Die Zolldeschliisse der Reichsregierung

Zu den Zollbeschlüffen -er Retchsregtcrung nehmen eine Bleihe Berliner Blätter ausführlich Stellung. Die Deut­sche Tageszeitung" bezeichnet die Beschlüsse als eine «Abschlagszahlung, als einen ersten Schritt, dem weitere in kürzester Zeit folgen müßte», wenn nicht auch hier wieder die unselige Halbheit übrig bleiben solle, die das Kennzei­chen der ganzen neueren Geschichte Deutschlands darstelle. «DieBossische Zeitung" sagt, die Zollbeschlüsse kenn- -eichnetcn sich ausgesprochen als ei» Kompromiß zwischen 'den Bestrebungen, eine Erhöhung der Lebensmittelpretse zu verhindern und den Forderungen -er Landwirtschaft nach einem Schuh vor ausländischer Konkurrenz. Der »Vor­wärts" schreibt, es sei bedauerlich, daß die Reichsregierung der ganz zweifelsfreien Notwendigkeit, Maßnahmen zur Senkung der überhöhten Brotpreise sofort zu treffen, mit Versprechungen und Worten zunächst ausgewichen sei. Die Regierung habe es sich selbst zuzuschreiben, daß die Wachsam­keit der Sozialdemokratie zunächst auch noch mit Mißtrauen gepaart sein müsse.

Die Haushallsorgen des Reiches

ISO Millionen Etatkürzung««.

Berlin, 1. Mai. DaS ReichSkabtnett wird «kommende Woche Maßnahmen beraten, um dem Defizit im Reichsetat 'zu steuern. Es handelt sich dabei vor allem um die Notwen­digkeit, für ungefähr 300 Millionen Einnahmeausfall eine Deckung zu finden. Davon werde« nach der »Börsenzet- tung" IM Millionen Mark durch die vom Kabinett beschlos­senen Agrarzollerhöhungen ausgeglichen werden, so daß nur noch rund IM Millionen durch KürzungundStret- chnng aller irgendwie entbehrlichen Fonds abgedeckt zu werden brauchen. Welche Vorschläge der Reichsfinanzmini­ster zu dem Ende dem Kabinett unterbreiten wird, steht noch nicht fest.

Eckener über den Allantikluftverkehr

In Paris erklärte Dr. Eckener deutsche« Pressevertre­tern, er sei nach Paris gekommen, um mit den zuständigen französischen Stellen Vorverhandlungen über eine deutsch- nordamertkanisch-franzöfische Zusammenarbeit für den 1083 geplanten regelmäßigen Luftschiffverkehr zwi­schen Deutschland und den Vereinigten Staaten etnzulei- ten. Vorläufig habe es sich nur um eine unverbindliche Fühlungnahme gehandelt, die sich in erster Linie auf einen Zwischenlandcplatz auf französischem Boden bezogen hätte. Die Besprechungen seien soweit gediehen, daß man demnächst mit offiziellen Verhandlungen beginnen könne. Da man wisse, - die transatlantischen Schiffahrts-linien alljährlich von etwa 200 000 Passagieren befahren würden, so könne man fest damit rechne», daß ein gewisser Bruchteil dieser Passagiere die Abkürzung der Ueberfahrt nach Nordamerika auf 2^3 Tage lebhaft begrüßen werde. Was die Verwirk­lichung des Gedankens eines regelmäßigen transatlantischen Flugzeugverkehrs anlange, sehe er, Eckener. vorläufig gar keine technischen Möglichkeiten. Das, wenn vielleicht auch unbequeme", so -och einzige Mittel für den rege! mäßi­gen Atlantik! nftverkehr sei auf lange Zeit hinaus das Luftschiff.

Zum Zeppelin-Polarflug sagte Eckener, vor­läufig seien die notwendigen Gelder für ein derartig groß­zügiges wissenschaftliches Unternehmen noch nicht vorhan­den. Doch habe er die feste Zuversicht, daß der Plan verwtrk- licht werde. Man interessiere sich in Amerika sehr für ein mögliches Zusammenwirken zwischen der von Wilkius ge­planten Expedition nach dem Nordpol und dem Zeppelinslug. Es sei also praktisch denkbar, daß sich eine gemeinsam Finanzierung der beiden Unternehmen ermöglichen ließe. Die deutsche wissenschaftliche Flugexpedition setze sich Niko­laus ll-Land zum Ziel. Doch wäre von dort aus ein Ab­stecher nach dem Nordpol nur eine geringe Mehrleistung von etwa 12 Stunden Hin- und Rückflug. Es wäre sehr interes­sant, wenn es gelänge, am Pol eine Verbindung »wischen den beiden Expeditionen herzustellen.

