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Nr. 36

Freitag, den 13. Februar 1931

Jahrgang 103

Wichtige Abstimmungen im Reichstag

Entschließungen für Revision der Reparalionsverpflichtungen, Abrüstung, und gegen die Kriegsschuldlüge angenommen

TU. Berlin, 13. Febr. Bei den Abstimmungen über den Haushalt des Auswärtigen Amtes im Reichstag in der Dvnnerstagsitzung wurde ein Antrag des Christl.-Soz. Volksdienstes nnd der Konservativen, wonach die Negierung möglichst bald in Verhandlungen über eine Revision des Boungplanes init den beteiligten Mächten eintreten und alle innerpolitischen Maßnahmen treffen solle, die für den Erfolg notwendig seien, mit 314 gegen 56 Stimmen der Kommunisten angenommen

Ein kommiinistischcr Antrag auf sofortige Einstellung der Aoungzahllingcn wurde mit 314 gegen 68 Stimmen abge- lchut, ebenso ein Antrag des Landvolks, die im Noungplan vorgesehenen Schutz- und Nevisionsmöglichkeilen sofort zu ergreifen und die völlige Beseitigung der endgültig als un­tragbar erwiesenen Ncparationslasten in Angriff zu nehmen. Angenommen wurde ein Antrag der Wirtschaftspartei, der eine Denkschrift über die bisher a» den früheren Fetndbnnd dnrchgesührten Leistungen fordert. Weiter wurde abgelehnt ein Antrag Dr. Frick <Nat.-Svz.s, zu dem die Kommunisten einen Aendcrungsantrag eingebracht hatten und nach dem Deutschland angesichts des völligen Versagens des Völker­bundes seinen Austritt aus diesem vorbereiten solle. Zur Anualinte gelangte eine Entschließung, die Maßnahme» zur Beseitigung des einseitigen, de« historische» Tatsachen nicht entsprechenden Kriegsschuldurteils des Versailler Vertrages durch Berufung eines lnternataionale» Ansschnsses von nn- partei,scheu Sachverständigen fordert.

Der Reichstag wählte als Nachfolger für den bisherige» nationalsozialistischen Vizepräsidenten Stöhr den Ab­geordneten vonKardorfs lDVP.j mit 258 Stimmen zum Viz epMs i d enlen. Der Kommunist Pieck erhielt 56 Stimmen. Zu Schriftführern anstelle der ausgcschiedenen Nativnal- sozialMen wurden die Abgeordneten NeyseS lZtr.) mit 262 nnd'S ch » eider - Berlin lStaatspartei) mit 260 Stim­men gewählt. K

Zu Begiu. der Rcichstagssitzung erklärte der Reichstags- Präsident L^' ruf Befragen, daß sämtliche national­sozialistische dnete sich ihre Februardiäten hät­

ten voranszah-n lassen, so daß bisher kein roter Heller er­spart sei. Eine Abführung eingesparter Diätcngelder ent­sprechend dem nationalsozialistischen Antrag an bedürftige Erwerbslose ist demnach vorerst nicht möglich.

Nach Vornahme der Ersatzwahl für den Bizepräsidenten- posten, der rein formale Bedeutung zukam, und nach Er­ledigung der Abstimmungen zum Etat des Außenmini­steriums trat dann das Haus in die Beratung des Haus­halts des Neichswirtschaftsministeruuns ein. Staatssekretär Trendclenburg gab den üblichen Rechen­schaftsbericht, wobei er erklärte, das Neichswirtschafts- ministerium werde an dem früher bereits vom Reichstag zum Ausdruck gebrachten Grundsatz, daß Subventionen nur dort erteilt werden könnten, wo besondere außerwirt- schastliche Gründe sie erfordern, auch weiterhin festhalte. Zu­mal durch Subventionen vielfach nur eine Verlagerung der Schmierigkeiten auf andere Wirtschaftszweige erzielt werde. Dieser Zusammenhang werde insbesondere leicht von lokalen Stellen übersehen, die sich nicht vor Augen hielten, daß der hierdurch geschaffene künstliche Wettbewerb die Arbeitsmög­lichkeit anderer Betriebe >n andere» Gebieten beeinträchtigte. Auf die beteiligten Stellen soll im Sinne dieser Einstel­lung eingewirkt werden. Der wirtschaftlich richtigen Er­teilung der össentlichen Austräge werde das Ministerium auch weiterhin besondere Aufmerksamkeit widmen. An der Diskussion beteiligten sich nur drei Redner, und zwar der Kommunist Neubauer, der die russischen Zustände lobte, der Sozialdemokrat Tarnow, der gegen die Lohnherab- setzungSpolitik der Regierung polemisierte, schließlich Pro­fessor Dessau er vom Zentrum. Er nahm scharf für die Industrie und die Kommunen nnd gegen d'e Landwirtschaft Stellung und erklärte unter lebhaftemHört. Hört", daß keine deutsche Regierung seit hundert Jahren für die Land­wirtschaft so viel getan habe wie die gegenwärtige und die vorherige".

