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Montag, den 22. 3uni 1931
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Jahrgang 104
Nr. 142
Zugeständnisse Amerikas zur Ueberwindung der Weltkrise
Präsident Hoover fordert einjährigen Aufschub aller Reparationen und zwischen den Regierungen bestehenden Schulden-- Verpflichtungen ab 1. 3uli — Annahme der Vorschläge Hoovers in Berlin und London, Frankreichs Haltung noch unbestimmt
Hoover lohnt Gegenvorschläge ab. fache, bah Deutschland trotz dieses Zahlungsaufschubs ein,
TU. Washington, 22. Juni. Präsident Hoover hat folgende Erklärung abgegeben: »Die amerikanische Regierung schlägt einen einjährigen Aufschub allerZah- lnnge» ans Schulden der Regierungen, Reparationen «nd Wiederausbanschulden vor» und zwar sowohl bezüglich des Kapitals wie der Zinsen» ausgenommen natürlich Schuldverpflichtungen der Regierungen, die sich in Privathände« befinden. Vorbehaltlich der Zustimmung des Kongresses ist die amerikanische Regierung bereit zu einem Aufschub aller ihr seitens fremder Regierungen geschuldeten Zahlungen während des am 1. Juli 1931 beginnenden Etatsjahres unter der Bedingung, daß die wichtigeren Gläubigerstaaten ebenfalls alle ihnen geschuldeten Zahlungen aus Regicrungs- schuldeu für ein Jahr aufschieben.
Der Zweck dieser Zahlungsiveise besteht darin, das kommende Jahi? der wirtschaftlichen Erholung der Weltzu widmen und dazu beizutragen, die Kräfte der Wiederherstellung, die sich in den Vereinigten Staaten bereits bemerkbar machen und in Bewegung sind, von den Einflüssen, die vom Ausland Herkommen, zu befreien. Die Weltreparationen haben die Länder Europas härter als unser eigenes getroffen. Einige von diesen Ländern fühlen in einem ernsten Ausmaß den schwächenden Einfluß dieser Depression auf die Wirtschaft des Landes. Das Gewicht der Regierungsschulden, das in normalen Zeiten tragbar wäre, drückt schwer inmitten dieser Depression.
Aus einer Reihe von Ursachen, die sich aus der Depression ergeben, wie der Preissturz ausländischer Waren und der Mangel an Zutrauen in die wirtschaftliche und politische Stabilität beS Auslandes, hat sich ein anormaler Zufluß vonGoldnach denVereinigtenStaaten ergeben, der die Kreditstabilität vieler ausländischer Länder vermindert. Diese und andere Schmierigkeiten im Auslande verringern die Kaufkraft für unsere Exportwaren und find bis zu einein gewissen Maße die Ursache für unsere Arbeitslosigkeit und das Fortdauern des Preistiefstandes für unsere landwirtschaftlichen Produkte. Weises und zeitlich richtig angebrachtes Handeln sollte dazu beitragen, den Druck von diesen ungünstig wirkenden Kräften in ausländischen Ländern zu erleichtern.
Der Kern des Vorschlags ist, den Schuldnern Zeit zur Wiedererlangung ihrer nationalen Prosperität zu geben, und ich richte an die Amerikaner den Rat, in ihrem eigenen Interesse gute Gläubiger und gute Nachbarn zu sein. Ich möchte diese Gelegenheit dazu benutzen, meine Ansicht über unsere Veziehnngen zu den deutsche« Reparationen und den von uns den europäischen alliierten Regierungen geschuldeten Summen offen zu äußern:
Unsere Regierung hat sich nicht an der Auferlegung der Reparationen beteiligt, noch sich irgendwie bezüglich ihrer Festsetzung geäußert. Wir haben mit voller Absicht keinen Anteil gehabt an den allgemeinen Reparationen oder an der Aufteilung von Kolonien oder von Privateigentum. Die Rückzahlung der Anleihen, die wir den Alliierten für den Krieg und für Wiederaufbauzwecke gewährten, wurde auf einer Basis geregelt, die weder mit den deutschen Reparationen irgendwie zusammenhing, noch von deren Zahlung abhängig gemacht wurde. Daher ist die ReparattonS- frage notwendigerweise ein rein europäisches Problem» mit dem wir nichts z« tun habe«.
