I Erscheinungsweise:

I Däglich mit Ausnahme I äer Sonn- unä Zestlage

Anzeigenpreis:

,) im Anzeigenteil: äi« Seile 20 Soläpfennig«

d)im«eklameteil: öieSeil« 65 Sol-ipf-nntg«

Auf Sammelanzeigen kommen 5v°/o Zuschlag

Zur platzvorschristen kann keine Sewühr übernommen weräen

S»richt«stan<> für belcke r«Il« «st talw

Nr. 110

Amts- unä Knzeigeblatl für äen Oberamtsbezirk calw

»ALL

MW

Mittwoch, den 13. Mai 1931

Bezugspreis:

In äer Staät 40Soläpfennig« wöchentlich mit Trägerlohn Post-öezugsprei» 40 Solä- psennige ohne SestellgelL

Schluß äer Anzeigen­annahme S Uhr vormittag,

Zn Füll«» HSHrrer SiwaN brstrht kein Anspruch auf Lieferung 4«r Zeitung aller auf Nülkzahlung ,1er vezugspreises

Zernsprecher Nr. 9

verantwort!. Schriftleituna: Zrteärich Hans Scheele Druck unä Verlag äer A. Oelschlüger schen Suchäruckerei

Jahrgang 104

Die Kabinettsberatungen über Genf

Heute Abschluß der Vorbesprechungen Sanierungsreformen Anfang Juni Vorschlag eines internationalen Zahlungsaufschubs?

TU. Berlin» 13. Mai. Amtlich wird mitgeteilt: Das Neichs- kabinett setzte gestern vormittag unter Vorsitz des Reichs­kanzlers und in Anwesenheit des Reichsbankprüsidcnten die Erörterungen über die bevorstehende Genfer Tagung des Enropaansschusses und des Vvlkerbiindsratcs fort. Die Be­ratungen werden heute zu Ende geführt.

Es handelt sich bei den Beratungen ausschließlich um die Fortsetzung der Aussprache über die bevorstehenden Genfer Verhandlungen des europäischen Stndienkomitees und des Völkerbundsrates, über die Dr. Curt«us am Vortage ein­gehend berichtet hat. Die Beratungen der Reichsregierung über die Sanierung des Rcichshaushalts und der Sozialversicherungen werden erst nach Genf ausge­nommen werden. Bis dahin sollen die zuständigen RcssortS ihre Vorbereitungen treffen. Es verlautet, daß der Reichs­kanzler die Absicht hat, zur Verabschiedung der auf diesem Gebiet geplanten N e fo r m m a ß n a h m en die Zeit zwischen Pfingsten und der Abreise nach Cheguers, die auf den 4. Juni angesetzt worden ist, zu benutzen. In unterrichteten Kreisen rechnet man mit der Veröffentlichung einer entspre­chenden Notverordnung nunmehr für die ersten Tage des Juni, nachdem ursprünglich dafür Mitte Juni in Aussicht genommen war.

Internationaler Zahlungsaufschub?

Die Berliner Borsenzeitung gibt am Dienstag ein sich seit Tagen in politischen Kreise» erhaltendes Gerücht wieder, wonach die Reichsregierung in Verzicht ans eine Revision des Tributplans in absehbarer Zeit den Vorschlag eines sogen. Internationalen Kriegsschuldenzahlungs- anfschubes zur Diskussion stellen wolle. Man stellt sich darunter offenbar eine Vereinbarung zwischen den ehemals kriegführenden Staaten einschließlich Nordamerika vor, da­hingehend, daß für einen bestimmten Zeitraum, etiva von 5 Jahren, die wechselseitige Abzahlung der aus dem Weltkriege herriihrcnden Schulden ausgesetzt werden soll mit der Maßgabe, daß die gesamten Schnldcntilgnngsfristen von einem solchen Moratorium nicht berührt werden, baß also die Tilgungsfristen um die durch das Moratorium vorläufig ausfallenden Zahlnngsjahre einsach verlän­gert werden. Für Deutschland hieße dies, daß im Falle des Zustandekommens einer solchen Vereinbarung Deutschland die nächsten ö Jahre keine Reparationszahlungen zu leisten

