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Nr. 133

Donnerstag, den 11.Juni 1931

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Jahrgang 104

Der Kampf um die Notverordnung

Die Anträge aus sofortige Reichstagseinberufung vom Aeltestenrat abgelehnt Die Haltung der Fraktionen zur Notverordnung

Erlaß der neuen Notverordnung geschaffenen politischen Lag« beschäftigt. Er erkennt die Notwendigkeit an, die Finanzen

TN. Berlin, ii. Juni. Der Aeltestenrat -es Reichstages hatte sich am Mittwoch abend mit den An­trägen der Nationalsozialisten und Kommunisten zu beschäf­tigen, wonach der Reichstag für den nächsten Dienstag cinbe- rufen werden sollte. Für diesen Antrag stimmte auch der Vertreter der Wirtschastspartei, Avg. Mollath, während sich der Vertreter des Landvolkes der Stimme enthielt. Mit den Stimmen der übrigen Parteien wurden die Anträge gegen den entschiedenen Widerspruch der Abg. Stöhr (Nat.Soz.) und Verndt lDeutschnat.) abgelehnt. Auf Wunsch mehre­rer Fraktionen wurde dann mit Rücksicht auf die bevor­stehenden Fraktionssitzungcn beschlossen, noch keine Erli­sch cidungüber ein efrühereEinbernfungdes Reichstages zu stillen, sondern am Dienstag, 16. Juni eine neue Sitzung des Aeltcstcnrates zu diesem Zweck abzu­halten.

Zur Frage der Einberufung des Reichstages erklärt die Germania" in ihrer Abendausgabe vom Mittwoch u. a. Wir haben wiederholt unsere Auffassung dahin gekennzeich­net, daß ein Zusammentritt des Reichstages in unserer ge­genwärtigen Situation das Verhängnisvollste ist, was ge­schehen könnte. Schon die Tatsache, daß die Einberufung von Kommunisten, Deutschnationalen und Nationalsozialisten ge­fordert wird, genügt, um die Schädlichkeit einer Parlamcnts- tagung in dem gegenwärtigen Augenblick darzutun. Bet der nervösen Spannung, in der wir heute leben, habe man das, was im Reichstag geschehen wird, nicht in der Hand. Wir haben über die außerordentliche Härte der Notverordnung keinen Ziveifel gelassen und haben auch für den Wunsch Ver­ständnis, sie hier und dort geändert zu sehen, aber es erscheint uns unmöglich, diese Dinge in dem gegenwärtigen Augen­blick vor den Reichstag zu tragen, wo unter dem Ansturm und unter dem Druck radikaler Demagogien nur etwas ganz Unzulängliches und Schlechtes an die Stelle der Notverord­nung gesetzt werden könnte.

Erörterung der Notverordnung in einem Neichstagsausschnß?

Wie derVorwärts" meldet, verlautet nach dem sozdem. Pressedienst in unterrichteten Kreisen, daß der Reichskanzler unter gewissen Voraussetzungen bereit sein werde, einer Erörterung der Notverordnung in einem Neichstagsausschuß seine Zustimmung zu geben. Er wende sich jedoch nach wie vor mit aller Entschiedenheit gegen die Einberufung des Reichstages.

Die Fraktionen znr Notverordnung.

Der Vorstand öerSozialdemokratischenReichs- tagsfraktion hat sich am Mittwoch mit der durch den

TU Berlin, 11 . Juni. Das Reichskabinctt wird heute zu einer Ministerbesprechung über die in Chequcrs geführte Aus­sprache zusammentreten. Morgen wird sich der Reichskanz­ler nach Neudeck begeben, um dem Reichspräsidenten über seine Englandreife Bericht zu erstatten. Es steht einstweilen noch nicht fest, ob sich das Kabinett heute nur aus die Ent­gegennahme .des Berichtes des Reichskanzlers u. des Reichs- außenmintsters beschränken oder ob es schon in eine materielle Behandlung der durch die Notverordnung und durch Che- quers aufgeworfenen außenpolitischen Fragen eintreten wird. Im Mittelpunkt der außenpolitischen Erörterungen wird selbstverständlich die Revision der bestehenden Reparations­abmachungen stehen, wobei sich das Kabinett über das wei­tere Vorgehen, besonders über die Frage, ob von den Moratoriums bestimmungen des Uoungplanes Gebrauch gernacht werben soll oder nicht, beschlußmäßig einigen muß.

DerJntransigeant" verbreitet die besonders nach -er letzten Kammerrede Brianös und im Hinblick auf die feindselige Haltung Frankreichs höchst unwahrscheinliche Nachricht, daß Reichskanzler Brüning und Reichsaußenmini- ster Curtius angeblich eine Reise nach Paris im Auge hatten, um die in Chequers stattgefunbene Aussprache hier fortzusetzen.

