krscheinungsweise: Täglich mit Ausnahme äer Sonn- unck Zestiag»
Anzeigenpreis r s) im Anzeigenteil: «ii« Zeile 20 Soläpfennig« d) im Aeklameteil: Sie Seil, 65 Soläpfennig«
Auf Sammelanzelgen kommen 5l?/o Zuschlag
Für platzvorfchriften kann keine Sewähr übernommen weräen
S«rtcht»stan<l für d«t<I» r»i>« »st cal»
Nr. 158
Kmts- unä Anzeigeblalt für äen Oberamtsbezirk (alw
vezugrprei«:
In äer Stallt 40Solllpfennige wöchentlich mit Trägerlohn Post-Sezugrprei» 40 Solll- pfrnnige ohne Bestellgelä
Schluß äer Anzeigenannahme 8 Uhr vormittag»
Zn ZLllrn HSH«r«r Sewalt besteht kein Anspruch auf Lieferung Iler Seitung «l«r auf stüikzahlung See vezugepretfe»
Zernsprecher Nr. S
verantwort!. Schriftleitung: Zrieckrich Han» Scheel« Druck unä Verlag äer A. Orlschläger'schen vuchäruckerei
Freitag, den 10. 3uli 1931
Jahrgang 104
Kabinettsberalung über die Wirtschaftslage
Entlastung der Reichskasse durch den Zahlungsausschub — Dr. Luther auf der Rundreise
—- nach neuen Krediten
TU. Berlin, 10. Juni. Das Reichßkabinett ist am Donnerstag vormittag zur Fortsetzung der Beratungen über die Wirtschaftslage zusammengetreten. Daß bereits irgendwelche konkrete Beschlüsse gefaht wurden, gilt in unterrichteten Kreisen als wenig wahrscheinlich, da zunächst das Ergebnis der Londoner Verhandlungen des Reichsbank- präsiöenten abgewartct werden dürfte.
Das Reich verzichtet auf Verlängerung des Schatz- anweisungskredites
Amtlich wird mitgeteilt: „Das Reichsfinanzministerium Hatte kürzlich durch die Neichsbank mit einer inländischen Bankengruppe einen Schatzanweisungskredit abgeschlossen, der bis zu 280 Mill. RM. betragen sollte, aber nur mit 184 Mill. RM. in Anspruch genommen worden ist. Die Fälligkeit dieses Betrages war für den 16. Juli vorgesehen, mit einem Prolongationsrecht zugunsten des Reichs. Auf Grund der durch den Hooverplan eintretenden Ersparnisse und entsprechend der von der Neichsregierung abgegebenen Erklärung, diese Ersparnisse zur Verminderung der schwebenden Schulden zu benützen, hat das Neichsfinanzministerium sich entschlossen, von dem Prolongationsrccht keinen Gebrauch zu machen. Demnach wird der Betrag von 184 Mill. RM. am 16. Juli dein Geldmärkte »nieder zugeleitet".
In unterrichteten Kreisen sieht man in dieser Maßnahine -er Reichsregierung einen Beweis des vollen Vertrauens in die Hooveraktion, da man überzeugt ist, daß die im Feicr- jahr anfgcsparten Beträge vollauf ausreichen werden, um die voraussichtlichen Fehlbeträge im Neichshaushalt und in den anderen Haushalten auszugleichen. Die gegenwärtig schwebenden Verhandlungen über einen großen Auslandskredit sind also nicht etwa zur Ausgleichung der Haushalte gedacht, sondern sie haben ähnlich wie die Ausfallsbürgschaft der großen inländischen Wirtschaftsunternehmungen den Zweck, das Vertrauen in die deutsche Wirtschafts- und Bankrvelt zu stärken, eingefrorene Kredite wieder flottzumachen, die Wirtschaft wieder zu beleben und dem Abfluß der Devisen endgültigen Einhalt zu tun.
