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Amtsblatt für den Kreis Calw

13. Oktober 1951

Nichtamtlicher Teil Das Kündigungssdiutzgesetz

Auf dem bedeutungsvollen sozialpolitischen Gebiet des Kündigungsschutzgesetzes hat das am 13. August 1951 verkündete Kündigungs­schutzgesetz (KSchG) im Bereich der Bundes­republik die Rechtseinheit wieder hergestellt. Damit sind nicht nur die landesrechtlichen Kündigungsschutzgesetze außer Kraft gesetzt worden, sondern auch alle seither seit Beginn des Krieges erlassenen Arbeitseinsatzgesetze, vor allem die Arbeitsplatzwechselverordnung vom 1'. September 1939. Der Kündigungsschutz dient künftig nicht mehr dem Arbeitseinsatz­interesse, sondern in erster Linie der Be­kämpfung der sozialwidrigen Kündigung. Das Kernstück des Gesetzes ist der allgemeine Kün­digungsschutz, der grundsätzlich für die Arbeit­nehmer aller Berufsgruppen gilt. Voraus­setzung für den Kündigungsschutz ist aber 1. die Beschäftigung in einem Betrieb oder einer Verwaltung, in denen in der Regel mehr als 5 Arbeitnehmer ausschließlich der Lehr­linge beschäftigt werden, 2. eine mindestens sechsmonatige ununterbrochene Beschäftigung in demselben Betrieb oder Unternehmen und 3. ein Alter von mindestens 20 Jahren. Daraus folgt, daß auch eine erhebliche Gruppe von Arbeitnehmern den Kündigungsschutz nicht genießt, das sind die Arbeitnehmer a) in Kleinbetrieben bis zu 5 Arbeitnehmern, b) bei einer Beschäftigungsdauer bis zu 6 Monaten, und c) im Alter unter 20 Jahren. Durch die erstgenannte Beschränkung wird ein sehr gro­ßer Teil des Handwerks, der kleineren Laden­geschäfte, der bäuerlichen Betriebe sowie der Betriebe der Angehörigen der freien Berufe und der Hauswirtschaft aus dem Kündigungs­schutzgesetz herausgenommen. Ferner genie­ßen leitende Angestellte keinen Kündigungs­schutz. Diese vom Kündigungsschutz nicht be­troffene Gruppe von Arbeitnehmern kann sich gegen eine Kündigung, die sozialwidrig ist, nicht wehren. Nur wenn die Kündigung ge­radezu sittenwidrig ist, ist sie als unberechtigt und deshalb nichtig anzusehen. Diese Aus­nahmefälle werden vom Gesetz nicht behan­delt.

Das neue Gesetz läßt eine ordentliche Kün­digung grundsätzlich zu. Die Kündigung ist aber dann rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Diese Unwirksamkeit muß jedoch durch eine besondere, an eine Aus­schlußfrist von 3 Wochen gebundene Klage vor dem Arbeitsgericht geltend gemacht werden. Wenn diese Klage auf Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst sei, nicht rechtzeitig erhoben wird, so gilt die Kündigung als von Anfang an rechts­wirksam. Die Ausschlußfrist von drei Wochen beginnt am Tage des Zugangs der Kündigung an den Arbeitnehmer. Wer in diesen 3 Wochen nichts unternimmt (die Klage muß bei Ablauf der Frist beim Arbeitsgericht eingereicht sein!), dessen Kündigung ist wirksam, auch wenn sie als sozialwidrig angesehen werden mußte. Diese Regelung, die im Interesse der Klarheit getroffen wurde, ist besonders zu beachten. Das Gesetz erklärt nun eine Kündigung stets dann für sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder dem Ver­halten des Arbeitnehmers liegen oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in die-

Straßensperre

Wegen Straßenbauarbeiten ist die Bundes­straße 296 im Zuge der Ortsdurchfahrt durch die Bischofstraße in Calw gemäß § 4 der StVO, bis auf weiteres für Fahrzeuge aller Art ge­sperrt. Umleitung erfolgt örtlich über die Leder­straße.

