Aus Stadl und Land
Calw, den 29. April 1931.
Vom Bezirksobstbaaverein Calw.
Am vergangenen Sonntag fand en.e iA °ut suchte Versammlung des Vereins nn Badischen H°E 'tatt. Nach einer Begrüßungsansprache durch den Vorstand. Oberpra- zev!°r B ° e2 l e, hielt Lanbwirtschastsrat W. nkelma « n von der Württ. Landivirtschastskammer einen Vortrag über orakttkckeu Obstbau. Der Redner, der durch seine Tätigkeit einen großen Einblick in die Verhältnisse des Obstbaus hat, führte hiebei solgendes aus: In den letzten Jahren sei in Deutschland eine große Tätigkeit im Obstbau bemerkbar geworden, die Negierung habe eingcsehen, daß der Obstbau eine wesentliche Förderung erfahren müsse. Die Netchsregie- rung habe daher große Beihilfen für Baumspritzen, Umpfropfen und Schädlingsbekämpfung gegeben: auch Zuschüsse für Neuanlagen seien bewilligt worden: große Anteile habe auch Württemberg erhalten. Neberall rege es sich im Obstbau. Weshalb? Die Erklärung ,e sich in der Lage des deutschen Obstmarktes. Das fremde Obst habe sich sehr breit gemacht. Daneben werbe eine Menge Südfrüchte eingeführt, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Hunderte von Millionen Mark fließen ins Ausland, und dem heimischen Obstbau werbe ei» großer Schade» zugefügt. Der Obstzüchter sei gezwungen, seine Erzeugnisse zu einem nicht lohnenden Preis abzusetzen. Er könne sogar die edelsten Sommer- und Herbstbtrnen nicht verkaufen, sobald die Einfuhr der Weintrauben beginne. Der Obstzüchter fordere daher höhere Zölle lBanauen bezahlen überhaupt keinen Zoll), und die Herabsetzung der Frachtsätze für deutsches Obst. Man dürfe sich aber von diesen Forderungen nicht zuviel versprechen, der Obstzüchter müsse sich vielmehr bemühen, ein besseres Obst auf den Markt zu bringen, um die fremde Ware aus dem Felde zu schlagen. Der Obstbau müsse unbedingt auf die Wünsche des Handels ein- gehen. Wodurch könne bas geschehen? Durch eine bessere Sortenwahl. Vor allem seien widerstandsfähige Sorten gegen Witterung und Ungeztefer anzupflanzen. Alle für Schorf besonders empfindlichen Bäume seien auszumerzen. Zu berücksichtigen sei weiter die Güte des Obstes. Die Nachfrage nach Mostobst sei nicht mehr so groß, es müsse deshalb dem Tafelobst eine größere Beachtung geschenkt werben. Im Bezirk Calw könne ohne Bedenken Tafelobst gepflanzt werden, denn bas Schwarzwaldobst habe den Vorteil einer größeren Haltbarkeit. Auf geschützte Lagen sei hiebet Rücksicht zu nehmen. Bei Mostbirnen sollen die stark tragenden Sorten verschwinden, dagegen die haltbaren Sorten wie Luxemburger Mostbtrne, Jagdbirne und Oberösterreichische Weinbirne angepflanzt werden. Bon Sommer- und Herbstobst soll wenig angebaut werden, das Schwergewicht sei auf den Anbau von Dauersorten (Winterobst) zu legen. In Württemberg habe man viel zu viel Sorten. Das Ausland habe die Zahl der Sorten eingeschränkt und für die Ausfuhr nur wenige Sorten bestimmt, aber diese in großer Menge. Da die geringwertigen Sorten verschwinden muffen, sollte bas Nmpfropfen eine ganz besondere Nolle spielen. Diese Arbeit mache sich im Obstbau am besten bezahlt, denn nach 4—5 Jahren setze schon die neue Sort ein. Das Umpfropfen sollte in weitem Maße zur Durchfühung gelangen. Zur Schädlingsbekämpfung seien viele Baumspritzen angcschafft morden. Zu viel dürfe man sich davon nicht versprechen: bte Bekämpfung müsse sich möglichst einfach gestalten. Vorbeugungsmaßnahmen seien äußerst wichtig. Dazu gehöre bas Setzen des