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Nr. 144

Flmls- unä Knzeigeblalt für äen vberamlsbezirk Lalw

Mittwoch, den 24^2uni 1931

vezugspreis:

In äer Staät 40Soläpfennigr wöchentlich mit prägerlohn Post-Bezugspreis 40 Solä- psenntge ohne Bestellgeld

Schluß äer Anzeigen- annahme 8 Uhr vormittag»

Zn zw«n höherer Sewalt befteht »ein Anspruch auf Lieserung äer Leitung oäsr auf Rückzahlung äer V,Zugspreises

Zernsprecher Nr. S

Verantwort!. Schriftleitung: Zrieärich Han» Scheel, Druck unä Verlag äer A. Oelschläger'schen Suchäruckeret

Jahrgang 104

Kabinettsral über den Moraloriumsplan

Fortsetzung schärfster Sparpolitik

zur Sicherung der Staatsfinanzen Eine Perständigungsrede Brünings

Tages-Spiegel

Das Neichskabinett hat sich gestern in einer Sitzung mit de«» Aufschub der Tributzahlungen befaßt. Wie hiezu verlautet, soll die Notverordnung durch die z« erwartenden sinanziel» len Erleichterungen keine Aendernng erfahren.

TU. Berlin, 24. Juni. Gestern vormittag fand in der Reichskanzlei eine Miniftervesprechung statt, die sich mit den durch den Hooverplan aufgeworfenen Fragen beschäftigte. Es ist anznnehmen» daß im Rahmen der Aussprache auch die inneren Auswirkungen eines Tribntfeier- jahres erörtert wurden. Die Meinung aller Kabincttsmit- glieder geht übereinstimmend dahin» daß den teilweise bereits an die Reichsregiernng hcrangetragenen Wünschen aus Ent­last « n g e n,dle mit den Tributersparnissen begründet werden, unter keinen Umständen Rechnung getragen werden kann. Das Neichskabinett vertritt vielmehr die Auf­fassung, daß, falls der Hooverplan verwirklicht wird, alle cin- tretenden Ersparnisse zur Stärkung und Sicherung der öf­fentlichen Finanzwirtschast unter Fortsetzung schärfster Spar­samkeitspolitik verwendet werden müssen.

Reichskanzler Dr. Brüning über den Hooverplan

Im Berliner Rundfunk hielt Reichskanzler Dr. Brü­ning gestern abend eine Rede über den Hooverplan. Er führte u. a. aus, dieser Plan bringe Deutschland Hilfe in einem entscheidenden Augenblick seiner Geschichte. Der erste wirksame Anfang für eine bessere Zukunft sei gemacht. Aber warnen muß die Neichsregierung vor dem Glauben, als ob durch diesen Vorschlag des amerikanischen Präsidenten, wenn er von allen in Frage kommenden Nationen angenom­men wird, wir über die Gesamtheit der uns bedrängenden Nöte hinweg seien. Wenn die Reichsregierung auch durch die harten Maßnahmen der Notverordnung vom Dezember und der letzten Notverordnung versucht hat, die hcreinbrechcndcn Gefahren zu meistern, und gezwungen ivar, dem deutschen Volke ein Aeußerstes an Lasten und Einschränkungen zuzu­muten, um über die kommenden Monate und vor allem über den nächsten Winter hinwegzukommen, so war sie sich dessen bewußt, daß das Jahr 1SS2 aller Voraussicht nach den Höhe­punkt der finanziellen Schwierigkeiten erst bringen würde.

Die vom Reich, den Ländern und Gemeinden zu über­weisenden Steuern werden nach der Schätzung der Neichs­regierung um Hunderte von Millionen zurückgehen. Da­zu treten die großen Ausfälle, die bei den Ländern und Ge­meinden infolge der schlechten Wirtschaftslage bei Gewerbe­steuer, Grundvermögenssteuer und Hanszinssteuer zu er­warten sind. Das Sinken der Löhne im Jahre 1931 wird dazu führen, daß im Jahr 1932 erst die volle Wucht der Steuer- ausfälle die Haushalte von Reich, Ländern und Gemeinden belasten wird. Dazu kommt die akute Gefahr, die wir in den vergangenen zwei Jahren wiederholt durchlebt haben, daß im Verfolg einer Reihe von wirtschaftlichen Vorgängen sich eine ungeheure Unruhe bemerkbar machte und aus dieser Unruhe heraus vom Auslande her gewaltige Summen kurz­fristiger Kredite plötzlich abgehoben wurden.

