Erscheinungsweise: täglich mit Ausnahme äer Sonn- unä Festtag«
Anzeigenpreis: s) im Anzeigenteil: äie Seile 20 Soläpfennig»
d)imK«k'lam«teil: öt« Seile 65 Solckpfennige
Kuf Sammelanzelgen kommen 50°/° Suschlag
Für Platzvorschriften kann keine Sewähr übernommen wercien
0«r>cht»st»nck für detä« r»il« ist kal«
Amis- unä Anzeigeblaii für äen oberamirbezirk calw
ZnäerStaät40Soläps«nnig« wöchentlich mit prägerlohn Post-6ezugrprei» 40 Solä- psenntge ohne Bestellgelä
Schluß äer Anzeigenannahme S Uhr vormittag»
Sn §Lll-n höherer Sewalt besteht kein Anspruch auf Lieferung
Fernsprecher Nr. S
verantwort!. Schriftleltung: Zrteärich Han» Scheel« Druck unä Verlag ä« A. velschlägerschen vuchärutkerei
Nr. 154
Montag, den 6. 3uli 1931
Jahrgang 104
Präsident Hoover fällt die letzte Entscheidung
Annahme eines Abkommensentwurss in Paris Bereinigung der Restfragen auf einer Konferenz der Hongplanmächte
TU. Paris, 6. Juli. Die Samstag-Sitzung im Minister- Präsidium, an der von amerikanischer Seite Schatzsekretär Mellon und Botschaftssekretär Ed ge und von französischer Seite Ministerpräsident Laval, Finanzminister Flandin und Außenminister Briand, sowie Unterstaats- sckretär Poncet teilnahmen, wurde um 1 Uhr nachts abgeschlossen. Der von beiden Seiten gebilligte Abkommensentwurf (Lass lt'^eoorci) wird noch im Laufe der Nacht nach Washington gedrahtet. Am Montag soll die endgültige Entscheidung des Präsidenten Hoover in Paris vorliegen. Nach der Sitzung wurde folgende amtliche Verlautbarung herausgcgeben:
Im Laufe der Konferenz haben die französischen Unterhändler dem Schatzsekretär Mellon «nd dem Botschafter Edge den Wortlaut der vom Ministerrat am Samstag ausgearbeiteten „Abkommcnsgrnndlage" überreicht. Der festgelegte Text wird in der Nacht mit den mährend der gemeinsamen Verhandlungen vorgenommenen Aenderungen nach Washington gedrahtet. Die Regierung der Vereinigten Staaten wird Montag vormittag bekanntgeben, ob sic diesen Text als mit dem Wortlaut des Hoover-Vorschlagcs in Einklang stehend erachtet. In diesem Falle würde die endgültige Entscheidung noch am gleichen Tage getroffen «erden. Eine neue Sitzung findet Montag um 18 Uhr statt.
Wie aus amerikanischer Quelle zn den soeben abgeschlossenen Verhandlungen verlautet, ist in bezug auf alle strittigen Punkte ein Kompromiß erzielt worden. Für die Rückzahlung der gestundeten Ncparationsbcträge wurde angeblich eine Maximalfrist von 12 Jahren festgesetzt. Die Frage des Garantiefvnds soll diplomatischen Verhandlungen beziv. einer Konferenz der Noungplan machte zur Lösung Vorbehalten bleiben. Bon anderer Seite heißt es, daß Sie Frage der Sachlieferungen während der letzten Nachtsitzung angeblich besondere Schwierigkeiten bereitet habe, da die französische Negierung entgegen der amerikanischen Auffassung auf ihrer Fortsetzung bestehen wollte. In welchem Sinne diese Frage gelöst worden ist, läßt sich zur Stunde noch nicht übersehen, da der Inhalt der nach Washington gedrahteten Abkommcnsgrundlage streng geheim- gehalten wird.