Besprechungen beim Kanzler.

Reichskanzler Dr. Brüning empsing gestern nachmit­tag im Reichstag die Führer mehrerer Parteien. Mit der Landvolkpartei sei in erster Linie über das Osthilfe-

gesetz gesprochen worden, das das Kabinett am Samstag be­schäftigen soll. Die Besprechungen mit den Führern der So - zialöemokratie hatten sich auf die gesamte, durch die Selbstausschaltung der Dcutschnationalen und Nationalsozia­listen bedingte parlamentarische Lage erstreckt. Man rechnet damit, daß sich der Reichstag voraussichtlich Ende März bis in den späten Herbst vertagen wird.

Nach dem Empfang beim Reichskanzler trat der sozial­demokratische Fraktionsvorstand zu einer Besprechung über die dort behandelten Fragen zusammen.

Minister Wirth über die politische Lage.

Im Berliner Rundfunk sprach Neichsinnenminister Dr. Wirth über die politische Lage. Er betonte, baß die Negie­rung der Mitte mit ihrem Willen zur Staatsführung auf demokratischer Grundlage immer mehr anerkannt werde. Auch die Sozialdemokratie sei zu einer staatspolitischen Hal­tung eingeschwenkt und habe ihre große Mandatszahl zur Mehrheitsbilüung zur Verfügung gestellt. Dies sei für den Radikalismus der Linken und für die nationalsozialistische Bewegung eine große Enttäuschung gewesen. Eine zweite Enttäuschung für die Nationalsozialisten sei die Betätigung im Reichstag geivescn, wo Schlagworte der Gefühlswelt durch vernünftige Erwägungen erledigt würden. Die National­sozialisten seien daher in die ersten Zeiten der Arbeiterbe­wegung znrückgefallen. Ihre Flucht aus dem Parlament sei die Bekundung reaktionärer Gesinnung. Die Nationalsozia­listen seien eben auf dem parlamentarischen Boden unsicher geworden. Sie hätten die Gefahr erkannt, vom deutschen Volk durchschaut zu werden. Wirth wandte sich dann auch ge­gen die Teutschnationaleit und kritisierte ihrew Auszug aus dem Reichstag. Wenn der Radikalismus der nationalen Idee glaube, so führte er aus, mit dem Rabikalisinus der Natio­nalsozialisten parallel manövrieren zu müssen, so stünde es um die bürgerliche Ideologie sehr schlecht. Den Plan der Bildung eines Rumpfparlaments der Rechten nannte Wirth hierauf eine Kinderei. Gegen einen derartigen revolutio­nären Schritt werde jede Reichsregierung energisch Vorgehen müssen. Mit deutlicher Wendung gegen die Nationalsoziali­sten betonte Wirth endlich, daß diejenigen, die eine» neuen Abschnitt in der deutschen Geschichte einleiten wollten, bei allem ihrem Tun bedenken müßten, baß sie erst vor kurzem die Legalität vor dem Leipziger Gerichtshof beschworen hät­ten. Man könne draußen stehen und legal bleiben, man könne aber nicht auf Legalität pfeifen, indem man glaube, eine neue Welle der Unruhe in das deutsche Volk tragen zu dürfen.