Kanzler und Außenminister sind am Mittwoch nachmittag wreoer in Berlin etngetroffen. In Bremerhaven und Ber­lin war die Polizei gezwungen in weitem Umfang Ab- lp errungen vorzunehmen, da nationalsozialistische Kund­gebungen geplant waren. Gegen die mit Hakenkreuzfahnen «nb Sprechchören demonstrierenden Nationalsozialisten tvuröe mit dem Gummiknüppel vorgegan-eu.

des Reiches, der Länder und der Gemeinden auf eine sichere Grundlage zu stellen. Er ist aber der Auffassung, daß die zu diesem Zwecke erlassene Notverordnung in einzelnen Teilen so harte Maßnahmen für die breiten Massen der Bevölke­rung enthält, daß ihre Abänderung dringend er­forderlich erscheint. Der Fraktionsvorstand wir- zu­nächst mit dem Reichskanzler in Verbindmrg treten, um festzustellen, inwieweit durch Verhandlungen die für not­wendig gehaltenen Aenderungen erreicht werden können.

Der Gesamtvorstand der Wirtschaftspartei nahm am Mittwoch zur Notverordnung einstimmig eine Ent­schließung an, in der es u. a. heißt: Die Notverordnung hat das deutsche Volk bitter enttäuscht. Sie stellt im wesent­lichen die Fortsetzung der bisherigen verhängnisvollen Polijjk mit Mitteln dar, die der Reichskanzler und die Rcichsrcgierung selbst wiederholt als verfehlt, wirtschafts­feindlich und als Ursache des deutschen Niederganges be­zeichnet haben. Daher fordert die Wirtschaftspartei die so­fortige Einberufung des Reichstages. Mit allein Nachdruck verlangt die Wirtschaftspartei die sofortige Aufrollung des gesamten Reparationsproblems, mit dem Ziele der Einstellung sämtlicher Tributleistungen.

Die Mittwoch in Berlin zusammengetretene Reichsfüh­rung des Christ!. Soz. Volksdien st es teilt mit, daß sie der Auffassung ist, daß die durch die Notverordnung dem deutschen Volke auferlegten neuen Lasten nur einstweilen tragbar sind, und fordert, daß die Reichsregierung unver­züglich die Revision der Tributzahlungen in Angriff nimmt. Der Volksdicnst ist bereit die unerläßliche Abstellung offen­sichtlicher Mängel der Notverordnung hinter diesen Ge­sichtspunkt zurückzuste! len.

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Ein neuer Ueberbrttckungskredit des Reiches.

Die Besprechungen des Reiches mit der Neichsbank zwecks Beschaffung eines Kredites zur Ueberbriickung der infolge der in den ersten Monaten des Haushaltsjahres regelmäßig spärlicher eingehenden Einnahmen entstandenen Schwierigkeiten, sind Mittwoch begonnen worden. Von Sei­ten des Reiches wird versucht, eine Summe von rund 250 Mill. Reichsmark auf mehrere Monate zu erhalten. Die Notwendigkeit der Kreditaufnahme ergab sich, obwohl die demnächst zu erwartenden stärkeren Eingänge aus der neuen Notverordnung schon eine wesentliche Entlastung bringen dürften.

Ma«-onalb deckt sich.

Alls Befragen äußerte sich Macdonalö im englischen Un­terhaus am Mittwoch über seine Besprechungen mit den deutschen Ministern, daß er hinsichtlich Ausmaß und Ziel dem am Sonntag abend nach Schluß des Chequers-Besuches aus­gegebenen Kommuniquee nichts hinzufügen könne. Die Be­sprechungen hätten, wie es immer beabsichtigt gewesen wäre, die Form eines allgemeinen Meinungsaustausches gehabt und es seien keine weiteren Beschlüsse und Entscheidungen gefaßt worden als die, die in dem Kommuniquee erwähnt seien. Der deutsche Kanzler hätte ihn und Henderson zu ei­nem Gegenbesuch nach Berlin eingeladen. Die eng­lische Regierung hätte die Einladung mit großem Vergnü­gen angenommen, doch sei ein bestimmtes Datum bisher noch nicht festgesetzt worden. Er glaube «icht, daß unter de« herr­schenden Umständen eine Debatte über die gegenwärtige Lage hinsichtlich Reparationen und Kriegsschnlde« von Nutze« fein würde.

Der Abgeordnete Wilde bemerkte, Saß bas Unterhaus bisher Noch keine Gelegenheit zu einer allgemeinen Erörte­rung der Reparationen und Kriegsschulden gehabt Hab« und fragte, ob nicht eine so wichtige Angelegenheit im Parlament erörtert werden sollte.

Der Ministerpräsident antwortete:Ja, sobald die Zeit hierfür gekommen ist!" Auf die Frag«, ob er die Einberufung einer Konferenz -er an einer internationalen Regeln^ in­teressierten Mächte -um Zwecke einer gegenseitigen Strei­chung der Verpflichtungen im größtmöglichen Ausmaße er­wäge, sagte Macdonald, - die Haltung Englands hinsicht­lich der Kriegsschulden wohl bekannt sei. Schritte in -er Richtung, wie sie von dem Fragesteller vo»geschlagen feie«,

Tages-Spiegel

Reichskanzler Brüning «nd Rnßenminister CnrtinS sind gestern nachmittag wieder in Berlin eingetroffe«. Die Minister wurde» von nationalsozialistische« Knndgeber» empfange«.

