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Samstag, den 20. Juni 1931

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Jahrgang 104

Einlenken Amerikas in der Kriegsschuldenfrage?

Vor bedeutsamen Entscheidungen in Washington Radikale Frontschwenkung

in der Abrüstungsfrage

TU. Berlin» 20. Juni. Berliner Blätter melden aus Washington: Präsident Hoover hatte gestern eine längere Unterredung mit Staatssekretär Stimson, hierauf eine mit den Führern der beiden Senatsfraktionen und anschließend daran eine mit dem Unterschatzsekretär Mills. Der Präsident der Senatskommission für Finanzen, Smoot, ist telegraphisch nach Washington berufen worden. Am Nachmittag empfing Präsident Hoover den Unterstaatssekretär Klein, der Fach­mann in Anßenhandelsfragen ist, und daran anschließend eines der ältesten Mitglieder der Finanzkommission des Repräsentantenhauses, Bacharach. Das Eingreifen des Prä­sidenten wird in Zusammenhang gebracht mit der Unter­redung zwischen Mellon und Macdonald am Donnerstag. Man glaubt, daß eine wichtige Entscheidung über die amerikanischen und europäischen Finan­zen im Gange sei.

Präsident Hoover erklärte am Freitag über seine Un­terredungen im Weißen Hause, er habe mit mehreren Füh­rern beider politischen Parteien über Maßnahmen ge­sprochen, die geeignet seien, zur wirtschaftlichen Wiedergesundung sowohl in den Vereinigten Staa­ten wie im Auslande beizutragcn und insbesondere eine Stärkung -er Lage in Deutschland herbeizu- sühren. Man sei sich noch nicht über bestimmte Pläne schlüs­sig geworden, aber die Art, in der die Vertreter beider Par­teien aus die Angelegenheit eingegangen seien, sei durchaus befriedigend gewesen.

Wichtiger Beschluß der amerikanische« Regier««- i« der AdrüstungSsrag«

Nach einer Sondermelbung -erNew-Uork Evening Post" wurde in Washingtoner Militär-Kreisen bekannt, daß die Regierung -er Vereinigten Staaten beschlossen habe, ihren bisherigen energischen Widerstand gegen die Herabsetzung der Heereshaushaltsziffern unter der Bedingung aufzugeben» daß der Militärhaushalt lediglich als Maßstav für Rüstun­gen des betreffenden Landes und nicht zum Vergleich mit den Rüstungen anderer Länder dienen darf. Diese radi­kale Frontschwenkung der Regierung wird damit

erklärt, daß Hoover, soweit Amerika in Betracht kommt, dieses Hindernis für einen erfolgreichen Ausgang der Welt- abrüstungskonfcrenz wegräumen will.

Die Industrie hinter Brüning

TU. Berlin, 30. Juni. Der Hauptausschuß des Reichs­verbandes der Deutschen Industrie trat am Freitag bei zahl­reicher Beteiligung aus allen Teilen des Reiches unter dem Vorsitz von Geheimrat Dr. C. Duisberg zu einer Tagung in Berlin zusammen, in der die augenblickliche Notlage des deutschen Volkes eingehend erörtert wurde. Das Ergebnis der Tagung faßte Dr. Duisberg wie folgt zusammen:

Der Reichsverband der Deutschen Industrie ist sich dar­über klar, daß die Vermeidung eines wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenbruches in allererster Linie eine Frage des Vertrauens in die Führung der Reichsgeschäfte ist. Der Person des Reichskanzlers bringt die Industrie dieses Ver­trauen entgegen.

An dem Inhalt der Notverordnung vom V. Juni 1981 wurde ernste Kritik geübt. Die entscheidenden Schritte, die Wirtschaft von den Fesseln zu befreien, Sie thr dnrch die ungeheuere Ueberlastung mit öffentlichen Ausgaben und die falschen Methoden der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik anferlegt find, müssen noch getan werden. Der Reichsverband behält sich vor, im Einzelnen zu den Bestimmungen der Notverordnung Stellung zu nehmen.

Eine dringende Aufgabe ist ferner das entschlossene Anpacken der Reparationsfrage. Ein Zögern der Reichsregierung in dieser Frage wird von der überwältigen­den Mehrheit des deutschen Volkes und von der gesamten deutschen Industrie nicht mehr verstanden. Di« ReichSregie- rung muß im geeigneten Augenblick die kraftvolle Initiative ergreifen, die notwendig ist, um solche Verhandlungen in Gang zu setzen, eine baldige Lösung der Tributfrage und damit eine Erleichterung der untragbar gewordenen Lasten herbeizuführen. Die schnelle Lösung der Reparationsfrage ist nicht nur für den Bestand der deutschen Wirtschaft die notwendige Voraussetzung, sondern sie liegt auch im Inter­esse Europas und der Welt.

