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Amtsblatt für den Kreis Calw
Samstag 4. April 1953 Samsta
blick über die Verbreitung der Epidemien zu erzielen, mußten in zeitraubender Kleinarbeit ganze Bibliotheken medizinischer Literatur herangezogen und ausgewertet werden. Die Karten verzeichnen Zeitangaben, Sterblichkeitsraten, Therapien, Wege der Ansteckung und Verbreitung und ersetzen durch ihre anschauliche graphische Darstellung ganze Reihen detaillierter Einzeldarstellungen.
Bei der Auswertung der gezeichneten Seuchenwege ergaben sich überraschende und durch ihre Gesetzmäßigkeit geradezu bestürzendeMomente. Die einzelnen Hinweise von Forschern auf bestimmte geographischeWege.dieansteckende Krankheiten immer wieder zu nehmen scheinen, summieren sich auf einer Weltkarte zu einem sich vielfach überlagernden Nefe: Seuchen nehmen in aller Regel Wege, die mit den bedeutenden Verkehrswegen der Geschichte übereinstimmen. Auf den ersten Blick sehen darum die Seuchenkarten wie die üblichen Verkehrskarten aus: die Linien ziehen sich über Bergpässe und Meerengen hin, verlaufen entlang der Küsten und überqueren auf kürzestem Wege die Weltmeere.
Vergleiche der geophysikalischen und klimatischen Bedingungen der von den Seuchen heimgesuchten Gebiete ergeben auffällige Aehnlichkeiten. Sicher spielen Durchschnittstemperatur, Höhenlage, Luftfeuchtigkeit und geographische Länge und Breite eine wichtige Rolle. Die überaus gefährlichen und hartnäckigen Wurmseuchen suchen nur die Bewohner der heißen Zone heim; die chronische Anämie der Kranken setzt die Widerstandskraft in schreckenerregender Weise herab. Es kann angenommen werden, daß vier Fünftel der kultivierten Erdoberfläche noch mehr oder weniger mit unaufbereitetem Dünger gedüngt werden; solange hier nicht Einhalt geboten wird, besteht die Gefahr der Ansteckung parasitärer Krankheiten.
Die spinale Kinderlähmung dagegen tritt im wesentlichen nur auf der nördlichen Halbkugel auf. Soweit diese Krankheit südlich des Aequators Fuß fassen konnte - so an einigen Stellen in Chile und Brasilien - befiel sie vor allem einjährige Kinder. Diese Entdeckung läßt den Schluß zu, daß ältere Menschen allmählich gegen das Virus immun geworden sind, wohingegen in der Arktis einer Anstek- kung noch Tür und Tor offen stehen. Sicher scheint auch, daß in manchen Gebieten, die auf der Karte von den unheimlichen Spuren der Krankheit noch nicht berührt sind, der Neuankömmling an Kinderlähmung erkranken kann.
Manche Vorgänge in diesem Zusammenhang sind der exakten Wissenschaft noch nicht erklärbar; zum Teil liegen sie außerhalb der Medizin. Es wird zum Beispiel angenommen, daß Strahlungseinwirkungen, Luftdruck, statische Elektrizität und Ionisation Krankheiten fördern und verbreiten helfen können. Richtung und Stärke des Windes spielen wahrscheinlich ebenfalls eine Rolle, die den Aerz- ten schon vor Jahrhunderten geläufig war, ohne indessen eine Erklärung auszulösen; man nahm eben hin, daß bestimmte Winde ein bestimmtes Fieber mit sich brachten. Oft war und ist es so, daß der Wind aus einer gewissen Richtung Mücken aus Sumpfgebieten in die menschlichen Siedlungen trägt; eine Malariaseuche ist die einst rätselhafte Folge. Eine Sonderkarte zum Atlasblatt „Malaria“ führt 27 Arten von Stechmücken an, die in den Malariagebieten das Fieber übertragen.
Merkwürdigerweise gibt es auch einen gleichsam abstrakten Krankheitsträger, der im „Atlas der Krankheiten“ immer wieder in Erscheinung tritt; das Reisen, die Gewohnheit der Menschen, sich von einem Ort zum andern zu begeben. Die „Cholera-Karte“ zeigt besonders anschaulich, wie die Krankheit längs der Strassen über Kontinente wandert, aber auch von Küste zu Küste, von Hafenstadt zu Hafenstadt zu springen vermag.