Ich billige nicht im entferntesten die Streichung der uns geschuldeten Summen. Das Weltvertrauen würde durch einen derartigen Schritt nicht gefördert werden. Einer unserer Schuldner hat das vorgcschlagen. Aber da die Basis der Fundierung dieser Schulden die Zahlungsfähigkeit des Schuldners unter normalen Verhältnissen war, so führen wir nur konsequent unsere eigenen Prinzipien durch, wenn wir die gegenwärtigen anormalen Verhältnisse in der Welt in Rechnung ziehen. Ich bin davon überzeugt, daß das amerikanische Volk nicht den Wunsch hat, den Versuch zu machen, vom Schuldner mehr herauszuholen, als er zahlen kann, und meiner Ansicht nach verlangt eine wcitschauenöe Politik, daß unsere Regierung die gegenwärtige Situation in ihrer Nealtiät anerkennt. Diese Haltung entspringt vollkommen unserer bisher befolgten Politik. Wir werden dadurch nicht in die Diskussion rein europäischer Probleme, zu denen die Reparattonsfrage gehört, hineingestotzen, wir wollen lediglich unsere Bereitschaft ansdrücken, zur baldigen Erholung der Weltprosperität, an der «nser Volk so stark interessiert ist, unsere« Teil beizutrage«.
^ "^thte noch hinzufügen, daß wir, obgleich dieser Schritt ^ nächsten Februar angesetzten Konferenz zur Beschränkung der Landrüstnng nichts zu tun hat, doch die Hoffnung haben, angesichts des starken Einflusses des Wettrüstens auf die gegenwärtige Depression werde unser Schritt zu freundschaftlicheren Beziehungen beitragen die für die LV-- isunü dieser wichtigen Rüstungssrage so notwendig sind.*
Nach aus Washington vorliegenden Berichten sind Verhandlungen über die Verwirklichung des Hooverschcn Vorschlags bereits im Gange, jedoch ist noch unerkennbar, wie die amerikanischen Pläne verwirklicht werden sollen. Es scheint festzustchcn, daß Hoover energisch etwaige Gegenvorschläge ablehncn wird. Insbesondere werden Anträge auf Ausdehnung des Zahlungsaufschubs auf einen größeren Zeitraum zum Scheitern verurteilt sein. In politischen Kreisen werden Befürchtungen über dieHaltungFrank- rcichs laut, da man glaubt, daß die Pariser Regierung versuchen wird, einen gewissen Teil der deutschen Tributleistungen vom Zahlungsaufschub auszunehmen. Andererseits aber geben maßgebende Politiker der Meinung Ausdruck, daß Frankreich unter dem Druck der Weltmeinung gezwungen sein werde, den Hooverschcn Vorschlag bedingungslos anzunehmen.
Die Gerüchte, daß die Federal Reserve Bank einen Ve- reitschaftskreöit vvn 300 Millionen Deutschland cinraume, erhalten sich weiter. Von Hoover nahestehenden Kreisen wird jedoch versichert, daß eine Regierungsanleihe selbstverständlich nicht in Frage komme. Jedoch würde die Regierung gegen die Kreditgewährung der Federal Reserve Bank nichts einzuwenden haben.
Deutschland stimmt dem amerikanischen Vorschlag zu.
