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BEKANNTMACHUNGEN DER BEHÖRDEN DES KREISES

CALW

Samstag, den 6. September 1952

Nr. 36

Gesdiäftsraummietengesetj

Gesetj zur Regelung der Miet- und Paditverhältnisse über Gesdiäftsräume und gewerblich genügte unbebaute Grundstücke vom 25. Juni 1952 (BGBl. I S. 338)

DRITTER ABSCHNITT Widerruf der Kündigung

§8

(1) Bringt die Kündigung eines Mietverhältnisses Über Geschäftsräume oder gewerblich genügte unbebaute Grundstücke, das vor dem 1. Dezember 1951 begründet ist, erhebliche wirtschaftliche Nachteile für den Mieter oder, soweit die Räume öffentlichen Zwecken dienen, eine Gefährdung öffentlicher Belange mit sich, so kann der Mieter den Widerruf der Kündigung verlangen; dies gilt nicht, wenn dem Vermieter die Fortsetjung des Miet­verhältnisses nicht zngemutet werden kann.

(2) Vermieter ist auch, wer nach dem Abschluß des Mietvertrages das Eigentum an dem Grundstück erwirbt.

§9

(1) Die Fortsetjung des Mietverhältnisses kann dem Vermieter insbesondere nicht zugemutet werden:

1. wenn ein Grund vorliegt, aus dem der Vermieter zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündi­gungsfrist berechtigt ist;

2. wenn der Vermieter die Räume oder Grundstücke für eigene Zwecke oder für Zwecke seines Ehe­gatten oder eines Verwandten gerader Linie be­nötigt und auchbei Berücksichtigung der Ver­hältnisse des Mieters die Vorenthaltung des Miet­gegenstandes eine schwere Unbilligkeit für den Vermieter darstellen würde; eine schwere Un­billigkeit liegt nicht vor, wenn der Eigenbedarf in der Absicht geltend gemacht wird, dem Mieter in seinem in dem Mietraum geführten Geschäfts­zweig eine unzumutbare Konkurrenz zu machen;

3. wenn auf dem vermieteten Grundstück oder Grundstücksteil ein Gebäude durch Kriegsein­wirkungen zerstört oder erheblich beschädigt ist, der alsbaldige Wiederaufbau oder die alsbaldige Wiederherstellung gewährleistet erscheint und bei Fortsetjung des Mietverhältnisses der Wieder­aufbau oder die Wiederherstellung wesentlich erschwert wäre;

4. wenn der Vermieter bei anderweitiger Vermie­tung eine höhere als die bisherige Miete erzielen könnte und der Mieter sich weigert, in eine an­gemessene Mieterhöhung von dem Zeitpunkt an einzuwilligen, zu dem die Kündigung wirksam war.

(2) Eine Mieterhöhung ist angemessen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4, wenn und soweit die vom Ver­mieter geforderte Miete die ortsübliche Miete, die sich für Geschäftsräume oder Grundstücke gleicher Art und Lage nach Wegfall der Preisbindungen bildet, nicht übersteigt.

(3) Sofern die Feststellung der ortsüblichen Miete im Sinne des Absatjes 2 erheblichen Schwierigkeiten begeg­net, tritt an die Stelle der ortsüblichen Miete die Miete, die sich auf Grund der Verordnung nach § 3 Abs. 4 ergibt.

(4) Willigt der Mieter in eine angemessene Mieter­höhung ein, so kann sich der Vermieter nicht darauf berufen, daß er bei anderweitiger Vermietung eine höhere als die ortsübliche oder im ralle des Absatjes 3 eine höhere als die dort bezeichnete Miete erzielen könnte.

§ 10

(1) Der Mieter kann sich nicht darauf berufen, daß die Kündigung für ihn im Sinne des § 8 Abs. 1 erheb­liche wirtschaftliche Nachteile mit sich bringt:

1. wenn er die Möglichkeit hat, sich für die gemie­teten Räume (oder Grundstücke zu zumutbaren Bedingungen einen wirtschaftlich im wesentlichen gleichwertigen Ersatj zu verschaffen, oder

2. wenn der Vermieter ihn für die durch den Ver­lust der Räume entstehenden Nachteile angemes­sen entschädigt oder, soweit die Nachteile erst in Zukunft zu erwarten sind, angemessene Sicher­heit leistet.

Inhalt des amtlichen Teils

1. Geschäftsraummietengeseö.

2. Lehrgang und Prüfung für den mittleren Verwaltungsdienst.

3. Bekanntmachung d. Oberversicherungsamts.

4. Bekanntmachung der LVA. Württemberg Zweigsstelle Tübingen.

5. Bekanntgaben d. Amtsgerichte - Zwangsver­steigerung.

(2) Der Mieter kann sich nicht darauf berufen, daß die Kündigung eine Gefährdung öffentlicher Be­lange mit sich bringt, wenn die Voraussetjung des Absatjes 1 Nummer 1 vorliegt.