TU. Madrid, 19. Mai. Nach einer neuen Mitteilung der Regierung ist auch in den Provinzen Mcrtaga, Alicante und Sevilla der Kriegszustand erklärt worden. In Sara­gossa hat die Polizei die Ordnung wiederhergestellt, ohne daß der Kriegszustand ausgerufen werden mußte. Der In­nenminister erklärte der Presse, daß 80 Kommunisten ver­haftet worden seien. Die Gouverneure sämtlicher Provinzen seien angewiesen, jeden Versuch der Ordnungsstörung mit aller Energie zu unterdrücken. Das Madrider Beispiel hat auch in der Provinz Nachahmung gefunden. In Alicante wurden 4 Klöster in Brand gesteckt. Dabei kam es zu Schießereien mit der Polizei, in deren Verlauf ein Arbeiter verwundet wurde. Auch in Malaga wurde ein Kloster eingcäschert und außerdem das alte Bischosspalais angezün­det, das ebenfalls ein Opfer der Flammen geworden ist. In Cordoba griff die Bevölkerung das bischöfliche Pa­lais an und bewarf es mit Steinen. Die Polizei konnte die Brandlegung noch rechtzeitig verhindern. In Granada sielen den Flammen 6 Kirchen und 2 Klöster z»m Opfer. 1 Kirche wurde mit Bomben gesprengt. In Malaga dauern die Plünderungen von Läden an, es wurde sogar ein An­griff auf eine Polizeikaserne versucht, der jedoch von den Polizisten mit der Waffe abgekehrt wurde. Mehrere Perso­nen wurden verwundet. Der Kardinal-Erzbischof von Se­villa hat als Vorsichtsmaßnahme die Räumung sämt­licher Klöster angeordnet.

Die Abcndpresse beziffert den Sachschaden, der durch di« letzten Unruhen entstanden ist allein in Madrid auf über 40 Millionen Peseten, für ganz Spanien dürfte die Summe von 10V Millionen nicht übertrieben sein. In einem Madrider Jesuitenkloster fiel eine der wertvollsten Bibliotheken mit 100 OM Bänden dem Feuer zum Opfer. In Sevilla verbrannte eine Menge wertvoller und seltener Bil­der. Auch in Malaga fielen große Kostbarkeiten dem Pöbel zum Opfer, so Ser berühmteChristus von Mena". die bi­schöfliche Sommerresiöenz bei Mnzcia wurde von der Menge

hätte, der Zjonngplan würde dann aber um 5 weitere Jahre verlängert werden.

Die Reichskasse zum Mai-Ultimo gesichert.

Wie derVorwärts" mitteilt, wird die Reichskaffe auch den Mai-Ultimo ohne Schwierigkeiten zu überwinden im­stande sei». Der Kassenbcdarf"soll bereits jetzt sichergestellt sein. Zum Teil scheint man, wie das sozialdemokratische Or­gan zu wissen glaubt, für kurze Zeit auf die Gelder zurück- grcifen zu wollen, die der Rcichspost aus ihrer neuen Schatz- anweisuugsbegebung zusließen, zum Teil scheinen andere Kredite, auch von Bankseite, beschlossen zu sein, die im übri­gen auch noch für den Juni-Termin eine Hilfe bieten werden. Im Juni wird man jedoch, wie derVorwärts" meint, eine größere Snmme an Schatzanweisungcn abfetzen müssen.

*

Der Reichsrat genehmigt die Verordnung über das Inkraft­treten des Milchgesetzes.

Der Neichsrat genehmigte am Dienstag abend die Ver­ordnung über das Inkrafttreten des Milchgesetzes sowie die Verordnung zur Durchführung dieses Gesetzes. Die Aus­schüsse des Reichsrates hatten beschlossen das Gesetz mit Aus­nahme des 8 38 am 1. Juni 1992 in Kraft zu setzen, da die Ausführungsvorschriften, die die Länder noch zu erlassen haben, eingehende Vorverhandlungen notwendig machen, aber gleichzeitig mit dem Milchgesetz in Kraft treten müssen. Aus­genommen hiervon wurde der 8 38 des Gesetzes, der die obersten Landcsbehörden ermächtigt, die Erzeugerbetriebe und milchbe- und verarbeitenden Betriebe zur Regelung der Verwertung des Absatzes von Milch und Milcherzeugnissen zusammenznschlicßen.

