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für
calw
Nr. 105
Amts- unä Knzeigeblatt für äen OberamtsbezirL calw
Donnerstag, den 7.Mai 1931
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Jahrgang 104
Keine Einberufung des Reichstages
Ablehnender Entscheid des Ältestenrats — Der zweite Teil des Gutachtens
zur Arbeitslosenfrage
TU. Bcrlin, 7. Mai. Sm Aeltestcnrat -es Reichstages wurde gestern mittag -er kommunistische Antrag a»f sofortige Einberufung -es Reichstags gegen -ie Stimme» -er Antragsteller abgelehnt, nachdem von Staatssekretär Pün-er -ringend gebeten worden war, von einer Einberufung Abstand 4 » nehme«, zumal irgendwelche Pläne zu weiterer Kürzung der Beamtcugehälter ober a« soziale« Maßnahmen bisher in keiner Form Gegenstand von Kabinettsverhandlnngen gewesen seien.
Von sozialdemokratischer Seite wurde znm Ausdruck gebracht, daß eine Einberufung des Reichstags im gegenwärtigen Augenblick nicht zweckmäßig sei, weil bisher konkrete Vorlagen der Regierung nicht vorhanden seien. Weiter wurde von dem Vertreter der Sozialdemokratischen Partei die Negierung dringend ans ihre gesetzliche Verpflichtung zur Senkung des Brotpretses und zur Ermäßigung des Zolles hingewiesen. Es wurde bezweifelt, daß -!e jetzigen Ncgicrungsmaßnahmen ausreichten, eine Senkung des Brotpreises zu erreichen. Sollten sich diese Maßnahmen nicht in wenigen Tagen als wirksames Mittel zur Brot- preissenknng Herausstellen, so würde man erneut zur Einberufung des Reichstags Stellung zu nehmen haben.
Auch von allen andere» Parteien wurde -um Ausdruck gebracht. Laß eine Einberufung gegenwärtig unzweckmäßig sei, da gesetzgeberischer Stoff nicht vorliege. Alle Parteien behielten sich aber die Stellungnahme zu einer späteren Einberufung vor. Auch in außenpolitischer Beziehung war die Mehrheit übereinstimmend der Ansicht, daß die bevorstehenden Tagungen in Gens und in England eine außenpolitische Reichstagsanssprache zur Zeit untunlich erscheinen lassen. Die Nationalsozialisten und die Deutschnationalen hatten an der Sitzung nicht teilgenommen.
Der zweite Teil des Arbeitsnotgutachtens
Der zweite Teil des Gutachtens der Gutachterkommission zur Arbeitslosenfrage, der die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch Arbeitsbeschaffung behandelt, ist nunmehr veröffentlicht worben. Das Gutachten stellt Richtlinien
für die Ankurbelung der Wirtschaft auf und fordert hierfür weitgreifende Pläne und den Einsatz großer Mittel. Hierzu soll Auslandskapttal nach Möglichkeit herangezogen werden. Das Gutachten behandelt dann -ie Frage der för- derungswürbigen Arbeitsgebiete auf dem Gebiete der Energiewirtschaft, des Verkehrswesens, der Landwirtschaft und der Wohnungswirtschaft und beschäftigt sich dann insbesondere mit der Arbeitsbeschaffung unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel. Hier setzt sich das Gutachten für die Förderung -er deutsche» Gesellschaft für öffentliche Arbeiten ein und wendet sich gegen die Subventionierung privater Unternehmen. Die Kommissio« wendet sich endlich gegen die Einführung der allgemeinen Arbeitsdienstpflicht, die sie nicht geeignet zur Entlastung -es Arbeitsmarktes hält und empfiehlt statt dessen die weitgehende Förderung und Einführung des freiwilligen Arbeitsdienstes.
Dingeldey über den Kurs Brüning
Im Reichsausschuß für Handel und Industrie der Deutschen Volkspartei ergriff der Parteiführer Dingeldey das Wort zur politischen Lage. Wir sehen Heute, so sagte er, jetzt die Folgen der Irrlehren, die den einzelnen immer mehr von der Verantwortung weggeführt haben, so -aß sich -ie meisten nur als Angehörige des Bersorgungsstaates fühlen. Wir müssen das Volk wieder zu klarem privatwirtschaftlichem Denken zurückführen. Auf die politisch-pärlamentarischen Kräfte setze ich nur geringe Hoffnung. Wir können die Rettung nur darin sehen, daß Männer vorhanden sind, die bereit sind, ihren Weg aus eigener Verantwortung heraus zu gehen. Massenversammlungen können unser Schicksal nickt wenden. Entscheidend ist heute allein bas Zusammenwirken von Männern, die sich über die Diagnose und Therapie einig find. Die eigentliche Bewährungsprobe st ehtnochbevor. Die Maßnahmen werden sicher unpopulär sein, aber wenn das Volk die starke Hand in der Führung spürt, wenn es sieht, daß diese Maßnahmen gleichzeitig auch der Befreiung von den außenpolitischen Fesseln dienen, dann wird es aus eigener Neber- zeugung auch den Führern Raum geben.