§ii

(1) Der Mieter kann bei einem vor dem I. Dezember 1951 begründeten Mietverhältnis ohne Rücksicnt auf die in § 8 Abs.'t bezeichneten Voraussetjungen den Wider­ruf der Kündigung verlangen, wenn er durch Gewährung von Zuschüssen oder Darlehen oder in sonstiger Weise einen erheblichen Beitrag zur Schaffung oder Instand- sefjung der gemieteteniRäume erbracht hat und nicht die in § 9 Abs 1 Nr. 1, 3 oder 4 bezeidineten Voraus- setjungen vorliegen.

(2) Ein Zuschuß ist als erheblich im Sinne des Ab­satjes 1 anzusehen, wenn er den Betrag der bisherigen Janresmiete übersteigt. Ein vor der Kündigung getilg­tes Darlehen oder ein vor der Kündigung durch die Dauer des Vertrages als getilgt anzusehender Zuschuß oder ein Beitrag, der nicht zu einer nachhaltigen Wert­steigerung geführt hat, bleiben außer Betracht.

(3) Hat der Mieter einen iih Sinne des Absatjes 1 erheblichen Beitrag zur Schaffung oder Instandsetjung der Räume geleistet, so ist eine Mieterhöhung augemes­sen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4, wenn und soweit die von dem Vermieter geforderte Miete die ortsübliche oder die sich aus § 9 Abs. 3 ergebende Miete abzüglich eines nach der Höhe des Beitrags angemessenen Betra­ges nicht übersteigt. Der Bundesminister für Wirtschaft kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wohnungsbau das Nähere durch Rechtsverordnung be­stimmen.

§ 12

(1) Der Mieter kann ohne Rücksicht auf die in § 8 Abs. 1 bezeichneten Voraussetjungen bei Mietverhält­nissen, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet sind und sich auch auf Wohnräume beziehen, den Widerruf der Kündigung verlangen, wenn weder die in § 9 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 4 bezeichneten Voraussetjungen vorliegen noch für den Vermieter an der Erlangung des Mietraums ein so dringendes Interesse besteht, daß auch bei Berück­sichtigung der Verhältnisse des Mieters die Vorenthal­tung eine schwere Unbilligkeit für den Vermieter dar­stellen würde.

(2) Absatj 1 gilt nicht, wenn der Mieter die Möglich­keit hat, sich für die Wohnräume unter zumutbaren Be­dingungen einen angemessenen Ersa£ zu verschaffen.

§ 13

(1) Der Mieter verliert den Anspruch auf Widerruf der Kündigung, wenn er der Kündigung nicht innerhalb eines Monats seit dem in Absatj 2 bezeidineten Zeitpunkt schriftlich widerspricht.

(2) Die Frist nach Absatj 1 beginnt mit dem Zugang einer schriftlichen Erklärung des Vermieters, aus der sich ergibt, daß der Mieter den Anspruch auf Widerruf der Kündigung verliert, wenn er ihr nidit unter Einhaltung der in Absa$ 1 bestimmten Form und Frist widerspricht. Diese Erklärung des Vermieters kann mit der Kündigung verbunden werden.

§ 14

Ist der Mieter ohne eigenes Verschulden an der recht- Izeitigen Erklärung des Widerspruchs gehindert, so läuft die Frist des § 13 Abs. 1 nicht vor Ablauf von zwei Wochen seit Behebung des Hindernisses ab. Jedoch kann der Widerspruch nadi Ablauf von sechs Monaten seit dem Ende der versäumten Frist nicht mehr erklärt werden.

§ 15

(1) Macht der Vermieter auf Grund einer Kündigung Ansprüche, insbesondere den Anspruch auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes, geltend, so kann der Mieter die ihm obliegende Leistung verweigern, wenn er den Widerruf der Kündigung verlangen kann.

(2) Widerruft der Vermieter die Kündigung oder wird er rechtskräftig zum Widerruf verurteilt oder wird die Klage auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegen- Standes auf Grund der Einrede nach Abs. 1 rechtskräftig abgewiesen, so gilt die Kündigung als nicht erfolgt.

(3) Hat der Mieter in eine angemessene Mieterhöhung eingewilligt, so tritt in den Fällen des Absatjes 2 an die Stelle der bisherigen Miete die erhöhte Miete.

§16

(1) Ueber den Anspruch des Mieters auf Widerruf der Kündigung wird, sofern ihn der Mieter durch Einrede gemäß § 15 Abs. 1 geltend macht, in dem Verfahren ent­schieden, in dem der Vermieter Ansprüche auf Grund der Kündigung geltend macht. Das Recht des Mieters, den Anspruch auf Widerruf im Wege der Klage geltend zu machen, bleibt unberührt.

(2) Für die Klage auf Widerruf der Kündigung ist ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes das Amts­gericht zuständig, in dessen Bezirk sich der Mietgegen­stand befindet.

