Samstag den 8. November 1952

Amtsblatt für den Kreis Calw

Nr. 45/Seite 3

Nichtamtlicher Teil

Wieder ein neuer Werkstoff

Eine besondere Attrakton der Fachmesse und Leistungsschau Kunststoffe 1952 bietet der Stand der Badischen Anilin- und Soda- Fabrik. Den sich um diesen Stand drängenden Besuchern wird nämlich praktisch vorgeführt, wie aus einem perlartigen Stoff in wenigen Sekunden ein federleichtes Schiffchen in einer einfachen Metallform durch Dampfeinwirkung entsteht.

Bei dem neuen Werkstoff handelt es sich um ein Polystrol, das sogenannte Styropor. Ein Liter dieses Materials enthält meh­rere Millionen luftgefüllter in sich geschlossener Zellen. Der Vorzug der Styropors besteht darin, daß es sich ohne besondere Nachbe­handlung direkt zu Formkörpem verarbeiten läßt. Kompliziert ge­baute Formkörper lassen sich - wie die obenerwähnte praktische Vorführung auf dem BASF-Stand beweist - in der Weise herstellen, daß Styropor in Form von Perlen oder Körnern in eine Metallform eingefüllt und der Einwirkung von Hige unterworfen wird. Dabei blähen sich die Perlen auf, und es bildet sich in der Form ein druckfester, kompakter und sehr leichter Körper. Durch richtige Auswahl der Perlen oder Körner kann das Styropor so leicht her­gestellt werden, daß jedes Kind einen großen Blöde auf den Fingern zu balancieren vermag.

Dieses neuartige Material eignet sich natürlich nicht nur zum Schiffchenbau, sondern hat eine eminent wichtige praktische Bedeu­tung. Man verwendet es für die verschiedensten Gebiete der Isola­tionstechnik und zwar dann, wenn vom Material besonders hohe mechanische, thermische oder auch chemische und elektrische Bean­spruchungen verlangt werden. Isolierschalen, Kühlschränke, Kühlbe­hälter, Schwimmkörper, wie Rettungsringe oder Schwimmwesten u. a. m. dürften in absehbarer Zeit Hauptanwendungsgebiete des Styropor werden. Dank seiner günstigen dielektrischen Eigenschaften ist der neue Werkstoff geradezu prädestiniert für Hochfrequenzlei­tungen und für spezielle Fernsprechkabel.

Salzlos braucht nicht geschmacklos sein

Tausende von Herzkränken und an zu hohem Blutdrude lei­denden Menschen werden alljährlich von ihren Ärzten auf salzarme oder salzfreie Diät gesegt. Für viele dieser Patienten beginnt dann erst die monatelang währende Leidenszeit. Kein Essen schmeckt mehr, alles erscheint ihnen fade und schal. Sie leben, wie sie sagen, nicht nur salzlos, sondern auch freudlos. Früher oder später be­ginnen sie alle, sich selbst und die Ärzte zu betrügen, in der Hoff­nung, daß einige Körnchen Salz nicht schaden würden. Um dem Übelstand abzuhelfen, untersuchten einige Ärzte und Chemiker über hundert im Handel erhältliche Küchengewürze auf ihren Natrium­gehalt. Sie stellten dabei fest, daß von 41 Gewürzen nur fünf mehr als 0,1 Proz. Natriumkonzentrat enthielten, zu diesen fünf gehören allerdings zwei der häufig verwendeten Gewürze, nämlich Sellerie und Petersilie. Ihr Salzgehalt ist so hoch, daß ihr Genuß jede diä­tetische Wirkung aufheben kann. Der Natriumgehalt der übrigen analysierten Gewürze liegt jedoch so niedrig (unter 0,05 Prozent), daß man bedenkenlos damit würzen kann. Die Auswahl ist groß genug, um für die verschiedensten Ansprüche Spielraum zu gewährlei­sten. Zu den Gewürzen gehören vor allem: echte Vanille, Anis, Kümmel, Dillsamen, Knoblauch, Ingwer, Nelkenpfeffer Mohn,Thymian, Salbei und Lorbeerblätter.

Das Kunststoff-Fenster ist da

Auf der AusstellungKunststoffe 1952 wird zum ersten Mal ein aus stranggepressten Profilen hergestellter Fensterrahmen gezeigt, der gegenüber den bisher gebräuchlichen Holzfensterrahmen wesent­liche Vorteile aufzuweisen hat: Er ist absolut dicht abschließend, er leidet nicht unter den wechselnden Witterungseinflüssen und verfügt darüber hinaus über eine ausgezeichnete Isolationsfähigkeit. Diese Kunststoff-Fensterrahmen, die nicht an normale Abmessungen gebunden sind, haben wegen ihrer eleganten Ausführung das be­sondere Interesse der Messebesucher gefunden.

Das Wetter und der Durst

Daß das Klima den Verbrauch von Nahrungs- und Genußmitteln sehr nachhaltig beeinflußt, weiß jeder. Obwohl an kalten Wintertagen ein Glas heiße Milch mit Honig ein wunderbar durchwärmendes Getränk ist - der beste Schuggegen Erkältungen - liegt der Milchver­brauch in den wärmsten Monaten des Jahres doch noch um 2530 % höher als zur Winterszeit. Hige ist offenbar doch noch schwerer zu ertragen als Kälte. Selbst Witterungsschwankungen von Tag zu Tag beeinflussen den Verbrauch, und zwar in jeder Jahreszeit. Sonnen­schein und trockene Luft fördern immer die Nachfrage. Nach sorg­fältigen Beobachtungen, die schon 1928 in Berlin angestellt worden sind, ist einwandfrei erwiesen, daß an Tagen mit niedrigem Feuch­tigkeitsgehalt der Luft der Milchverbrauch ein höherer ist und um­gekehrt im Sommer wie im Winter.

Hinweis: Unserer heutigen Ausgabe liegt ein Wettschein des Württemberg- Badischen Totos im West-Süd-Block bei. Wir empfehlen die Beilage Ihrer beson­deren Aufmerksamkeit. Die 12 er-Wette brachte bisher die höchsten Quoten, die leichte 10 er-Wette viele lohnende Gewinne.

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