Baumes am richtigen Platz auf günstigem Boden »nd in warmer Lage, die Zufuhr von Licht und Luft, das Auslichten älterer Baumkronen, das Spritzen mit Karboltneum, mit frisch gebranntem Kalk und mit Nosprasit. Klebglirtel seien gegen den Frostnachtspanner anzubringen. Vielleicht die wichtigste Arbeit im Obstbau sei die Düngung. Mehr als die Hälfte der Bäume leide an Nährstoffmangel, da die Düngung oft ganz fehle oder falsch ausgeführt werde. Nur derjenige Baum könne Früchte liefern, der gleichzeitig auch wachse. Ein »«gedüngter Baum verliere an Widerstandskraft gegen Schädlinge. Zu verwenden seien natürlicher Dünger und Handelsdünger. Es müssen stets die bekannten vier Stoffe im Dung enthalten sein. Bet geschlossenem Boden wie in Gärten und auf Wiesen müsse zur Furchendüngung geschritten werden. Das Jahr 1930 habe eine grobe Fehlernte gebracht. Es habe sich aber gezeigt, baß bet planmäßiger Obstpflegc wie im Oberland noch ein befriedigender Ertrag herausgekommen sei. Seit einiger Zeit werde Obst nicht nur aus Amerika und Australien, sonder» auch aus Rußland, Bulgarien und Ungarn etngeführt. Wenn der heimische Obsterzeuger nicht alles aufbiete, bann komme der deutsche Obstbau zum Erliegen. Das Ausland habe es darauf abgesehen, unsere heimische Kultur zuzudecken. Aus dem Obstbau könne noch ein gutes Stück Geld herausgeholt werden, wenn der Obstzüchter sich aufraffe und den heutigen Erfor- derniffen gerecht werbe. Reicher Beifall lohnte die fachmännischen und interessanten Ausführungen. Der Vorstand verlieh dem Dank der Zuhörer noch besonderen Ausdruck. An der sehr lebhaften Aussprache beteiligten sich Stadtrat Pfrommer von Calw, Bohnenberger von Unterreichenbach, Wilhelm Volz von Hirsau, Baumwart Sattler von Deckenpfronn, Stadtbaumwart Ko pp. Baumwart
Roller von Sommenhardt, Oberamtsbaumwart Wid- mann Landm.-Rat Winkel mann und der Vorsitzende. Nach der Aussprache fand eine Grattsverlosung an die Mitglieder statt. Zum Schluß sprach Stadtrat Pfrommer dem Vorsitzenden den wärmsten Dank für seine treue Arbeit und groben Verdienste um den Verein ans.
Vom RathanS Alteusteig.
Ein Verkauf von IM Fm. Langholz unter der Hand bei einem Erlös von M Prozent wird genehmigt. — Der Pächter eines städt. Grundstücks beim Sportplatz hat um Auflösung des Pachtverhältnisses nachgesncht, weil das Grundstück durch spielende Schüler und Sportler zertreten und in seinem Ertrag bedeutend herabgemindert werde. Dem Gesuch kann der Folgen wegen nicht entsprochen werden, dagegen sollen Vereine und Schüler darauf hingewiesen werden, baß das Spielen außerhalb des Sportplatzes nicht gestattet ist. — Von dem Feuerwchrprttfungsbertcht vom Jahr 1930 des Bezirksfeuerlöschinspektors Köbele wird Kenntnis genomenen. Einige kleinere Mängel sind behoben worden. Die Anschaffung eines neuen Gasschutzgerätes an Stelle des veralteten wird genehmigt, ferner auf Antrag des Feuerwehrkommandanten 200 Meter Schlauchmatertal. Die Anschaffung einer neuen mechanischen Letter ist wünschenswert, muß aber der hohen Kosten wegen zurückgestellt werden. In dem Bericht ist bemerkt, baß die Feuerwehr auch unter ihrem neuen Kommandanten durchaus auf der Höhe sei. — AuS Anlaß der Durchsicht der Niederschrift über bte oberamtliche Gemeindevisttation wird auf Anregung des Oberamts beschlossen: »> ab 1. Mat 1931 entsprechend der Gehaltsvorauszahlung der städtischen Beamten bte Miete derselben für bte städtischen Gebäude monatlich im voraus zu erheben.
