Nr. 46 / Seite 2

Amtsblatt für den Kreis Calw

Samstag, 14. November 1953

Nichtamtlicher Teil

fius dem Qemeindeteben

Neuenbürg. Die Standesamtlichen Nach­richten der Stadt Neuenbürg verzeichnen im Oktober 1953: 5 Geburten (1 Tochter, 4 Söhne), 3 Eheschließungen, 8 Sterbefälle (darunter 4 Per­sonen über 70 Jahre).

Calw. Die Volksbank Calw e.G.m.b.H. führt in Verbindung mit der Bausparkasse der deut­schen Volksbanken A.G., Schwäb. Hall, am 15. November 1953 in ihren Räumen eine Neu­bau-Ausstellung durch. Eine Vielzahl interessan­ter Häusermodelle gibt allen Bauinteressenten wertvolle Anregungen. In allen Baufinanzie­rungsfragen kann man fachmännisch und kosten­los beraten werden. Es werden neben Neu­bauten auch Hauskauf, Umbauten, Renovie­rungen und Schuldablösungen finanziert. Vor allem besteht jetzt noch Gelegenheit, sich die Wohnbauprämie von DM 400. oder ent­sprechende Steuervergünstigungen für das Jahr 1953 zu sichern.

Die Bausparkasse der deutschen Volks­banken hat ihre besondere Leistungsfähigkeit auch in diesem Jahre bewiesen. Vom Januar bis Oktober 1953 wurden bisher rund 93 Mill. an die Bausparer ausgeschüttet. Die enge Zusammenarbeit mit allen Volksbanken und Spar- und Darlehenskassen hat zu dieser aus­gezeichneten Leistung wesentlich beigetragen.

Wir empfehlen jedem den Besuch der wirklich interessanten Ausstellung (siehe auch Inserat im Anzeigenteil).

Polizeiliche Lärmbekämpfung

Der Verkehrslärm hat in letzter Zeit nachge­lassen.

Ob diese erfreuliche Tatsache auf eine bessere Einsicht u. Rücksicht der motorisierten Verkehrs­teilnehmer oder auf die häufigeren Kontrollen der Polizei oder auf beide Umstände zurückzu­führen ist, wagt das LP.-Oberkommissariat Calw noch nicht zu entscheiden.

Jedenfalls hat es sich z. B. bei den jugend­lichen Motorradfahrern herumgesprochen, daß sie wegen Verursachung übermäßigen Lärms mit ganz empfindlichen Strafen zu rechnen haben.

Insgesamt mußten im Oktober 1953 im Kreis­gebiet lediglich 6 Kraftfahrer wegen ruhestören­den Lärms zur Nachtzeit zur Anzeige gebracht werden und zwar 3 Motorradfahrer, weil sie den Motorlhrer Fahrzeuge längere Zeit mit Voll­gas im Stand laufen ließen und 2 Motorradfah­rer, weil sie durch unsachgemäßes Gasgeben außerordentlichen Lärm hervorriefen.

In letzter Zeit sind in der Öffentlichkeit Kla­gen laut geworden, daß jugendliche Motorrad­fahrer nach Schluß der nächtlichen Lichtspiel­vorführungen dadurch riesigen Lärm erregen, daß sie beim Anfahren schlagartig Gas geben. Dieses Zuviel an Gas läßt die Motoren aufheulen, stört die Nachtruhe in unerträglichem Maße und schadet überdies dem Motor.

Die Polizei wird künftig wiederholt Kontrol­len zur Abstellung dieses Unfugs durchführen.

Was tut der Obstbau gegen seine Absatzkrise?

Haiterbach Der Kreisobstbauverein Calw hielt am 8. November imLamm in Haiterbach seine Bezirksversammlung ab. Bürgermeister Muts (Ebhausen), der stellvertretende Vor­sitzende, konnte eine außerordentlich große Teilnehmerzahl aus dem ganzen Kreis begrüßen. Im Namen des Ortsvereins Haiterbach bewill- kommneten Gärtner Killinger (Haiterbach) und namens der Stadtgemeinde Haiterbach Bürger­meister Meroth die Gäste. Anschließend sprach Kreisobstbauinspektor Walz (Nagold) über sachgemäße Obstbaumpflege, wobei er vor allem dieNotwendigkeit derUmstellungunseres einheimischen Obstbaues auf dem ausländischen Obst gleichwertige Sorten betonte. Wie dringend diese nur auf weite Sicht mögliche Umstellung ist, haben die Obsterzeuger leider noch nicht genügend erkannt. Wegen der immer spürbareren Auslandskonkurrenz beginnt bei manchen Obsterzeugern das Interesse am Obstbau zu erlahmen.

Infolge der Vernachlässigung stehen in jeder Gemeinde eine große Anzahl von Obstbäumen, die Fehlernten ergeben. Die Folge ist, daß jährlich große Summen zur Bedarfsdeckung von Mostobst aus den Gemeinden herausgehen. Die mit Unterstützung des Kreisverbandes und der Kreisgemeinden geschaffenen Musteran­lagen sollen zur Nachahmung dienen. Hier werden nur Maßnahmen durchgeführt, die von den meisten landwirtschaftlichen Betrieben übernommen werden können. Die Ertrags­durchschnitte dieser sachgemäß gepflegten Beispielanlagen liegen (in zweijährigem Durch­schnitt) um ca. 50 v. H. höher als der Durch­schnitt von Württemberg-Hohenzollem im gleichen Zeitraum, wobei der höhere Anteil an wirklich verkaufsfähigem Tafelobst beson­ders auffällig ist. Der Redner mahnte eindring­lich alle Obsterzeuger, nach dem MottoBe­sitz verpflichtet den Obstbau wirtschaftlicher zu gestalten, insbesondere die Baumkronen niederer zu halten und überalterte Bäume zu entfernen.

