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Nr. 153

Samstag, den 4. Juli 1931

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Jahrgang 104

Teileinigung bei den Pariser Verhandlungen

Amerika gibt den Wünschen Frankreichs nach Ein Kompromiß aus Deutschlands Kosten Weitere Verhandlungen zwischen den Youngmächten

TU. Paris, 4. Juli. Die französischen und amerikani­sche» Delegierte« habe« gestern nach Mitternacht ihre Ver­handlungen abgeschlossen. Es wurde in allen wesentlichen Punkten Uebereinstimmnng erzielt. Für heute früh ist ein französischer Ministerrat angesetzt worden, der die Er­gebnisse prüfen wird.

Um 1 Uhr nachts wurde folgender amtlicher Bericht über das Ergebnis der Verhandlungen herausgegeben:Die Delegationen der beiden Negierungen haben die Prüfung des Vorschlags des Präsidenten Hoover und der französischen

Note fortgesetzt. Schatzsekretär Mellon bestätigte, daß die^-^eser Trage - . .. ^

, u , v « - > Eck) mit England und Deutschland unterhandelt worden.

amerikanische Regierung beschlossen hat, die Beibehaltung der Zahlungen der ungeschützte« Tranche, wie im Aonngplan vorgesehen, anznnehmen. Andere Meinungsverschiedenheiten wurden behoben. Noch vorhandene strittige Punkte von geringerer Bedeutung werden einem Minister­rat vorgelegt, der am heutigen Samstag zusammentritt. Das Abkommen über den technischen und finanziellen Teil der Verhandlungen scheint unter dem Vorbehalt der Zustim­mung der anderen interessierten Mächte unmittelbar bevor­zustehen.

In amerikanischen Kreisen herrscht über die soeben bende- ten französisch-amerikanischen Verhandlungen größter Opti­mismus, obgleich noch nicht alle Fragen geregelt sind. Be­sonders der Garantiefond, der vom Beginn an einen -er schwierigsten Punkte darstellte,' stößt noch auf erhebliche Schwierigkeiten, die angeblich von englischer Seite ausgehen. Eine zweite Frage, die am heutigen Samstag noch Gegen­stand von Beratungen des Ministerrats sein wird, ist die­jenige der Verteilung des Deutschland zu ge­währenden Kredites. Man scheint sich hierbei noch nicht vollkommen einig darüber zu sein, ob die gesamte Schuld des ungeschützten Teils der Reparationen der Neichs- regierung zur Verfügung gestellt wird oder aber ob auch die deutsche Privatindustrie berücksichtigt werden soll. Ueber sämtliche übrigen Streitfragen, so insbesondere die Dauer des Kredites und die Berücksichtigung anderer mitteleuropäischer Staaten soll angeblich völlige Einigkeit er­zielt worden sein. In amerikanischen Verhandlungskreiscn rechnet man damit, daß noch ein oder zwei Tage notwendig find, um die Besprechungen endgültig abzuschließen.

Unterstaatssekretär Castle erklärte in der gestrigen Washingtoner Pressekonferenz, er hoffe, noch heute die Ver­ständigung mit Frankreich in allen bisher strittigen Punkten Mitteilen zu können. Auch in der Frage des Garantiefonds scheine Frankreich nachzugeben und auf Deutschlands Ein­zahlung dieses Betrages z» verzichten. Danach müßte in technischen Besprechungen der Finanzsachverständi­gen der beteiligten europäischen Länder die Einzelheiten aus­gearbeitet werden und Amerika hoffe, daß diese Besprechun­gen in versöhnlichem Geiste erfolgen und ein gutes Einver­nehmen zwischen Deutschland und Frankreich herbeiführen. Diese Einstellung sei ebenso wichtig, wie die sachliche Eini­

gung. Amerika werde sich an diesen rein technischen Be­sprechungen voraussichtlich nur in sehr geringem Umfange beteiligen, da es sich vornehmlich um die Anpassung des Aoungplanes an die einjährige, in diesem Monat beginnende Zahlungspause handle.