Wie amtlich aus Berlin mitgeteilt wird, hat die deutsche Neichsregicrung ihre Zustimmung zu dem Vorschlag des Präsidenten Hoover durch den deutschen Vertreter in Washington der amerikanischen übermitteln lassen. An den Berliner amtlichen Stellen wird der Schritt des amerikanischen Präsidenten Hoover auf das lebhafteste begrüßt. Man erwartet, daß der Schritt nicht nur eine Erleichterung der deutschen Lage zur Fvlgc haben wird, sondern daß auch die Einschaltung der U.S.A. in die Weltkrise und der heroische Entschluß der amerikanischen Regierung, bas Rad noch einmal herumzuwerfen, von günstigstem Einfluß sein werden. Eine endgültige Beurteilung wird jedoch noch der späteren Entwicklung Vorbehalten, da man sich vorläufig «och mitten in einer Aktion befindet, deren Ergebnis sich noch nicht übersehen läßt
Man weist darauf hin, daß Hoovers Erklärungen das Kerrrproblem, das für Deutschland von Bedeutung ist, nämlich die Einstellung der Zahlungen auf ein Jahr an die Spitze stellt, und begrüßt es besonders, daß Hoovers Anerbieten an die Bedingung geknüpft ist, baß die Gläubigerstaaten alle ihnen geschuldeten Zahlungen für ein Jahr aufschieben. Eine Annahme der Hooverschcn Vorschläge würde somit nach deutscher Auffassung bedeuten, daß auch die Zahlungen für den ungeschützten Teil ansgeschoben werden würden. Unter Berücksichtigung der Tat-
Tages-Spiegel
lieber den Zweck -er Hooversche« Hilfsaktion verlautet in Washingtoner Senatskreife«, -aß mit ihr eine Entlastung der beutschen Wirtschafts- «nb Finanzlage geplant sei» welch letztere die Voraussetzung für ein« Erholnng der gesamten Weltwirtschaft barstelle.
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Bon einer Herabsetzung aller politische« Schnlde« durch Amerika will man in Washington nichts wisse«. Auch über die Gewährung eines einjährigen Moratoriums hinans- gehende Gegenvorschläge werde« abgelehnt.
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D«s Pariser Finanzministerinm verSsfentlicht eine amtliche Mitteilung, die sich mst der Bildnng eines Stn-ienans- schuffes für Mitteleuropa befaßt. Der Ausschuß soll die Anfgab« haben, bi« Unterbringnng fra«zöfifcher Kredite z« regeln.
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I» Danzig kam eS Sestern im Zentrum der Stabt z« einer Straßenschlacht zwischen Arbeiterschntzbündler» und Nationalsozialisten, wobei elf Lurch Schüsse Verletzte vom Kampfplatz getragen werden mutzte«.
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Der österreichische Segelflieger Kronfelb h«t mit einem motorlose» Fingzeng de» Kanal zweimal hin «ab »«rück überquert.
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Der Krnckenbergsche Propellerwage«, der fog. Schien«» zeppelt«, hat in der Nacht znm Sonntag die Bahnstrecke Hambnrg—Berlin in der Redordgeit van 1 Stunde »8 Minuten d nrch fah r e«.
Reihe von Zinszahlungen weiterzuleisten haben würde, würde der Hooversche Plan in der Zeit vom 1. Juli 1931 bis 30. Juni 1932 eine Erleichterung in Höhe von 6 5 9 9 9 9 9 mit sich bringen, von denen etwa 800 Millionen dem Neichshaushalt und 660 Millionen der Reichsbahn zugute kämen.
Der Zweck deramerikanischen Aktion wird in der Herbeiführung einer wirtschaftlichen Erholung der Welt gesehen. Die Amerikaner wünschten offenbar, durch ihre Aktion das Vertrauen in die Wirtschaft wiederherzustellen» da ja auch bas Schwinden dieses Vertrauens mit eine der wilWasten Ursachen der Weltkrise liege. Besonders hervorzuheben ist nach deutscher Auffassung, daß Hoovers Aktion wvhlvorbereitet ist. Dies geht u. a. daraus hervor, daß nicht weniger als 23 Senatoren und 18 Mitglieder des Repräsentantenhauses dem Plan -es amerikanischen Präsidenten zugestimmt haben. Es haben Vertreter beider Parteien Hoover zugestinnnt, sodaß man hoffen darf, daß der Kongreß anch im Plenum die große Aktion Hoovers billigt.
