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Amtsblatt für Den km Ifnliii
BEKANNTMACHUNGEN DER BEHÖRDEN DES KREISES
CALW
Samstag, den 4. August 1951
Nr. 31
Kreisabteilung Calw tagte
Flüchtlingsunterbringung: Schicksalsfrage für Europa? — Wohnraumbeschaffung — vor allem: ein Rechenexempel — Lesung zum Haushaltplan Hirsau. Am Dienstag trat die Kreisabteilung Calw in Anwesenheit von Landrat Geißler und Verwaltungsdirektor K i e n z 1 e, Hauptgeschäftsführer des Gemeindetags Württemberg-Hohenzollern, unter dem Vorsitz von Bürgermeister Klepser, Bad Liebenzell, zur Behandlung einer Tagesordnung zusammen, die zwei umfangreiche Punkte umfaßte. Entscheidende Fragen wurden der Kreisabteilung zur Beratung vorgelegt. Hier sei vorweggenommen, daß sich kleine Schärfen gelegentlich nur am Rande ergaben und daß gute Laune und manch witziges Wort die debattierten Fragen glatt über die Runden brachten.
Landrat Geißler leitete die Aussprache ein und befaßte sich zuerst mit
Sorgenkind Nr. 1:
Unterbringung von Flüchtlingen Die in dieser Beziehung gehegten Befürchtungen wurden noch weit übertroffen. Die starke Uberbelegung — zur Zeit rund 180 Personen [ statt etwa 120 — des Durchgangslagers Wildberg zwinge zu schnellster Bereinigung dieses unhaltbaren Zustandes und stelle die Bürgermeister des Kreises, an deren tätige Mithilfe er appelliere, vor kaum noch zu lösende Aufgaben. Die im Kreise vorhandene Wohnmög- lichkeit für etwa 450 Personen bliebe weit hinter den unbedingt nötigen Erfordernissen, Wohnraum für weitere Flüchtlingszuweisungen zu schaffen, zurück. Es ist ein Rechenexempel:
Geld zum Bauen plus Bauplatz plus Arbeitsmöglichkeit = gesicherte Unterbringung der Flüchtlinge. Mit eigenen Kräften ist das Flücht- j lingsproblem kaum noch zu lösen, es kann ; — wenn keine Hilfe kommt — zu einer
' Schicksalsfrage für Europa
werden.
In weiteren Ausführungen machte Landrat Geißler Angaben zum Fortgang der j Arbeiten am Erweiterungsbau des Kreis- | krankenhauses Calw und des Altersheims Neuenbürg.
Das Richtfest in Calw dürfte am 1. Nov. 1951 ! stattfinden. Die Finanzierung für 1951 sei gesichert, für 1952 ist sie zu erhoffen. Auch der Altersheimbau in Neuenbürg sei durch Staatszuschuß von 250 000 DM, durch ein Darlehen der Stadt Wildbad von 100 000 DM, durch wei- ■ tere in Aussicht gestellte Zuschüsse und aus i eigenen Mitteln gesichert. Mit der Fertigstellung des Beamtenwohnhauses in Calw, dessen Wohnungen durch den Kreisverband vergeben werden, sei zum 1. September 1951 zu rechnen.
Für den
Straßenausbau
seien — wie für 1949/50 — 60 000 DM vorgesehen. Besonders vordringlich sei der Aus- ; bau der Straßen Langenbrand—Salmbach-— Büchenbronn bis zur bad. Grenze, Gräfen- hausen—Grenzsägmühle, Sprollenhaus—Kaltenbronn und das Anschlußstück Dobel—Neu- I satz.
Inhali amtlicher Teil
1. Meldung nach Bundesgesetz Art. 131 l 2. Straßensperre
l 3. Meldung von Werkzeugmaschinen
4. Erfassung von Krankenurkunden 1939/45 | 5. Umschulungslehrgänge für Schwerkriegs
beschädigte
6. Kreisstadt Calw
7. Amtsgerichte
Regierungsrat Dr. Luib, Calw, referierte „von Staats wegen“ — gestützt auf Unterlagen aus einer Dienststellenbesprechung in Tübingen — über Maßnahmen zur Unterbringung der Flüchtlinge. Auch die vom Landratsamt erlassene Meldepflichtordnung für freiwerdende Wohnungen, Vorerfassung, Erfassung und Notleistungsgesetz wurden erörtert.
Über die von Tübingen inspirierten, als wirklichkeits- und sachfremd empfundenen Richtlinien war die
Meinung sehr geteilt.
Bürgermeister Klepser machte geltend, daß dieses Problem nicht mit Zwangsmaßnahmen zu lösen sei. Einmal könne dort nichts zwangsbewirtschaftet werden, wo nichts mehr zur Zwangsbewirtschaftung vorhanden sei, zum anderen ließen sich die demokratischen Bürger der Bundesrepublik heute nicht mehr ohne weiteres „zwangsbewirtschaften“.
