Erscheinungsweise: raglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage
Anzeigenpreis: s) im Anzeigenteil:
die Seile W Soläpfennig«
d) im Reklameteil-. ÄieSeileöSSolckpsennig«
Auf Sammelanzeigen kommen 50°/» Suschlag
agr platzvorschrtften Kann keine Srwähr übernommen werden
i' für d«><le r«il» ist ealw
Rr. >LS
Amis- unä Anzeigeblalt für äen Oberamisbezirk calw
Freitag, den 5.2um 1931
Bezugspreis:
In der Stadt 40Soläpfennige wöchentlich mit Trägerlohn Post-Bezugspreis 40 Sold- pfennige ohne Bestellgeld
Schluß der Anzeigenannahme S Uhr vormittags
In ZLllen KSHerer Sewalt besteh« kein Anspruch auf Lieferung S« Seiiung -nier auf Mchzahlung <ie» vezugeprels»,
Fernsprecher Nr. S
verantworll. Schristleitung: Friedrich Han» Scheele Druck und Verlag der A. Oelschldger schen Suchdruckerei
Fahrgang 104
Der deutsche Ministerbesuch in England
Brüning und Curtius heute in London — Keine Illusionen über das Ergebnis
von Chequers
TU. Cuxhaven» 6. Juni. Reichskanzler Dr. Brüning «nb Neichsaußcnminister Dr. Curtius trafen gestern im Sonderzng der Hapag um 10,49 Uhr in Cuxhaven ein und begaben sich sofort an Vorö der „Hamburg". Am Amerika- Pier hatte sich eine stattliche Menschenmenge eingefunden. Als die Minister das Schiff betraten, mußte ein junger Mann, der einen beleidigenden Zuruf ausgestoßen hatte, von der Polizei abgeführt werden. Kurz vor 12 Uhr trat die „Hamburg" die Ausreise nach Southampton an. Die Minister werden heute nachmittag um 14 Uhr 43 auf dem Waterloo-Bahnhof in London ankommen. Der deutsche Botschafter Freiherr von Neurath stattete am Spätnachmittag des Donnerstag im Foreign Office einen Besuch ab. Es wird angenommen, daß dieser mit den Vorbereitungen für die Besprechungen im Zusammenhang stand.
Die Londoner Zeitungen bringen längere Berichte ihrer Berliner Vertreter zum Besuch in Cheguers. Die Times sagt, man sei sich in Berlin anscheinend darüber klar, daß die englische Einladung zwar der Ausdruck eines ehrlichen Wunsches sei, mit den führenden deutschen Staatsleuten in engere Verbindung zu kommen, daß aber der Besuch kaum irgendwelche sofortige greifbare Ergebnisse in -er Ncparationsfrage bringen könne. Daily Telegraph meint, Deutschland habe wohl von der Abreise des amerikanischen Botschafters nach Amerika zu viel erwartet. Jetzt habe Washington zu verstehen gegeben, daß es zu Zugeständnissen in der Kriegsschuldcnfrage nicht geneigt sei. Die Morning Post betont, baß Deutschland durch die Inflation sich aller inneren Schulden entledigt und seine Industrie besser ausgebaut habe als England. Deutschland stehe daher, sobald die Wirtschaftskrise vorbei sei, stärker da, als England. Außerdem trage der englische Steuerzahler eine größere Last als der deutsche. Schon ein Moratorium für Deutschland würde den englischen Haushalt schwer schädigen.
Botschafter von Hoesch informiert Briand.
Die Pariser Zeitung „Oeuvre" weiß von einer Unterredung des Botschafters von Hoesch mit Briand zu berichten und schreibt u. a., es stehe außer allem Zweifel, daß sich diese Unterredung auf Chequers bezogen habe. Der Botschafter habe Briand den Standpunkt der Reichsregierung über die Revision des Aoungplanes, die ja in England zur Sprache kommen werde, dargelegt. Es habe den Anschein, daß Dr. Curtius die Ansichten seiner Regie
rung bereits vor etwa 14 Tagen dem amerikanischen Botschafter in Berlin auseinandergesetzt habe. Briand soll, wie verlautet, sich zwar prinzipiell zur Mitarbeit und zur finanziellen Solidaritätshilfe bereit erklärt haben, soll aber dann die Debatte auf die Stahlhelm-Parade in Breslau übergeleitet haben. Derartige Kundgebungen, habe er erklärt, könnten die Zusammenarbeit nur erschweren.
Botschafter Gackett ans -er Rückreise «ach Deutschland.
Der amerikanische Botschafter Sackett hat an Bor- der „Europa" die Rückreise nach Deutschland angetreten. Er verweigerte jede Auskunft über seine Unterhaltungen mit Hoover und Stimson. Er bestritt auch, mit Brüning die Frage einer Suspendierung der Reparationszahlungen besprochen zu haben. Aus einem Telegramm Hoovers an Senator Smoot, den Vorsitzenden des Finanzausschusses, geht Hervor, -aß die zwischen den interessierten Negierungen gepflogenen Verhandlungen über die Einberufung einer internationalen Silberkonferenz ergebnislos abgebrochen wurden. Die Bemühungen scheiterten an der Weigerung Englands, sich an der Konferenz zu beteiligen.