b) ab 1. Juli 1931 bet den bisher nach der Beamtengehaltsordnung bezahlten städt. Angestellten die Ktnderzulage zu streichen entsprechend dem Vorgehen der Amtskürpcrschaft bezüglich deren privatrechtlich angestellten Straßenwärtern:
c) die Stufen zur Feucrwehrabgabe von bis her 3, 6, 12, 20, 80 RM. auf künftig 3, 6, 10, 15, 20, 28. 30 NM. abzuändern. — Der Viehversicherungsverein hat um Nachlaß der vom Elektrizitätswerk berechneten Kosten für den Kraft- anschluß seiner Dreschmaschine in Höhe von 24 RM ngch- gesucht, Mit der Begründung, die Stabt habe de» Dreschplatz nur provisorisch zugewiesen und bei endgültiger Zuweisung entständen für den neuen Kraftanschluß doppelte Unkosten, bte bet einem Vergleich zu den Einnahmen während des kurzen Dreschbetriebs sehr hoch seien. Dem Gesuch kann aber nicht stattgegeben werden, da sich die Anschlußkostcn des Elektrizitätswerks auf 48 NM. belaufen haben und gemäß den Stromlieferungsbedingungen nur bte Hälfte berechnet wurde. — Das Jnenministerinm hat die Oberamtstierarzt- stelle in Nagold zur Einsparung von Reisekosten ermächtigt, den Stadttierarzt Dr. Schneider zur Untersuchung von Schafherden und der im Eisenbahnverkehr aus anderen deutschen Ländern eingcführten Wiederkäuern und Schweinen heranzuziehen. Hiezu gibt der Gemeinderat seine Zustimmung. — Nach dem neuesten Erlaß der Mtnisterialab- teilung für Bezirks- und Körperschaftsverwaltung wurden die Schuldaufnahmen für den Straßenumbau, die Nagoldkorrektion, den Walberwerb und die NotstanbSarbeiten noch nicht genehmigt, sondern es wurde jetzt noch der Voranschlag 1931, der erst aufzustellen ist, eingcforbert. Es ist nun damit zu rechnen, baß die geplanten Notstandsarbettcn Heuer nicht durchgeführt werden können.
Die Beheizung der Eisenbahnwagen.
Wie die Reichsbahn mitteilt, werden die dem Personenverkehr dienenden Züge in der Zeit vom 16. Sept. bis zum 15. Mat geheizt, wenn nicht die Außenwärme so liegt, baß die Beheizung der Wagen sich erübrigt. Die auch nachts laufenden, dem Fernverkehr dienenden Züge bleiben bis zum 31. Mat mit Heizkupplungen ausgerüstet, um Hetzen zu können, wenn ausnahmsweise auch in der zweiten Mat- Hälfte noch niedrige Temperaturen auftreten sollten. Es braucht also niemand zu frieren.
Wetter für Donnerstag »nb Freitag.
Im Norden liegt Tiefdruck, über Spanien Hochdruck, der langsam an Einfluß gewinnt, so baß für Donnerstag und Freitag zeitweilig aufhetterndes und trockenes Wetter zu erwarten ist.
*
DCB. Pforzheim, 28. April. Ein Selbstmord ereignete sich gestern vormittag in der Bleichstraße, wo sich der Schmuckmarenfabrikant G. G. mit Cyankalt das Leben genommen hat. Wirtschaftliche Sorgen haben de» Mann in den Tob getrieben.
Wildbad, 28. April. Das Schluß- und Nachbarschafts- schießcn des Schützenvereins Wilbbab fand am Sonntag unter reger Beteiligung hiesiger und auswärtiger Schützen statt. Auf Meisterscheibe erzielte die höchste Ringzahl Och- ner-Neuenbürg. Den besten Schuß auf die Ehrenscheibe er- zielte Beißer-Calw; Zweiter wurde Fritz Hempel- Wildbab.
SCB. Stuttgart, 28. April. Das Stuttgarter Polizeipräsidium hat die geplante Mai-Kundgebung der K.P.D. auf dem Marktplatz verboten. Ferner wurde mitgetcilt, daß auch die Kundgebung auf dem Karlsplah nicht gestattet
werde. Auch der Aufmarsch auf dem Hegelplatz wurde nicht erlaubt. Nur die Abhaltung der Mai-Kundgebung aus dem Wilhelmsplatz ist erlaubt worden.
Turnen und Sport
Kußballsport.
Kreis Enz-Neckar
Entscheidung: VfR. Pforzheim — FVgg. Mühlacker 0:1) FV. Niefern - BSC. Pforzheim 4:1; FC. Büchenbronn — Huchenfeld 2:0; FC. Jspriilgen — Enzberg 2:0: SC. Pforzheim — Neuenbürg iAusstiegspiel) 2-1: Nagold — Calw tAnfftiegspicl) 3:1.