Madeira von Landungstruppen besetzt

TU. Berlin, 1. Mai. Der portugiesische Marineminister, der die Operationen der Regierungstruppen gegen Madeira leitet, teilt nach einer Meldung aus Lissabon mit, - die Regicrungstruppcn, ohne auf Widerstand zu stoßen und ohne die Hilfe der Kriegsschiffe in Anspruch nehmen zu müssen, auf Madeira gelandet sind und die im Operationsplan vor­gesehenen Stellungen bezogen haben.

Von der portugiesischen Regierung stirb 3 Infanterieregi­mente! und 3 Batterien aufgelöst, sowie 32 Offiziere im Zu­sammenhang mit dem Aufstand in Madeira entlassen wor­den.. Unter diesen befindet sich auch der Kommandant von Madeira, General Sonza Diaz.

Wieder Revolution in China

TU. London, 1. Mai. Der chinesische General Tschen Tschi Tang hat britischen Meldungen aus Schanghei zu­folge die Unabhängigkeit Südchinas von der Nankingregie­rung erklärt. Die Proklamation erfolgte im Namen der Provinzen Kwangtung, Fokien, Kweitschou, Hunan und Kwangsi. Die Erklärung schließt mit der Versicherung, daß die Ernennung einer revolutionären Regierung unmittelbar bevorstände.

Kleine politische Nachrichten

Reichsbahngerichtsentscheidung zugunsten Sachsens. Das Neichsbahngericht hat auf die Klage des sächsischen Staate» gcgen die Deutsche Reichsbahngesellichast entschieden: Die Deutsche Reichsbahngcsellschast ist nicht berechtigt, eine we- iLutitMe Äeudernua des jetziaeu Gebotes der Rcichsbahn-

direktion Dresden, wie die Zmoeifung oon Anschlüssen und Nebenanschlüssen der Leipziger Bahnhöfe ohne Zustimmung der sächsische» Regierung vorzunehme».

Der frühere Oberbürgermeister von «tslebeu zn S Mo­nate« Gefängnis verurteilt. Im Prozeß gegen den früheren Eislebener Oberbürgermeister Claus wurde vom Erwei­terten Schöffengericht Halle folgendes Urteil gefällt: Der Angeklagte Claus wird wegen Amtsverbrechen und Untreue zu einer Gefängnisstrafe von 9 Monaten und 40» Mark Geldstrafe verurteilt. Der Mitangeklagte, Kriminalkom­missar Prien wurde freigesproä-en.

D«r 1. Mai in Bra«uschn»eig nicht mehr gesetzlicher Feier­tag. Der Braunschweigische Landtag hat in namentlicher Abstimmung, den Gesetzentwurf, ob der I. Mai als gesetz­licher Feiertag in Braunschweig aufgehoben werden sollte, angenommen. Gegen die Vorlage stimmten nur die Sozial­demokraten und die Kommunisten.

Dr. Goebbels erneut verurteilt.

Die zweite Große Straf­kammer Berlin verurteilte in der Berufungsverhand- lung Dr. Goebbels unter Aufhebung des erstinstanz­lichen Urteils wegen Be­leidigung derReichs- regierungzu einerGeld- strafe von 1 000 Mark oder 50 Tagen Gefängnis.

Es handelt sich um einen ArttkelvomDezember192S imAngriff", in dem Mit- gliederderReichsregierung LandesoerräteramBolk"

bezahlte Büttel der Welt- sinanz" usw. genannt wor­den waren. Der Staatsan­walthatte gegen Dr. Goeb­bels 6 Monate Gefängnis beantragt. - Das Schöffen- gerichtCharlottenburg ver­urteilte Dr. Goebbels unter Freisprechung von der An­klage der Beschimpfung der jüdischen Religionsge­ineinschaft wegen öffent­licher Beleidigung in 3 Fällen und wegen öffent­licher Beleidigung in Tat­einheit mit übler Nachrede in drei Fällen zu 1 Monat Gefängnis und 1500 Mark Geldstrafe.

