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Nr. 48 Freitag, den 27. Februar 1931 Jahrgang 103

Kleine Beratungspause im Reichstag

Abschluß der Aussprache über die Agrarvorlage Die Beratung des Wehrhaushalls vertagt

Berlin» 27. Febr. Die zweite Lesung des Landwirt­schaftshaushalts,, die drei Tage beansprucht hatte, ist gestern abgeschlossen worden. Die Abstimmung wird erst am Diens­tag nächster Woche vorgenommen werden. Ter Reichstag hat sich nach Abschluß der Aussprache zuin Landwirtschafts-' Haushalt aus Montag nachmittag vertagt. Dann soll der Haushalt des Neichsinnenministeriums beraten werdrm Man hat den Weh re tat einstweilen noch zuriickgestellt, um den Sozialdemokraten Gelegenheit zu geben, sich über ihre Haltung zu diesem Etat schlüssig zu werden.

In den letzten Tag der Agrardcüatte, die sonst einen ziem­lich eintönige» Verlauf nahm, brachte der Abgeordnete Schlange-Schöningen von der Landvolkpartei vor­übergehend ein'n frischen Zug. Er bekannte sich mit Wärme und Sachlichkeit zu der Politik Schickes und fand harte Worte der Verurteilung für das Verhalten seiner früheren Freunde der Deutschnationalen, denen er warnend vor Augen hielt, daß bei einer Staatskatastrophe noch immer der Bauer der am meisten Leidtragende gewesen set. Der Staats- Partei machte Schlange-Schöningen ein Kompliment für ihre agrarfreundliche Gesinnung, die sich in ihren letzten landwirt­schaftlichen Anträgen ausdrückte. Diese Anträge bemühte sich der Fraktionsvorsitzende Dr. Weber zu begründen und zu verteidigen. Allerdings machte er zur Vorbedingung, daß der bisherige Kurs der Handelspolitik weiterhin eingehalten werden müsse. Auch der Minister Schreie selbst setzte sich noch einmal mit den Deutschnationalen auseinander. Er erinnerte sie daran, daß sie, solange sie in der Regierung saßen, es ja in der Hand gehabt hätten, die Handelsverträge zu ändere» Dg, sie es nicht getan, stünde eS rhnen nacht an» von heute auf morgen einen Wechsel in den Maximen der Handelspolitik zu verlangen. Schließlich las auch noch der Vertreter des Bayerischen Bauernbundes der sogenannten nationalen Opposition kräftig die Leviten.

Der Rest -der Aussprache galt Sonderwünschen Abgeord­nete der verschiedensten Parteien setzten sich vor allem sür die Niederschlagung der Winzerkredite ein. Aus einer Acnße- rnng des Ministers erfuhr man zu guter Letzt, daß ein »Er- n 8 h r u n g s a u s s ch u ß" gebildet werden soll mit dem Zweck, Propaganda sür deutsche Erzeugnisse zu machen.

Zollermächttgung und Agrarvorlage in besonderen Entwürfen

Von zuständiger Stelle wird darauf hingewiesen, daß sich die Zvttermächtigung aus den gesamte» Komplex des Zoll­tarifs bezieht, also nicht nur auf die landwirtschaftlichen

Zölle, sondern auch auf die Jndustriezölle. Für die allgemeine Zollermächtignng wird ein besonderer Gesetzent­wurf airsgearbeitet. Ein -weiter Gesetzentwurf behandelt das Agrarprogramm. Tie beiden Entwürfe gehen schon in den nächsten Tagen dem Reichstag zu.

Zollfreie Einfuhr von kbl-gg Tonnen Gefrierfleisch;

Im handelspolitischen Ausschuß des Reichstages wurde am Donnerstag der sozialdemokratische Gesetzentwurf über die Einfuhr von Gefrierfleisch mir 11 Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten gegen 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen zweier Z-'ntrumsabgeordneter angenommen. Die Regierung hatte sich gegen die Annahme dieses Gesetz­entwurfes erklärt. Nach dem Gesetzentwurf soll zur Versor­gung der minderbemittelten Bevölkerung mit b'.Üigem Fleisch vom 1. März ab jährlich ein Kontingent von ÜR> Tonnen Gefrierfleisch zvllsrei zur Einführung zugclassen werden.