Tages-Spiegel

Frankreichs Erpressungsversuch in Wien

Die französisch-oesterreichischen Kredilverhandlungen gescheitert Oesterreich

lehnt politische Garantien ab

TU. Berlin, 20. Juni. Wie von unterrichteter Seite be­stätigt wirb, sind die französisch-österreichischen Verhandlungen über den Abschluß eines Kredites in Höhe von 360 Millionen Schilling gescheitert. Auf fran­zösischer Seite wird als Begründung dafür angegeben, daß die österreichische Negierung sich geweigert habe, die poli­tischen Garantien zu geben, die von französischer Seite ge­fordert wurden. Tie österreichischen Unterhändler seien aus Paris abbernfcn worden.

Weiter wird bestätigt, das, die französische Negierung tat­sächlich in Wien politische Forderungen als Vorbedingung für die Gewährung einer Anleihe habe überreichen lassen, wonach Oesterreich einer Erneuerung oder Erweiterung des Genfer Protokolls vom Oktober 1022 znstimmen bzw. einen schriftlichen Verzicht ans die Verwirklichung der bentsch- Ssterreichischen Zollunion leisten sollte. Die österreichische Regierung habe icdvch derartige Forderungen als unannehm­bar abgclehnt.

Ob Frankreich nunmehr seine Absichten, aus diesem Wege die österreichisch-deutsche Zollunion zu beseitigen aufgegebcn hat. scheint jedoch unsicher zn sein. Anscheinend wollen die Franzosen ihre Pläne bei einer etwaigen Wiederaufnahme der Verhandlungen mit Oesterreich in anderer Form weiter verfolgen.

Englische Hilfe für Oesterreich auch ohne Frankreich?

Englische Bankkreise haben, wie aus durchaus zuverläs­siger Quelle verlautet, erneut den Wunsch geäußert, daß Oesterreich baldmöglichst einen Vertreter ernennen möchte, der bevollmächtigt ist, unverzüglich in internationale Finanz­verhandlungen einzntreten. London lege im Interesse einer baldigen Ueberwindung der Krise großen Wert darauf, die Konsortialverhanblungcn zu einem Erfolg zu führen, und zwar wenn irgend möglich, in großem internationalem Rah­men unter Zusamenarbeit der Zentralbanken Frankreichs, Deutschlands und Amerikas.

Sollten jedoch politische Erwägungen das Zustandekommen einer internationalen Abmachung hinauszögern oder beöro- hen so müßte London unter Umständen, wenn auch mit dem Svößten Widerwillen, die Möglichkeit in Erwägung ziehen.

eine Vereinbarung selbst unter dem AnSfchkutz von Paris herbeiführen.

Seipel bildet das neue Kabinett

Wien, 30. Juni. Bundespräsident Miklas hat gestern den früheren Bundeskanzler Seipel mit der Regierungs­bildung beauftragt. Jedoch gelangte Seipel nach Verhand­lungen mit der Sozialdemokratie, den Grohdentscheu und den Landbttndlern zu dem Ergebnis, daß eine Regierungs­bildung auf der bisher verfolgten Grundlage aussichtslos sei. Es ist noch ungewiß, ob die Verhandlungen am Heutigen Samstag von Dr. Seipel weiter fortgesetzt werden» oder ob sie auf einer vollständig anderen Grundlage weitergeführt werden. Es besteht, wenn Dr. Seipel die Verhandlungen fortsetzt, am ehesten noch die Möglichkeit eines Minder­heit s k a b i n e t t S, in dem die Christlich-soziale« und der österreichische Landbund vertreten sind.

Die Autonomie des Memellandes in Gefahr

Vor einem litauische» Putsch TU. Königsberg, 30. Juni. Ucber neue Putschabfichten der litauischen Miliz im Memelland bringen dieOstpr. Zeitung" und dieKönigsberger Allg. Ztg." in ihren Frei­tagsausgaben aufsehenerregende Enthüllungen. Darnach scheint es, als ob die Schauli-Slänga (Litauische Jungschüt- -en) die Absicht haben, die Autonomie des MemellanLes kur­zerhand zu beseitigen und den kommissarischen Landrat von Memel, Simonaitis, -er von dem ersten Putsch her sattsam bekannt ist, zum Diktator des Memelgebiets zu machen. Memeler Schulkindern wird der Besuch deutscher Ferien­heime verboten

Wie alljährlich, so sollten auch in diesem Sommer 86 er­holungsbedürftige Schulkinder der memelländischen Schulen in deutschen Ferienheimen für einige Wochen untergebracht werden. Gouverneur Merpys hat diesen Kindern in letzter Minute die Erteilung eures Ausreisevisums aus dem Memelgebiet versagt.

