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Nr. 124
Amis- unä Knzeigeblall für äen Oberamlsbezirk (alw
Montag, den I.Juni 1931
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Jahrgang 104
Die Verabredung der Notverordnung
voraussichtlich Mittwoch Unterzeichnung durch den Reichspräsidenten—Vor dem Antritt
der Englandreise
Tages-Spiegel
TU. Berlin, 1. Juni. Das Reichskabinett, bas am Sonntag nicht getagt hat, wirb die Beratung der neuen Sanierungsnotverordnung höchstwahrscheinlich heute beenden. Am Dienstag werden dann die Ministerpräsidenten -er Länder über die Einzelheiten der Notverordnung und die gesamtpolitischen Zusammenhänge unterrichtet werden. Die Notverordnung dürfte dann am Mittwoch dem Reichspräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt werden. Reichskanzler Brüning und Außenminister Curtius werden am Abend desselben Tages nach Che- quers abreisen. In unterrichteten Kreisen wird, wie die TU. erfährt, damit gerechnet, daß die Notverordnung während des Londoner Besuches veröffentlicht wird.
Wie bas „8-Uhr-Abendblatt" von unbedingt zuverlässiger Seite erfahren haben will, werden die «n die Notverordnung aufzunehmenden Zolländerungen mitrückwirkender Kraft— man spricht von dem Datum des 28. Mai — ausgcstattet werden.
Die Einigung über das Stenervereinheitlichungsgesetz
Der LanöcSausschuß der Bayerischen Volkspartei billigte das Ergebnis der Verhandlungen mit dem Reich über das Stenervereinheitlichungsgesetz in einer Entschließung, in der de/ Inhalt der Einigung erstmalig der Öffentlichkeit übergeben wird. Die Formel besagt:
Die Steuernotvcrordnung vom 1. Dezeinber 1930 soll in den Kapiteln „Grundsteuern" und „Gewerbesteuern" dahin geändert werden, daß den Ländern die eigene Zuständigkeit für die Regelung der Freigrenze, Besreinngsvorschristen und Meßzahlen belassen wird. Die Meßzahlen sollen lediglich an ei»c Höchstgrenze für die Besteuerung des Gewerbeertrages von über IS 000 NM. gebunden sein. Bei den Befreiungsvorschriften soll ein Einspruchsrecht des Reichssinanzministers nur dann bestehen, wenn die verfassungsmäßigen Voraussetzungen für eine Reichsgesetzgebnng gegeben seien. Di« Aenderung der Stcuernotverordnung erfolgt durch ordentliche Gesetzgebung. Das Rcichskabi- nett wird die entsprechende Vorlage vor dein Reichsrat und Reichstag vertreten.
Neichsfinanzminister Dr. Dietrich denkt nicht an Rücktritt
Auf die von der „Essener Allgemeinen Zeitung" verbreitete Nachricht von einem bevorstehenden Rücktritt Minister Dietrichs erklärt dieser, er sei im Hauptberuf Bauer und er sei erst im Nebenberuf Reichsfinanzminister und also jederzeit bereit und in der Lage, sich auf seinen badischen Besitz zurückzuziehcn, wenn die politische Lage einen Rücktritt fordere. Derzeit habe er keine Veranlassung und denke auch nicht daran, es sei denn, daß die Notverordnung, deren Entwurf er ausgearbeitet und ebenso dem Kabinett vorgelegt habe, nicht bis Mittwoch in der Form verabschiedet sei, die er dieser gegeben habe.
Auch nach diesem Dementi bleibt die nicht abzuleugnende Tatsache bestehen, daß offenbar im Lauf der nächsten Wochen
Skagerrak-Feier im Reichsmarineamt
Enthüllung einer Tirpitz-Gedenktafel.
TU. Berlin» 1. Juni. In Gegenwart des Reichspräsidenten vonHindenburg fand am Sonntag, dem IS. Jahrestag der Schlacht vom Skagerrak, im Festsaal des früheren Reichsmarineamtes eine Gedenkfeier statt. Der Chef des Stabes der Schlachtschiffe und erste Chef der Reichsmarine, Admiral von Trotha, gedachte in seinen Worten der unvergleichlichen Leistungen der Skagerrakkämpfer gegen die gewaltige englische Uebermacht zur See. Mit besonderen Dankeswortcn gedachte Trotha dann des Schöpfers der deutschen Flotte, des Großadmirals von Tirpitz. Im Anschluß hieran wurde eine von Professor Menzel im Namen alter Verehrer und Freunde geschaffene Büste des Admirals von Tirpitz durch Kapitän Wiedenmann enthüllt, die in den Räumen Aufstellung findet, in denen der Geist des Großadmirals jahrelang geivaltet hat. Der Chef der Marineleitung, Admiral von Raeder, nahm die Büste in Empfang und gelobte, sie im Andenken an den Schöpfer der kaiserlichen Flotte in treuem Gewahrsam zu hüten.