Im Steuerausschuß des Reichstags wurde am Donnerstag beschlossen, die Beratung des kommunistischen Millionärsteuerantrages und der sozialdemo­kratischen Anträge über Zuschläge zur Einkommensteuer bis zum Dienstag nächster Woche zu vertagen. Es wurde der Wunsch geäußert, daß in der nächsten Sitzung der Finanz- minister an der Beratung telluimmt.

Der ständige Ausschuß »es Deutsche» xandwirtschaftsrates zum Agrarprogramm

Der Deutsche Landwirtschaftsrat teilt mit: der ständige Ausschuß des Deutschen Landwirtschaftsrates erkennt an, daß das Agrarprogramm des Herrn. NeichsernährungS- ministcrs eine geeignete Grundlage sür eine zielbewutzte Agrarpolitik bilden kann, wenn das Kabinett von den ihm erteilten Ermächtigungen schleunigst den Gebrauch macht, der znr Wiederherstellung der Rentabilität in der Landwirt­schaft nötig ist und wenn das Kabinett die Revision der ein­schlägigen Handelsverträge ungesäumt energisch in An­griff nimmt.

Der ständige Ausschuß erwartet, daß ReichSrat und Reichs­tag die Vorlage schleunigst verabschieden und daß dann das Kabinett ungesäumt die erforderlichen Maßnahmen trifft. Werden diese Maßnahmen nicht in dem erforderlichen Aus­maß und mit der nötigen Beschleunigung getrosten, so würde die Landwirtschaft in der Agrarvorlage nur eine wir- kungslose Geste erblicken, die die schon herrschende Er» bitterung in der Landwirtschaft nnr steigern würde. Das Genfer Abkommen und der polnische Handelsvertrag sind mit einer wirkungsvollen Agrarpolitik unvereinbar.

Die Gewerkschaften beim Reichspräsidenten

TN. Berlin, 27. Febr- Amtlich wird mitgeteilt: Reichs­präsident von Hindenburg empfing am Donnerstag in Gegenwart des Reichskanzlers Dr. Brüning und des Neichsarbeitsminist7rs Stegerwald Vertreter der ver­schiedenen gewerkschaftlichen Richtungen, und zwar vom All­gemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund Leipart und Grabmann, vom Allgemeinen Freien Angcstelltcnbund St 8 hr, vom Deutschen Gewerkschaftsbund Imbusch und Bochli und vom Gewerkschaftsring Deutscher Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenverbände Schneider. Die Ge­werkschaftsführer berichteten dem Reichspräsidenten über Zwecke und Ziele der gewerkschaftlichen Organisationen und über die zur Zeit die arbeitende Bevölkerung bedrückenden schweren Sorgen. Die Besprechung berührte die Fragen der Arbeitslosigkeit, der wirtschaftlichen Not der Arbeitslosen, insbesondere der langfristig Erwerbslosen, Verkürzung der Arbeitszeit, Lohnabbau, soziale Versicherungen und Schlich­tungswesen, sowie die agrarpolittschen Pläne der Ncichs- regierungs Am Schluß der Besprechung überreichten die er­schienenen Vertreter dem Reichspräsidenten eine die Wün­sche und Vorschläge der Gewerkschaften enthaltende gemein­same Denkschrift.

Erklärungen Stegerwal-s und Dr. Brünings.

