Erneute Haushaltsschwierigkeiten des Reiches
Die Regierung Brüning tritt tu ihre» entscheidenden Lebensabschnitt. Bvn einem Reichstag, der sich nicht mehr für fähig gehalten hat, in dieser Zeit eine sachlich ungetrübte, den dringlichsten Dascinsnotwendigkeiten ahne parteipolitische Sondcrivünsche gerecht werdende Mitarbeit zu leisten, bekam bas Kabinett die Ermächtigung zu selbständigem Vorgehen -für die Bekämpfung der ungeheuren ivirtschafts- und finanz- poltttsche» Schwierigkeiten, unter denen wir.augenblicklich leben muffen. Im Reich vollzog sich also der gleiche Vorgang wie bei den großen Gemeinden, deren Parlamente für die praktische Arbeit ebenfalls aus parteipolitischen Gründen versagte», nicht den Mut anfbrachten für eine Hanshaltsanf- stellung, die sich an die tatsächlich zu erwartenden Einnahmen hält, und den Staatökommiffaren die Unannehmlichkeiten der Verantwortung überließen. Was den Haushalt des Reiches betrifft, kann man einen entschiedenen Abwehrwillen gegenüber der verhängnisvollen Aufstellung papierener Haushaltsausgleiche, die von der Wirklichkeit sofort umgeblasen werden, beobachten.
Aber dieser Wille, der zu einer scharfen Kehrtwendung etnsetzte, brachte es doch nur zu einer sehr gelinden, übermäßig bescheidenen RichtungSverschicbung. Parteipolitische Empfindlichkeiten bremsten auch hier wieder den schönen Schwung. Infolgedessen wiederholt sich trotz aller Vorsorge, trotz entschiedener Haltung ivenigstenS vereinzelter Parla- mentsgruppcn, die sich -um Teil mit ihrem Willen zu einer gemeinnützigen Politik burchrangen, das gleiche Bild wie bei den früheren Haushalten. Deutschland, das Musterland der Organisation, bringt cs nicht fertig, einen wirklich brauchbaren Haushalt aufzurichten. Auch in diesem Jahre zeigt sich, daß der Haushalt, der zum 1. April wirksam geworben ist, nicht einmal den Mai erreichte, ohne in Nöte zu geraten. Ebenso wie in den Vorjahren märe auch jetzt wieder die Notwendigkeit für den Reichsftnanzminister entstanden, mit einem geschwollenen Bündel unerfreulichster Nachtragssteuern hervorzutreten. Mit denen wir dann knapp in den Juni reichen würben!)
Das rasche Versagen auch des neuen Haushalts, des ersten nach dem Kriege, der mit einiger Rücksicht auf den Steuerzahler ausgestellt nwrden ist, ergibt sich aus dem Zurückbleiben der Einnahmen hinter den Voranschlägen, obwohl diese de» Vvrjahrserfahrungen angepaßt worden sind. Trotzdem bringt bas deutsche Volk mit vollkommener Sicherheit trotz der rücksichtslosen Handhabung der Finanzgesetze noch weniger Steuern auf als im Vorjahre. Obendrein ist eine wirkliche Senkung der Steuerlasten auch noch gar nicht eingctrcten. Es nützt der Wirtschaft und dem Einzelnen ganz und gar nichts, daß im Neichshaushalt einige bedeutende Ausgabeposten gefallen oder ermäßigt worden sind, wenn sie in den Haushalten der Länder und Gemeinden oder im Haushalt der Wirtschaftsunternehmnngen und des Arbeitnehmers selbst in Form von erhöhten Abgaben wieder erscheinen.
Die Gesamtfrage wird nun erneut ausgerollt durch den verschärften Einnahmcausfall der Finanzämter. Zur Erzielung des Haushaltsausgleichs mutz nun etwas geschehen.