Die Neichsregierung hat die harten Maßnahmen zur Ret­tung der Finanzen ergreifen müssen und wird an ihnen fest- halten, weil das Durchhalten auch ohne Reparationszahlun­gen in den nächsten anderthalb Jahren außerordentliche An­forderungen stellen wird. Sie hat erklärt und hält daran fest, daß sie bereit ist, Härten und besonders drückende Maß­nahmen der Notverordnung abznändern, sie ist aber nicht in -er Lage, irgendwie an dem gesamten finanziellen Ergebnis -er Notverordnung rütteln z« lasten. Nur unter Sicherung dieses finanziellen Gesamtergebnisses wird es uns bet An­nahme der Vorschläge des Präsidenten Hoover möglich sein, ohne erhebliche weitere Einnahmeausfällen das Jahr 1931 auszugleichen. Das deutsche Volk würde sich um jedes Ver­ständnis der Welt und um jedes Vertrauen bringen, wenn es nicht sesthalten würde an den Grundsätzen einer absoluten, auch unter Opfern dnrchznführenden Sanierung seiner öf­fentlichen Finanzen.

Im außenpolitischen Teil seiner Rede verwies Vrttning aus das Ziel Hoovers, die politischen Spannun­gen zwischen den Völkern zu beseitigen. Die deutsche Re­gierung sei bereit, mit allen Kräften an der Erreichung dieses Ziels mitzuarberten. Eine besonders wichtige Rolle werde hierbei der zukünftigen Gestaltung der Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich zufallen. Der Kanzler glaubt, daß sich bei gutem Willen Mittel und Wege für eine fruchtbare Zusamenarbeit zwischen beiden Ländern finden ließen. Die deutsche Regierung werde es ihrerseits an gutem Willen nicht fehlen lasten. Sei die Einigung über das Feier­fahr zustande gekounncn, so werde es umso leichter sein, in offener Aussprache den Weg freizumachen für eine großzü- peitsche Zusammenarbeit der beiden Länder. Brüning schloß dann:Ich würde eS begrüßen, wenn ich für eine so einschneidende Aussprache eine Gelegenheit finden würde, wie sie neulich die Zusammenkunft in ChequerS für eine Erörterung -wischen Deutschland und England geschaffen hat. Die Aufgaben, vor denen Frankreich und Deutschland stehen, sind für beide Länder zu groß und zu -ringend, als daß es

nicht möglich sein sollte, in vertrauensvollem und rückhalts- loscm Meinungsaustausch einen gemeinsamen Boden zu fin­den, von dem aus die Lösung dieser Aufgaben aussichtsvoll in Angriff genominen werden tonnte."

Die Sozialdemokratie fordert rasche Aendernng der Notverordnung

Der Vorstand der sozialdemokratischen Neichstagsfraktiv.: hat, wie derVorwärts" meldet, am Dienstag an den Reichs­kanzler ein Schreiben gerichtet, in dem es heißt: Der ameri­kanische Vorschlag eines internationalen Moratoriums er­öffnet die Aussicht auf eine beträchtliche Erleichterung der Finanz- und Wirtschaftslage in Deutschland. Wenn der Vor­schlag die Zustimmung der beteiligten Mächte erhalten hat, hält es der Vorstand der sozialdemokratischen Ncichstags- sraktion für dringend erforderlich, die zugcsagtcn Bespre­chungen über die AbänderungöerNotverordnung sofort einzuleiten.