Die SPD. lagt in Leipzig
TU. Leipzig, i. Juni. Am Sonntag begann in Leipzig der Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Der NeichsparteiauSschuß hat eine Entschließung für den Parteitag vorbereitet, die den 9 Neinsagern bei den Panzerkreuzerabstimmungen im Reichstage die schärfste Mißbilligung ausspricht und der Fraktion für die Zukunft die Möglichkeit geben will, einen schärferen Abstim- Mungszwang durchzusühreu. Der Parteiausickuß Lat
einmal bei dem Essener Oberbürgermeister Dr. Bracht sondiert worden ist, ob er im Falle eines etwaigen Rücktritts von Dr. Dietrich geneigt sei, seine Nachfolgerschaft anzutreten.
Was wird Lhequers bringen?
Keine Zugeständnisse in Chcquers zu erwarte«.
TU. London» 1. Juni. Zu den kommenden Besprechungen in Chequers meldet der politische Korrespondent der „Sunday Times", daß Macdonald und seine Kollegen in der Reparationsfrage eine sehr feste Haltung einnehmen werden. Es sei viel wahrscheinlicher, daß man eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Handelsbeziehungen suchen würbe. Offenbar auf amtliche Anregung hin wirb erklärt, daß es für England außerordentlich schwierig, ja wahrscheinlich unmöglich sein werde, irgendwelche Zugeständnisse in der Reparationsfrage zu machen. England muffe daran festhalten, daß die bei ihm eingehenden Reparationen und interalliierten Schuldenzahlungen seine Zahlungen an Amerika deckten, damit der englische Haushalt durch die an Amerika fällige Summe nicht beeinflußt werbe.
Die „Sunday Times" weih von Plänen zur Einsetzung einer Art Ausschuß zu melden, der sich aus Wirtschaftlern zusammensetzen werde. Die Aufgabe des Ausschusses werde darin bestehen, die allgemeine Wirtschaftslage in Europa zu untersuchen und praktische Schritte zur Wiederbelebung der Wirtschaft zu tun. Dementsprechend werde man den Aufgabcnkreis des Ausschusses so weit wie möglich ziehen.
Neue Grenzverletzung in Baden
Französische Flieger über Sehl.
TU. Kehl, 1. Juni. Am Samstag vormittag gegen 10 Uhr erschienen nach den erst kürzlich vorgekommenen Grenzverletzungen abermals französische Flieger über badischem Gebiet. Etwa 40 Flieger waren von dem Straßburger Fliegerlager aufgestiegen, die in weitem Vogen über das Rheintal hinflogen und ihre Hebungen vollführten. Von den Flugzeugen befanden sich etwa 12 eine ganze Zeit lang über den Randgebieten der Stadt Kehl.
Die am Mittwoch auf dem Flugplatz Euren gelandeten französischen Militärflieger hatten sich am Samstag vor dem Amtsgericht in Trier wegen Paßvergehens und Verstoßes gegen das Gesetz über den Luftverkehr zu verantworten. Sie wurden zu 130 bzw. 100 Mark Geldstrafe, ersatzweise zu 15 bzw. 10 Tagen Gefängnis verurteilt. Die beiden Angeklagten nahmen das Urteil an, das damit rechtskräftig geworden ist. Der französische Konsularagent in Trier stellte ihnen die notwendigen Geldmittel zur Verfügung. Das Gericht erkannte gemäß dem Antrag des Staatsanwaltes auf die obengenannten Strafen. Die beiden Flieger find am Sonntag nach Frankreich zurückgekehrt.
sich auch gegen das Verlangen erklärt, bei -er Behandlung der Disziplinbruchfrage auf dem Parteitag ein Mitglied der Opposition als Gegenreferenten zu Wort kommen zu lassen.
Die formelle Eröffnung des Parteitages erfolgte durch den Parteivorsttzenüen, Reichstagsabgeordneten Wels. Er gedachte zunächst des verstorbenen Reichskanzlers Hermann Müller und richtete dann scharfe Angriffe gegen dieNatio - nalfozialisten. Der Begriff des Sozialismus werde von den Nationalsozialisten mißbraucht, die damit ihre reaktionären Ziele durchführen wollten. Hinter den Legalitätserklärungen der Nationalsozialisten verberge sich die nackte Reaktion und Volksfeindlichkeit. Die deutsche Sozialdemokratie werbe trotz allem siegen. Wenn die Nationalsozialisten etiva den Versuch machen sollten, die reaktionäre Herrschaft über dem deutschen Volk zu errichten, dann werbe die deutsche Arbeiterklasse den Kampf zu führen wissen mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln.
Unsere taktische Haltung nach dem 14. September, so erklärte Wels weiter, entsprach durchaus den Grundsätzen -er sozialdemokratischen Partei und der Arbeiterbewegung, die alles unternehmen muh, um die schwierigen wirtschaftlichen und politischen Probleme zu lösen. Wir stellen allerdings mit dieser Taktik die stärksten Anforderungen an die Disziplin, trotzdem stehen die Massen des arbeitenden Volkes zu uns und unsere Organisation wird von Monat zu Monat gestärkt. Die Politik der jetzigen Regierung ist nicht unsere Politik. sSehr wahr!) Wir haben nie einen Zweifel darüber gelassen, daß wir jede Verantwortung für die Handlungen der gegenwärtigen Neichsregierung ablehnen müssen. Das bezieht sich vor allem auf die Wirtschaftspolitik. Die hohen Reparationszah-
Das Reichskabinett will die neue Notverordnung noch vor Mittwoch verabschiede«, an welchem Tage die Unterzeichnung durch de« Reichspräsidenten erfolgen soll.
