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Amtsblatt für den Kreis Calw

24. November 1951

farbigem Herbstlaub. Stehen da noch einige Sträucher, deren Fruchtstauden sich färben, z. B. der wilde Schneeball mit seinen roten Beerenbüscheln, die schwarzen Ligustertrauben und einige Mahonienbüsche, deren rotbuntes, festes Blattwerk und blaubehauchte Beeren so schmückend sind, welche entzückenden herbstbunten Sträuße lassen sich aus ihnen zu­sammenstellen!

Nicht so winterhart wie die Chrysanthemen, aber widerstandsfähiger als alle übrigen Herbst­pflanzen, sind die Hydrangen (= Hortensien) mit den runden, rauhen, graugrünen Blättern und den großen spitzen Blumendolden, die erst grünlichweiß, im Verblühen bräunlichrot und violett anlaufen. Man kann sie wochenlang ohne Wasser in den Vasen halten. Vier bis fünf

Dolden in einer großen, breiten Keramikvase wirken sehr dekorativ.

Auch die japanische Ballonpflanze (Physalis (= Blasen- oder Judenkirsche) mit ihren weit­hin leuchtenden Fruchtständen von aufgereih­ten roten Bällen ist frosthart und ein schöner winterlicher Gartenschmuck.

Zum Schluß einige winterharte Chry­santhemensorten, niedrige Sorte: Rehauge und Dr. Fellbe (hellbraun), Mägdeblick (tiefrot), Goldperle (bronze), Pemberton (dunkelrot), Kanaria (gelb), Ruby King (leuchtend rot). Chrysanthemum indicum: Braune Normandie (braungold), Prinzeß Suliava (goldgelb), Gold­schopf (leuchtend goldbronze), Spätherbstfeuer (rotbraun), Nebelrose (silberrosa), La Tri- umphanto (fliederlila).

Junges Gemüse und alte Kräuterbüdier

Das von der modernen Ernährungslehre vor­geschriebene Dünsten des Gemüses ist nichts Neues. In einem alten hannoverschen Koch­buch von 1802 zu einer Zeit also, die weder Dünsttopf noch Dämpfhaube kannte wird es als die Gemüsezubereitungsart,Stopfen genannt, erwähnt. Erst eine spätere Zeit pro­pagierte das Abkochen der Gemüse. Durch den Kochprozeß tritt ein Teil des Blattgrüns oder Chlorophylls, eines der lebenswichtigsten Pflan­zenstoffe, das auch für den menschlichen Kör­per von großer Wichtigkeit ist, aus der Sub­stanz in das Kochwasser. Wird nun gar das Kochwasser noch abgegossen, so geht ganz ver­loren, was erhalten werden soll. Da wußte man es vor fast 2000 Jahren schon besser:Die Kohlblätter in heißem Wasser erwallen zu las­sen und den Saft zu trinken, ist nützlich, schäd­lich dagegen ist es, daß man die erste Brühe abschütte und andere darüber gieße und in derselbigen wiederum sieden lassen (Gatanus). Die Kochvorschriften längst vergangener Jahr­hunderte stimmen überhaupt merkwürdig mit unseren modernen überein:Ein in öl gekocht Müslein von Bynetsch (= Spinat) soll zuerst für andere Speisen aufgetragen werden. Und: Zeitige Trauben soll man jederzeit für andere Speisen essen (Tabemaemontanus 1613).

Es ist bekannt, daß die Lauch essenden orien­talischen Völker weniger an Darmkrankheiten leiden als wir. Schon Tabemaemontanus rät einen reichlichen Knoblauch-Genuß an:Wider die Pestilenz ist Knoblauch wohl so gut als theure Artzeney, darumb sollen die Schnitter, welche in der Hitze ungesund Wasser trincken, den Knoblauch in der Speiß brauchen, welches auch die, so wandern, thun sollen. In der modernen deutschen Küche verwendet man zwar Knoblauch, aber man tut es recht zaghaft. Wenn man aber wüßte, was unsere Altvorderen schon wußten, so würde man im Knoblauch­verbrauch auch weniger zurückhaltend sein. Leonhard Fuchs, derblumensammelnde Pro­fessor der Medizin zu Tübingen, ein Zeitgenosse des Paracelsus, schreibt in seinemNew Kräuterbuch, 1547:Met de noten verliest de Knooplook syn Scherpicheyt (mit Nüssen ver­liert Knoblauch seine Schärfe). Und:Eine rohe Bohne, ein gebraten Mangoltwurtzel, Peterlein (Petersilie) oder Eppich (Sellerie) vertreibet den (Knoblauch-)Gestanck!