Nationalsozialistische Erklärungen.

Staatsminister Dr. Frickhat dem Vertreter derDAZ." in Weimar auf Anfrage erklärt, baß die Nachricht von der Einberufung einer Fraktionssitzung der Nationalsozialisten oder eines Neichskongresses nach Weimar völlig unrichtig sei. Die 107 Reichstagsabgeordneten der Natio­nalsozialisten würden vielmehr umgehend im ganzen Reiche in Versammlungen zum Volke sprechen.

In Gandersheim erklärte Minister Dr. Frantzen. Die Aenderungen -er Geschäftsordnung des Reichstages seien verfassungswidrig. Die Nationalsozialisten würden den Reichstag nicht wieder betreten, bevor die verfassungsmäßi­gen Zustände ivieber hergestelll seien. Sie wollten dem Volke klar machen, wohin die Weg gehe. Die Nationalsozialisten seien sich klar darüber, daß der Kampf, der in Kürze ent­brennen würde, hart sein werde, er werde schwere Opfer kosten, aber nicht umsonst sein.

In einer Massenkundgebung, die die Nationalsozialisten im Berliner Sportpalast veranstalteten, erklärte Dr. Göb- beks: Der Nationalsozialismus stehe heute in der dritten Etappe seiner oppsitionellcn Entwicklung. Die Opposition schicke sich an, bas Heft in die Hand zu nehmen, gestählt durch Verfolgung, Verleumdung, Verbote und Verfassungsbruch.

Die Nationalsozialisten würden jetzt das Volk zum Kampf gegen den Tributreichstag aufrufen. Sie würden in den Reichstag zurückkchren, aber mit dem Volk. Das Ausland solle sich hüten, Beschlüße dieses Rumpfparlaments als bin­dend anzusehen, s!) Der Reichstag habe das Recht verwirkt, im Namen des Volkes zu handeln. Ein kommender Staat werde über seine Beschlüsse zur Tagesordnung übergehen.

Polizeiaktion gegen Nationalsozialisten

Haussuchungen in nationalsozialistische» Geschäftsstellen und Führerwohnungen

TU. Berlin, 13. Febr. Der Polizeipräsident teilt mit: In Erledigung eines in der Totschlagsache Schneider-Gras, Hufelandstratze 81, ergangenen Beschlusses !n:8 Untersuchungs­richters beim Landgericht 1 Berlin, Laudgerichtsrat Dr. Beck­mann, wnrdc gestern morgen eine Durchsuchung der Ge­

schäftsräume des sog. Obersten Sturmführers Hauptmann a. D. Stenn es, seiner Privatwohnung sowie der Ge­schäftsräume des Gausturms Berlin, Hedemannstr. 1V. fer­ner der Wohnung des Gausturmsührers der engeren Mit­arbeiter und Standartenführer und der für den Wohnbezirk der gesuchten Personen zuständigen Bezirks- und Sektions­führer der N.S.D.A.P. von Beamten -er politischen Polizei vorgenommen.

Di« Durchsuchung bezivecktc die Feststellung des Aufent-

Tages-Spiegel

Im Reichstag wurden gestern mit großen Mehrheiten An­träge für Einleitung von Ncvisionsverhandlungen gegen die Nichterfüllung der Abrüstung bei den andere» Staaten nnd für die Ausschaltung der Kricgsschnl-lttge ange­nommen.

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Man rechnet in Negiernngskreise« mit der Vertagung des Reichstags z« End« März bis in den Spätherbst.

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Der Reichsrat lehnte sämtliche Einsprüche Thüringens gegen Einbürgerungsgesnche ab.

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Im Haushattsausschutz wandte sich der Neichssinanzminister gegen die Annahme, die Beamteng-Hälter würden noch weiter gekürzt.

Zaleski dementierte jm Sejm polnische Angrifsspliine gegen Nnßland «nb lehnte jede Diskussion über eine Revision der Grenzen ab.

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Ans dem Hochschwarzwald werden Schneestürme gemeldet. Der Schnee liegt im Feldberggebiet über -zwei Meter hoch.