Tages-Spiegel
Der Aelte^.mrat hat gestern den kommuuistischen Antrag auf Einberufung d«S Reichstags abgelehnt.
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Aus der Bo kl Versammlung des Deutschen Landwirtschasts» rates «urde in einer Entschließung ein Preisschntz für Biehwirtschast und Beredlnngsprodnkte gefordert.
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Der Reichs-Wasserftraßenbeirat, der in Heidelberg unter dem Borfitz des Reichsverkehrsmlnisters von Guörarb tagte» forderte de« AuSba« der Wasserstraße« bei besserer Finanzlage des Reiches.
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MS Gegenmaßnahme gegen die kommunistische Propaganda des russischen Senders sollen jetzt von deutscher Seite Rund» funkvorträge über Rußland gehalten werden.
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Frankreich hat ««»mehr doch -ie Einberufung -es Kontrolle ansschuffes für die österreichische Völkerbundsanleihe durchgesetzt, »m einer Zollunion Schwierigkeiten zu bereiten.
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DaS Luftschiff „Gras Zeppelin* wirb noch in diesem Fahr eine von der Hearst-Preffe finanzierte Polarforschungssahrt «nternehme«.
VereSelungsprodukt« gerade die deutschen Bauernwirtschaften zugrunde richtet und deshalb von keiner verantwortlichen Staatsführung länger vertreten werden kann."
Frankreichs Offensive gegen die Zollunion
Einberufung des Komtrollausschnsses für die österreichische BLlkerbuudsanleihe TU. Wie», 7 . Mai. Der Kontrollausschuß für die öfter« reichliche Völkerbundsanleihe von 1922 ist nach Mitteilung feines Voxfitzenden, des italienischen Staatsrates Broochi» für den 12. Mai nach Genf einberufen worden.
Die Einberufung des Kontrollausschusses gehört zu de» vielen von Frankreich veranlaßten Maßnahmen, die Las Zustandekommen der deutsch-österreichischen Zollunion behindern sollen. Der Kontrollausschuß darf nur dann eingreifen, wenn der Zinsendienst der Völkerbundsanleihe gefährdet ist. Das geschieht durch die Zollunion jedoch nicht. Die österreichischen Zolleinnahmen werden sich infolge der Zollunion sogar erhöhen. Ebenso ist anzunehmen, daß die Zollunion voraussichtlich eine Stärkung der österreichischen Wirtschaft mit sich bringt und so auch auf die Finanzen einen günstigen Einfluß haben wird. Man kann somit diesem französischen Manöver, das lediglich -er Kandidatur Briands bei der französische« Präsidentenwahl diene« soll, mit Ruhe entgegensehen.
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Krankreich lehut die deutschen Vorschläge ans Ber» ösfentlichung -er Rüstnngszisseru ab Die französische Regierung hat dem Generalsekretär des Völkerbundes eine Note znr Weiterleitung an -ie Mitglieder LeS VölkervundsrateS übermittelt, in -er zu den deutsche» Vorschlägen, auf uneingeschränkte Veröffentlichung -er gesamten gegenwärtigen Rüstungsziffern -er Länder als Grundlage der Verhandlungen der kommenden Abrüstungskonferenz Stellung genommen wird. Die französische Regierung lehnt in ihrer Note die deutschen Vorschläge ab und fordert, daß die Veröffentlichung der Rüstungsangaben auf Grund der vom Vorbereitenden Ausschuß ansgearbeitetz, Tabellen erfolgen solle.
Polarflug des „Graf Zeppelin"
Der amerikanische Zeitungskönig He«rst finanziert die Expedition
TU. Berlin, 7. Mai. Am Mittwoch ist zwischen dem Luft» schiffbau Zeppelin und der amerikanischen Hearstpress« ein Abkommen abgeschlossen worden, wonach mit dem „Graf Zeppelin" eine wissenschaftliche Expedition in -ie Polargegend unternommen wird mit dem ausdrücklichen Zweck, einen Versuch zu unternehmen, mit der von Sir Hubert Willi n s im „Nautilus" unternommenen Unterseeboots-Expedition in Verbindung zu treten und sie, wenn möglich, am oder in der Nähe des Nordpols zu treffen.
Dieser Flug wird ein Teil der wissenschaftlichen Luftschiffexpeditionen in -ie Arktis sein, die schon seit einiger Zeit geplant worden ist. Es ist beabsichtigt, de Frage zu klären, ob ein Luftschiff das geeignete Mittel ist, um Forschungsexpeditionen in der Arktis zu landen, zu finden und wieder aufzunehmen und Hilfe solchen Expeditionen zu bringen, die bereits unterwegs sind. „Graf Zeppelin" wird für den Notfall eine vollständige Polarausrüstung an Bord mitsühren» einschließlich Schlitten, Booten, Kleidung, Vorräten »sw.
8 oder 9 prominente Wissenschaftler und arktische Forscher, n. a. auch eine Fra«, werden an dem Fluge teilvekmen.