*

Bor einer Konferenz -er Aoungmächte?

DerParis Soir" bemerkt, jetzt handle es sich nur noch um die Lösungder Garant iefvndfrage. In sei nicht nur mit den Amerikanern, sondern

Die Lösung hänge mehr von der Haltung der Mitgläubiger als von den Vereinigten Staaten ab. Nach der letzten Aus­sprache zwischen Botschafter Tyrell und Briand sei es wahr­scheinlich, daß es schon bald zu einer Konferenz der Noungmächte kommen werde. Man dürfe voraussetzen, daß die Signatarmächte des Aoungplanes die Gelegenheit benützen würden, sich auch über andere europäische Probleme ausznsprechen. In politischen Kreisen verlautet ergänzend, daß eine ArtKonsultativ »"LerSignatarmächte bereits eingeleitet worden sei und vielleicht als Ersatz für eine besondere Konferenz gelten könne.

Während des Freitag fand ein Meinungsaustausch zwi­schen der britischen Botschaft in Paris und dem Foreign Office statt. Eine Reise Hendersons nach Paris ist noch nicht beschlossen, es scheint jedoch, daß das Foreign Office vorläu­fig den Gedanken der Einberufung einer Konferenz noch nicht ausgegcben hat. Festzustehen scheint, daß, wenn eine Konfe­renz zustande kommen sollte, die englische Diplomatie ver­suchen wird, diese nicht in Paris, sondern möglichst in Lon­don abzuhalten.

Zu dem von englischer Seite betriebenen Plan einer Kon­ferenz der Aoungplanmächte schreibt dieGermania" u. a.: Eine solche Konferenz würde eine für Deutschland un - tragbare VerzögerungderErleichterungdes Hooverplanes mit sich bringen. Gibt es vielleicht Kreise in der Downing-Street, die ein Interesse daran haben könnten, daß der französische Widerstand verstärkt und eine Einigung auf der Hooyerbasis unmöglich gemacht wirb, also etwa jene Kreise des Foreign Office, zu deren frank­reichfreundlicher Exponente Persönlichkeiten, wie der Pariser Botschafter Tyrell zu rechnen sind, oder möchte die Labour- Regierung um der kommenden Abrüstungsverhandlungen willen die Spannung zwischen Frankreich und den angelsäch­sischen Staaten nicht noch weiter verschärfen und der fran­zösischen Empfindlichkeit Rechnung tragen? Wieder einmal ging bas Gerücht, daß die französische Regierung von Deutsch­land für den Fall seiner Zustimmung politische Zusicherungen verlange, darunter z. B. den Anschlußverzicht und ein Ost­locarno. Es bedarf eigentlich keines Wortes um festzustellen, daß derartige Zusicherungen völlig außer dem Bereich jeder Möglichkeit liegen.

Freiwillige Arbeilsdienstpflicht

Erlaß -er Aussührungsbestimmnngen.

Berlin, 4. Juli. Die Notverordnung vom 6. Juni 1931 hat bas Gesetz über die Arbeitsvermittlung und Arbeitslosen­versicherung dahin geändert, daß die Reichsanstalt in Zukunft den freiwilligen Arbeitsdienst fördern und dafür entsprechende Mittel auswerfen kann. Dem Neichsarbeits- minister ist es aber überlassen worden, die Durchführung des freiwilligen Arbeitsdienstes zu regeln. Er hat jetzt die Aus­führungsbestimmungen zu diesem Teil der Notverordnung dem Verwaltnngsrat der Neichsanstalt für Arbeitslosenver­sicherung zugeleitet.