TU. Berlin, 6. Juli. Der Generalrat der Reichsbank trat am Sonntag abend zu einer Sitzung zusammen, in der die Mitglieder des Generalrates von Flemming, Louis Hagen, Urbig und Müller-Oerlinghausen teilnahmen und zu der vom Reichsbankdirektorium neben dem Reichsbankpräsiben- ten Dr. Luther, Reichsbankvizcpräsident Dreysc und Direktor Bocke zugegen waren. Ueber die Sitzung wurde folgende Mitteilung ausgcgebcn:
„Dem Generalrat wurde vom Neichsbankpräfidenten über die gegenwärtige Lage und über die getroffenen und über die in Aussicht genommenen Maßnahmen berichtet. Der Generalrat hat den Bericht des Neichsbankpräfidenten zustimmend entgegcngenommen. Anträge auf Herabsetzung der Notendeckungsgrenze lagen nicht vor."
Dazu erfährt die Telegraphen-Union noch, daß ein Antrag auf Verlängerung des 100 Millionen Dollar-Rediskontkredits noch nicht gestellt worden ist. Auch der über die Gold- diskont-Bank bei der „International Acceptance Banque" zur Verfügung stehende Bereitschaftskredit ist bisher nicht beansprucht worden. Diskontmaßnahmen oder die vielfach genannte Herabsetzung der Notendecknngs- grenze erscheinen dem Reichsbankdirektorinm in Erwartung der günstigen Auswirkung der Pariser Abmachungen nicht notwendig.
Die Nachrichten aus Paris haben auch am Samstag noch nicht vermocht, am deutschen Geld- und Dewisenmarkt eine Erleichterung der Lage zu schaffen. Tägliches Geld war im Gegenteil mit 9,5—11,5 v. H. noch teurer als in den Ultimotagen. Die Devisenanforberungen find zwar gegenüber der außerordentlichen Höhe von 60 Millionen RM. am Freitag auf die Hälfte zurückgegangen, aber auch die Samstag-An- sorberungen find nicht geeignet, die Lage irgendwie rosiger anzusehen. Die Verluste der Reichsbank an Gold und De- ^it dem Stichtag des letzten Ausweises auf etwa 200 Millionen geschätzt. Man ist in Börsenkreisen der Meinung, baß der starke psychologische Auftrieb, der in einer sofortigen Annahme des Hooverplanes gelegen hätte, infolge der Verzögerung und der Verwässerung des Planes durch Frankreich völlig verpufft ist.
Was die Frage einer Konferenz der Signatarmächte -eS Doungplanes anlangt, so rechnet man allgemein damit, daß diese Konferenz bereits in den ersten Tagen dieser Woche voraussichtlich in Paris stattfindet. Ob hieran nur die Großmächte ober sämtliche Unterzeichner des Youngplanes teilnehmen, steht noch nicht fest.
Eine Rote Brünings an das amerikanische Staatsdepartement Wie aus Washington gemeldet wird, ist am Sonntag im Staatsdepartement eine von dem Berliner amerikanischen Botschafter Sackett übermittelte Note des Reichskanzlers Brüning vorgelegt worden, worin die Reichsregierung die Zusage gibt, daß die durch de» Zahlungsaufschub eingesparten Gelder nicht für Nttstungszwecke verwandt werden sollen.
Glückwunschtelegramm des Reichspräsidenten an Hoover Anläßlich des amerikanischen Nationalfeiertages hat Reichspräsident von Hinüenburg an den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Nordamerika, Hoover, ein Glückwunschtelegramm gerichtet, in dem es u. a. heißt,' er hoffe, aufrichtig, daß die Beziehungen zwischen den Bereinigten Staaten und Deutschland sich immer enger gestalten würden und daß die so hochherzig von Hoover einge- leitcte Aktion ein Segen für die ganze Welt werden möge.