In früheren Jahrhunderten würzte man die Speisen vorwiegend mit einheimischen Kräu­tern, obwohl die Gewürze, die einst die Kreuz­fahrer und die Entdecker der Neuen Welt mit heimgebracht hatten, überall bekannt waren. Besonders begehrt war die Wurzel von Lieb­stöckel. Hierüber schreibt Fuchs in seiner Historia:Ghedroocht ende ghepulverizeert, die is den peper gheliyck van smacke (getrock­net und vulverisiert gleicht sie an Geschmack dem Pfeffer). Sauerampfer, Weinrebe und Sal­bei waren weitere, viel verwendete Würz­kräuter. Majoran wardie edle Würtz in aller Kost, und Thymian,unserer lieben Frauen Bettstroh, in die Speise gemengt,dat maeckt goeden appetyt om eten (das wirkt appetit­anregend).

Wie heute, so galt bereits schon im Altertum der Spargel alsKönig der Gemüse. Er wurde in öl gesotten. Bohnen wurden in Milch mit Fenchel gekocht, von Erbsenin der Küchen vielerley Trachten gemacht, Möhren galten alssüß und lieblich und erregen den Appetit. Nur die Tomate wird in den alten Kräuter­büchern als Aschenbrödel behandelt. Man kennt sie zwar vom Hörensagen, man weiß, sie wird in Welschland wie Karottengemüse oder als Salat gegessen, aber mehr wollte man von ihr nicht wissen. Vom Boretsch hingegen hielt man auch früher schon viel:Die lieb­lichen Borragenblumen können an Speiß und Trank gebraucht werden, denn sie erfreuen Herz und Gemüth. Rr.

Küdiendeutsdi

Unser Küchendeutsch ist für den Außen­stehenden eine ziemlich rätselhafte Angelegen­heit, und daß diese Fachsprache etwa auf streng logischen Sprachgesetzen aufgebaut sei, kann auch nicht geradezu von ihr behauptet werden.

Diesämige Soße z. B., die besser eine seimige (= dickflüssige) Soße hieße, bindet man mit Kraft- oder Stärkemehl, einem Mehl, das mit Kraft gleich-Stärke nichts zu tun hat, sondern das seineStärke vom englischento starch = steifen ableitet. Will man Wild mürbe machen, so h ä n g t man es a b, obwohl es auf gehängt ist. Sein Fell entfernt man durch Abhäuten, bei einem Hasen streift man die Haut durch Abziehen ab. Zieht man aber eine Soße a b, so braucht man Eigelb dazu. Hefeteig läßt man gehen, obwohl er gerade hierbei seinen Platz nicht wechseln darf. Eine Bowle setzt man a n, indem man ihre Grundbestandteile in das Gefäß schüttet. Kaffee ist nicht nur nichts für schwache Nerven, er hat ganz offensichtlich selber welche; denn wenn man ihn mit kal­tem Wasser abschreckt, so fällt er vor Schreck auf den Kannenboden. Durch Er­hitzen klärt man die Butter, den Zucker aber läutert man durch die gleiche Prozedur. (Zucker-Bruch übrigens ist eines der wenigen Dinge, die derBruch nicht unbrauchbar, son­dern im Gegenteil sehr brauchbar macht.) Die Krone der Unlogik ist es, einen Fisch zu schuppen. Schuppen hat er ja schon! Man kann ihn daher nur entschuppen. Rr.