Tagung des Deutschen Landwirtschaftsrats
Minister Schiele zur agrarpolilischen Lage — Preisschutz für Biehwirtschast
und Veredelungsprodukte gefordert
— Berlin, 7. Mai. Im ehemaligen Herrenhause in Berlin trat am Mittwoch der Deutsche Landwirtschaftsrat, -ie Spitzenkörperschaft der deutschen Landwirtschaft als Gesamtvertretung der Landwirtschaftskammer zu seiner 81. Vollversammlung zusammen. Die Beratungen begannen mit einer geschlossenen Geschästssitzung. Bei öer Erstattung des Be- schüstsberichtes vermies Dr. Kutscher als Berichterstatter besonders auf den Stand der Verschuldung derdeut- schen Landwirtschaft, die bei Beginn -es Jahres bei einer Kreditbelastung von 11,6 Milliarden eine Zinslast von annähernd einer Milliarde bedingt und damit um mehr als ein Drittel über die Vorkriegsbelastnng hinausreicht.
Die öffentliche Vollversammlung des Deutschen Landwirtschaftsrates nahm nachmittags im Hauptsaal des ehemaligen Herrenhauses ihren Anfang. Unter den zahlreichen Gästen bemerkte man u. a. die Reichsminister Schiele, Groener und Trevira nus sowie den österreichischen Vizekanzler Hartleb. Nach Eröffnung der Sitzung beschäftigte sich Präsident Brandes mit den aktuellen agrarpolitischen Fragen. Dann sprach
Reichserniihrnngsminister Schiele.
Er verwies ans das neue Zollermächtigungsgesetz, nach dem die Reichsregierung ihre Mittel so einsetzen müsse, daß der Index der landwirtschaftlichen Erzeugnisse in ein angemessenes Verhältnis zu dem Index der landwirtschaftlichen Produktionserfordcrnisse gebracht werde. Das Großreinemachen auf dem deutschen Roggen markt sei agrarökonomisch mit Erfolg beendet. Man werde an der bisherige» Zollpolitik festhalten müssen. Auf die Dauer sei keine Volksernährung so teuer wie die von den internationalen Märkten abhängige. Zur gesunden Ausgleichung der Preisvcrhältnisse innerhalb der Volkswirtschaft gehöre die Hebung der Agrarpreise, wenn es nicht gelänge, -ie Produktionskosten, besonders den Industrie- und Lohnindex zu senken. Es komme für die Landwirtschaft nicht ans den absoluten, sondern auf den relativen Preis an.
Auf dem Gebiet der Vieh- und Veredelungs- Wirtschaft gehe man einer weiteren internationalen
UeberproLuktion und einem Preissturz entgegen. Die Milchwirtschaft stehe seit der Bildung -es Kabinetts ständig im Mittelpunkt des politischen Ringens. Den Schutz der Milchwirtschaft halte er für eine so elementare Forderung der sozialen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit, -aß keine Regierung von diesem kategorischen Imperativ einer gefunden Bauernpolitik abweichen könne.
Folgende Entschließung fand -Annahme:
„Die 60. Vollversammlung des Deutschen LandwtrtschaftS- rates hat der Reichsregierung eingehende Vorschläge unterbreitet, um die Rentabilitätsmögltchkeit -er deutschen Bauernwirtschaften msbesondere der Biehwirtschast sowie des Obst-, Gemüse-, Wein- «nd Gartenbaues endlich wieder Herrustellen. Diesen Vorschlägen ist bisher nicht entsprochen worden. Vielmehr hat die Wirtschaftslage der bäuerlichen Veredelungswirtschaft im letzten Jahre eine katastrophale Verschlechterung erfahren. Die der Reichsregierung durch den Reichspräsidenten übertragene und durch Artikel S des Aollermächtigungsgosetzes ausdrücklich bestätigte Verpflichtung, die Lebensmöglichkett der Landwirtschaft durch Angleichungen des Agrartndexes an -ie übrigen Indexe wiederherzustellen, ist gerade bezüglich der Haupterzeugnisse der bäuerlichen Wirtschaften bisher nicht erfüllt worden. Der Index der wichtigsten Erzeugnisse der bäuerlichen Viehwirtschaft liegt zur Zeit um mehr als 30 Prozent unter dem Index der Betriebsmittel. Dies« Tatsache ist für die deutsche Landwirtschaft, insbesondere ihre bäuerlichen Betriebe ganz unerträglich.
Der deutsche Landwirtschaftsrat fordert daher erneut mit größtem Ernst schleunige Maßnahmen zum wirksamen Preisschutz der Erzeugnisse -er Viehwirtschaft sowie der sogenannten Edelproduktion, insbesondere die sofortige Verdoppelung des Bntterzolles, der handelspolitische Bindungen nicht entgegenstchen, sowie -ie beschleunigte Durchführung der handelspolitischen Verhandlungen zwecks Lösung der Bindungen des Käsezolls, des Eierzolls und der wichtigsten Obst- und Gemüsezölle. Im Bewußtsein seiner Verantwortung macht der deutsche Landwtrt- schaftsrat darauf aufmerksam, daß der mangelnde Schub -er