Die SDP. sei sich bewußt, daß nach wie vor alle An­strengungen Deutschlands auf die Sanierung der öffentlichen Haushalte gerichtet sein müßten. Die vom Reichskanzler vorgcschlagene Verschiebung der Abänderung der Notver­ordnung beruhte auf der Annahme der späteren Ausrollung der NeparationSfrage. Nunmehr bestehe kein Hindernis mehr, unmittelbar, nachdem das Moratorium gesichert sei, die Abänderung vorznnehmen. Die SPD verkenne nicht, daß der Hooverplan keinen Anlaß zu übertriebenen Hoff­nungen abgebcn würde. Der Grundsatz der Sanie­rung müsse aufrechtcrhalten werden. Trotzdem müß­ten aber auch die einschneidenden Abbauvorschristen der Not­verordnung gemildert und die schweren Steuerlasten gesenkt werden. Diese Maßnahmen dürften nur dem Zweck dienen,

Reichskanzler Brüning bewies in einer Rundfunkrede die Notwendigkeit zur Fortsetzung schärfster Sparpolitik und sprach sich für eine Verständigung mit Frankreich aus.

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Der bisherige deutsche Gesandte in Oslo, Köster, wurde zu« Ministerialdirektor ernannt und znm Leiter der Personal- abteilnng des Auswärtigen Amtes bestellt.

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Die Zahl der Arbeitslosen im Reich ist auf vier Millionen gefallen.

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Die Washingtoner Regier««« hat Frankreich wissen lasse«, daß -er Hoover-Pla« bedingungslos anzunehmen ist, an­dernfalls werde sich Amerika znrückziehe«. I« Paris hat man die Entscheidung ans hente vertagt.

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Die amerikanischen Flieger Cost «nb Gatt« find in Newyork zu einem Weltrrrndflng anfgcstiege«, -essen erste Etappe Berlin fein soll.

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In Renfeeland wnrden verschiedene Bezirke von heftige» Erdbeben heimgefncht. Unter der Bevölkerung brach eine Panik a«s.

die viel zu weit eingeschränkte Lebenshaltung der breiten Massen der Bevölkerung zu verbessern. Es werde daher das dringende Ersuchen an die Reichsregierung gerichtet, als­bald mit Vertretern der sozialdemokratischen Reichstags­fraktion in Verhandlungen über die Abänderung der Notver­ordnung einzutreten.

Ein Ultimatum Washingtons an Paris

Entweder vorbehaltlose Annahme des Hoover-Plans oder Zurückziehung der amerikanischen Vorschläge Die französische Entscheidung vertagt

Diplomatenbesprechnng in Washington

TU. Berlin, 24. Juni. Staatssekretär Stimso » hat nach einer Meldung aus Washington am Dienstag die diploma­tischen Vertreter Deutschlands, Englands, Italiens, Bul­gariens, Jugoslawiens, Rumäniens und der Tschechoslowa­kei zu Besprechungen über Hoovers Vorschlag empfangen.

Mit Rücksicht auf gewisse in französischen Blättern -um Ausdruck gebrachte Empfindlichkeiten wegen einer angeblichen Ueberrumpelung der französischen Regierung wurde im Staatsdepartement folgende Erklärung abgegeben: Der amerikanische Vorschlag ist vor seiner endgültigen For­mulierung nicht mit irgend einer fremden Regierung be­sprochen worden. Der Präsident, der die Lage in Deutsch­land, wie man verstehen kann, mit großer Besorgnis ver­folgt hatte, sah, was die deutsche finanzielle Krise an den bei­den letzten Tagen der vorigen Woche zeigte, baß, sofern er nicht handle, eine Katastrophe unmittelbar bevorstche, und Frankreich war die erste der fremden Mächte, die in Kenntnis gesetzt wurden, als er sich zum Handeln entschloß. Das war am Freitag."