Wie aus Washington gemeldet wir-, erklärte Unterstaatssekretär Castle, daß die Regierung der Vereinigten Staaten die Zusammenkunft von Chequers als reine private Unterhaltung betrachte. Das Staatsdepartement werde auch weiterhin die alte „Hands ofs"-Politik verfolgen, obgleich es die politischen Ereignisse in Europa mit großem Interesse beobachte.
Protestschrill in Paris
wegen der Ueberfliegnng der Nordseeinseln -nrch fran- zSfische Marineflugzeuge.
TU. Berlin, 5. Juni. Die Nachprüfung -er amtlichen Stellen hat ergeben, daß tatsächlich französische Marineflugzeuge die Nordseeinseln Borkum und Norderney überflogen haben. Die Flugzeuge befanden sich auf dem Wege nach den Niederlanden, wohin sie Einflngerlaubnis hatten. Die Ueberfliegungserlaubnis der deutschen Inseln war jedoch nicht eingeholt worden. Die deutsche Botschaft in Paris ist angewiesen worden, scharfen Protest gegen die Ueber- fliegung einzulegen.
Noch am Donnerstagabend erklärte man an amtlicher Stelle in Paris, von einer Ueberfliegnng der deutschen Nordseeinseln durch französische Flugzeuge nichts zu wissen.
Tages-Spiegel
Die dentsche« Minister werde« heut« nachmittag in London eintreffen. Briand wurde durch de« deutschen Botschafter i» Paris über die für Chequers geplaute« Borschläge unterrichtet.
»
Die Reichsregierung hat wegeu -er Ueberfliegung der Nord- feeinseln Borkum und Norderney durch französische Marineflugzeuge i« Paris Protest erhoben.
«>
Bon der bevorstehende« Enropareise des amerikanischen Staatssekretärs Stimson erwartet man ein« Jnangrisf- «ahme des Kriegsschuldenproblems.
»
Die Steuererhöhnnge» und Gehaltskürzungen durch die Notverordnung werde«, wie verlautet, am 1. Juli i« Kraft trete«.
»
Die R. S. D. A. P. hat die sofortige Einberufung des Reichstages zwecks Aufhebung -er Notverordnungen gefordert.
»
Ans dem Parteitag der S.PL>. in Leipzig «nrde der Partei» Vorstand in seiner bisherige» Zusammensetzung wiedergewählt.
An -er russisch-persische« Grenze kam es zu starken Erd» stößcn in der Nähe von Ashavad.
Slraßenunruhen in Essen und Mülheim
TU. Essen» 5. Juni. Der Polizeibericht meldet- „In der Nacht zum Donnerstag kam cs wiederum im Stadtteil Essen-West-Borbeck und in Se^^rvth zu planmäßigen Ausschreitungen kommunistischer Elemente, die mehrfach einen stärkeren Eiirsatz von Polizeikräften erforderlich machten. In der Nähe des Republik-Platzes, des Ehrenzeller Platzes und der Feltenstraße wurden die Beamten auch aus den Häusern mit Steinen und Blumentöpfen beworfen. In -er Altcndorfer Straße stürzten die Demonstranten einen Arbeitswagen der Straßenbahn um, der dort eine Störung beseitigen sollte. Als die Feuerwehr erschien, wurde sie mit Steinen beworfen.
Im Segeroth-Viertel wurden zahlreiche Straßenlaternen ausgelöscht und aus Pflastersteinen eine Barrikade gebaut. In -er Josef- und Matthiasstraße wurde das Straßenpflaster aufgerissen und ein Drahtseil über die Straße gespannt, um die Streifenwagen der Schutzpolizei zu gefährden, was jedoch nicht gelang. Insgesamt sind im Laufe der Nacht 40 Personen festgenommen worden, von denen 5 wegen Landfriedensbruch dem Richter vorgesührt wurden.
Auch inMüIheim a. d. R. kam es im Innern der Stadt zu einem schweren Zusammenstoß zwischen einer Reihe von Personen und der Polizei. Der Aufforderung eines Polizeibeamten, weiterzugehen, wurde keine Folge geleistet. Der Beamte bat darauf einen vorübergehenden Kollegen um Unterstützung. Als dieser ebenfalls zum Weitergehen ausfor- -erte, wurde er sofort von der Menge umzingelt, verprügelt und von hinten auf den Kopf gehauen, so daß er zu Boden stürzte und blutende Verletzungen davontrug. Das Ueber- fallkommando wurde herbeigerufen und es gelang, die Menge auseinanderzutrciben.