(3) Ist eine Klage auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes anhängig, so kann der Anspruch auf Widerruf der Kündigung, falls er nicht durch Einrede nach § 15 Abs. 1 geltend gemacht wird, nur im Wege der Widerklage geltend gemacht werden; ist eine Klage auf Widerruf der Kündigung anhängig, so kann der Anspruch auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes nur im Wege der Widerklage geltend gemacht werden. Klage und Widerklage betreffen in diesen Fällen denselben Streitgegenstand im Sinne des § 13 Abs. 1 des Gerichts- kostengesetjes.

(4) Für die Wertberechnung bei einer Klage auf Wider­ruf der Kündigung gilt § 10 Absatj 1 Satj 2 des Gerichts- kostengesetjes.

(5) Für die Vertretung der Parteien gilt bei der Klage auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes oder auf Widerruf der Kündigung § 12 des Mieterschu£gesetjes entsprechend.

§17

(1) Hat der Mieter in eine angemessene Mieterhöhung eingewilligt, so ist auf Antrag des Vermieters oder des Mieters in dem Urteil, durch das der Vermieter zum Widerruf der Kündigung verurteilt oder durch das die Klage auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegen­standes auf Grund der Einrede nach § 15 Abs. 1 abge­wiesen wird, die geschuldete Miete festzustellen.

(2) Ist die geschuldete Miete nach Absa£ 1 in dem Urteil festgestellt, so kann im Falle einer neuen Kündi­gung des Vermieters eine abweichende Miete nur festge­stellt werden, wenn sich die Verhältnisse wesentlich ge­ändert haben.

§18

(1) Hat der Mieter einen im Sinne des § 11 Abs. 1 und 2 erheblichen Beitrag zur Schaffung oder Instandsetjung der Räume geleistet, so kann auf Antrag des Mieters in dem Urteil, durch das der Vermieter zum Widerruf der Kün­digung verurteilt oder durch das die Klage auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes auf Grund der Einrede nach § 15 Abs. 1 abgewiesen wird, ein Zeitpunkt bestimmt werden, für den eine Kündigung des Vermieters frühestens zulässig ist.

(2) Der Zeitpunkt ist unter Berücksichtigung aller Um­stände, insbesondere der Höhe des Beitrags, der Billig­keit entsprechend zu bestimmen.

(3) Durch eine Bestimmung nach den Abs. 1 und 2 wird das Recht des Vermieters zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist nicht berührt.

§19

Gegen das Urteil, durch das über den Anspruch auf Widerruf der Kündigung oder über den Anspruch auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes ent­schieden wird, findet die Berufung ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes statt. Das Urteil kann auch nur bezüglich der Feststellung der von dem Mieter geschuldeten Miete oder bezüglich der Bestimmung des Zeitpunktes, für den die Kündigung des Vermieters frühestens zulässfg ist, selbständig angefochten werden.

§20

Läuft die Zeit, für die ein Mietverhältnis der in § 8 Abs. 1 bezeichneten Art eingegangen ist, nach dem In­krafttreten dieses Gesetjes ab, so gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern nicht der Ver­mieter oder der Mieter es unter Einhaltung der gesetjlichen Kündigungsfrist (§ 6) auf den Zeitpunkt des Ablaufs kün­digt. Eine vor dem Inkrafttreten dieses Gesetjes getroffene entgegenstehende Vereinbarung ist unwirksam.

§21

(1) Die Vorschriften der §§ 8 bis 20 mit Ausnahme des § 16 Abs. 2 gelten entsprechend für Pachtverhältnisse über Geschäftsräume oder gewerblich genügte unbebaute Grundstücke, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind. Für die Klage auf Widerruf der Kündigung ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich der Pachtgegenstand befindet.

(2) Bilden ein Geschäftsbetrieb oder Unternehmen und die zu diesem gehörenden Räume oder Grundstücke den Gegenstand eines einheitlichen Pachtverhältnisses, so ist der Anspruch auf Widerruf der Kündigung ausgeschlossen, es sei denn, daß der Nutjungswert der Räume oder Grund­stücke den Nutjungswert der sonst überlassenen Sachen und Rechte erheblich übersteigt.

§ 22

Auf Kündigungen, die für einen nach dem 31. Dezem­ber 1954 liegenden Zeitpunkt erfolgen, finden die §§ 8 bis 21 keine Anwendung.

Fortsetjung folgt.

Lehrgang und Prüfung für den mittleren Verwaltungsdienst

Die Ausbildung und Prüfung für den mitt­leren Verwaltungsdienst im früheren Lande Württemberg-Hohenzollem ist durch die Ver­ordnung des Staatsministeriums über die Prü­fung für den mittleren Verwaltungsdienst vom 17. Februar 1949 (Reg. Bl. S. 134) geregelt. Diese Vorschriften gelten für die Verwaltung des Staats und der Körperschaften, Anstalten und

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