso­fern sei die Konferenz also eine Vorbereitung für eine Dauerlösung gewesen.

Die Auffassung in Berlin.

An unterrichteter Stelle in Berlin wird betont, daß London nicht als Abschluß zu betrachten sei, sondern nur als der Auftakt zu weiteren Verhandlungen. Was den Ausgang der Londoner Verhandlungen angcht, so wird vor allem die Tatsache als Positivum gewertet, daß die deutsche Abord­nung politisch völlig unbelastet zurückkehre. Es wird darauf hingewiesen, daß es jetzt wesentlich auf uns selbst ankomme und man ist der festen Zuversicht, daß die deutsche Wirt­schafts- und Finanzlage in der Zwischenzeit ohne weiteres zu halten ist.

Tages-Spiegel

Die Londoner Sicbenmächtekonserenz ist gestern nach Au» nähme der Empfehlungen der Finanzminister abgeschlossen worden. Die Konferenz hat eine Vcrtra«cuserklärung für Deutschland sowie Zwischenmaßnahmen zur Stützung des deutschen Kredits beschlossen.

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Das Konferenzergebnis wirb in Berlin als Zwischenlösung betrachtet. Der Reichskanzler ist befriedigt, da er nicht mehr erwartet hatte.

*

Die in London begonnenen Ministerbesprechnngen werden in Berlin fortgesetzt werden. Stimson wird dort am Sams­tag eintreffen, während Macdonald» Henderson «nd die französischen Minister Laval und Briand im Laus der näch­sten Woche nach -er Neichshanptstadt kommen werden.

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Der Aeltestenrat -es Reichstages hat gestern die Anträge auf Reichstagseinberufnng erneut abgelehnt. Gegen die Einbernsnng stimmte auch die Wirtschaftspakte!.

-»

Ueber die Erweiterung des Zahlungsverkehrs ist gestern von -er Neichsregierung eine 5. Notverordnung erlasse» worden. In Bremen hat die Beamtenbank ihre Zahlun­gen eingestellt.

Die spanische Regierung hat über Sevilla den Belagerungs» zustan- verhängt. Zwischen aufständischen Syndikalisten «nd der Bürgergarde sind blutige Kämpfe im Gange.

In den Kreisen der verschiedenen Delegationen in Lon­don herrschte die allgemeine Auffassung, daß Kredite für die deutsche Reichsregierung und auch für die Reichsbank vor­läufig gar nicht in Frage kommen, denn deren n»twcndige Voraussetzung sei zunächst eine Vereinigung der deutsch-französischen Beziehungen.

Befriedigung in Washington.

Präsident Hoover veröffentlicht zum Abschluß der Lon­doner Konferenz eine Erklärung, in der es u. a. heißt: Die Londoner Konferenz habe den Grundstein zur Wiederkehr stabiler Verhältnisse in Deutschland gelegt. Das Hauptpro­blem, das vor allem das Bank- und Kreditwesen berühre, sei eher durch die freiwillige Mitarbeit der Weltbankiers zu lösen als durch die Regierungen mit ihren gegensätzlichen Interessen. Eine solche Grundlage der Zusammenarbeit be­deute Sicherheit. Das in London angenommene Programm trage zur schnellen Erholung von der Weltdepression bei, durch Ueberwindung der hauptsächlichsten mitteleuropäischen Krisenelemente.

Die Newyorker Großbanken beschlossen gestern, Deutsch­land keine weiteren Kredite zur Verfügung zu stellen. Sie wollen abwartcn, bis von den europäischen Finanzinstituten eine Stützungsaktion unternommen wird. Die Erfolgsaus­sichten des Ergebnisses der Londoner Konferenz werden im allgemeinen skeptisch beurteilt.

Deutsch-französische Annäherung in London?

Fortsetzung der begonnenen Minister-Aussprache in Berlin

TU London, 24. Juli. In eingeweihten Kreisen verlau­tet, daß die Aussprache, die am Donnerstag anläßlich eines Frühstücks in der deutschen Botschaft zwischen den deutschen und den französischen Ministern geführt worben ist, eine Wendung genommen habe, die eine spätere deutsch- französische Zusammenarbeit auf der Grundlage eines wirklichen Verständnisses für die wahren Verhältnisse in Deutschland doch nicht ganz so hoffnungslos erscheinen lasse, wie das bisher der Fall war. Der Eindruck, den die Aussprache hinterließ, war jedenfalls -er, daß man in den maßgebenden französischen Kreisen nun doch ernster über die Ursachen der bisherigen Fehlschläge der Versuche einer deutsch-französischen Annäherung nachzudenken bereit scheint und beginnt die tatsächlichen Stimmungen und Kräftever­hältnisse, sowie die Auswirkungen der bisherigen Fehlschläge in Deutschland richtiger einzuschähen.

Die französischen Minister reisen heute in demselben Zuge von London ab, den auch der Reichskanzler und der Reichsaußenminister benutzen werden. Die beiden Delega­tionen reisen also zusammen bis nach Dover, möglicherweise auch bis nach Callais und man nimmt an, daß sich während der Fahrt Gelegenheit zu einer Fortsetzung der Aussprache bieten wird. Möglicherweise wird übrigens auch die italie­nische Abordnung den gleichen Zug benutze«.

Gestern abend hatte der Londoner Vertreter der Telegra­phenunion im Carltonhotel eine Unterredung mit dem fran­zösischen Ministerpräsidenten Laval, in der sich dieser über die gegenwärtige Lage aussprach: »Ich wage zu sagen," so erklärte Laval, »daß die Unterhaltungen »wische« den deut­

schen und den französischen Ministern und besonders meine Unterhaltung mit Dr. Brüning uns zu einer Politik zu­sammengeführt hat, die, wenn sie weiter mit Klugheit und Beständigkeit betrieben wird, zu einer vertrauensvol­len Zusammenarbeit mit Deutschland führen kann. Es gibt keinen Kredit ohne Vertrauen und es gibt kein Vertrauen in der Welt, wenn nicht Harmonie zwischen unseren beiden großen Ländern Herrscht. Hier liegt das Beil, hier liegt der Friede. Das müssen alle Nationen be­greifen, mit denen uns Freundschaft verbindet. Unser Ver­such ist noch nicht beendet."

Auswärtige Ministerbefnche in Berlin

Reichskanzler Brüning teilte gestern offiziell mit, - der amerikanische Staatssekretär Stimson am Samstag in Berlin zu einem Besuch eintroffen wird. Er wird in Ber­lin voraussichtlich bis zum Montag bleiben. Der englisch« Ministerpräsident Macdonald und der englische Außen­minister Henderson treffen am Montag in Berlin ein und werden vis zum Dienstag bleiben. Es ist nicht wahr­scheinlich, - bei dieser Gelegenheit Stimson mit den eng­lischen Ministern wieder zusammentrifft.

Ueber die Londoner Besprechungen zwischen Briand und Curtius erklärte Laval in einer Unterredung am Don­nerstag, mit den Pariser und Londoner Besprechungen sei ein Anfang für weitere gemacht worden. Sie zu einem drin- geird nötigen, besseren Gefühl Ler Sicherheit in Europa führen müßten. Laval rechnet sicher damit, - -er Gegen­besuch -er französische« Minister in Berld« tm Laufe der nächsten Woche stattfinden wird.