Der Entwurf gliedert sich in fünf Teile. Zunächst befaßt er sich mit -dem Personenkreis und Verfahren. Danach kann das Arbeitsamt für Empfänger der vcrsichernngsmäßigen Arbeitslosenunterstützung oder von Krisenunterstützung, die mit seiner Zustimmung als Arbeitsdienstwillige beschäftigt werden, die Unterstützung nach Höhe und Dauer vereinheit­lichen. Die Unterstützung kann einheitlich auf höchstens zwei Mark pro Wochentag für eine Dauer von höchstens zwanzig Wochen festgesetzt werden, auch ivcnn hierdurch von den sonst geltenden Bestimmungen über Höhe und Dauer der Unterstützung abgewichen wird. Nach Ablauf der zwan­zig Wochen kann der einheitliche Unterstützungsbetrag nur noch für diejenigen Arbeitsdienstwilligen, die einen versiche­rungsmäßigen Anspruch haben, bis zur sonst zulässigen Höchstdauer weitergezahlt werden. Die Unterstützung kann statt an den Arbeitsdienstwilligen an den Träger der Arbeit Bezahlt werden. Die Weitergabe kann in Sachleistun­

gen erfolgen. Soweit der Reichsarbeitsminister besondere Mittel zur Verfügung stellt, kann die Rcichsanstalt die zwei Mark täglich für höchstens fünfzig Wochen auch für solche Arbeitsdienstwillige gewähren, die nur deshalb keine Unter­stützung erhalten, weil sie die Voraussetzungen bestimmter Paragraphen des Gesetzes nicht erfüllen oder das vorge­schriebene Alter für die Krisenunterstützung noch nicht er­reicht haben. Die G e m e i n n ü tz i g k e i t der Arbeiten soll auch für gegeben gelten, wenn sie in erster Linie einem be­schränkten Personenkreis zugute kommen, sofern ein wesent­liches Allgemeininteresse vorliegt.

- Der zweite Teil des Entwurfs befaßt sich mit den Vor­schriften der Sozialversicherung und des Arbeits­schutzes. Im dritten Teil wirb die Verpflichtung der Gemein­den zur Gewährung von Unterkunft und Ver- pflegung an die Arbeitsbienstwilligen gegen angemessene Entschädigung durch den Träger -er Arbeit geregelt. Am wichtigsten ist der vierte Teil über die Erleichterung der Siedlung für Arbeitsdienstwillige. Dar­nach kann den Arbeitsdienstwilligen, die während einer Dauer von mindestens zwölf Wochen beschäftigt worben find, ein Betrag von IM RM. für jeden Wochentag der Beschäfti­gung fortlaufend gutgeschrieben werden, und zwar nur auf Antrag bis spätestens innerhalb eines Monats nach Abschluß der Beschäftigung. Die Festsetzung der Frist, innerhalb deren der gutgeschriebene Betrag beim Erwerb einer Siedlerstelle oder eines Eigenheimes Verwendung finden muß, sowie die Regelung des Gutschriftenverfahrens und die Bestimmung einer Höchstgrenze soll noch Vorbehalten bleiben. Im fünften Teil wird die Ueherwachung der Arbeiten geregelt.

Tages-Spiegxl

I» Paris ist vergangene Nacht zwischen den französischen und amerikanische» Vertretern eine Teileinignng über de« Hoo» ver-Borschlag erfolgt.

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Amerika hat der französischen Forderung nachgegeben, der» zufolge Dcntschland in diesem Jahre Le« Ungeschützte» Teil -er Tribute an hie BIZ. weiterzuzahlcn hat und -asür von dieser einen langfristigen Kredit erhält.

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Frankreich wünscht ferner von seiner Verpflichtung, sein De» pot -ei -er BIZ. im Kalle einer spätere« Moratoriums» erklärnng durch Deutschland anfznfüllen, entbunden z« sei«. Ueber diese Krage soll in einer Konferenz -er Fi» nanzmänner der beteiligten Staaten entschiede« werden.

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Ueber die Freiwillige Arbeitsdienstpflicht find jetzt Ansfüh» rnngsbestimmnngen erlaßen worden, die wenig Lesriedi, gend ausgefallen find.

