Nr. 49 / Seite 4

Amtsblatt für den Kreis Calw

Samstag, 5. Dezember 1953

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Da das Jugendamt nur die Interessendes Mündels wahrzunehmen hat, ist es auch nicht berechtigt, etwa durch Sozialträger oder sonst­wie nichtgedeckte Kosten der Geburt für die Kindsmutter einzuziehen, dies ist ausschließlich ihre eigene Angelegenheit.

Wird die Vaterschaft anerkannt und die Zahlung des geforderten laufenden Unterhalts­beitrages in notarieller oder gerichtlich beglau­bigter Form bis zum vollendeten 16. Lebens­jahr des Mündels zugesichert, so ist der Ein­gang der Beiträge zu überwachen. Der Kinds­mutter sind entsprechende Beträge zum Unter­halt des Kindes zur Verfügung zu steilen. Bei sparsamer Wirtschaftsführung ist möglichst eine kleine Rücklage für besondere Anschaf­fungen, Krankenhausfälle oder für die spätere Berufsausbildung anzusammeln. Nicht ver­brauchte Beträge werden spätestens bei Voll­jährigkeit dem Mündel zur Verfügung gestellt.

Wird die Vaterschaft und die Zahlungsver­pflichtung nicht anerkannt, so muß Klage vor dem ordentlichen Gericht erhoben werden, bis die Ansprüche des Mündels durch ein rechts­kräftiges Urteil sicher gestellt sind. Liegt Mehr- verkenr vor, so wird im Prozesswege durch angeordnete Blutgruppenuntersuchung oder durch Einholung eines erbbiologischen Gut­

achtens etwa 3 Jahre nach der Geburt des Kindes - zu einem früheren Zeitpunkt ist dies noch nicht möglich - der wahrscheinliche Kindsvater ermittelt und zur Zahlung heran­gezogen. Auf Grund des heutigen Standes der Wissenschaft bleibt die Feststellung des Kinds­vaters bei wahrheitsgemässen Angaben deT Kindsmutter kaum unermittelt. Die Arbeit des Jugendamts wäre auf diesem Gebiet nicht so vielfältig und schwierig, wie sie in Wirklich­keit ist, wenn nicht häufig aus Absicht die Kindsväter sich ihrer Unterhaltspflicht durch ständigen Wohnsitj- und Arbeitsplatzwechsel, ja sogar durch Flucht ins Ausland, zu entzie­hen versuchten. Wenn auch die Flucht ins Aus­land meistens durch geeignete Maßnahmen unterbunden werden kann, bringen die Nach­forschungen nach dem Verbleib der zur Zah­lung der Unterhaltsbeiträge Verpflichteten, Lohnpfändungen, Fahrnispfändungen, Auffor­derung zur Leistung des Offenbarungseides und unter Umständen Strafantrag nach §170b Str.GB wegen Verlegung der Unterhaltspflicht die nötige Abwechslung in die Arbeit des Jugendamts und erfordern von allen Beamten ein grosses Maß an fachlichem Wissen und Fingerspitzengefühl. Selbstverständlich müssen Rentenansprüchedes Mündels verfolgt werden.

Dem Vormundschaftsgericht ist Rechenschafts­bericht zu geben, wie auch innerbetrieblich die Vermögensverwaltung der Mündel einer ständigen Kontrolle unterliegt. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß durch die Verwaltungsarbeit keinerlei finanzielle Belastung des Mündelver­mögens erfolgen dürfen, es sei denn, daß solche durch Maßnahmen, die ausschließlich im Inter­resse des Mündels liegen, entstanden sind.

Diese scheinbar so einseitige Tätigkeit des Jugendamts hat aber auch eine nicht zu unter­schätzende wirtschaftliche Bedeutung. Kinder sind nur Verbraucher. Durch den Eingang der Unterhaltsbeiträge wird die Hilfsbedürftigkeit der Mündel verhindert, die sonst aus öffent­lichen Mitteln unterstützt werden müßten. Durch das Hereinholen von Renten werden dem wirt­schaftlichen Leben des Kreises erhebliche Be­träge zugeführt, deren Höhe im Rahmen die­ses Aufsatzes zu benennen, nicht erforderlich erscheint.

Das Jugendamt hat ferner im Falle der Adoption seines Mündels und bei der Frage der Ehemündigkeit desselben, mitzuwirken, wie auch bei der Verteilung der Kinder aus geschiedenen Ehen und bei .Gefährdung des Kindes durch Mißbrauch oder Vernachlässigung der elterlichen Gewalt. Fortse^ung folgt

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