Dr. Luther in London und Paris
Neichsbankpräsident Dr. Luther ist am Mittwoch abend von Berlin über Amsterdam nach London gereist, »vo er im Laufe des gestrigen Tages eingetroffen ist. Der Besuch des
Netchsbankpräsidcnten in London hat nur 1A Stunden gedauert. Er ließ sich in der deutschen Botschaft über die Lage, wie sie sich vom Londoner Gesichtspunkt aus anfleht, unterrichten und benutzte dann den gegen 16 Uhr nach Basel abgehenden Zug um mit dem Gouverneur der Bank von England, Montague Norman zusammenzutrefsen. Die Herren fuhren zusammen bis nach Folkestone, waren also rund I^L Stunden zusammen. Während Montague Norman seine Reise fortsetzte, um sich nach Basel zur Sitzung des Direktoriums der BIZ. zu begeben, reiste Dr. Luther auf dem Kanalschiff nach Paris weiter.
Ueber den Inhalt der Unterredung mit Montague Norman ist nichts bekannt geworden. In eingeweihten Kreisen glaubt man, daß Dr. Luther dieEröffnungeinesKre- dites erörtert hat, worüber schon in diesen Tagen private Besprechungen mit einer Vankengruppe sowohl in London wie in Neivyork stattgefurrden haben sollen. Die Angaben über die Höhe des Kredites schwanken »wischen 1H und 2 Milliarden RM. Citykreisc dringen darauf, daß dieser baldmöglichst gegeben wird, um vom Markte endlich die Unsicherheit zu entfernen, die infolge der Lage der Reichsbank und der noch völlig dunklen Aussichten, die die Londoner Sachverständigenkonfercnz bietet, auf der Börse lastet. Es wird darauf hingewiesen, -aß die Eröffnung eines hinreichend hohen Kredites schon genügen werde, um das Vertrauen wieder zu festigen, wobei es gar nicht notwendig sei, baß Deutschland von dem Kredit sofort in voller Höhe Gebrauch mache.
Neichsbankpräsident Dr. Luther traf an» Donnerstag kurz nach 23.15 Uhr, von London kommend, in Paris ein. Dr. Luther wird voraussichtlich bis Sonntag, unter Umständen sogar bis Montag in Paris bleiben und dann nach Basel reisen.
Bcrwaltungssttznng der BIZ.
Der Verivaltungsrat der BIZ. in Basel wird am kommenden Montag zusammentreten, uin darüber zu bestimmen, ob er für die Regelung der Frage des Garantie- sond 8 zuständig ist oder nicht. Es ist fraglich, ob die Angelegenheit nicht Verhandlungsgegenstand zwischen den einzelnen Unterzeichnern des Aoungplanes werden wird.
Tages-Spiegel
Das Reichskabinett beschäftigte sich gestern erneut mit de« Wirtschaftslage. Infolge des Zahlungsaufschubs ist es dem Neichsfinanzministerium möglich, einen Schatzanweisnngs- kredit von 184 Millionen znrückznzahle».
»
Reichsbankpräsident Luther hat eine Rundreise nach London» Paris »nd Basel angetrete«. Wie verlautet, verhandelt Dr. Lnthex über die Gewährung eines langfristige« Aus» laudskredjts.
»
Bei Kaitowitz find Angehörige der deutschen Minderheit von polnischen Aufständische» überfalle« und mißhandelt worden. -
»
Die deutsche Auffassung, daß das Hoover-Moratorium unabhängig von den Sachverständigenverhandlnngen bereits in Kraft getreten sei, wirb in Washington bestätigt.
»
I« Kiel traf gestern ein norwegisches Flottengeschwade« — ein Panzerschiff «nd drei Unterseeboote — zn eine« Besuch der deutschen Flotte ein.
Bo« der Wasserkante — ans dem Gebiet der Unterelbe und Oste, sowie aus Nordschleswig «nd Nordfriesland — werden schwere Unwetter gemeldet, die große Ucberfchwem» mungen anrichteten.
Grandi erwidert wurde. Am Nachmittag ist Stimson von Mussolini empfangen worden. Der Gedankenaustausch zwischen Stimson und den italienischen Staatsmännern wird heute und morgen fortgesetzt werden.