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Fortsetzung der deutsch-rumänische« Handelsvertragsver- handlnngen. Am 5. Mai werden in Bukarest die deutsch­rumänischen Handelsvertragsverhaudlungen fortgesetzt wer­den. Die deutsche Abordnung, die von Ministerialdirektor Posse geführt wirb, ist am Freitag nach Bukarest abgeretst.

Parlamentsanslösnn« in Rumänien. Das rumänische Parlament ist überraschend aufgelöst worden, nachdem Mini­sterpräsident Jorga festgestellt hatte, daß seine Versuche, die Mitarbeit der Parteien zu gewinnen, vergeblich waren.

Di« Sowjet-Gefahr. Der ungarische Landesvertei- öiguugsmiitister Gombös Hielt im Nationalklub eine Rede, tu der er ausführte, baß das auf bürgerlicher Grundlage aufgebaute Europa in tragischer Weise dt« Gefahren ver­kenn«, die die Sowjets bedeuten. Rußland ziehe eine Fugend heran, die die andere Welt nicht einmal mehr kenne. Wenn in Rußland der Fünfjahresplan verwirklicht werde, so werde die russische Industrie einen Grad erreichen, -er -er Armee Nutzen bringen nrerde. Die russische Arme« werde dann so stark sein, wie die polnische und rumänische zusammen.

Schutz der Handelsschisfahrt im Krieg«. In einem Vor­trag trat der englische Admiral Sir Richard Webb für die Herabsetzung der Tonnage der Linienschiffe auf 30 000 Ton­nen je Schiff und für die Erhöhung der Zahl der Linien- schtffseinheiten ein, da solche Schiffe den englischen Anfor­derungen zum Handelsschutze besser entsprächen. Im An­schluß an diesen Vortrag forderte Admiral Jellicoe, der eng­lische Flottenführer tm Kriege, ein internationales Ueber- etnkommen, durch das Flugzeugangrtffe auf Handelsschiff« in ähnlicher Weife wie -er UnterfeebootSkrte« verboten werden sollen.

Abriistnngsfeldzug in England. Um 11. Füll soll in Eng­land etn großer Abrüstungsfeldzng eingeleitet werden. Bei einer großen Kundgebung in London werden Ministerpräsi­dent Macdonalü, Balöwin und Lloyd George für die Ab­rüstung sprechen.

Spaniens Botschaft«« für Berli«. Der spanische Außen­minister hat mitgeteilt, d,:st für Professor America Castro bas Agrement als Botschafter in Berlin nachgestrcht worden sei.

Spanien will Rußland anerkenne«. Der Außenminister teilte mit, daß die spanische Regierung die diplomatischen Beziehungen zur Sowjetunion aufnehmen werde. Weiter erklärte er, daß -te Regierung keine Schwierigkeiten machen würbe, wenn Trotzkt seinen Aufenthalt in Spanien nehmen wollte.

Die Genfer Antwortnote an Moska«. Der Generalsekre­tär des Völkerbundes hat der Moskauer Regierung auf ihre Antwortnote auf die Einladung zu den Verhandlungen der Europakommiffion ein neues Schreiben übermittelt, in dem gesagt wird, daß die wirtschaftlichen Verhandlungen der Europakommission voraussichtlich am 2. Tag« der Ausschuß­arbeiten am 10. Mai beginnen werde.

Die Wirtschaftsentwicklung in U.G.«. Der Präsident der amerikanischen Handelskammer Butterivorth äußerte sich auf einer Delcgiertenversammlung der Kammer tn Atlantic-City sehr optimistisch über die wirtschaftliche Entwicklung tn den Vereinigten Staaten. Verschiedene Anzeichen deuteten darauf hin, daß die Depression im Schwinden sei. In zahl­reichen Jndustrieziveigen sei die Aufwärtsbewegung bereits deutlich wahrzunehme«.

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Das Explostonsunglück in Magdeburg

In der Sachariniabrik Fehlberg, List und Co., die i«, Nebenbetrieb in diesem kleinen zweistöckigen Gebäude Pa­tronen ^ur Vertilgung von Ungeziefer herstellt, ereignete sich bei der Verfertigung dieser Patronen die furchtbare Explosion.