Proveabstimmnng in Amerika znm Hoooerpla«

Um zu zeigen, baß Amerika in seiner Gesamtheit geschlos­sen hinter dem Moratoriumsplan steht, hat nach einer Mel­dung ans Washington Präsident Hoover einen ungewöhn­lichen Weg beschritten: Sämtliche Senatoren und Kongreß­mitglieder wurden aufgefordert, dem Präsidenten sofort ihre Ansicht zum Moratoriumsplan mitzu­teilen. Aus Washington abwesende Abgeordnete oder Se­natoren sollen dies durch Telephon ober Telegraph tu«. Diese Probeabstimmung wird ein sicheres Bild davon geben, wie die formelle Abstimmung im Kongreß ansfallen wirb. Zugleich zeigt die Maßnahme Hoovers aber auch, wie sicher die Regierung der Zustimmung -es Kongresses ist.

Vertagte Entscheidung i« Paris Der französische Ministerrat hat die Entscheidung über die Antwort an Hoover auf den heutigen Mittwoch vertagt. Nach einem Vortrag des Finanzministers und des Außen­ministers fanden ausführliche Beratungen statt, die jedoch zu keinem endgültigen Ergebnis führten. In -er amtlichen Mitteilung wir- nichts gesagt, warum die Entscheidung trotz der gründlichen Vorbereitung durch Svnderbesprechungen und Sachverftändigenkvuferenz nicht getroffen werden konnte.

Ministerpräsident Laval verlas gestern in Ler Kammer folgende Erklärnng: »Die französische Regierung begrüßt

die großmütige Geste des Präsidenten Hoover. Ohne di« A»stim«»«g des Parlaments wird keine Beeinträchtigung der Bestimmungen des Uoungplans erfolge». Die Regierung berät über die Antwort, die sie dem Präsidenten Hoover er­teilen will. Die amerikanische Regierung wirb am Freitag von dem Inhalt der Not« in Kenntnis gesetzt werden.

Rach Mitteilung -erAgence öconomique et ftrranciere* Haben Pariser Finanzkreife folgenden Kompromtßplanr Deutschland bezahlt in den Jcchren 193132 500 Millionen Goldmark an die BIZ. Frankreich verpflichtet sich, dies« Summe nicht abzurufen. Die BIZ, stellt sie im Wege der Anleihe der Reichsregierung zur Verfügung und zwar auf 1 Jahr. Der Fehlbetrag im französischen Haushalt wird durch Ausgabe von kurzfristigen Schatzscheinen gedeckt, soöaß keine neuen Steuern notwendig find.

Amerikanischer Druck ans Frankreich

Das Gerücht bestätigt sich, daß Amerika einen beson­deren Schrittgegenüber Frankreich unternom­men hat. Die Pariser Agentur Radio meldet aus Washing­ton, daß der Unterstaatsfekretär Mills dem französische» Attachs eine Denkschrift in der Form von 2 Zahlentabel- len zur Weiterleitung nach Paris übergeben habe. Eine -ie- ser Tabelle» zeigt den Anteil Frankreichs an den Plänen des Präsidenten Hoover auf, währen- die andere die Lage dar­stelle, wie sie sich aus einer Ablehnung von Seiten Frankreich- ergeben würde. Der Schritt werde als vertraulich betrach­tet, bis die französische Regierung Gelegenheit habe, davon Kenntnis zu nehmen, bzw. ihren Inhalt zu prüfen. Man er­fahre vorläufig nur, - das Washingtoner Schatzamt eine Berechnung ausgestellt habe, die auf die Feststellung hinaus- lanfe, Laß Frankreich durch den Hoover-VorMag SS Millio­nen Dollar aufbringen müsse. Ferner werde auseinanderge- setzt, daß eL tm eigensten Interesse Frankreichs liege, die Vorschläge anznnehmen. Kalls Frankreich »ns der Zahlung des ungeschützte« Jahresanteils durch Deutschland bestehen solle, so werde es auch seine Schulde« a« Amerika «nd Eng­land zahle« müsse«. Es fei möglich, daß Lie französische Re­gierung ei« besonderes Schuldenmoratormm fordere, was »ach Ansicht führender amerikanischer Persönlichkeiten dem französischen Kredit nur schade» könne. In Washingtoner politische» Kreise» verlantet ergänzend, daß Präsident Hoover auf französische Gegenvorschläge gefaßt sei, die er jedoch ebonsv Höflich wi, »«t^cht-be« »»r^tckwefik«« werde.