Staatshilfe für die Gemeinden in Preußen
TU. Berlin, 36. April. Der Preußische Staatsrat nahm am Mittwoch abend einstimmig den Jnttiattvgesctzcntwurf an, wonach sich der preußische Staat im Rechnungsjahr 1S3l mit einem Betrag von 256 Millionen NM. an den Kosten der Arbeitslosenfürsorge beteiligen soll. Die Mittel sollen auf die Bczirksfürsorgeverbände verteilt werden
Ohne Säumen! Der übliche Weg zur Steuervermehruug bleibt in diesem Jahre verschlossen. Die Regierung steht vor der Notwendigkeit, die Ermächtigung -es Parlaments zu einem Haushaltsausgleich durch weitere Ersparnisse ivahr- zunohmcn. Das Recht der Ausgabcnkürzung, soweit es -er Reichstag gewährt hat, erstreckt sich jedoch nur auf die nicht- gesetzlichen Ausgaben, also beispielsweise nicht auf Beamtengehälter, Versicherungszuschüsse, Reuten, Pensionen und ähnlich festliegende Posten. Wenn bi« Regierung auch hier zu- gretfe» will, so bleibt ihr nur eine vom Parlament noch nicht gebilligte Notverordnung. Es ist müßig, die Krage aufzuwerfen, ob die Not schon so groß ist, daß auch an Beschränkung der gesetzliche» Ausgaben nicht mehr vorbetzukvmmen ist; denn niemand würde heute außergewöhnliche Maßnahmen noch als überraschend empfinden; im Gegenteil, eine reibungslose Abwickelung der Schwierigkeiten würbe Erstaunen, freudiges Erstaunen auslösen.
An diese Freude wagt aber niemand zu denken, obwohl der Neichsfinanzminister neuerdings von einer Ueberwin- dung des Tiefpunktes der Krise gesprochen hat. Er wußte dafür auch nichts Beweiskräftigeres anzuftthren als den Rückgang der Arbeitslosigkeit um wenige Hunderttausend, ohne gleichzeitig erklären zu können, daß diese regelmäßige Wirtschaftsbelebung des Frühjahres etwa kräftiger als in anderen Jahren ausgefallen sei. Wir wissen, baß davon nicht gesprochen werden kann, daß insbesondere der Baumarkt so still bleibt wie niemals seit vielen Jahren, und daß also der schwachen Loslösung vom Tiefpunkt der Krise noch lange nicht die Bedeutung eines dauernden Auftriebes zukommt.
Die Ueberwindung der Arbeitslosigkeit erfordert denn auch die volle Kraft der Regierung, die auch auf diesem Gebiete vom Reichstag allein gelassen worben ist. Der Verlauf der Beratungen des Ausschusses unter dem früheren Neichsarbeitsminister Brauns berechtigt nicht zu der Erwartung, daß irgend etivas Durchgreifendes geschehe» wirb und überhaupt geschehen kann. Eine Beschaffung von Arbeitsplätzen für fast fünf Millionen Menschen wird sich während der Dauer der durch die Weltwirtschaftslage noch verschärften Binnenkrise als unmöglich Herausstellen. Die Nnter- haltsmittel für die zur Erwerbslosigkeit gezwungenen Männer und Frauen lassen sich in absehbarer Zeit aus den schmaler »nd schmaler werdenden Einkünften der schwindenden Zahl der Erwerbstätigen, ebenfalls bestimmt nicht mehr für den augenblicklichen Untersttttzungsumfang gewinnen.
Die Negierung steht jetzt vor der Anwendung des letzten Mittels, der Revision der Verträge. In der Eingabe einer großen Beamtenvereinigung wurde bereits zum Ausdruck gebracht, daß die Tributzahlungen nicht mehr den Vorrang vor inneren, lebensnotwendigen Ausgaben haben dürfen. Die betreffende Organisation bleibt damit auf dem Boden der Tribntverträge selbst. Diese enthalten die klare Bestimmung, daß eine Senkung des Lebensstandards des deutschen Volkes vermieden werden muß. Wenn bisher Ziveckmäßigkettsgründe für die Herausschiebung des letzten Schrittes Vorgelegen haben, so zwingt uns jetzt die Not »um raschen Handeln.
und zwar einmal nach der Zahl der Wohlfahrtserwerbslosen in den Fürsorgeverbänden, und zum andern nach dem Bedarfssatz, der unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse durchschnittlich für den einzelnen Unterstützungsfall festgesetzt wirb. Das Gesetz soll rückwirkende Kraft ab 1. April d. I. erhalten.
Mit dem Gesetzentwurf zugunsten der Erwerbslofenunter- stützung, die den Gemeinden obliegt, hat der Staatsrat zum
erstenmal von dem Recht, ei» Jnitiativgcfetz vorzulegeu, Gebrauch gemacht. Der Staatsrat steht die Lage der Gemeinden und Gemctndeverbände so ernst an, das, er ein sofortiges Handeln für geboten erachtet hat.