Der Europabesuch Slimsons
TU. Berlin, 5. Juni. Nach dem bisher ausgearbeiteten Programm wird der amerikanische Staatssekretär Stimson nach einer Meldung der „DAZ." aus Washington auf feiner Europareise am 21. Juli in Berlin eintreffen, wo er eine Woche bleiben wird, um Besprechungen mit deutschen Staatsmännern zu pflegen. Botschafter Sackett, der sich mit der „Europa" auf der Rückreise auf seinen Berliner Posten befindet, erhielt Weisung, Stimfons Berliner Aufenthalt vorzubereiten.
Do X auf dem Amerikaflug
DaS Flugschiff nähert sich der brasilianischen Küste.
TU. Neuyork, 5. Juni. Siach einer Meldung von der der brasilianischen Küste vorgelagerten Insel Fernando Noronha nähert sich die „Do. X" der südamerikanischen Küste mit einer mittleren Stundengeschwindigkeit von 160 Meilen. Die Landung der „Do. X" in Fernando Noron- h a wird um 2 Uhr MEZ. erwartet.
Porto Praia auf den Kapverdischen Inseln hatte gestern um 23L0 Uhr MEZ. Radioverbindung mit der „Do. X". Dabet wurde mitgeteilt, daß -er Flug zur vollste» Zufriedenheit verläuft.
Rückkehr der N.S.D.A.P. in den Reichstag?
Die Reichstagssraktion der N.S.D.A.P. fordert sofortige Einberufung des Reichstages
zwecks Aufhebung der Notverordnungen
TU. Berlin, 5. Juni. Die Reichstagssraktion der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei faßte am 4. Juni 1981 einige Entschließungen, in denen es u. a. heißt:
1. Der Terror marxistischer Mördcrbanden gegen Angehörige rechtsstehender Organisationen, insbesondere gegen Nationalsozialisten, hat in den letzten Wochen unter der Herrschaft der Notverordnung des Reichspräsidenten von Hindcnburg vom 28. März „zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen" jedes Maß überschritten. Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, daß sich in der deutschen Bevölkerung immer mehr die Ueberzeugung verbreitet, daß die sür die öffentliche Sicherheit verantwortlichen Polizeibehörden weder den Willen noch die Kraft haben, die marxistische Mordpest insbesondere durch Verfolgung der geistigen Urheber und Anstifter der Verbrechen lvgl. deren Parole: Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!) wirksam zu bekämpfen. Die. nationalsozialistische Reichstagsfraktion erachtet es für ihre Pflicht, den Reichspräsidenten von Hindcnburg und die Reichsregierung auf die hierüber von Tag zu Tag wachsende ungeheure Erbitterung nationaler Kreise aufmerksam zu machen, die sich schutzlos diesen Verbrechern ausgeliefert fühlen und macht sie für alle daraus mit Notwendigkeit entstehenden Folgen schon heute verantwortlich.
2 . Die Reichsregierung hat in der letzten Zeit abermals
eine neue volksfeindliche und verfassungswidrige Notverordnung vorbereitet, die neue Lasten auf das gequälte deutsche Volk häuft und sogar vor einer Verschlechterung der Lage der Aermsten der Armen, der Erwerbslosen und der Kriegsverletzten, nicht zurückgeschreckt, nur um weiter dem Tributmoloch Milliarden über Milliarden i» den uuersätt- lichen Rachen werfen »u könne«. —-
Die Reichstagsfraktion der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei legt gegen diese neuen angeblich der Sanierung der Reichsfinanzen dienenden Maßnahmen der Reichsregierung feierlich Verwahrung ein, weil sie nur zur weiteren Verelendung der werktätigen Massen des deutschen Volkes und zur völligen Vernichtung der deutschen Wirtschaft führen und verlangt zum Zwecke ihrer Aufhebung die sofortige Einberufung -es Reichstags.
Der Vizepräsident des Reichstages, der nationalsozialistische Abgeordnete Stöhr, erklärte in einer nationalsozialistischen Versammlung in Schwerin, daß zurzeit geplant werde, die Rücklagen der Angestelltenversicherung für andere Zwecke vom Reich aus zu beschlagnahmen. Das würde seine Partei mit allen Mitteln zu verhindern suchen. Wenn dieser Plan im Reichstage zur Sprache käme, würden die Abgeordneten der Rechtsopposition vorübergehend in den Reichstag zurückkehren, um die allein aus den Beiträgen der Mitglieder aufgebrachten Reserven der Angestelltenversicherung vor jedem unberechtigten Zugriff r» schützen.
*
Einberufung der Reichstagsfraktion -er SPD.
Der Vorstand der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion tritt, wie -er „Vorwärts" meldet, zur Beratung der durch die neue Notverordnung geschaffenen Lage am kommenden Mittwoch zusammen. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion ist für heute einberufen worden. Der Aeltestenrat des Reichstages, der über das Verlangen der Kommunisten auf Einberufung des Reichstages zu entscheiden hat, ist für Mittwoch oder Donnerstag nächster Woche i« Aussicht genommen.