Kreisobstbautechniker Beyle, Neuenbürg, sprach anschließend über die Ausbildung der Obstbaumbesi&er. Eine solche kann erlangt werden durch Teilnahme an Kurzlehrgängen. Besuch der Landwirtschaftschule oder der staatlichen Obstbauschule. Z.B. wird in Holland zur Anlage und Führung eines Obstbaubetriebs nur Genehmigung erteilt, wenn eine entspre­chende, mit einer Prüfung abgeschlossene Aus­bildung nachgewiesen wird.

Weiter verbreitete sich der Redner über die dringend notwendige Sortenvereinheit­lichung. Nur Grundstücke mit einheitlichen Sorten erlauben lohnende Pflege. Jeder Sorte den ihr zusagenden Pla^! Vorhandene Baum­bestände können durch Umpfropfen vereinheit­licht werden. Hierzu werden seit 2 Jahren staatliche Beihilfen gewährt. Auch über Obst­verkauf und -Lagerung ließ der Redner noch wertvolle Hinweise folgen. Inzwischen war auch der Vorsitzende des Kreisobstbauvereins, Kreisamtmann Stembacher, eingetroffen, der nun kurz Gelegenheit nahm, die Versammlung zu begrüßen und zu ermahnen, im Obstbau dem Ausland nachzueifem, ehe es hierzu zu spät ist.

Als dritter Redner sprach Dipl.-Landwirt Ludwig (Hohenheim) über Düngung und Bo­denpflege. In gut verständlichen Ausführungen wurde an Hand von Kartenskizzen die Ent­stehung des Bodens und dessen Eigenschaften bezüglich des Nährstoffgehalts gezeigt. Auch die Versorgung der Böden mit den Hauptnähr­stoffen auf Grund von Bodenuntersuchungen wurde gezeigt. Der Kalk ist Nährstoff und Re­gulator zugleich, wird aber leicht ausgewaschen. Kalkarme Böden seien für den Obstbau nur bedingt tauglich. Phosphorsäure bewegt sich im Boden sehr langsam, Kali etwas rascher, daraus folge, daß diese beiden Nährstoffe nicht auf den Boden, sondern tief untergebracht wer­den müssen, wenn sie den Bäumen dienen sollen. Stickstoff sei immer am schnellsten wirksam, dürfe aber nie allein gegeben werden und nicht in die Tiefe. Die Verwendung von Voll­dünger sei besser als einseitig zu düngen, so­lange der Boden eines Grundstücks nicht auf seinen Gehalt untersucht sei. In allem sei zu berücksichtigen, daß der Obstbaum fast immer in Konkurrenz mit der Unterkultur stehe. Zur Bodenmüdigkeit in alten Obstgrundstücken meinte der Redner, diese sei noch nicht genü­gend erforscht, sei aber vorhanden. Deshalb sei es erforderlich, bei Wiederbepflanzung eines alten Obstgrundstücks den Boden untersuchen zu lassen. Die Bodenuntersuchung sollte viel­mehr durchgeführt werden, um sich vor un­nötigen Ausgaben zu schützen, es kann dadurch oft Geld gespart werden. Es wird deshalb an­gestrebt, im Kreis ein Netz von Bodenprobe­nehmern aufzustellen, meist Baum warte, welche die Bodenproben entnehmen und sie an die dazu berufene Stelle in Hohenheim zu leiten haben.

In der anschließenden Diskussion wurden noch viele Fragen erörtert und geklärt. Nach fünfstündiger Dauer konnte der Vorsitzende die Versammlung mit herzlich gehaltenen Mahn­ungen an die Obsterzeuger und warmen Dank an die Redner schließen.

Praktische Winke

Obstbaumpfähle dürfen nicht mit Karboli- neum gestrichen werden, da durch den Anstrich Verbrennungen an den Wurzeln hervorgerufen werden. Das Eingehen der Obstbäume ist viel­fach aus dem Anstrich der Pfähle mit Karboli- neum zurückzuführen. Durch Ankohlen,Bestrei­chen mit Oelfarbe, Baumteer oder sonstigen Im­prägnierungsmitteln wird die Haltbarkeit der Pfähle erzielt.

Bei der Obsternte müssen wir darauf achten, daß immer nur gleiche Sorten zusammen geerntet und auch zusammenaufbewahrtwerden. Herbst­und Wintersorten zusammen gebracht, führt zu unregelmäßiger Lagerreife. Durch Ueberreife der früheren Sorten entsteht Fäulnis, die dann auf die spätreifende Sorte übergreift.

Kranke Blätter, die vielfach von Pilzsporen befallen sind und eine schwärzliche Färbung auf­weisen, müssen zusammengerecht und verbrannt werden. Durch Untergraben der Blätter werden die Pilzsporen nicht vernichtet.