Reichsbankpräsidenl Luther zur Lage
— Berlin, 30. April. Auf der Generalversammlung -er Rcichsbank befaßte sich Dr. Luther mit der allgemeinen Wirtschaftslage und vor allem mit der Golb-undNepa rativusfrage. Nicht die Goldwährung sei falsch, sondern die Verteilung des Goldes. In Deutschland sei der für Währungszwccke zur Verfügung stehende Goldbestand von 64 Mark im Jahre 1S13 auf 36 Mark im Jahre 4M» je Kopf der Bevölkerung zurttckgegangen, während z. B. in Frankreich dieser Goldbestand im gleichen Zeitraum von 186 Mark auf 314 Mark und in den Vereinigten Staaten von 86 auf 161 Mk. gestiegen sei.
Hanptursache dieser Goldverschiebungen seien die deutschen Reparationszahlungen und die internationalen Krtegs- schnldenzahlungen. Solange diese Zahlungen andauerte», wäre es wirtschaftlich vernünftig, von den Empfängerländer« her einen natürlichen Ausgleich der Zahlungen durch Einfuhr ausländischer Wertpapiere oder durch langfristige Anlage der Zahlungöüberschüsse im Ausland herbeizuführen. Das geschehe jedoch nicht. Der Ausgleich werde vielmehr größtenteils Lurch Gvldeinfuhr vollzogen. In einer Zeit, wo die ganze Welt und besonders Deutschland nach langfristigem Kapital Hunger leide, entziehe man dem Lande, das es am nötigste» gebrauche, nicht nur durch die Reparationsleistungen das Kapital, sonder» verhindere obendrein aus politischen «nü anderen Gründen, daß dieses Kapital sich weiter als Kapital zur Befruchtung der Weltwirtschaft betätige. So sei ein beträchtlicher Teil des Weltgoldbestandes seiner natürlichen Tätigkeit entkleidet.
Durch die politischen Zahlungen werde ein dauernder Störungsgrund in die internationalen Wirtschaftsbeziehungen hereingebracht. In Deutschland liege die durch die kurzfristige Auslandsverschuldung begründete Sorge vor weiteren uncrivarteten Goldentztehungen als lähmender Alp auf der Wirtschaft. Nur so seien die Schwierigkeiten zu verstehen, vor denen die Reichsbank bei der Beschaffung der für die Reparationszahlungen erforderlichen Devisen sich fortgesetzt befinde.
Zur allgemeinen Wirtschaftslage sagte der Reichsbankpräsident: Die geringe Belebung der Wirtschaft in den letzten Wochen sei über das saisonmäßige Maß nicht hinausgegangen. Die Verminderung der Erwerbslosigkeit bleibe sogar hinter dem Vorjahr zurück, allerdings nicht unerwartet und im Zusammenhang mit der Witterung. Nur aus der Erkenntnis des Ernstes der Lage werde sich die Bereitschaft für die weiteren Maßnahmen ergeben, die zur inneren Kräftigung Deutschlands ergriffen werden müssen. Soweit sich die Lagerbestände erschöpfen, sei mit einer allmählichen Erleichterung von Konsumgütern zu rechnen. Schließlich sei das Bertrauen im In- und Ausland zur Stetigkeit der deutschen Verhältnisse erkennbar gewesen.
Petroleumbrand in Texas
TU. Rcwyork, 36. April. In Glaöewater lTeMsj hat der Brand einer Petroleumquelle 14 Tote und 12 Verletzte gefordert. Das Petroleum sott sich durch Funkenflug entzündet haben. Die Flammen schossen haushoch empor. Einige Arbeiter, die in der Nähe der Quelle beschäftigt ivaren, wurden von den Flammen erfaßt und liefen als brennende Fackeln umher, ohne daß ihnen von den zahlreichen Zuschauern Hilfe gebracht werden konnte.
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Hilde Gerboths eben noch strahlendes Antlitz verfärbte sich.
„Wie kommst du darauf, Vater? Hat etwa . . .?
„Na, Hilde, Franz Hilgers hat soeben bei mir um dich geworben, um die Erlaubnis gebeten, sich dir erklären zu dürfen, nachdem er dich ja schon lange liebt — und er wartet nun drunten und harrt auf deine Entscheidung."
„O mein Gott . . .!"