Calw, den 6. Okt. 1951. Landratsamt

Verkehrsabteilung

sem Betriebe entgegenstehen, bedingt ist. Es ist also z. B. eine Kündigung wegen mangeln­der körperlicher oder geistiger Leistung, wegen unzulänglicher Leistung, Unzuverlässigkeit oder Unverträglichkeit nicht sozial widrig. Aber auch betriebliche Erfordernisse werden als ge­rechtfertigt anerkannt, solange hierbei der Arbeitgeber soziale Gesichtspunkte ausrei­chend berücksichtigt. Ist dies nicht der Fall, so greift der Kündigungsschutz ein. Der Arbeit­geber hat also bei Kündigungen wegen drin­gender betrieblicher Erfordernisse auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, den Familien­stand und das Lebensalter der zu kündigenden Personen zu achten. Im Prozeß hat der Arbeit­nehmer zu beweisen, daß diese Auswahl nicht richtig vorgenommen worden ist. Andererseits haben die betriebstechnischen, wirtschaftlichen und sonstigen berechtigten betrieblichen Er­fordernisse den Vorrang vor den sozialen Ge­sichtspunkten, z. B. die Entlassung des Hilfs­arbeiters vor dem Gesellen. Bei der Auswahl darf die kürzere Dauer der Betriebszugehörig­keit eines Vertriebenen oder eines Heimkeh­rers bis zum 14. August 1953 zu dessen Nach­teil nur insoweit berücksichtigt werden, als es sich um den Vergleich mit einem anderen län­ger beschäftigten Vertriebenen oder Heim­kehrer handelt. fFortsetzung in nächster Nummer)

Aus dem Gemeindeleben

Historischer Rückblick

Neu-Bulach, 1,2 km von Alt-Bulach entfernt, verdankt seine Gründung als Stadt dem Berg­bau, der früher am Bulach-Berg auf edle Me­talle betrieben wurde. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts hieß es schlechtwegBulach oderBulach, die Stadt zum Unterschied von Alt-Bulach, dessen älteste erhaltene urkund­liche Benennung alsAlt-Bulach aus dem Jahr 1277 datiert. Erstmals in den Staatshand­büchern für 1799 wirdBulach die Stadt als Neu-Bulach bezeichnet. Der Name Bulach dürfte von Bu = Wohnung und Lach, einer Nebenform von Loch = Wald herzuleiten sein. Der Volkswitz erklärt den Namen so:Bei der Aufschürfung reicher Gold- und Silberadern an der Stelle des heutigen Bulach rief ein Vater seinem Sohne voller Freude zu:Bu, lach! Eine ähnliche Vergünstigung, wie sie der pfäl­zische Kurfürst Ruprecht dem von 1364 bis 1440 rheinpfälzischen Bulach der Stadt mit Dekret vom 7. Juli 1405 gewährte, wäre bestimmt auch heute hochwillkommen. In dieser Verfügung heißt es u. a.:Wegen der getreuen Dienst der Stadt... und weil sie fast verarmt und ver­derblich geworden, solle sie auf zehn Jahre mit keinen neuen Steuern belegt werden, damit sie sich desto besser erholen könne. Bis zur Änderung der alten Verfassung im Jahre 1805 behielt Neu-Bulach seine politische Selbstän­digkeit und das Recht, einen Abgeordneten zu den württembergischen Landtagen zu schicken. Für mich wie Bulach wurde zum geflügelten Wort.

Calw. Das am vergangenen Sonntag im Gast­hausZum Rebstöckle ausgetragene erste Schachturnier um die Bezirksmeisterschaft im Bezirk Pforzheim Calw II Weiler II gewann Calw mit 6 :2 Spielen. Die Gäste hiel­ten sich wacker und lieferten z. T. interessante und gute Partien. Ein Zeichen, daß bei ihnen zu Hause, trotz der verhältnismäßig kleinen Einwohnerzahl des Ortes, das Schachspiel sehr gepflegt wird. Für die Calwer ist es ein guter Auftakt zur Bezirksrunde und ein Beweis ihres beachtlichen Könnens.

Gewonnen haben die Herren: Scheil, Burk­hardt, Seitzer, Köpstadt, Kämmerer und Bauer.

Arbeitskräfte gesucht

Hauptamt Nagold

Männlich: 3 Maler, 2 Gipser, 1 Flaschner und Installateur, 1 Kfz.-Mechaniker (mögt, aus der Um­gebung Altensteig), 3 Möbelschreiner (teilw. Polier­kenntnisse), 2 jüng. Bäckergesellen, i jüng. gewandte Kraft als Hilfsarbeiter, l Hausdiener, 1 Garten­arbeiter, mehrere Dienst- und Pferdeknechte.

Weiblich: 2 Beiköchinnen, 3 Bedienungen, 1 perf. Zimmermädchen, mehrere Haus- und Kuclienmäd- chen, einige perf. Hausgehilfinnen für Privathaus­halte sowie eine Anzahl Mädchen für Haus- und Landwirtschaft.