Mussolini empfing im Anschluß an den Besuch Stimsons die amerikanischen Pressevertreter und gab ihnen folgende Erklärung ab: „Die Reise des Herrn Stimson nach Europa ist sehr wichtig, obgleich sie keinen offiziellen Charakter hat. Er hat mir einen sehr wichtigen Gedanken gesagt, Sen ich teile und zrvar, -aß »venu Europa ruhig sein wird, wir einer sicheren wirtschaftlichen Erholung ent- gegengehen. Italien seinerse'ts wird voll «nd ganz de« Initiative des Präsidenten Hoover sekundieren, einer Initiative, die ich als eine der größten politischen Ereignisse der Nachkriegszeit ansehe. Italien wird zu der bevorstehenden Abrüstungskonferenz mit größter Loyalität und Aufrichtigkeit gehen. Dies ist voll und ganz von Herrn Stimson verstanden worden."
Aus die Frage eines Journalisten, ob Italien besondere . Abrüstungssormeln habe, erklärte Mussolini: „Italien ist bereit, die geringste Rüstungsziffer anzunehmcn auch nur 10 060 Gervehre für ganz Italien vorausgesetzt^ daß keine andere Nation »»»ehr hat, sonst würde cS die Verteidigung mit einem Spazierstock gegen eine :
hinauskommen. Italien ist in dieser, seiner loya.. . denspolitik von der Ueberzeugung geleitet, daß zur . »
de« Wirtschaftskrise di« Lösung der politischen «nd »no.a, ltschc« Krise erforderlich ist Es ist falsch, daß man für ihre Lösung sorgt, weil sie schon zu lange Zeit dauert. Ein Erfolg der Abrüstungskonferenz ist unumgänglich notwendig, damit die Völker Vertrauen zu ihren Regierungen haben können. Die Völker dürfen nicht enttäuscht werden. Das Datum -er Abrüstungskonferenz darf nicht verschoben werden. Auf alle Fälle wird keinerlei Vorschlag in diese»» Sinne von Italien ausgchen, das an dem auf Len 2. Febr. 1932 festgesetzten Datum festhält. Ich drücke meinen Optimismus über die wirtschaftliche Erholung in de« nächsten Jahren aus, besonders, wenn die Abrüstungskonferenz Erfolg haben wird. Dieser Erfolg wird den Horizont wieder aufkläre»», der aber dunkel bleiben wir-, wenn die Konferenz zu keinem Ergebnis führen wird. Die Welt muß ihren Weg »vählen, wir stimmen mit Herrn Stimson überein in der Wahl des Friedensivcgs.
Eine Notverordnung in Baden
TU Karlsrnh«, 10. Juli. Am Donnerstag beschloß das badische Kabinett einstimmig den Erlaß eines besonderen Not- gesctzes für Baden, das neben anderen eingreifenden Sparmaßnahmen eine allgemeine bprozentige Gehaltskürzung der Beamten des Landes und der Gemeinden bringt.
Wie die „Reue Badische Landeszeitung" von gut unterrichteter Seite erfährt, soll außerdem noch der S chu l l a st e»»- auSgleich zwischen Land u. Gemeinden zu Ungun st en der Gemeinde» abgeändert werden. Ferner ist beabsichtigt, diese Beträge die das Land Baden bisher »um FürsorgeaufwanL der Gemeinden, beigesteueri hat zu kür z e n. Die Gemeinden sollen für den ihnen entstehenden Einnahmeausfall dadurch »um Teil entschädigt werden, daß sie ermächtigt und verpflichtet werden, die Gehälter der Gemeindobeamten ebenfalls um weiter S Prozent zu kürze». ^
Der Sachverständigenkonferenz entgegen
Der Moratoriumsplan ist in Kraft getreten — Fortführung der Druckpolittk Amerikanisch-italienisches Einvernehmen in der Abrüstungsfrage
TU. London, 10. Juli. Zu der am 17. Juli in London Legiiuiendell Sachverständigcnkonferenz meldet der diplomatische Mitarbeiter des „Daily Telegraph", daß im Foreign Office bisher tmmer noch nicht entschieden sei, ob auch die kleinerer» alliierten Mächte, sowie Oesterreich, Bulgarien und Ungarn eingcladcn werden sollen. Frankreich trete für Sic Teilnahme seiner östlichen Verbündeten ein. Der Korrespondent »veist dann ans die grundsätzlichen Unterschiede zwischen den englischen und den französischen Wünschen hin. England sei der Ansicht, daß es vorteilhafter sein werde, wenn möglichst von Anfang an die verantwortlichen Minister der verschiedenen Länder in London anwesend seien, so daß entstehende Schivierigkeiten sofort erledigt werden könnten. Tie französischen Minister seien aber kaum bereit, nach England zu kommen. Man fürchte in Paris, daß andere Mächte die Gelegenheit wahrnehmen würde»», um das Verhandlungs- Programm auszuöehncn und eine N e v »s i o n d es A o u n g- planes anzusteebe».