Außenminister Cnrtins ist znverfichtlich Bei der gestern in Mainz stattgehabten Enthüllung des Stresemann-Ehrenmals am Rheinufer äußerte sich der als Vertreter der Rcichsrsgierung und des Vülkerbunds- rats anwesende Reichsaußenminister Dr. Curtius in einer Rede noch über die Pariser Verhandlungen. Er führte hierzu ungefähr folgendes aus:
„Rur langsam beginnt sich die Spannnug -« legen. Eine Einigung in Paris ist nölh nicht erzielt. Aber es kann kein Zweifel darüber bestehe», daß dem -entschen Volke Erleichterungen gewährt werden. Wir Hegen die Hoffnung, daß die Durchführung des Planes des Präsidenten Hoover eine neue Phase der Weltwirtschaft einleiten und die Bahn frei machen wird für vertrauensvollere Zusammenarbeit der Völker zur Stabilisierung eines dauerhaften gerechten Friedens. Mehr zu sagen über Lage und Aussichten der nächsten Zukunft verbieten Ort und Zeit."
Kabinettsfltznng im Beisein des Reichsbaukpräfidente« Das Reichskabinett trat am Samstag zu einer Besprechung über die allgemeine Finanz- und Wirtschaftslage zusammen. An den Beratungen hat Reichsbankpräsident Luther maßgeblichen Anteil genommen.
Minister Stegerwald über die Erfordernisse -er deutsche« Wirtschaftspolitik
Auf einer Tagung der Vertrauensleute der katholischen Arbeitervereine Westfalens in Hamm sprach Reichsarbeits- miuister Dr. Stegerwald. Er führte u. a. aus, daß mit der letzten Notverordnung der Sanierungsprozeß noch nicht beendet sei. Bei der Veröffentlichung der Notverordnung, so führte er aus, sei bereits mitgeteilt worden, daß im Herbst in Verbindung mit der Sanierung der Invalidenversicherung eine organische Bereinsachungs- «nd Berbilli» gungsreform der Sozialversicherung beabsichtigt ist. Daneben sind größere Reformen in der Wirtschaftspolitik und in der Staatsorganisation unabwendbar. Es ist ein unmöglicher Zustand, daß die Privatwirtschaft mit vielen Milliarden kurzfristiger Auslandsschulden weiterhin ihre Löhne zahlt. Auch das Aktien- und Bankwesen bedarf einer gründlichen Reform. Auf dem Gebiet -er Ueberkapitalisierung und Ueberrationalisierung gibt es in der Privatwirtschaft noch viel zu ordnen. Nicht aber durch bloßen einseitigen Sturm auf Löhne, Schlichtungswesen und Sozstrlversiche- rung.
Dort, wo in der Sozialversicherung der Kamtlienge- danke und di« Arbeitsmoral beeinträchtigt werden, wird überall eingegriffen. Nach Anpassung der deutsche« Lebensmittelpreise sowie der Preise für Wohnungen und Verkehrsmittel a« den enropäischen Durchschnitt läßt sich sehr wohl über eine weitere Verringerung der Löhne rede«. Das Entscheidende ist aber die Kaufkraft der Löhne. Bon einer nach dem Stande des WeltweizenpreiseS erforderlichen Kürzung der Löhne um rund zwei Drittel des gegenwärtigen Standes kann natürlich keine Rede sein. Deutschland kann sich unmöglich durch Zölle der Landwirtschaft dauernd weientltck. Löchere Pralle als die Weltmarktpreise sichern.
Tages-Spiegel
I« Paris haben sich di« Vertreter FraukreichS «nd Amerikas anf eine« Abkommensentwnrf geeinigt, der nun noch der Billigung d«S Präsidenten Hoover «nterliegt.
»
Man rechnet für heute mit dem Abschluß der Pariser B«r» Handlungen und eiuer alsbaldigen Einberufung einer Konferenz der Signatarmächte des Uonngplans znr Regelung der Amerika nicht berührende« Restsrage«.
«
Der Generalrat der Reichsbank erwartet von den Auswirkungen der Pariser Einigung über den Hoovervorschlag eine Entspannung der Lage ans dem Geldmarkt.
Reichsarbeitsminifter Stegerwald kündigte in einer Rede in Westfalen Reformen für Staat und Wirtschaft sowie die Möglichkeit eines weitere« Abbaus der Löhne an.
In München ist zwischen Polizei und N.S.D.A.P. ei« Kon, flikt ausgebroche«, da trotz Uniformvcrbotes Posten vor dem Münchner Parteihause ausgestellt wurde«. Die Poli, zei hat daraufhin das Parteihaus gesperrt.