Wie der »Vorwärts" ergänzend zum Empfang der Ge­werkschaften durch den Reichspräsidenten von Hindenburg berichtet, antwortete NeichsarbeitSminister Stegerwald den Gewerkschaftsführern In einer längeren Rede. Er habe erklärt, er würde an dem Kern der Tarifverträge, an dem Kern des Schlichtungswesens, an dem Kern der Sozialver­sicherung währen- seiner Amtszeit nicht rütteln lassen. Es gebe aber auf diesen Gebieten noch eine Anzahl Jnfla- tionserschei nungen und eine Anzahl Unausgeglichen­heiten, die noch beseitigt werden müßten, und wo die Ge­werkschaften auch noch Konzessionen machen könnten. Den Vertretern der Arbeitgeber, die in den letzten Tagen von ihm verlangten, das staatliche Schlichtungswesen wenigstens vorübergehend zu suspendieren, habe er geantwortet, daß er das entschieden ablehne.

Reichskanzler Dr. Brüning habe erklärt, daß die Re­gierung die Verhandlungen mit den Gewerkschaftsvertretern von sich aus weiter fortsetzen werde. Er wolle aber heute schon gegenüber irreführenden Mitteilungen in der Oesfent- .lichkcit sagen, baß die Ermächtigung, die die Negierung in dem neuen agrarpolitischen Gesetzentwurf vom Reichstag verlange, nicht so gedacht sei, daß die Regierung nun sofort Zollerhöhungen durchzuführen beabsichtige, vielmehr solle jede etwaige Zollerhöhuno davon abhängig sein, daß die Landwirtschaft zuvor gewisse Bedingungen auf dem Gebiet -er Selbsthilfe Erfülle, z. B. auf dem Gebiet der Rationalisierung, der Standardisierung, der Dcrkaufsorganisation durch Ausbau des Genossenschaftswesens usw. Der ReichSernährungSmini- ster habe erklärt, daß er Ser Landwirtschaft für die Durch­führung dieser Selbsthilfemahnahmen bestimmte Termine setzen werde, und erst nach Erfüllung dieser Bedingungen werde die Regierung sich bereit erklären, von der Ermäch­tigung Gebrauch zu machen.

Sparmaßnahmen im auswärtigen Dienst

TU. Berlin, 27. Febr. Im Haushaltsausschuß des Reichs­tages wurde die Beratung des Haushalts des Auswärtigen Amtes fortgesetzt. Reichsaußenminister Dr. CurtiuS be­tonte, die Ersparnisse in seinem Haushalt seien in einem solchen Maße -urchgeführt worden, daß die berechtigte Sorge bestehe, ob sie das für einen ordnungsmäßigen Geschäfts­betrieb zulässige Maß nicht schon überschritten hätten. Bei den Bezügen der Beamten im ausländische« Dienst seien Kürzungen bis zu 41 v.H. erfolgt. Minister Dr. Curtius wies mit aller Schärfe die Behauptung zurück, als würde im Auswärtigen Amt nicht mit der größten Sparsamkeit gewirt- schaftet. DaS Auswärtige Amt diene dem Wohl aller Deut­schen. Deshalb hätten auch alle deutschen Steuerzahler ein Interesse daran, den als falsch festgestellten Behauptungen entgcgenzutreten. Der Minister äußerte starke Bedenken zu dem Vorschlag, die deutschen Gesandtschaften in den bal­tischen Staaten zu einer einzigen Gesandschaft zusammen- -«fassen Die andere» Großmächte «nterhielte« außer de«

Tages-Spiegel

Der Reichstag Hai gestern die zweite Lesung des Landwirt- schastshaushaltS beendet; die Abstimmungen wurden auf Dienstag vertagt. Die kleine Beratuugspause wird dazu diene», mit der Sozialdemokratie eine Einigung über de« znrückgeftellte» Wehretat z« erziele».

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Im Handelspolitische« Ausschuß des Reichstags wurde ei« sozialdemokratischer Antrag ans zollfreie Einfuhr von SVVöü Tounen Gefrierfleisch angenommen.

Reichspräsident v. Hindenburg empfing dis Vertreter der großen Gcwerkschastsverbände zu einer Aussprache.

Der Answärtige Ausschuß des polnische« Sejm hat den dentsch-polnisch-n Handelsvertrag mit d.n Stimmen dis Negierungsblocks und der polnische« Sozialisten endgültig angenommen.

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In Nom begannen gestern die englisch-italienischen Flotten« Verhandlungen.