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Die Ministerpräsidenten «nd Finanzminister der Länder werde« morgen in Berlin die Vorschläge der Reichsregie» rnng beraten.
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Reichskanzler und ReichSanßenminister begebe« sich am Mittwoch abend ans die Reise nach England.
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In Leipzig trat gestern der Parteitag der S. P. D. zusammen, von dem wichtige Beschlüsse über die fernere Haltung -er Partei gegenüber dem Kabinett Brüning erwartet werden.
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Die österreichische Regierung wird trotz des Rücktritts des Jnstizministcrs im Amt bleibe«.
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Die Spannung zwischen Faschismns «nd Vatikan in Rom hat sich -nrch Verbote gegen die Verbände -er Katholischen Aktion erheblich verschärft.
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Die amerikanische« Flieger Leeds «nd Broßy haben den Weltrekord im Danerflug nm 9 Stunden überboten; sie befanden sich «nnntcrbrochen 84^ Stnn-en in der Lnst.
lungen, die Deutschland zu leisten hat, haben zu einer Verschärfung der wirtschaftlichen Not beigetragen. Die sozialdemokratische Partei hat niemals ein Hehl aus ihrer Anschauung gemacht, daß zuerst für Brot und dann für Reparationen zu sorgen ist. Wir dürfen für uns in Anspruch nehmen, eine weitere Herabsetzung der Ne- parationsabgaben und schließlich die Beseitigung dieser Last zu fordern, .damit Deutschland nicht nur auf dem Papier, sondern auch tatsächlich die Gleichberechtigung unter allen Völkern -er Erbe hat.
Zum Schluß setzte sich Wels mit dem Kommunismus auseinander und erklärte, daß dieser dem kapitalistischen System keinen Abbruch zu tun vermöge.
Kulturkampf in Italien
TU. Rom, 1. Juni. Mussolini hat als Innenminister sämtliche Präfekten Italiens angewiesen, den Verbänden der katholischen Aktion gegenüber das Gesetz über die öffentliche Sicherheit in Anwendung zu bringen. Die Präfekten haben im übrigen Las Recht der Auflösung der Vereinigungen nicht nur wegen Unterlassung geforderter Auskünfte; sondern wegen jeglicher Betätigung, die im Gegensatz zur nationalen Staatsordnung steht.
Wie verlautet, sind im Laufe des Samstags und Sonntags auf Grund des italienischen Polizeigesetzes bereits mehrere Verbände der katholischen Aktion aufgelöst und stellenweise die Archiv« beschlagnahmt worden.
Der Papst erklärte in einer Ansprache, er habe in den Beziehungen der Kurie zu Italien innner den ersten Schritt getan. Dessen ungeachtet sei gegen die katholische Jugend und die katholischen Studenten Gewalt angewandt worden. Er habe das Recht und die Pflicht, an das Konkordat zu appellieren und er habe in diesem Sinne diplomatische Schritte eingeleitet. Abgesehen davon müsse er als Bischof von Rom und Primas von Italien Protest erheben.
Schweres Unwetter über Berlin
TU. Berlin, 1. Juni. Am Sonntag abend tobte über Berlin ein schweres Unwetter, bas besonders in den nördlichen Stadtteilen großen Schaden anrichtete. Im Stadtteil Reinickendorf zerstörte ein überaus heftiger Gewitter- sturm die Dachstühle von 4 Wohnhäusern und brachte zahlreiche Gerüste an Neubauten zum Einsturz. Der Schaden ist noch nicht zu übersehen. Ueber dem Vorort Tegel ging ein schwerer Wolkenbruch nieder, der mit einem heftigen Sturm verbunden war. Zahlreiche Bäume auf den Straßen und der Chaussee nach Berlin wurden entwurzelt, so baß der an Sonntagen besonders starke Verkehr vollkommen unterbrochen war. Auf dem Schloßplatz in Tegel stand das Wasser zeitweilig über -4 Meter hoch. Soweit bisher bekannt geworden ist, sind Personen nicht zu Schaden gekommen.
Unwetter über dem Westerwald.
Am Freitag und Samstag gingen über dem Mittelrhein und Westerwald Gewitter mit wolkcnbruchartigem Regen und Hagelschlag nieder. Der angerichtete Schaden ist außerordentlich groß. Die Rebstöcke wurden von den Hagelkörnern »erschlagen. In verschiedenen Bezirken ist die Saat vollständig vernichtet. Stellenweise überflutete das Wasser die Straßen bis zu einem Meter hoch. In mehreren Ortschaften wnrde» durch Blitzschläge Brände verursacht.
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