Gequält kam es von ihren Lippen. Tiefste Niedergeschlagenheit malte sich in ihren Zügen. Da sah Gerboth sie ernst an.
.Fkommt dir dieser Antrag denn so überraschend? Ich halte immer gemeint, du wüßtest, wie es um Franz stand."
Eie blickte vor sich hin, die Augen am Boden, in schwerster Bedrücktheit.
Da drang er weiter in sie.
„Hast du denn wirklich nie an diese Möglichkeit gedacht?"
„Doch — bisweilen wohl. Aber, ich weiß nicht — ich sehe das jetzt so ganz anders. Und ich glaube — wenn ich mich recht prüfe - ich habe in Franz doch wohl immer eigentlich bloß einen brüderlichen Freund gesehen. Und nun das. . .!" In erneuter Pein trübte sich ihr Antlitz. Dann aber hob sie in plötzlichem Entschluß den Kopf: „Nein. Vater — ich kann Franz Hilgers nicht heiraten!"
„Warum nicht, Hilde?"
„Ich liebe ihn nicht, und —"
„Sprich weiter, rückhaltlos."
„Ich kann auch nicht sö zu ihm auffehen, wie man es doch zu seinem Mann muß."
„Wie kannst du das sagen? Ist er nicht ein lauterer und reiner Mensch — zuverlässig wie kein zweiter?"
„Das alles ja — aber so ohne Kraft und Willen. Ich kann wohl gut zu ihm fein. Freundschaft mit ihm halten — aber ihn lieben? Nein!"
Karl Gerboth sann eine Weile nach, dann sagte er milde:
„Mein gutes Kind, das sind auch so verhängnisvolle Irr- tümer der Jugend, falsche Ideale, die schon viel Leid angerichtet haben. Als ob es immer di« große Liebe sein müßte! Glaub' mir's, der ich doch das Leben kenne — gerade die Ehen, die mit himmelstürmender Liebe geschlossen werden, sie enden meist kläglich im Staube des Alltags. Man fliegt eben nicht ungestraft zur Sonne empor. Der Sturz mit zerbrochenen Schwingen ist die unausbleibliche Folge. Gerade solche Naturen, die sich an-
zieher. mit leidenschaftlicher Gewalt, prallen nachher auseinander in um so härterem Kampf. Eine Ehe dagegen, die sich aus einer ruhigen Freundschaft entwickelt, hat weitaus mehr die Anwartschaft auf das wahre Glück, jenes stille, schöne Miteinander, das der Seele den Frieden bringt. "
„Ach. Vater —und es legte sich schwer auf ihre junge Brust — „diese Stille, ist sie nicht wie die des Friedhofs? Nein, nein, und könnte es nicht anders sein, wäre das Glück, wie ich es mir denke, wirklich nur zu erringen mit Schmerz und Wunden, l dann doch lieber so, hundertmal lieber — aber man weiß doch, 1 daß man lebt!"
Karl Gerboth sah die Tochter an, mit einem geheimen Erschrecken. So leidenschaftlich hatte er sie noch nie gesehen. War das sein ruhiges, verständiges Kind?
„Hilde, was spricht da aus dir? Das bist nicht du. Etwas Fremdes ist in dir. Marr höre ich. Das ist Geist von seinem Geist — Hilde, du liebst diesen Mann!"
Sie verfärbte sich, so jäh, daß im Augenblick alles Blut aus ihrem Antlitz wich. Ihr war, als zerrisse bei diesem Wort plötzlich drinnen bei ihr ein Vorhang, der ihr selber bisher noch das L»hte verhüllt hatte. Mit einemmal begriff sie: darum diese quälende und doch so süße Unruhe in ihr, diese Ausstörung ihres Innersten — wie ein stetes Nachzittern jenes wonnesamen Er- schouerns, als seine Hand sie berührt hatte. Nun verstand sie das alles. Ja — sie liebte Marr! Der eigene Vater war es, der ihr diese Gewißheit gab. Da hob sie den Blick zu ihm auf, klar und offen, wie sie ihn stets angeblickt hatte ihr ganzes Leben lang. Doch ein Etwas stand darin, das Karl Gerboth nun zum erstenmal sah — etwas, das sie wunderbar verschönte. Ein Leuchten, so stark und hell und von heiliger Reinheit, während sie nun sprach — ganz eigen, wie in einem großen Wachwerden:
„Ja, Vater — es muß wohl so sein, wie du sagst. Ich liebe Günter Marr. Nur daß ich es selber nicht wußte bis zu dieser Stunde."