Bürgermeister Breitling beantragte eine Resolution:
„Erst Wohnraum schaffen, dann einweisen“. Bürgermeister Widmann, Wildberg, schlug u. a. den
Ausbau im Verfall befindlicher Gebäude vor. Bürgermeister Seeber, Calw, meinte, Tübingen möge einmal Einsicht in die Praxis eines Wohnungsamtes nehmen. Schematisch ließe sich dieses Problem nicht lösen. Verwaltungsdirektor Kienzle erklärte, daß die Regierung sich sehr wohl der großen
Schwierigkeiten auf beiden Ufern bewußt sei und ihr Möglichstes zur Erleichterung der Situation versuche. Die jetzt im
Lager befindlichen Flüchtlinge müßten aber untergebracht werden, sei es auch vorerst auf dem Wege der Improvisation.
In seiner Etatsrede hob er die in dem komplizierten Fahrplan für das Rechnungsjahr der Gemeinden besonders wichtigen Punkte hervor:
Der Bund möchte einkassieren:
Von den Ländern 31,3% ihrer steuerlichen Haupteinnahmen, der Einkommens- und der Körperschaftssteuer. Demgegenüber steht das Angebot der Länder, 25% dieser Steuern an den Bund zu zahlen.
Im Staatshaushaltplan wurde in erster Lesung derselbe Finanzausgleich für die Gemeinden festgesetzt wie im vorigen Jahr. Diese Zahlen sind aber
Zahlen, die zur Vorsicht mahnen.
Denn: materiell steht der diesjährige Haushaltplan eindeutig im Zeichen der nicht endenwollenden Preis- und Lohnspirale, entspricht also in Wirklichkeit einem niedrigeren Satz als dem des Vorjahres. Zum Trost sollen den Etat jedoch einige kleine „Polster“ schmücken, z. B. Erhöhung der Beiträge zum Legen von Wasserleitungen und zur Abwasserregulierung. Vorgesehen sind auch 100 neue Volksschullehrerstellen, 10 Bezirksnotariate wurden neu gebildet. Über eine erhöhte Besetzung der Katasterämter wird noch verhandelt.
Finanzen und Steuern
Zur Beschaffung und Bereitstellung eines Kreditbetrages von 6 000 000 DM werden Verhandlungen mit allen möglichen Kreditinstituten geführt. Von den vorliegenden Anträgen werden die dringendsten Anträge zur Kreditgewährung ausgewählt.
Weiter wurden noch dabei folgende Punkte debattiert: Gewerbesteuerausgleich, Gewerbesteuerhebesatz, die Holzverkäufe der Gemeinden, Behandlung von Wildschäden.
Womit im wesentlichen zusammengefaßt ist, was sich an Tatsachen in der Kreisabteilungssitzung, die der Vorsitzende mit einem Dank an alle Anwesenden schloß, begeben hat.
Amtlicher Teil
Meldung der nach dem Bundesgesetj zu Art. 131 des Grundgesetzes unterbringungsberechtigten Personen
Bei der in den letzten Wochen durchgeführten Meldeaktion haben sich bei der Meldestelle des Landratsamts nicht alle Personen gemeldet, die nach dem Bundesgesetz zu Art. 131 GG vom 11. Mai 1951 (BGBl. S. 307) berechtigt sind, an der Unterbringung teilzunehmen. Es fehlen vor allem zum Teil die Meldungen von solchen unter Art. 131 GG fallenden Personen, die zwar schon wieder im öffentlichen Dienst verwendet werden, jedoch noch nicht entsprechend ihrem früheren Rechtsstand übernommen worden sind.
Die Säumigen werden aufgefordert, sich unverzüglich persönlich oder schriftlich beim Landratsamt (Abt. Ia, Calw, Marktplatz 21, Zimmer 2/3) zu melden, damit sie durch die Meldestelle erfaßt werden können.
Das Landratsamt weist darauf hin, daß sich auch diejenigen noch nicht entsprechend ihrem früheren Rechtsstand Wieder verwendeten bei der Meldestelle des Landratsamts melden müs
sen, die bereits einen Melde- und Personalbogen bei der Dienststelle abgegeben haben, bei der sie zur Zeit beschäftigt sind. Die bei der Beschäftigungsdienststelle abgegebene Meldung dient anderen Zwecken und ersetzt die Erfassung durch die Meldestelle des Landratsamts nicht.
Alle Dienststellen im Kreis werden gebeten, ihre Beschäftigten, die unter Art. 131 GG fallen, hievon zu unterrichten, damit Versäumnisse vermieden werden.
Calw, den 31. Juli 1951. Landratsamt
Straßensperre
Gemäß § 4 der StVO wird infolge Neubaues der Waldachbrücke in Iselshausen im Zuge der L. I. O. Nr. 353 Iselshausen—Unterschwandorf diese Teilstrecke vom 6. August bis 8. Oktober 1951 für Kraftfahrzeuge aller Art gesperrt. Umleitung erfolgt über Altensteig—Nagold bzw. Haiterbach—Schietingen.
Calw, den 27. Juli 1951. Landratsamt
V erkehrsabteilung