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N r . 75
Dienstag» den 31 . März 1931
Jahrgang 103
Eine Abwehrkundgebung der Reichsregierung
Gegen die Angriffe der Rechlsopposiüon
TU. Berit«, 81. März. Die Reichsregierung erläßt amtlich folgende Erklärung: Vertreter der Rechtsoppo- fit io« haben auf einer Tagung am 29. März in Nürnberg eine Entschließung gefaßt, die sich in scharfen Angriffen gegen die Verordnung des Reichspräsidenten zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 28. Marz 1931 wendet.
Die Verordnung des Reichspräsidenten richtet sich nicht gegen bas Volksbegehren des Stahlhelms. Wie dies einmütig in -er Konferenz der Innenminister der Länder vom 18. März 1931 erörtert worden ist, soll die Verordnung der legitimen Werbung des Stahlhelms für sein Volksbegehren keinen Abbruch tun. In einer dem Erlaß der Verordnung vorausgchenden Besprechung mit dem für ihre Ausführung in Preußen zuständigen preußischen Innenminister ist festgcstcllt worden, daß hierüber volles Einvernehmen zwischen dem Nelchsinnenministerium und dem preußischen Ministerium des Innern besteht.
Die erwähnte Konferenz der Innenminister hat einmütig auf die Notwendigkeit hingewtese», im Interesse des Staates und Ser Kultur der von der rechts- und linksradikalen Opposition geschürten Verhetzung deutscher Volksgenossen untereinander mit scharfen rechtlichen Waffen entgegenzutreten, dieser Verhetzung, die den Nährboden bildet für die zahlreichen politische» Morde und Ausschreitungen, die das deutsche Volk in de» letzten Monaten zu beklagen hatte. Dabei sind in einer ganzen Reihe von Einzelheiten besondere Länderwünsche berücksichtigt worden.
Die Behauptung des Nürnberger Beschlusses der RechtS- opposttion, die Reichsregierung habe im letzten Jahre keinerlei Aufbauarbeit geleistet, sichtet sich selbst und ist ebenso falsch wie die Behauptung von de- völlige» Abhängigkeit der Regierung Brüning von der Sozialdemokratie.
Der Reichspräsident, der übrigens selbst Vertreter der Nechtsopposttion persönlich angehört hat und über deren Auffassung unterrichtet ist, hat die Notverordnung in voller Kenntnis ihrer einzelnen Bestimmungen, ihrer Handhabung und ihrer Wirkung erlassen. Die Forderung der Aufhebung -er Verordnung stellt daher einen persönlichen Angriff gegen den Reichspräsidenten dar. Es ist tief bedauerlich und bedarf der schärfsten Abwehr, daß nunmehr von deutschnationaler Seite versucht wird, durch Entstellungen und durch die Verbreitung unwahrer Behauptungen im Volke das Vertrauen in die Person und in die Ueberparteilichkeit des hietchsprästdenten zu untergraben."
Reichsinnenminister Dr. Wirth sprach gestern abend im Berliner Rundfunk über die Notverordnung gegen die politischen Ausschreitungen. Der Minister wies darauf hin, daß diese Maßnahme, die das notwendige Mittel zur Normierung des politischen und religiösen Zusammenlebens sein solle, nicht länger habe aufgeschoben werden können, nachdem sich die Betätigung der Radikalen in der letzten Zeit auch gegen Len Staat, die Negierung «nd die verschiedenen religiösen Gesellschaften gerichtet habe. Von einer Ueberraschnng könne deshalb keine Siede sein, weil er bet der Haushalts-
- Das Reichskabinett deckt tzindenburg
anSsprache mehrfach darauf hingewiesen habe, Lab derartige Maßnahme» in Vorbereitung seien. Im übrige» würde durch die Notverordnung, die sich nur gegen Ausschreitungen u,rd Roheiten richte, die normale politische Betätigung in keiner Weise betroffen. Unter diesem Gesichtspunkt gesehen, könne die Notverordnung eine nationale Wohltat werden.