Unterstaatssekretär Castle kündigte an, daß der Botschafter der Vereinigten Staaten in Brüssel die amerikanische Negierung als Beobachter auf der Londoner Sachverstün- digenkonferenz vertreten werde. In seiner Begleitung werde sich der aincrikanischeWirtschaftssachverständige Livesey befinden, dem besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Reparationen und Kriegsschulden nachgesagi werden. Castle fügte hinzu, daß nach Ansicht der Washingtoner Regierung der Hooverplan in Kraft getreten sei.
Das Programm für die Zusammenkünfte des Monats Juli wird in Paris folgendermaßen entworfen: An, 13. Zusammentritt des Verwaltungsrats der Bank für internationale Zahlungen in Basel, am 14. Besuch Hcndcrsons in Paris, am 15. und 16. Stimsons in Paris, am 17. Reise Macdonalds und Hendersons nach Berlin, am LS. oder 26. Brüning und Curtius t» Paris. Der Gegenbesuch Lavals und Briands ist noch nicht endgültig festgesetzt, 1-och behauptet man, daß sich die französischen Minister nicht
nach Berlin, sondern nach Baden-Baden begeben wollen.
Unverständliche pvtttifche Forderungen »»«ch vo» feite« Englands
Im Zusammenhang mit der Zusage -er NcichSrcgierung, die finanziellen Erleichterungen auf Grund -es Hoover- schen Feicrjahres nicht zu Rüstungszwecken zu verwenden, haben sowohl die „Times", als auch der „Daily HeralS" erklärt, daß dieses Versprechen eigentlich nicht sehr viel bedeute und daß ein formeller Verzicht auf Len Weiterbau Ser „Ersatz Lothringen" der Entwicklung ziveisellos sehr förderlich sein könne. Wie die Times jetzt dazu kommt, das deutsche Panzerschiff in den Mittelpunkt der Erörterung zu stellen, ist völlig unverständlich. Wenn das Blatt sagt, wie sollten zur Konsolidierung in Europa beitragen, so kann demgegenüber nur betont werden, daß Deutschland nicht durch seine eigene Schuld in die fatale Lage geraten ist. Angesichts der grotesken Mißverhältnisse zwischen den Stärken der deutschen Flotte und beispielsweise der englischen und der französischen Flotte muß eine derartige Verzichtleistung als eine unverständliche Znmntung bezeichnet werben. Abgesehen davon, würde auch ein Einstellen des Baues des Panzerschiffes B außerordentliche technische Schivierigkeiten mit sich bringen. Auch die auf gleicher Linie liegende Andeutung der Times hinsichtlich der Zollunion erregt in Berlin umso größere Verwunderung, als erst gestern der Daily Telegraph erklärt hat, daß die englische Regierung nicht beabsichtige, politische Fragen mit -en rein wirtschaftlichen und finanziellen Erörterungen zu verquicken.
Der Besuch Stimsons in Rom
TU Ro«, 10. Juli. Der amerikanische Staatssekretär Stirnso » hat gestern mittag dem italienisch«« Außenminister Grandi einen Besuch abgestattet, der später von