Landwirtschaftliche Melioration«» mid freiwilliger Arbeits­dienst.

Amtlich wird mitgeteilt: Im Reichsministerinm für Er­nährung und Landwirtschaft fand eiue Besprechung mit Ver­tretern der zentralen Meliorationskrebitinstitute statt über die Forderung von landwirtschaftlichen Meliorationen, die nach Ansicht des Brauns-Ausschusses zur Beschäftigung von Arbeitslosen oder für freiwilligen Arbeitsdienst geeignet sind. Es soll zunächst zur Heranziehung von Meliorationskrediten von den vorhandenen Zinsvcrbilligungsmitteln ein ver­stärkter Gebrauch gemacht werden.

gleichfalls in Brand gesteckt. In Sevilla hat sich das Volk bis zur Erklärung des Belagerungszustandes ebenso zügel­los benommen wie in Madrid. Eine große Anzahl von Flüchtlingen aus Cadiz, Sevilla und Malaga trafen am Dienstag in Gibraltar ein. Sie gaben anssührliche Berichte itber die kirchenfeindlichen Unruhen.

Einspruch des Vatikans in Madrid.

Der apostolische Nuntius in Madrid ist nach einer Mel­dung ans Rom vom Vatikan beauftragt worden, bei -er republikanischen Regierung über den ungenügenden Schutz der Kirchen und Klöster Einspruch zu erheben und die Be­strafung der schuldigen Personen zu verlangen. Der Schritt des apostolischen Nuntius wirb unter der Berufung aus das zwischen Spanien und dem Vatikan bestehende Konkordat erfolgen. U. a. fordert der Vatikan von der republikanischen Regierung, daß sie über die Vorgänge ihr Bedauern aus­spricht und Abhilfe in Aussicht stellt.

Moskau beglückwünscht.

Die Vertretung der spanische» Sektion -er Komintern hat an das Zentralkomitee der spanischen Kommunistischen Partei ein Telegramm gesandt, in dem den spanischen Kommunisten die Glückwünsche zum ersten Erfolg ausgesprochen werden.

Bukarest lenkt ein

Rumänien wünscht Wiederaufnahme der Handelsvertrags- Verhandlungen.

TN. Berlin, 13. Mai. Der rumänische Gesandte hat im Auswärtigen Amt den Wunsch seiner Regierung aus Wieder­aufnahme der deutsch-rumänischen Handelsvertragsverhand« lungen übermittelt. Auf diese Bitte hin ist ihm mitgeteilt worden, die Reichsregierung sei bereit, eine Entscheidung über die Wiederaufnahme der Verhandlungen nach Abschluß der Genfer Beratungen im Kabinett herbetzusühren.

Tages-Spiegel

Die Besprechungen des Reichskabinetts über die Genfer Fragen werde» heute abgeschlossen. In Berlin geht daS Gerücht um, die Regierung beabsichtige, an Stelle der Re­vision -es Nonngplanes einen internationalen Zahlnngs- anfschub z« beantragen.

-»

Der englische Außenminister Henderson hat seine Absicht, vor der Ratstagung in Paris Aufenthalt z« nehmen, nicht ver­wirklicht; er ist, ohne mit Briand zusammenzutrefsen, nach Genf dnrchgereist.

»

In Versailles findet morgen die Neuwahl des französischen Staatspräsidenten statt. Man rechnet allgemein mit einem Sieg Briands; Tardicu wiirdc in diesem Fall Anßcn- ministcr.

*

In mehreren spanischen Provinzen kam es wie in Madri- znr Zerstörung von Jesuitenklöstern', bemerkenswert ist, daß der Mob sich jeder Tätlichkeit gegen die Klosterinsasse« enthielt. An Knnstschätzen sind unersetzliche Werte zerstört worden.