Ein Antrag der Deutschnationalen und der Nationalsozialisten auf schleunige Wicdereinbernfnng des Reichstages und auf Beseitigung der Notverordnung vom 28. März wird in den der Reichsregierung nahestchenöen politischen Kreisen als aussichtslos angesehen.
Di« kommunistische ReichStagsfraktiou hat, wie die »Note Fahne" meldet, einen Antrag eingebracht, t» dem die sofortige Aufhebung der Notverordnung gefordert wird. Zur sofortigen Beratung des Antrages hat der Abg. Stöcker im Aufträge der kommunistische» Reichstagsfraktio» beim Neichstagsprüsidenten Löbe die sofortige Einberufung -es Reichstages gefordert und im Fall« der Ablehnung durch Löse di« sofortige Einberufung des Aeltestearates beantragt.
Stetnwürfe gege» die Notverordnung und 8 218.
Am Montag abend gegen 19.45 Uhr wurden im ReichS- justizministerium 4 große Doppelfenster mit Steinen einge- worfe«. Di« faustgroßen Steine waren in Leinenstreisen gewickelt, die die Aufschrift trugen: »Nieder mit dem 8 2l8l Hinweg mit der Notverordnung!" Die Täter find «nerkauut entkommen.
»I« Bayer« wird sich nicht viel ändern."
Di« Bayerische Volkspartetkorrespondenz schreibt zur neue« Notverordnung des Reichspräsidenten «. a.: Die Notverordnung sei sichtlich in erster Linie ans preußische Bedürfnisse zugespitzt und man könne wohl sagen, daß die preußische Negierung dabei Pate gestanden sei. Für sie werbe auch die Notverordnung nicht jene Ueberraschung bedeutet haben wie für die anderen Länderregierungen, die vor Erlaß der Notverordnung nicht unterrichtet worden seien. In Bayern werde sich auch nach dieser Notverordnung aller Voraussicht nach nicht viel ändern.
Der »Völkische Beobachter" zur Notverordnung.
Zu der neuen Notverordnung schreibt der »Völkische Beobachter" unter der Ueberschrist »To- -er N.S.D.A.P." unter anderem: »Was sich die Regierung Brüuing-Wirth- GrSner im Verein mit dem Reichspräsidenten von Hinden- burg mit der neuen Notverordnung geleistet hat, übersteigt alles bisher Dagewesen« an politischer Entrechtung der Deutschen, Gefängnis! Gefängnis! Gefängnis! Das ist das Wort, welches uns aus der Angstverfügung -er Reichsregierung ständig entgegengähnt. Vor allem kommt aber eines »nm Vorschein, -er gemeinsame Haß aller alte« Parteien gegen die Symbolik -er neuen Freiheitsbewegung. Ein derartige- Willkürregiment trägt den Keim des Verderbens seiner Urheber in sich. Die nationalsozialistisch« Bewegung wird in streng gesetzlicher Weise gegen die unerhörte Knebelnng -er Meinungsfreiheit der Deutschen protestieren.
Dr. Eurlius gegen Briands Vorwürfe
TU. Wie», 81. Mär». Di« »Wiener Sonn, nn» Mon- tagszettung" veröffentlicht ein Gespräch mit dem Reichs- außenminister Dr. CurtiuS über seine Auffassung der Rede Briands. Dr. Curtius kündigte an, er werde in einer Rede vor dem Neichsrat am heutige Dienstag seinen Standpunkt in ausführlicher Weise darlegen und aus Briands Rede antworten. Es heißt dann weiter: Nichts hat uns ferner gelegen, als mit Heimlichkeiten und Ueberraschungen vorzugehen, oder gar eine Brandfackel zu legen und Beunrnhi- gune hervorzurufen.