Gesandten in jedem einzelnen Land noch Konsulate. Für ganz abwegig hielt der Minister den Vorschlag, in den süd­amerikanischen Staaten unsere Gesandtschaften durch Zusam­menfassung zu verringern. Ueber solche Ersparnismaßnahmen am falschen Ort werde -er Ausfuhrhandel mit Recht wenig erbaut sein. Es sei schon schmerzlich genug, daß Deutschland wegen seiner Finanzlage die Gesandtschaften in den AVC.- Staaten nicht in Botschaften umwandeln könne, wie es die übrigen Großmächte getan hätten.

Frankreichs Mililärhaushalt verabschiedet

U«ber 1 Milliarde Ma'k für das französische «riegs- mimistertnm bewilligt

TU. Paris, 27. Febr. Die französische Kammer nahm am Donnerstag morgen den Haushalt des KriegsministeriumS mit 330 gegen 254 Stimmen an. Der Haushalt bewilligt Kredite In Höhe von 6,5 Milliarden Franken lrund 1,ll73 Milliarden Reichsmark). Sämtliche Einwände -er Soziali­sten, bas eine oder andere Kapitel zu kürzen oder ganz zu streichen, wurden mit großer Stimmenmehrheit -er Rechten abgewiesen.

Die Flottenverhandlunpen in Rom

TU. Rom, 27. Febr. Der englische Außenminister Hen- derson und der erste Lord der Admiralität, Alexander, haben sich nach einer soeben ausgegebenen amtlichen Verlautbarung am Donnerstag mit dem italienischen Außenminister Grandi und dem italienischen Marineminister Sirianni >m Palazzo CHigi getroffen. Alexander und Siriannt haben darauf in Gegenwart der Sachverständigen mit der gemein­samen Prüfung der technischen Seit« der Flottensrage be­gonnen, während zwischen Grandi und Henderson ein erster Gedankenaustausch über die aus der Londoner Konferenz noch ungelösten Fragen, sowie über den Stand der italienisch- französisch-englischen Verhandlungen stattgefunden hat. Die Untersuchung zwischen Grandi und Henderson hat 1Z4 Stunde gedauert. Darauf haben die englischen Minister Mussolini einen Besuch abgestattet. Die englisch-italienischen Verhand­lungen werden fortgesetzt.

Ueber den Besuch -er englischen Minister bei Musso­lini ist nur eine kurze amtliche Mitteilung ausgegeben worden, nach der die Unterredung zwischen Henderson, Ale­xander und Mussolini, die sich auf die Flottenfrage bezog, eine Stunde gedauert hat.

Die italienische Presse ist nach wie vor außerordentlich zurückhaltend und steht auch von jeglichen Vermutungen und Kombinationen ab. In politischen Kreisen verlautet, daß dic Donnerstagsverhandlungen, die von den Sachverständige!, fortgesetzt werben, während die Minister bei Mussolini waren, einen befriedigenden Verlauf genommen haben. Mo» nimmt mit Sicherheit an, baß es diesmal zu einem Abschln kommen wird, und die Verhandlungen nicht mehr, wie schon so oft, unterbrochen zu werden brauchen. Die englisch: Minister werden voraussichtlich bis Samstag in Rom -le­ben und auf der Rückreise nach London noch in Paris kn Halt machen. _

Katastrophale Lawinenstürze

TU. Bozen, 27. Febr. Da nach den letzten großen Schnee fällen nunmehr wärmeres Wetter eingetreten ist, haben sich die Lawinenstürze in den Bergen Südtirols stark gehäuft Besonders in der Provinz Trient wurden durch Lawinen große Schäden angerichtet. Zwei Hotels in Pajo und ein Hotel inRabbi, sowie 30 Bauernhäuser sind durch Lawinen zerstört worden. Auch in den Dolomiten gingen Lawinen nieder. Bei Buchen st ein wurden durch eine Lawine zwei Häuser ebenfalls vollkommen zerstört. Eine Person wurde getötet, zwei weiters s-bwer verletzt.