Welche Mächte -er amerikanischen Aktion zustimmen werden, ist z. Zt. noch nicht endgültig bekannt. Es ist jedoch anzunehmen, daß sowohl England, wie auch Italien den amerikanischen Plan billigen. Welche Stellung Frankreich einnehmen wird, ist in Berlin noch nicht bekannt. Man verkennt keineswegs, daß eine Annahme des Hooverschcn Planes Frankreich gewisse Opfer auferlegen würde, hofft aber, bah es den Vereinigten Staaten gelingen wird, die französische Regierung und die französische öffentliche Meinung davon zu überzeugen, daß der Plan im Gesamtinte- reffe aller Staaten liegt. Besonders wird hervorgehoben, daß die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit mit Frankreich allgemein gewürdigt werde und daß man hierauf auch ganz besonders in Berlin Wert lege.
Die Annahme des Hooversche» Planes durch Deutschland bedeutet nach Anficht der deutschen zuständigen Stellen keine Aufgabe irgend eines deutschen Rechtes. In diesen Tagen habe man die Erklärung des Transseraufschubs und die Einberufung des Sonderausschusses bei der BIZ. erwogen. Vergleiche man die Aussichten, die der Plan Hoovers eröffne, mit denen, die diese beiden Schritte mit sich hätten bringen können, so sei kein Zweifel daran, baß die Annahme des Ho overplanes für Deutschland das Bessere sei. Schließlich sei es ja wohl auch wichtiger, daß die Zahlungen auf Wunsch des Gläubigers eingestellt würden, als wenn man gezwungen wäre, diesen um ein Moratorium zu bitten. Zumindest würde der Plan Hoovers ein Jahr der Erleichterung verschaffen, ohne daß deswegen irgendwelche AukunftSansfichten verschüttet würden.
Endlich wird hervorgehoben, daß die letzte Ursache für den Schritt Hoovers in der Verschärfung der Weltkrise zu suchen sei. Es sei bas besondere Verdienst des amerikanischen Botschafters in Berlin, Sackett, -aß er das Weiße Hans über die großen Gefahren der Krise in Deutschland aufgeklärt habe. Ihm sei es jedenfalls znm guten Teil zuzuschreiben, wenn sich die Erkenntnis der wahren Lage Deutschlands endlich durchgesetzt habe. Der lebte Anstoß sei jedoch zweifellos durch die Besprechungen in Chequers gegeben worden, da auf Grund dieser Besprechungen Macüonald, Henderson und Montague Norman in der Lage gewesen seien, den amerikanischen Schatzsekretär Mellon von der Notwendigkeit einer amerikanischen Aktion M überzeugen.
Hindenburg d«nv Hoover.
Wie verlautet, hat der Reichspräsident ein Telegramm an den Präsidenten Hoover gerichtet, in dem er darauf hinweist, daß sich Deutschland in höchster Not befinde. Hindenburg begrüßt es, daß Präsident Hoover die Initiative zur Lösung des Schuldenproblmes, das aus Ser ganzen Welt lastet, ergriffen habe. Besonders die Notlage Deutschlands erfordere ein schnelles Eingreifen. Dann sollen in dem Telegramm im einzelnen die besonderen Notstände Deutschlands dargelegt sein. Mit der letzten Notverordnung seien dem deutschen Volk noch einmal fast unerträgliche Opfer auferlegt worden, die auf die Dauer kaum haltbar seien, und die trotzdem nicht ausreichten, die wirtschaftliche Gesundung herbcizuführen, wenn nicht ein verständnisvolles wirtschaftliches Zusammenwirken der Völker erfolg«. Die Initiative des Präsidenten Hoover habe den Weg zu einem solchen Zusammenwirken gezeigt. Der Plan werde deshalb von Deutschland aufs wärmste anerkannt werden. ^