Südd. Handball Meisterschaft.
Etzlingcr T. und Spv. — T.V. 1860 Fürth 3:6 (1:2).
Dentsche Gerätemeisterschast der DT.
Bei den Kretsturnmcisterschastcn der D.T. in Essen konn« ten die ersten drei Plätze erringen: 1. Krötzsch-Ehrenberg (Sachsen) 184 P. 2. Polinär Hohenstein-Erustthal (Sachsen) 182 P. 3. Winter Wnppertal-Langerfeld (Westfalen) 181 P.
Geld-, Volks- und Landwirtschaft
Börsenbericht.
SCB. Stuttgart, 28. April. Die Börse hatte heute sehr geringes Geschäft, jedoch bet ziemlich behauptete» Kursen.
8. C. Berliner Produktenbörse vom 28. April.
Weizen mürk. 284-286; Roggen mark. 198—197; Gerste 230—244; Hafer märk. 185—189; Weizenmehl 34,5—40,25; Noggenmehl 26,75—29,10; Weizenkleie 14—14,25; Roggen- kleie 14ch0—14,75; Viktoriacrbsen 24—29; kl. Speiseerbsen 24 bis 27; Fnttererbscn 19—21; Peluschken 25—30; Ackerbohnen 19—21; Wicken 23—26; Lupine», blaue 13,50—15,50; dto. gelbe 22—26; Seradella, neue 66—70; Rapskuchen 8,80—10,20; Leinkuchen 14—14,20; Trockenschnitzel 8,10—8,30; Soyaschrot 13,20—14,30; Kartoffelflocken 15,50—16; Rauhsutter: drahtgepreßtes Roggenstroh 0,70—0,90; desgl. Weizcnstrob AU ßsg 0,75; desgl. Haferstroh 0.70—0,85; ^rsrcnstroh 0,65—0,75; gebund. Roggcnlangstroü i,2l); bindfadengepr. Noggen- stroh Ö,80-Ö,')5; desgl. Weizenstroh 0,65-0,75; Häcksel 1,55 bis 1,75; handelsiibl. Heu 1,70—1,90; gutes Heu 2,80—2 65; Luzerne, lose 3—3,25; Thymotec, lose 3,20—3,70; Kleeheu, lose 3,10-3,50; Mtclitzheu, lose 2,10—2,35; dto. (Havel) 1,50 bis 1,75; drahtgepr. Heu 30; Allgemeine Tendenz: ruhig.
Stuttgarter Schlachtviehmarkt
Dem Dienstagmarkt am Städtischen Vieh- und Schlachthof wurden zugeführt: 26 Ochsen, 40 Bullen. 325 Jungüullcn (unverkauft 60), 438 (95) Rinder, 294 Kühe, 1047 Kälber, 219? (20) Schweine, 7 Schafe, 1 Ziege.
Preise für 1 Pfund Lebendgewicht:
Ochse«:
ausgemästet vollsleijchig fleischig Bulle«: ausgemästet vollfleischig fleischig Iungrinder: ausgemästet vollflelschig fleischig
gering genährte Kühe: aurgemästet voltflrlschtg
28. 4.
23. 4.
Psg-
Psg-
45—47
40-44
32-38
—
35—37
33—34
30-32
35-38
32-34
40-50
42—45
38-41
46-50
42-45
31—37
23-29
—
Kühe:
fleischig
gering genährte Kälber: feinste Mast- und beste Saugkälber mittl. Mast- und gute Saugkälber geringe Kälber Schweine: über 300 Psd. 240—300 Psd. 200-240 Psd. 160-200 Pfd. l20-IS0Psd. unter 120 Psd. Sauen
28. 4.
23. 4.
Psg-
Psg.
18-22
—
14—17
64-67
63-SS
57—62
55-81
50-54
50-53
4«
44-45
45-46
44
45—46
43—44
43-44
42—43
41—42
40-41
32—37
—
Marktverlauf: Großvieh ruhig, Ueberstand, Kälber und Schweine mäßig belebt.
Rätselauflösungen aus der Iugendbeilage
Als die Eisenbahn noch eine Sensation w«r . ..
Versetzrätsel. Mo—de—tor.
Einsendungen ans dem Leserkreis
zur Veröffentlichung im Calwer Tagblatt müssen mit Ra- mensangabe versehen sei«. Anonyme Zuschriften könne« nicht berücksichtigt werden. Die Schrtftlettung.
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