Aus Washington kommt die überraschende Nachricht »»« einem Elnlenke« der amerikanischen Regierung in de* Kriegsschulden- «nd Abrüstungsfrage. Nähere Einzelheiten über die Absichten der Regier««« Hoover sind jedoch noch nicht bekannt.

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Das Rcichskabinett setzte gestern seine Beratungen über dit Revisionsfrage fort. Z« der Botschafterbesprechnng wurde jetzt auch der Londoner Geschäftsträger zugezogen.

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Frankreichs Plan, dnrch Kredite politische Zugeständnisse von Oesterreich z« erpressen, ist vorerst an der Ablehnung der Wiener Regierung gescheitert. England hat sich zu weiterer Finanzhilfe bereit erklärt.

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Wie ans Italien verlautet, plant man in Rom dnrch Wieder­herstellung der Habsburger Monarchie in Oesterreich de» Anschluß an Deutschland und eine Donausöderation z» hintertreiben. "

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Das LuftschiffGraf Zeppelin" hat gestern anf dem Boden­see znm erste« Male eine Waflerlandnng vorgenomme». Gelt 1»0S war dies die erste Wasserung eines Zeppelin« lnftschiffs.

Tributlasten und Volksgesundheit

Sine Entschließung des deutsche« Aerztetages

TU. Köln, 30. Juni. Der Deutsche Aerztetag nahm de« Entwurf zu einer Reichs-Aerzteverordnung von Geheimrat Stander-Nürnberg mit großer Mehrheit an. In einer ein­stimmig angenommenen Entschließung zu den gesundheitlichen Folgen der Tributlaste« heißt eS u. a.:Die deutsche Aerzte- schaft stellt mit ernster Sorge vor der ganzen Welt fest, daß der Gesundheitszustand -eS deutschen Volkes durch die Wirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit und die drük- kenden Tributlaste« immer mehr bedroht ist. Der seelische Notstand der arbeitslosen Massen und das fort- schreitende Herabdrücken der allgemeinen Lebenshaltung müs­sen zu schweren Erschütterungen -er Lebenskraft des deut­schen Volkes führe». Wen« etwa hereinbrechende Epidemie» dieses erschöpfte Volk befallen, würben sie auch an den Landes­grenzen nicht Halt machen. Es muß eine Solidarität der Menschheit gegenüber Hunger und Krankheit geben. An dies« wollen wir in dieser Stunde glauben und hoffen, daß durch Erleichterung der Tributlasten das deutsche Volk wieder Lebensmöglichkeiten erhält, damit es nicht der Verzweiflung in die Arme getrieben wirb.

Weitere Entschließungen -es Aerztetages wurden zur Reform der Krankenversicherung und gegen den Giftgaskries gefaßt. _

Litwinow kommt nach Berlin

TU. Moskau (über Kowno), 30. Juni. Wie hier verlautet, beabsichtigt -er russische Außen kommissar Litwinow, der sich gegenwärtig in der Tschechoslowakei aufhält, auf der Rück­reise nach Moskau dem Reichsaußenminister Curtius einen Besuch in Berlin abzustatten. Da dieser Besuch voraus­sichtlich gegen Mitte Juli zu erwarten ist, dürfte er mit der wetteren Gestaltung der russisch-deutschen Beziehungen zu- sammenhängen. In Moskauer politischen Kreisen wird dar­auf hingewiesen, daß Litwinow auf der Rückreise von Berlin »ach Moskau nicht in Warschau Station machen wird.

Neue Grenzverletzung im Osten

Wieder polnische Flieger über deutschem Gebiet TU. Berlin, 30. Juni. Nach einer Meldung Berliner Blätter überflogen am Mittwoch zwischen 17 und 18 Uhr zwei polnische Militärflugzeuge, gekennzeichnet durch die rot-weißen Karees, deutsches Gebiet zwischen Freystaüt «ird Garnsee. Sie flogen in Richtung auf Graudenz.

Sparkassenpanik in Worbis

TU. Kassel, 30. Juni. Unsinnige Gerüchte über Beschlag­nahme von Sparkasseneinlagen setzten die Bevölkerung deS Kreises Worbis auf dem Eichsfelde in größte Bestürzung und führten zu einem Sturm auf die Kreissparkafle. Dte Abhebungen bei der Kreissparkasse in Worbis dauern leider noch an und haben einen geradezu katastrophalen Umfang angenommen. Hervorgerufen find diese Abhebungen durch unsinnige Gerüchte, daß 30 v. H. aller Spareinlagen vom Staat durch die Notverordnung beschlagnahmt würden.

Freitagmittag erließen die Verwaltung Ser Kreisspar­kaffe und der Landrat des Kreises Worbis einen Ausruf a« die Bevölkerung, in dem es heißt, daß die im Kreise um­gehenden Gerüchte von einer Beschlagnahme von 30 v. H. aller Spareinlagen jeglicher Begründung entbehrten.