»
Die englischen Kreuzer „Dorsetshire" und „Nordfolk" find «m Samstag von Stockholm kommend zu einem Besuch -er deutschen Flotte in den Kieler Hasen eingelausen. Die Gäste wnrde« von Vizeadmiral Oldekop empfange«.
«
„Graf Zeppelin" hat gestern eine Landnngsfahrt «ach Glei« «itz in Oberschlesie« ansgesührt. Sie gestaltete sich he» sonders für die Grenz- «nd Ausländsdeutschen, die in große« Schare« ans Polen und der Tschechoslowakei her» beigeströmt waren, z« einem großen Ereignis.
Rückkehr zu kapitalistischen Wirtschaftsmethoden in der Sowjetunion
Stalin für Heranziehnng der Intelligenz
TU Moskau, (über Kowno) 6. Juli. Die „Prawda" ver» öffentlicht eine Rede Stalins aus der Leningrader Konferenz -er Wirtschaftler. Er betonte, daß der Versuch, die Technik zu erobern, ohne Erfolg geblieben sei. Wegen Mangels an technischen Arbeitern sei es nicht möglich, den Fünfjahresplan in dem Sinne zu erfüllen, wie er es ge- yosst habe. Trotzdem wäre die Regierung, so erklärte Stalin, mit der Ausführung des Fünfjahresplans zufrieden. Er betonte die Notwendigkeit -er Heranziehung der russischen Intelligenz, besonders der Wissenschaftler, zur Ausführung des Fünfjahresplans.
Wie die Montagspost noch aus Moskau meldet, bedeutet die Rede Stalins auf der Konferenz der Wirtschaftler eine vollständige Abkehr von den radikal-kommunistischen Methoden und die Aufnahme regelrecht kapitalistischer Wirtschaftsmethoben. Stalin habe erklärt, man müsse vieles verbrennen was man bisher angebetet und vieles anbeten, was man bisher verbrannt habe. Unter den neuen Richtlinien stehe als wichtigste die volle Durchführung differenzierter Löhne für qualifizierte und nicht- qualifizierte, für leichte und schwere Arbeit. Stalin gebe zu, »aß man zur Erhöhung der Leistungen auf das menschliche Streben nach höheren Einnahmen Rücksicht nehmen müsse. Stalin habe dann die Behauptung aufgestellt, daß in Sow- jetrußland noch gar kein Kommunismus herrsche sondern eine Art Zwischenstadium. Es sei jetzt Zeit» -aß- man die Spezialisten, Ingenieure, Techniker und Gelehrte de» Bürgertums und der alten Schule heranziohen müsse. Stalin wandte sich dann gegen die ununterbrochene Arbeitswoche von 5 Tagen. Es sei zu erwägen, ob nicht eine Anzahl Fabriken vorläufig zur sechstägigen Arbeitswoche übergehen sollten. Allen voran stehe die strikteste Forderung nach der Rentabilität, nach kaufmännischer Buchführung und Kalkulation in allen Betrieben. Vor allem müßten die Selbstkosten gesenkt werben. Zuletzt verurteilte Stalin die Ueberorganisation und verlangte Bildung kleiner, leicht übersehbarer Wirtschaftsgruppen.
Bulgarischer Besuch in Berlin
TU. Sofia, 6. Juli. Der bisherige bulgarische Minister» President Liaptscheff hat Bulgarien verlassen. Er will sich zuerst nach Berlin begeben, um dort einen* Spezialisten wegen seines Gallensteinleidens zu befragen. Bräter beabsichtigt er, sich nach Karlsbad zu begeben. I« politische« Kreisen will man etwas über eine bevorstehende Zusammenkunft Liaptscheff- mit dem früheren Zaren Ferdinand anf deutschem Boden wissen. Liaptscheff wolle dem Zaren über die neue Lage in Bulgarien Bericht erstatte».
Die Reichsbank erwartet Besserung der Krisenlage
Weder Diskonimaßnahmen noch Herabsetzung der Notendeckungsgrenze — Minister Stegerwald kündigt neue Reformen und weiteren Abbau der Löhne an