Nebenstelle Calw

Männlich: 20 Landarbeiter (ledig), 1 Kunst­steinmacher (Terrazzomacher), 1 Plattemeger, 1 Ma­ier, 2 Gipser, mehrere Maurer, 1 Werkzeugmacher für Schnitt- und Stanzenbau (kleine Massentelle), 3 Blechschlosser für Karosserieabtl. einer Auto­fabrik, 2 Flaschner, 11 Karosserieflaschner, 1 Kon­trolleur f. Blechwaren, 1 Elektro-installateur (18 bis 22 J.), 1 Kraftfahrer für 20-t-Diesel (25 bis 35 J.), 1 Hilfsarbeiter als Beifahrer für Langholzfuhr- geschäft (ledig), 2 perfekte Autosattler, 1 Polsterer, 1 Herrenfriseur, 1 Müller, selbst. (19 bis 21 J.), für Kundenmühle, 2 Bäcker (ledig, davon 1 bis zu 40 J.),

1 Jungkoch oder jüngerer Alleinkoch, 2 Kürschner,

2 Hausburschen (ledig).

Weiblich: l Säuglingsschwester, l Kranken­schwester, 1 Schneidermeisterin für Heim, 1 Schnei­dergesellin, 2 Stickerinnen (für Heimarbeit), 1 Ser­viererin, 1 Anfangsserviererin, 2 Aushilfsservie­rerinnen für 1 bis 2 Tage wöchentlich, Küchenmäd­chen für Hotels und Gaststätten, Hausgehilfinnen für Geschäfts- und Privathaushalte.

Marktberichte

Stadt. Schlacht- und Viehhof Pforzheim

Auftrieb am Dienstag, 9. Oktober 1951: 29 Ochsen; 27 Bullen, 27 Kühe, 44 Kinder, 120 Kälber, 35 Schafe, 230 Schweine.

Preise je Pfund Lebendgewicht: Ochsen: a 100108, b 9299; Bullen: a 100110, b 9299; Kühe: a 8590, b 7084, c 60^-69, d bis 58; Kinder: a 100110, b 9099; Schweine: vollfette 148150, vollfleisch. 148150, flei­schige 145148, Sauen 125135; Kälber: beste 140148, gute 128138, geringe 110126; Schale: 7580.

Marktverlauf: Großvieh flott. Schweine langsam bei erhöhten Preisen. Kälber ruhig geräumt.

Pforzheimer Obst- und Gemüsemarkt in der Woche vom 1. bis 7. Oktober 1951

Die angegebenen Preise stellen lediglich die auf den jeweiligen Märkten festgestellten Verkaufspreise dar und verstehen sich, wenn nicht anderes ver­merkt, in Pfennigen für ein Pfund:

Obst: Äpfel 2050, Bananen 9095, Birnen 1550, Trauben 5585, Quitten 3540, Preiselbeeren 85110, Pfirsiche 2535, Zitronen 1520, Zwetschgen 3238, Nüsse 6585.

Gemüse: Ackersalat/i 2535, Bohnen 2550, Endivien St. 1520, Blumenkohl St. 1080, Blumenkohl Pfund 45, Kartoffel 10, Kopfsalat St. 720, Karotten 2025, Karotten Pfund 20, Kotkraut 2025, Rosen­kohl 50, Rote Rüben Bund 1520, Rettiche 515, Rettiche Bund 20, Spinat 2035, Tomaten 3050, Weißkraut 20, Wirsing 2025, Gurken St. 2540, Gur­ken Pfund 1535, Essiggurken 3045, Lauch 510, Meerettich St. 2060, Paprika 5060.

Pfifferlinge 130, Steinpilze 130, Stoppelpilze 130, Butter 250 g 158^-159, Landbutter 135, Margarine 61, Palmin 140, Honig 300320, Masthahnen 280, Suppen­huhn 260, Mastente 260, Gänse 280320, Rebhuhn St. 200320, Rehragout 120, Ziemer und Schlegel 280, Wildschweinkopf 50.

Daß die Mammutfichte = Sequoia gigantea, auch Washingtonie oder Wellingtonie genannt, ein Alter von mehr als 4000 Jahren und einen Stammumfang Von rund 10 m erreichen kann, und daß im Kreis Calw u. a. in der Pflanzschule beim Lützenhardter Hof zwei gut entwickelte, etwa 85 Jahre alte Wellingtonien stehen.

Daß im Mittelalter die Berufe derBrara- trix-Brauerin und derTextrix = selbstän­dige Weberin, beliebte Frauenberufe mit Zunft­recht waren.

Daß die langlebigsten Menschen am Süd­abhang des Kaukasus, beim Stamm der Ab- chasen, zu Anden sind, bei dem es nachweislich immer wieder körperlich und geistig frische über 150-Jährige gibt und 100-Jährige keine Seltenheit sind.

Daß derdeutsche Michel keine Redensart ist, sondern der Spitzname des tapferen, 1625 bei Seelze gefallenen, in der Kreuzkirche zu