Haltes der gesuchten Becker und Haufchke. Die Ermitt­lungen nehmen zur Zeit ihren Fortgang. Wie vom Polizei­präsidium ergänzend mitgeteilt wird, ist außerordentlich umfangreiches Material gefunden worden. Es hat sich er­geben, daß gewisse Beziehungen -wischen den Berliner Stel­le» der N.S.D.A.P. und einer ausländischen national­sozialistischen Stelle bestanden haben, die darauf hinans- liefen, die wegen polizeilicher Straftaten verfolgten Partei­angehörigen ins Ausland abzuschieben.

Im Zusammenhang mit den gestrigen Haussnchnngen bei den Organisationen der Nationalsozialisten veröffentlichen einige Berliner Abendblätter Makeriat, das dem Nachweis dienen soll, daß die Urheber der Mordtat in der Hufeland- straße in der Silvesternacht an den Neichsbannerleuten Schneider und Graf unter Mitwirkung einer Geheim- organisation der Nationalsozialisten ins Ausland geflüchtet seien. Bekanntlich war einer der Mordverdächtigen, der 19- jährige Maurerlehrling Kollatz, aus der Flucht ins Aus­land bei Kufstein verhaftet worden. Die beiden anderen Gesuchten sind Rudy Becker und Hauschke. Kolatz soll die Absicht gehabt haben, sich am Tage nach der Tat freiwillig der Polizei zu stelle», sei aber von den beiden anderen Tätern, Becker und Hauschke, dahin bestimmt worden, daß er abwarten müsse, was seitens der Vorgesetzten in der Par­tei angeordnet werde. Die Täter seien dann nach Feldberg in Mecklenburg beordert und von einem Nationalsozialisten mit Abzeichen auf dem dortigen Bahnsteig in Empfang ge­nommen und untergebracht worden. Am anderen Morgen seien Hauschke und Becker über München nach Oberaudorf gereist, wo sie sich nach Ueberfchretten der Grenze bei dem Parteigenossen Waltitz melden sollten. Kolatz sei nach dem Bauerngut 2 des Sturmführers Walter Koch in Rülow bet Glienicke gebracht worden.

Gleichzeitig mit de» Haussuchungen in Berlin sind Durch­suchungen auch bei den Sturmführern in Feldberg und Neu­strelitz in Mecklenburg erfolgt. In Feldberg wurde -er Ouartiermeister der Nationalsozialisten verhaftet, er ist nach dem Berliner Polizeipräsidium gebracht worden. Der Fest­genommene soll wegen Begünstigung der Mörder dem Un­tersuchungsrichter vorgeführt werden.

Englische Zollwunschliste

TU. Bern«, ig. Febr. Wie die Telegraphen-Union zu den Verhandlungen, die die englische Regierung mit den Negie­rungen verschiedener europäischer Staaten über die Herab­setzung der Zolltarife eingeleitet hat, erfährt, hat England seine Wunschliste in Berlin bereits unterbreitet. Offiziell sind die Verhandlungen, die ursprünglich in Brüssel statt- finden sollte», aber noch nicht ausgenommen worden. Die englischen Wünsche auf Zollermäßigung b-zieben sich im wesentlichen auf Textilwaren. Aber auch andere Waren, an deren Ausfuhr nach Deutschland England ei» großes Interesse hat, sind in der Wunschliste enthalten.

Polnische Spione in Oberschlesien

TU. Leobschütz, 18. Febr. Wie dieOberschlesische Volks- stimme" meldet, wurden am Dienstagnachmittag durch Be­amte des Polizeipräsidiums Oppeln und der kommunalen Polizei Leobschütz in einer Leobschützer Gastwirtschaft zwei männliche Personen festgenommen, als sic im Begriff waren, von einem Reichswehrsoldaten militärische Papiere in Emp­fang zu nehmen. Es handelt sich um einen polnischen Staats­angehörigen aus Kattowitz und einen Reichsdeutschen aus Gleiwitz. Die Verhafteten wurden nach eingehendem Verhör dem Gerichtsgefä'ngnis Ratibor ziigesührt.