Ferner befinden sich auch „schweigende Zonen“ auf allen Karten, die sich mit den unbewohnten Gebieten der Erde decken. Es be
steht allerdings kein Zweifel, daß die Krankheitskeime hier auf der Lauer liegen; als letzte Bedingung zum Ausbruch der Seuche fehlt eben nur der Mensch.
Die bisherige Arbeit der amerikanischen Aerzte und Geographen löst neue Gedanken aus, die zu untersuchen sich einmal segensreich auswirken wird. So könnte einmal der Frage
nähergetreten werden, welche Beziehungen zwischen gewissen kulturellen Eigenheiten, religiösen Bräuchen sowie allgemeinen Lebensgewohnheiten und der Bereitschaft zu epidemischen Krankheiten bestehen. Noch immer sieht es vielfach so aus, als bedürfe es des gesamten Arsenals der forschenden Wissenschaft, um ihrer Herr zu werden.
Genug Arzneimittel für Notfälle
Erfahrungen der Grippeepidemie
Die einige Wochen anhaltende Grippewelle, die als die stärkste seit vielen Jahren bezeichnet wird, hat zu einem sprunghaften Anstieg des Ärzneimittelbedarfes geführt. Im Vordergrund der Nachfrage standen chininhaltige Präparate, ferner andere Mittel, mit denen fieberhafte Erkrankungen wirkungsvoll bekämpft werden können. Infolge der vielfach auftretenden Komplikationen, z. B. Lungenentzündungen, hat auch der Verbrauch von Antibiotika, Sulfonamiden, Kreislaufmitteln, Hustenpräparaten etc. einen starken Auftrieb erfahren. Der Bedarf an Arzneimitteln war um so größer, als auch in verstärktem Umfang Vorbeugungsmittel verlangt wurden.
Engpässe schnell überwunden Die erheblichen Vorräte der Industrie, die
an sich einen normalen Monatsbedarf um ein Mehrfaches überstiegen, reichten zunächst nicht aus, den großen Stoßbedart zu decken, weil heute wesentlich mehr als früherauf die Lagerhaltung beim Hersteller zurückgegriffen wird. So ist es anfänglich zwangsläufig zu gewissen Spannungen gekommen. Relativ schnell gelang es jedoch, durch Inbetriebnahme von Apparaturen, die die pharmazeutische Industrie für alle Fälle in Reserve hält - ein Umstand, der erhebliche Investitionen erfordert, obwohl diese Apparaturen zunächst totes Kapital darstellen - ferner durch Einlegen zusätzlicher Arbeitsschichten, sowie durch fabrikatorische Umstellungen der stark gestiegenen Nachfrage voll gerecht zu werden. Damit wurde erneut bewiesen, daß die industrielle Arzneimittelherstellung in der Lage ist, sich elastisch allen, auch ungewöhnlich erhöhten Anforderungen der Arzneimittelversorgung anzupassen.
Därme aus der Retorte
Eine Wursthaut, die man essen kann
Weil in Deutschland die Wurst ein so beliebtes Nahrungsmittel ist, reichen die Därme aus inländischen Schlachtungen bei weitem nicht aus; ein erheblicher Teil muß importiert werden. Nun war aber der Naturdarm als Wursthülle von Anfang an in mancher Hinsicht verbesserungsbedürftig,Gewebeschwächen und zuweilen nicht einwandfreie Verarbeitung in den Ursprungsländern führten immer wieder dazu, daß tierische Därme bei der Verarbeitung plagten und Wurstgut verloren ging. Das dem Naturdarm anhaftende Fett ist den Konsumenten vielfach unerwünscht, da es nicht nur das Aussehen, sondern auch den Geschmack der Wurst nachteilig beeinflußt. Auch hygienische Gesichtspunkte spielten bei dem Gedanken mit, einen sterilen Kunstdarm anstelle des tierischen Produktes zu verwenden. Schließlich war auch noch die Ueberlegung maßgebend, daß sich Kunstdarm in jeder gewünschten Dicke und Länge herstellen läßt.