Wir haben aus unsere« Absichten absolut kel« Geheimnis gemacht «nd sind niemals als Friedensstörer aufgetreten, sondern find im Gegenteil bestrebt, die Friedenspolitik a«ch «it diesem wirtschaftlichen Mittel fortznsctzen. Im übrige« ist es klar, daß wir die wirtschaftlich« Seite des Abkommens zu erörtern haben. Denn wirtschaftlich ist das Problem und nicht politisch. Bon einer Verletzung -er Protokolle «nd der Fr'e- dcnsverträge kann keine Ned« sein. ES liegt mir nichts 'er, »er, als die europäische Zusammenarbeit nicht mitzumache« »der gar z« störe». Gegen diesen Vorwnrf bi« ich gefeit denn ich bin bemüht, alle Bestrebungen in dieser Richtung z« lenken. Ich bebaure es außerordentlich, daß Minist:» Briand stch geäußert hat, -aß wir den Weg des Friedens verließen. Aber wir hoffen, daß es sich in kurzer Zeit Herausstellen daß wir in Wahrheit keine Friedensstörer find.
Oesterreichischer regionaler «ertrag auch mit Ungar«.
Außenminister Dr. Schober empfing am Montag die Ver- Kreter der auswärtigen Presse -u einer Aussprache über die
österreichisch-deutsche Zollunion. Der Außenminister teilte dabei mit, baß Oesterreich auch mit Ungar« ein ähnliche- regionales Zollabkommen abschlteßen würde. Mit Südslawien und Rumänien würden gleichfalls diesbezügliche Verhandlungen begonnen.
tzenderson zur Frage der Zollunion
-» London, 31 . März. Außenminister Hendersou grd am Montag tm Unterhaus einen Ueberblick über die von >cr englischen Regierung im Hinblick aus die geplante dcnrsch- österreichische Zollunion ergriffenen und erwogenen Maß- nahmen. Der Minister führte u. a. aus, er sei der Ansicht, daß man weniger Einwendungen gegen die österreichische, els gegen die deutsche Antwort erheben könne. Er beabsichtige, dem Generalsekretär des Völkerbundes von seiner Absicht Kenntnis zu geben, auf der nächsten Völkerbundsratsfitzung zn erörtern, inwieweit das geplante Abkommen sich mit Len österreichischen VertragSverpfltchtungen, besonders unt dem Protokoll von 1922 vertrage. Sollte allgemein der Wunsch bestehen, daß -er Völkerbundsrat durch die beratenden Stimmen des ständigen Gerichtshofes im Hag «nterstttyt werde, so werbe er seine Heranziehung unterstützen.
Immer wieder kam Henöerson auf die »unglückselige Art" zu sprechen, mit der daS übrige Europa mit den deutsch-österreichischen Bertragsabstchten vertraut gemacht worden sei. Er könne sich auf die besten Autoritäten stützen, wenn er sage, daß die Regeln und die Verfassung des Völkerbundes für die Rechtslage eines solchen Falles den Völkerbundsrat vor- sehen. Soweit der Handelsvertrag mit Deutschland in Frage komm«, so könne kein Zweifel darüber bestehen, daß -er Ar- »
Tages-Spiegel
D«s ReichSkaöinett hat sich in einer Kundgebung gc^n Angriffe der Rechtsopposition ans Regier»»« und Reichspräsident«« gewandt.
Die Kommunisten haben Be WstchereASernfm,« des Reichstages beantragt, et. Unterfange», das aussichtslos sei» dürste.
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Neichsantzenminister Eurtins wir» kn der hentige« Reichs- ratsfitzung Briamd a»f seine letzte K«*.merrede »ntworiea.
Der euglische Anßeuminister Heuderso« sprach vor dem Unterhaus seine Absicht a«S, die deutsch-österreichische Zoll- »uio« vor Le« BölkerbuudSrat zu bringe«.
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Der Völkerbundsrat tritt a« 18. Mai zniarnmen. Voran- geht eine Tagung der europäische» Stndieutommisstoir.