10 Todesopfer der C.'rpt»,ionoräiarsin,e i>, .

Bon den mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingelieferten Arbeiterinnen der Sacharinfabrik sind zwei weitere gestorben, sodaß Sie Katastrophe im ganzen 10 Men­schenleben gefordert hat. Als Ursache des Explosions­unglücks ist Selbstentzündung festgestellt worden. Im Be­trieb für Schädlingsbekämpfung war der Mischungsvor­rat ausgegangc». Bei der Herstellung neuer Vorräte ist durch Selbstentzündung der Chemikalien die Explosion ent­standen.

Explosion in einer Schule

TU. Arier» (Kreis Sangerhausen), 1. Mai. Beim Chemie- Unterricht tn der hiesige» Volksschule ereignete sich ein fol­genschwerer Unfall. Es wurde vor den Kindern et» physikali­scher Vortrag über die Erzeugung von Gasen gehalten, wo­bet ein Sptrttusapparat explodierte. Die Lehrerin wurde leicht verletzt. Zwei Kinder erlitten leichtere, zwei weitere schwere Verletzungen (Brust- und Gcsichtsverletzungenj. Es handelt sich um 13jährige Mädchen.

Verbrechen und Unterschiede

Ein Berliner Geldbriefträger ermordet.

TU. Berli«, 3. Mai. Im Hause Gossvw-Straße 10 i« Schönberg wurde gestern vormittag ein Geldbrtefträger er­mordet aufgefunden. Er wies verschiedene Schlag- und Stichwunden am Kopfe auf und war bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Die t« der Gelbkaffe des Briefträgers befind­liche Summe von 6500 Mark ist geraubt worden.

Schwere Unterschlagungen eines StadtkämmererS.

TU. Landsberg «. Lech, 3. Mai. Der Letter der Städti­schen Sparkasse, Stabtkämmerer Ballenverger, hat schwere Unterschlagungen t« seinem Amte begangen. BtS jetzt ist etn Betrag von etwa 73 000 Mark als veruntreut festgestellt. Ballenberger ist geflüchtet. Er steht tm 51. Lebensiahr und war bereits seit 1003 in den Diensten der Stadt Landsberg tätig. _

Elly Beinhorn in Berlin

Die «frikafltegertn Elly Beinhorn Ist tm Heimathafen Berlin-Tetnpelhof eingetroffen. Tausende von Zuschauern hatten sich auf dem Berliner Flughafen Tempelhof etngefun- ben, um die Rückkehr Ser Afrtkafliegerin von ihrer 12 000 Kilometer langen Reise zu erwarten. Trotz schlechten Wet­ters harrte die Menge lange auf dem Flugfelds aus. Ei» Flugzeuggeschwader erwartete die Afrikafltegerin vor Ber­lin. Kaum hatte die Maschine der Fliegert» den Bode» be­rührt, da stürzten auch schon Hunderte von bevorzugten Empfangsgästen vor, um mit Blumensträußen Elly Bein­horn entgegenzueilen. Der Fliegerin erste Worte waren: Kinder, laßt doch mein Flugzeug zufrieden." Als erster kam der Retchsverkehrsminister zu Wort, der die Fliegerin zu ihrer erfolgreichen Expedition beglückwünschte. In kurzer Folge folgten die übrige» Begrüßungsansprachen der Spitzen der Luftfahrtverbänbe, der beteiligten Firme» usw. Es schloß sich dann im Gebäude des Flughafens ein Empfang durch die Berliner Flughafengesellschaft und durch den Aero­klub von Deutschland an.

Wassernot in Arabien

TU. London, 1. Mai. Nach Meldungen aus Vasra sind Hunderte von Nomaden in den Steppengebieten Siidsyricns und Zentralarabiens infolge der Trockenheit verdurstet. Große Viehherden sollen eingegangen fein. Infolge der Trockenheit sind viele Quellen vollständig versiegt. Man be­fürchtet, daß nur die Nomadenstämme, die bereits die tiefe­ren Quellen oder die noch wasserführenden Flüsse erreicht haben, den Sommer überstehen werden. Die Negierung ist aufgefordert worden, Wasserfässer und Getreidesäcke auf Lastkraftwagen zu den Stämmen zu entsenden oder aber m die weiter entfernt liegenden Gebiete einen Flngzeugtrans- port ein»»rickten, um der Not der Nomaden zu steuern.