Mit Pergament fing es an
Bereits vor der Jahrhundertwende waren Bemühungen im Gange, Kunstdärme zu fabrizieren und schon Anfang der siebziger Jahre wird der Pergamentdarm erwähnt. Etwa 40 Jahre später entstand das erste Verfahren zur Herstellung von imprägnierten Seidengewebe- Därmen, das dann in der Folgezeit ständig ausgebaut wurde. Aufgrund ganz andersartiger Erkenntnisse wurden dann Anfang der dreißiger Jahre völlig neuartige Kunstdärme hergestellt. Es gelang, aus reiner Cellulose, nahtlose Kunstdärme herzustellen, die haltbar, absolut steril und maßhaltig waren. In der Folgezeit wurden verschiedene Spezialsorten dieser Cellulosedärme geschaffen, so z. B. für Dauerwurst. Diese haben die Eigenschaft, der Fleischmasse beim Schrumpfen zu folgen, ohne sich - wie man es in der Fachsprache nennt - abzusefeen. Es werden dadurch Schimmelbildung und andere Erscheinungen vermieden. Weiterhin wurden Spezialdärme für Blutwurst geschaffen, die sich nach dem Anschnitt leicht von der Wurstmasse lösen. Eine besonders interessante Entwicklung ist der Schäldarm. In ihm werden die Würste gebrüht oder geräuchert und dann die Haut entfernt. Durch das Brühen bezw. Räuchern gerinnt das Eiweiß des Fleisches an der Oberfläche und ergibt eine natürliche Haut, die die Wurstmasse zusammenhält.
Algen als neuester Rohstoff
Ein völlig anderer Weg zur Herstellung
von Naturdärmen geht von den ungegerbten Hautabfällen aus, die bei der Lederfabrikation anfallen. Nach einem besonderen Verfahren werden die Fasern aufgeschlossen und im Verlaufe eines komplizierten Fabrikationsprozesses zu einem nahtlosen Darmschlauch verarbeitet, der dem tierischen Darm stark ähnelt. Dadurch, daß die Hautfasern in drei Schichten, ähnlich dem Sperrholzprinzip, übereinander liegen, besigen diese Därme eine außerordentliche Festigkeit.
Eine der lebten Entwicklungen ist der eßbare Kunstdarm. Er hat weder Cellulose noch Lederfasern zur Grundlage, sondern wird aus Alginaten hergestellt. Alginate sind Salze der Alginsäure, die aus den Algen des Meeres gewonnen wird. Er ist der erste eßbare künstliche Darm. Er ist gut kaubar und verdaulich, geschmacklos, reiß- und dehnfest und hat die außerordentlich geringe Wandstärke von nur Vioo mm.
Kunstdärme spielen nicht nur in Deutschland eine Rolle, denn der bei weitem bedeutendste Kunstdarmhersteller der Welt sind die USA. Ein weiteres überzeugendes Argument ist die Tatsache, daß selbst in Lindern, deren Eigenproduktion an tierischen Därmen einen umfangreichen Export ermöglicht, ein sehr bedeutender Kundenkreis für künstliche Därme besteht.
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Bad Liebenzell. „Laßt das Natürliche so natürlich wie möglich 1“ Dieses Prinzip, das mit Recht nachhaltigen Widerhall findet, haben sich die Lebensreformer zum Leitgedanken ihrer Bestrebungen gemacht. Auf dem „Kongreß der Ideale“, der vom 12. bis 18. Mai in Bad Liebenzell stattfindet, werden namhafte Fachleute über diese lebensreformerischen Bestrebungen sprechen und auch diejenigen, die den Forderungen der VU fremd gegenüberstehen, zum Nachdenken anregen.
Calw. Durch den Verwaltungsrat der Kreissparkasse Calw wurde zum Nachfolger für den in den Ruhestand getretenen bisherigen Spar-
Hlnweis: Unserer heutigen Ausgabe liegt ein Wett- schein des Württemberg-Badischen Totos im West-Süd- Block bei. Wir empfehlen die Beilage Ihrer besonderen Aufmerksamkeit. Die 12 er-Wette brachte bisHer die höchsten Quoten, die leichte 10 er-Wette viele lohnende Gewinne.
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