Es ergriff Karl Gerboth seltsam, trotzdem er doch diese Erklärung eigentlich längst erwartet hatte. Ein heftiger Schmerz, Selbstvorwürfe, Angst und Sorge drangen auf ihn ein, und doch — immer wieder sah er nun dies verklärte Leuchten in ihrem Antlitz. Ueber ihre Kindesseele war die Hoheit des liebenden Weibes gekommen. Das uralte, urewige Wunder, vor dem auch er nun wieder stand in einem ehrsürchtigen Schweigen, wie bitter auch in seinem Herzen all die Narben noch einmal ausbrannten.
So verharrte er eine Weile wortlos; dann aber griff er nach ihren Händen.
„Mein liebes gutes Kind — du glaubst ihn zu lieben. Und ich versteh« das auch. Aber du täuschst dich wohl über die Tiefe und Dauer dieses Gefühls. Es ist ein Schwärmen — und es wird vorübergehn. Bald wird Marr fort sein, und dann, wenn du nicht mehr unter seinem Ban« stehst, dann wirst du wieder
alles anders sehen, die Dinge hier, uns alle und auch Franz Hilgers. Wirst ihn betrachten, wie du ihn doch zwei Jahre lang gesehen hast, mit einer herzlich warmen Zuneigung, nenne sie getrost vorerst Freundschaft, sie wird schon zur Liebe reifen — es ist mir nicht bange drum, keinen Augenblick — reifen zu dem wahren Glück der Ehe. wenn ihr erst beide Mann und Frau seid."
Seine Frau — es zu denken in diesem Augenblick, wo ihr« Seele ausgefüllt war, so ganz von einem anderen! Wie ein Entweihen war es. und alles an ihr empörte sich dawider. Erregt rief sie aus: ^
„Ouätt mich nicht — ich kann nie Franz Hilgers Frau werben!" .
Gerboth erkannte: er durste jetzt nicht weiter in ste dringen, wollte er nicht alles verderben. Das saß doch tiefer, als er gedacht hatte. Da hieß es denn Geduld haben, mit der Zeit rechnen, die würde das Ihre dazu tun. Begütigend sagte er denn nun:
„Kind, wer will dich quälen? Kennst du mich so wenig? Nie würde ich dich doch zwingen zu einem solchen Schritt. Ueberzeu- gen möchte ich dich freilich wohl, zu deinem eigenen Besten. Aber da es dich erregt gut, so seh' ich auch davon ab. Obgleich es mir schwer wird. Dort unten wartet Franz Hilgers voll freudiger Erwartung, die ich selber ihm erweckte und nun muß ick ihn so enttäuschen." ,
„Ich kann ihm nicht helfen - wie leid er mir auch tut.
„Ja, da bleibt denn natürlich nichts anderes: ich muß ihm offen zeigen, wie es steht."
„Bitte, tu das, Vater. Und sag ihm: meine Freundjcba^ meine schwesterliche Zuneigung, sie ist ihm sicher nach wie vor
Gerboth nickte nur.
„Damit wird er allerdings wohl nicht viel anzulangen wissen", und mit einem starken Unbehagen trat er seinen peinlichen Gang an.
Drunten durchmaß Hilgers die Diele mit steigender Unruhe. Wie lange das dauerte! So beschämend war dies Warten wie ein Bittsteller im Vorzimmer —, und alles vielleicht nur, um schließlich doch abgewiesen zu werden.
Aber dann klammerte sich sein Hoffen wieder an Gerboth» Person: dessen väterlicher Einfluß wurde seine Sache schon zum Guten wenden. Und nun endlich hörte er eine Tur gehn. Rasch fuhr er herum — der Meister, doch allein! _ . „
Noch größer war aber die Enttäuschung, als er Gerboths Mienen sah Nur zu deutlich stand ihm ja die Verlegenheit im Antlitz. Da wußte er alles. Es hätte nicht erst der schonenden Worte bedurft, mit denen ihm Gerboth nun das Ergebnis der Unterredung mitteilte.
In sich zusammengesunken stand Franz Hilgers. Vorbei als» sein Hoffen, sein Lebensglück vernichtet! Dann raffte er sich m«t einer müden Bewegung auf. So bot er Gerboth die Hand.
(Fortjetzung folgt )