Mildi für Flecke und andere Zwecke

Ein altbewährtes und dabei sehr nahrhaftes Volksheilmittel bei Heiserkeit und Husten 'ist folgendes: 1 Eigelb wird mit 1 Eßlöffel voll feingestoßenem Kandiszucker dickschaumig gerührt, dann mengt man 2 Eßlöffel Rum oder Cognak bei, gießt 1 Achtelliter heiße Milch darüber und trinkt dies vor dem Schlafen­gehen. Ein- bis zweimal genommen, behebt dieser Trank eine durch Verkühlung zu­gezogene Heiserkeit, wenn sie nicht schon zu fest sitzt. Wird kochendheiße Milch in einen neuen, leeren Schrank gestellt, so nimmt sie diesem den Holzgeruch. Zum Genüsse ist

die Milch dann allerdings unbrauchbar. Zu stark gesalzenes Fleisch, wie jungen Schinken usw., ebenso geräucherte oder mari­nierte Fische mildert man, wenn man sie 1 bis 2 Stunden in abgerahmter, roher Milch liegen läßt. Leber aller Art schmeckt feiner, wenn sie einige Stunden vor dem Gebrauch in Milch eingelegt wird. Milch ist auch ein vorzüg­liches Reinigungsmittel. Lackschuhe er­hält man frisch und glänzend, wenn man sie mit roher Milch tüchtig einreibt und dann mit einem weichen, trockenen Tuch nachpoliert. Milch ist auch eine gute Möbelpolitur. Mög­lichst frische Milch, die noch keinen Fettstoff ausgeschieden hat, wird mit einem weichen Tuch auf die Möbel aufgetragen und bis zum Trockenwerden nachgerieben. Der Lappen zeigt dann, wieviel Unreinigkeit die Milch von den Möbeln löste. Obstflecke entfernt man gut und schnell, wenn man die fleckige Stelle sofort mit Seife und kaltem Wasser wäscht, über Nacht mit Milch bedeckt stehen läßt und am nächsten Morgen wieder wäscht. Stock­flecke aus der Wäsche lassen sich mit Butter­milch entfernen, die mehrere Tage gestanden hat und völlig sauer ist. Man weiche die fleckige Wäsche darin ein und lasse sie einige Zeit liegen. Danach tüchtig mit lauwarmem Wasser auswaschen und mit kaltem Wasser nach­spülen. Bei starken Flecken muß das Ver­fahren evtl, wiederholt werden. Rührt man Gips mit Sauermilch an, so erhärtet ihn dies bedeutend mehr. Rr.

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...daß Element ursprünglich nur die drei Buchstaben 1, m und n bedeutet. Das lateinische Alphabet hat nämlich in einer vorliterarischen Epoche nicht mit a, b, c, sondern mit 1, m, n begonnen. DieElemente waren zunächst Anfangsbuchstaben des Alphabets, daraus wur­den später im übertragenen SinneAnfangs­gründe überhaupt.

... daß das WortPupp e der Kaiserin Poppäa, der zweiten Gemahlin des Nero, seine Entstehung verdanken soll. Die durch Schön­heit ausgezeichnete, aber sittenlose Poppäa war dieLieblingsfrau, das bevorzugteSpielzeug Neros, um derentwillen er seine erste Gattin ermorden ließ. Aus Poppäa bildeten die Römer pupa undpupula, woraus dann bei den Franzosenla poupee, im Englischenthe puppet und im Deutschendie Puppe wurde.

...daß das WortSilhouette, mit dem man die Schattenrißbilder bezeichnet, zum Spott auf den verhaßten Finanzminister Etienne de Silhouette, einem Günstling der Pompadour, geprägt wurde. Dieser Minister hatte sich in seinem Amte und durch seinen privaten Geiz so mißliebig gemacht, daß man Gegenstände von ärmlichem Aussehen bald ä la Silhouette nannte. Zunächst bezeichnete man Hosen ohne Geldtaschen so, dann ging der SpottnameSilhouette auf die neu aufgekom­menen schwarzen Ausschnittbilder über, wobei man höhnte, sie seien schwarz wie die Seele des Finanzministers und leer wie die Staats­kasse.

... daß dieVespasiennes, die im Stra­ßenleben von Paris eine wichtige Rolle spielen gewisse diskrete Häuschen (Cabinets daisance) ihren Spottnamen dem römischen Kaiser Vespasianus verdanken. Dieser Kaiser führte im Jahre 75 n. Chr. zuerst eine Steuer auf Bedürfnisanstalten ein und wies die da­gegen vorgebrachten Einwände mit den Worten zurück:Gut ist der Geruch des Gewinns, wo­her er auch stamme. Spöttisch bezeichnete danach der Volksmund die öffentlichen Be­dürfnisanstalten nach dem Namen des Kaisers.