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Die Aero-Arktik-Expe-ition -esGraf Zeppelin" wird, ohne Zusammentreffen mitNautilus", am 24. Jnli beginne«.

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Der letzte Nacht i« Cleveland fAmerikaf vor SO 9ÜÜ Znschau» ern ansgetragene Kampf «m die Weltmeisterschaft im Schwergewichtsboxeu endete mit einem vollen Sieg deS Deutschen Schmeling über seinen amerikanische« Gegner Stribling.

Verbot politischer Umzüge in Baden

TU. Sarlsrnhe, 4. Juli. Der Minister des Innern, Meyer, erläßt eine Bekanntmachung, wonach für das Land Baden alle Ansammlungen und Versammlungen unter freiem Him­mel lPropagandafahrten), Umzüge und Kundgebungen auf öffentlichen Straßen und Plätzen vom 6. Juli 1931 an bis 30. September 1931 verboten seien.

Frankreichs Grenzverteidigung im Osten

TU. Paris, 4. Juli. Der Senat behandelte am Freitag einen Gesetzesvorschlag über die Bewilligung von neuen Kre­diten für die französische Grenzverteidigung, der mit 277 gegen 24 Stimmen angenommen wurde. Hierbei ergriff Kriegsminister Maginot das Wort und erinnerte an das Gesamtprogramm fürbieOrganisierungderGrenz- Verteidigung, die im Januar 1930 von beiden Häusern angenommen worden fei und besten Durchführung vor 1935 beendet sein müsse. Dank der Rührigkeit der Pionierforma­lionen werde es jedoch möglich sein, die Arbeiten bereits 1934 zu beenden. Bisher habe man ihm 1428 Millionen zur Ver­fügung gestellt und er müsse jetzt nur um die restlichen 2327 Millionen bitten. Die Verträge mit den Lieferungsfirmen feien auf die Dauer von 3 Jahren abgeschlossen. Wenn der Senat daher dem Kriegsministerium die notwendigen Kredite nicht zur Verfügung stelle, so werde man sich gezwungen sehen, dieArbeitenzuunterbrechen. Zusammen mit der Grenzverteidigung sei man mit dem Ausbau der Ver- teidigung gegen Luftangriffe beschäftigt. Maginot schloß seine Ausführungen mit folgenden Worten:Ich bitte Sie, den Gesetzesvorschlag zu verabschieden, der unumgänglich not­wendig für die Durchführung der einjährigen Dienstzeit ist. Wir brauchen unsere Liebe zum Frieden, die in Frankreich das Monopol keiner Partei ist, nicht mehr zu beweisen. Wenn dies aber dennoch nötig wäre, so würde cs durch die Abstimmung geschehen^bie Sie nunmehr vornehmen."

Kammer «nd Senat in die Ferien geschickt

Die französische Kammer und der Senat erledigten in einer Nachtsitzung noch verschiedene nebensächliche Fragen. Gegen 2.30 Uhr verlas sodann der Ministerpräsident in der Kammer und Minister Tirard im Senat das Schlutzdekret. worauf beide Häuser in die Ferien geschickt wurden.

Kirchenbrand in Bremen

TU. Bremen» 4. Juli. Ein Großfeuer wütete im Dachstuhl der Bremer St. Stephanskirche. Das Feuer war im Turm ausgebrochen und breitete sich von dort aus rasch über den ganzen Dachstuhl aus. Der aufopferungsvollen Arbeit der Wehren gelang es, alle wertvollen Stücke aus der Kirche rechtzeitig zu entfernen. Nach Aussagen von Augenzeugen soll der Brand aus einem Baugerüst, auf dem zwei Arbeiter mit Reparaturarbeiten beschäftigt waren, ausgebrochen sein. Den beiden Arbeitern ist eS gelungen, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Der Dachstuhl der Kirche ist voll­ständig zerstört, dagegen konnte das Innere der Kirche er­halten werden. Die Kirche hat sehr durch die Wassermasse» 1 gelitten.