*

Das LuftschiffGraf Zeppelin" hat gestern abend c-ne Lan» -ungöfahrt nach Berlin angetreten.

Völkerbund und Kriegverhiitung

Teileinignng im Genfer Ausschuß.

TU. Genf» 13. Mai. Im Sonderausschuß des Völkerbun­des für das internationale Abkommen über die kriegsoor- beugendeu Maßnahmen ist in einigen Punkten eine grund­sätzliche Einigung zustande gekommen. Der Ausschuß nahm den ersten Hauptartikel an, in dem sich die Staaten ver­pflichten, im Falle eines internationalen Streitfalles die Be­schlüsse des Völkerbundsrates nichtmilitärischen Charakters zur Beilegung des Streites im voraus anzuneh­men und durchzuführen. Ferner wurde beschlossen, daß der Völkerbundsrat verpflichtet sein soll, bei einem militärisch?n Einfall in fremdes Gebiet eine sofortige Zurückziehung der Truppen zu verlangen, während sich die Regierungen ver­pflichten, die Zurückziehung der Truppen vorznnehincn. In diesem Fall soll der Völkerbunbsrat eine Demarka­tionslinie festsetzcn, hinter die sich die Truppen zurück- znziehen haben. Die Kontrolle der vom Rat beschlv"en n Maßnahmen soll sich nach englischein Antrag nur ans die Festsetzung der Demarkationslinie, dagegen nicht aus eine Festellung der gegenseitigen Truppenbestänbe beziehen.

Schober über die Notwendigkeit der Zollunion

TU. Berlin, 13. Mai. Vizekanzler Dr. Schober ist am Dienstag abend nach Genf abgereist. Vor seiner Abreise äußerte er sich einem Pressevertreter gegenüber wie folgt:

In einer Schicksalsschweren Stunde trete ich heute die Reise nach Genf an. Ich weiß mich mit der Heimattreuen Bevölkerung Oesterreichs einig in Ser Erkenntnis, daß es höchste Zeit war, das Gewissen Europas auszurütteln. Das ist mit dem von der deutschen und österreichischen Negierung vereinbarten Pl' i einer Zollunion geschehen. Wenn es »och eines Beweises bedurft Hütte, daß nicht politische sondern wirtschaftliche Erwägungen unsere Schritte geleitet haben und baß es nicht eine Neberrnmpelung mit politischen Piä, nen war, als Oesterreich und Deutschland den Mächten Ihre Absicht mitteilten, Verhandlungen über eine Zollunion zu beginnen, so ist es die von der österreichischen Negierung so­eben mit schwerer Mühe abgewandte Katastrophe ihres größten Bankinstituts, die wohl und bas ist unleugbar die absolute Notwendigkeit einer wirklichen Hilfe für Oesterreich beweise. Die mir zugcwiescne Aufgabe, Europa davon zu überzeugen, ist geiviß nicht leicht. Trotz­dem zweifle ich nicht, daß der g e m e i n s a m e N o t s ch r c i Deutschlands und Oesterreichs verstanden iverden wird.

Ungetreuer Steuerbeamter

TU. Weimar, 13. Mai. Das Sonnebergcr Finanzamt teilt amtlich mit, datz der Ende der 20iger Jahre stehende, aus Magdeburg stammende verheiratete Steuerobcrsekrctär Fritz Jahnecke wegen Unregelmäßigkeiten fristlos und ohne Pen- sionsanspruch entlassen worden ist, nachdem er den verun­treuten Betrag -urückgezahlt hat. Jahnecke, der inzwischen ans Sonneberg verschivunden ist, hat fortlaufend Tagesgel­ber zu Unrecht liquidiert. Der Vorfall erregt in Sonneberg und in ganz Südthüringen großes Aussehen, zumal Jahn­ecke eine führendePersönlichkeitin der NSDAP, war. Er war Vorsitzender der Sonneberger Ortsgruppe und Redakteur des Beobachters für die Kreise Sonneberg »n- Hildbnrghanse».

Unruhen in den spanischen Provinzen

Kriegszustand über drei Provinzen verhängt Ungeheurer Sachschaden bei den Klosterzerstörungen Der Vatikan erhebt Einspruch