Die Londoner Klottenverhandlunge» wurde« bis «ach Oster« vertagt.
tikel 42 -es Vertrage- die jetzige» Vorteile von der Meistbegünstigung ausschließe, die in einem Lande gewährt würden, das mit Deutschland durch eine Zollunion verbunden sei. Eine ähnliche Klausel käme in dem französisch-deutschen Haie» delsvertrag nicht vor. Luch der englisch-österreichische Handelsvertrag von 1924 enthalte keine solche Klausel. Endlich bestehe »och dl« Krage der Rückwirkung aus den britischen Handelsvertrag für de» Fall, d«ch die Zollverelnigimg zustande komme.
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Heudersou »Ul die Z«ll««io« l» Mai vor den Rat dringen.
TU. Londo«, 81. Mär». Außenmunfter Hcnderson hat dem Generalsekretär de- Völkerbundes mitgetcilt, daß er die deutsch-österreichische Zollunion aus der Maitagung zur Sprache bringen werde.
Das Generalsekretariat des Völkerbundes teilt amtlich mit, -aß die zum 11. Mai etnberuseue ordentliche Tagung de- VölkerbundsrateS auf den 18. Mai verlegt worden ist. Ebenso ist die dritte Tagung -er europäischen Mächte verschoben und anf Len 1ö. Mai festgesetzt worden.
Eine Riesenerbschast veruntreut
TU. Dresden» 81. März. In München hat am 24. März Rechtsanwalt Bernhard» Sala Selbstmord durch Vergiften verübt. Er hatte bis zum 1. Oktober 192S in Dresden die RechtsanwaltpraxiS ausgeübt und Ist namentlich als Bermö- gensverwalter in Anspruch genommen worden. Später ist er nach München übergestedelt» wo er ein recht luxuriöses Lebe« führte. Seinen großen Aufwand erklärte er damit, daß er den Posten eines Syndikus bei JG.-FarLen bekleide» der ihm 6» ovo NM. jährlich «inbringe. Eala war sehr viele Jahre VermögeuSverwalter -e- ehemaligen österreichischen Oberst- lentnantS Hantel, dessen an sich schon außerordentlich großes Vermögen Lurch seine Verheiratung mit -er als Wohltäterin bekannten Witwe Sophie Baumgart »och erheblich vermehrt wurde und eine Vermögensverwaltung notwendig machte. Rach dem Tod« de- Oberstleutnant- Hantel berief Fra» Baumgart-Haniel den Rechtsanwalt Sala in seine Siel- lung als Bermögensverwalter. Eala hat das lhm «ntgegen- -ebrachte Vertrauen als Vermögensverwalter mißbraucht. An Grund des Testaments der im Sommer 1980 verstorbene« Frau Baumgart-Haniel sollte Rechtsanwalt Sala am 25. März die Auszahlung der Erbschaftsbeträge vornehmen. Die Erben waren au- Wien usw. in Dresden eingctrosfcn. AIS die Nachricht von dem Selbstmord Salas eintraf, hat sich nun herausgestellt, -aß das ganze ihm zur Verwaltung überlassene Vermögen restlos verbraucht worden ist. Eine Stiftung für arme Kinder, die Frau Baumgart-Haniel testamentarisch bestimmt hatte, und die ihr besonders am Herzen lag» ist unmöglich geworden. Auch -er Verein für Krüppelhilfe in Dresden, die Kinberheilanstalt und sehr viele andere Wohltätigkeitsinstitute, die mit ähnlichen Legaten bedacht waren, gehe« leer aus.
Revvlulion in Venezuela
TU. Nenyork» 81. März. Wie aus Bogota lColumbien) gemeldet wird, ist im westlichen Teil Venezuelas eine revolutionäre Bewegung unter Führung General CedenoS ausgebrochen. Die Regierungstrupcn sollen angeblich in mehreren Gefechten von den Aufständischen geschlagen worden sein. Die venezolanische Negierung hat aus allen Teilen des Landes Truppen zusammengezogen, um eine Gegenoffensive vor-. »übereile». ^