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Heute werde« die Minister im Neichskabinett über das Er« gebniS der Englandreise berichten.

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Macdonald erklärte im Unterhaus, daß eine internationale Konferenz znr Revision der Schulden- «nd Tribntsrage augenblicklich keine« Zweck habe.

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Der Aeltestenrat hat die Anträge ans sofortige Einberufung des Reichstags abgelehnt. Ueber die Abhaltung einer Sommertagnng soll am Dienstag entschiede« werbe«.

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I« Mannheim «nd Frankfurt kam es gestern im Anschluß an kommunistische Kundgebungen gegen die Rotverord^ nnng z« schwere« Straßenkrawalle«.

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In -er Schweiz führte -er deutsche Segelflieger Groenhoff vom Jungfraujoch ans eine« Segelslng bis Jnterlake« durch.

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Der Schweizer Ständerat hat die Abschaffung -er Todes, strafe beschlossen.

würden im gegenwärtigen Augenblick keinemnützlichen Zwecke dienen.

Amerika gewährt keine« Schnldennachlaß.

Die hochgespannten Erwartungen, die man in Europa an Stimsons Reise knüpft, haben die Washingtoner Regie­rung in eine derartige Verlegenheit gebracht, daß sie zu stark abschwächenden Erklärungen gezwungen wurde. New- york Heralö Tribüne zufolge wird in Kreisen des ameri­kanischen Staatsdepartements immer wieder darauf hinge­wiesen, daß die Regierung gegenwärtig keine Veranlassung habe, ihre Haltung in der Schulbenfrage zu ändern. Eben­sowenig habe die Negierung die Absicht, die Abrüstungs­frage als Tauschobjekt zu benutzen. Stimson sei gezwungen gewesen, dem Botschafter einer europäischen Macht jvermut- lich Frankreich) zu versichern, daß ein derartiger Vorschlag keinen offiziellen Ursprung habe. Die bisherigen Abrüstungsmahnungen verschiedener Regierungsmitglieder bedeuten keineswegs, baß etwaige Abrüstungsversprcchcn europäischer Mächte einen Schuldennachlatz seitens der Ver­einigten Staaten zur Folge hätten.

Straßenkrawalle in Mannheim

TU. Mannheim, 11. Juni. Im Anschluß an eine kom­munistische Protestkundgebung gegen die neue Notverordnung kam es Mittwoch abend an verschie­denen Plätzen und Straßen zu schweren Ausschrei­tungen der Demonstranten. Die Polizei machte wieder­holt vom Gummiknüppel Gebrauch und nahm mehrere Per­sonen fest. In -er westlichen Stadt wurden in den Straßen aus Eisenstangen, Wagenteilen usw. Barikaben er­richtet und das Pflaster aufgerissen. Sämtliche Laternen in diesen Straßen wurden eingeworfen, so daß um 22 Uhr dt« Straßenzüge völlig tm Dunkel lagen. Der Verkehr anf den Straßen war lahm gelegt. Die Wirtschaf, ten und Geschäfte hatten ihre Schaufenster durch Rolläden gesichert. Die Straßen waren meistenteils von jungen Leu­ten stark bevölkert.

Kurz nach 22 Uhr ging die Polizei gegen die Ruhestörer vor. Von einer Varikade aus wurde gegen die Polizei scharfe Schüsse abgegeben. Nach den bis­herigen Feststellungen wurde jedoch niemand verwundet. Die Polizei gab nur Schreckschüsse ab. Hinter der Polizei rückte die Feuerwehr nach, die die Hindernisse beseitigte. Bei den Barikaden wurden Steine gefunden, die voraussichtlich als Wurfgeschosse dienen sollten. Gegen 22Zj Uhr erhielt die Polizei weitere Verstärkung. Um 23 Uhr war im Unruhe­viertel die Ordnung wieder hergestellt und die Aufräu­mungsarbeit in den Straßen Surchgeftthrt. Wie von amt­licher Seite mitgeteilt wird, wurden von der Polizei im Laufe -eS Mittwoch abend insgesamt 6 Verhaftun­gen vorgenommen. Gegen Mitternacht wurde die Berel« schastSpolizei nach der Neckarstabt gerufen. Auch dort halt man Pflastersteine herauSgerissen. Beim Eintreffen dv Polizei waren die Ruhestörer verschwunden.

Anch kommunistische AnSfchrettnngen in Frankfnrt a. M

TU. Frankfnrt a. M 11. Juni. Am Mittwoch abend ka« es in den Stadtteilen Bornhetm, Sachsenhansen, Höchst «nb^ besonders in der Frankfnrter Altstadt zu kommunistische« Ruhestörungen und Demonstrationen gegen die neueste Not­verordnung. Die Polizei konnte überall die Ruhe sofort wiederherstelle«.

Heute Berichterstattung über Chequers

Beginn der Kabinettsberatungen über die RevisionsfrageMacdonald hält eine

internationale Konferenz für zwecklos