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Amtsblatt für den Kreis Calw
5. Mai 1951
anzusprechenden Hangbebauung in ihrem jet- des Architekten Herkommer entschei- zigen labilen Zustand oder die Verlagerung des den. Denn es scheint uns besser, wenn man dem Hauptgewichts auf einen großen, beherrschen- Hauptbau in einem Stadtteil etwas zu viel als den Bautrakt. Wir möchten uns nach Abwä- zu wenig Gewicht gibt. Entscheidend ist nur, gung aller Vor- und Nachteile und insbeson- daß es dem Architekten gelingt, diesem Haupt- dere des Mangels an brauchbarem Baugelände bau die nötige Feinheit in der Gliederung und trotz mancher Bedenken für den Entwurf im Detail zu verleihen.“
Aus dem Gemeindeleben
Bad Liebenaell. In der dritten Veranstaltung des Kulturwerks Bad Liebenzell am 26. April 1951 sprach Bürgermeister Klepser-Bad Liebenzell über das Thema:
„Die Gemeinde als Heimat ihrer Bürger“
In aufschlußreichen Ausführungen vermittelte er seiner Hörerschaft ein anschauliches Bild vom Werden und verwaltungsmäßigen Aufbau der Stadtgemeinde Bad Liebenzell. Aus der Fülle der von ihm gebrachten Einzelheiten entnehmen wir in freier Anlehnung an seinen Vortrag einiges besonders Wissenswerte über den Aufbau des Gemeindewesens.
Was ist überhaupt eine Gemeinde? „Die Gemeinde ist ein räumlich begrenztes, einem höheren Verband angehöriges, politisches und kirchliches Gemeinwesen“ (nach „Meyers Lexikon“). „Die politische Gemeinde erfüllt öffentliche Angelegenheiten auf dem Gemeindegebiet, zwar unter staatlicher Aufsicht, aber in grundsätzlich eigener Verantwortlichkeit und Entschlußfreiheit sowie mit eigenen Organen. Sie ist die volksnächste Stufe der öffentlichen Verwaltung“ (Herder).
Man scheidet die politische Gemeinde in Stadt- und Landgemeinde. Letztere wurde schon frühzeitig von Grundherrschaften abhängig. Hingegen hatten Stadtgemeinden im Mittelalter große ständische Freiheiten. — Das Werden der heutigen Stadtgemeinde Bad Liebenzell ist eng mit der Abhängigkeit von der Grundherrschaft verknüpft.
Die Besiedlung des Calwer Waldes erfolgte etwa in der Zeit Karls des Großen bis zum Jahr 1000. Die ersten Ansiedlungen im*Bereiche des heutigen Liebenzell dürften von dem Kloster Hirsau ausgegangen sein. Einstmals soll hier ein kleines Frauenkloster gestanden haben. Auf ein solches hin weist der Name „Liebenzell“; es steht jedoch nicht fest, ob es nach der heiligen Lioba oder nach der heiligen Jungfrau so genannt war.
Nach dem Kloster treten die Calwer Grafen als Grundherren von Liebenzell auf. Diese Gaugrafen, die als Beamte der fränkischen Könige im nördlichen Schwarzwald ansässig wurden, suchten durch Kolonisation ihre Einkünfte aus den ihnen als Lehen überlassenen Ländereien zu steigern; die Verwertung ihres Besitzes hing weitgehend von der Ausbreitung der Ansiedlungen und der Fronarbeit ihrer Bewohner ab. Im Jahre 1191 kam Liebenzell durch Schenkung an das Kloster Hirsau, fünf Jahre später durch Verkauf an die Grafen von Eberstein, 1272 an den Deutschritterorden, 1273 an die Markgrafen von Baden. Erst 1604 kaufte Herzog Friedrich von Württemberg Liebenzell mit Altensteig von Baden zurück
Um die Burg Liebenzell herum entwickelte sich nun langsam aber stetig das Gemeinwesen Liebenzell. Zusammen mit der politischen Gemeinde wächst auch die Größe und das Ansehen der kirchlichen Gemeinde. Der Zuständigkeitsbereich der Liebenzeller Kirche reicht noch im 14. Jahrhundert bis nach Wildbad hinüber. Es mehrt sich der Gemeindebesitz, zu dem in späterer Zeit noch der persönliche Grundbesitz seiner Bürger kommt. In früheren Jahrhunderten verfügten die Liebenzeller Grundherren über einen sehr ausgedehnten Waldbesitz, der bis ins Enztal ging. Heute besitzt die Stadt etwa 60 ha Wald, und ihre Gemarkung umschließt etwa 643 ha.
Zu den drei Stadien ihrer Entwicklung, Kloster — Burg — Kirche, die ihr mit vielen andern Gemeinwesen gemeinsam ist, kommt für die Stadt noch ein sehr wesentlicher Ent
wicklungsfaktor hinzu: Die Ausnutzung der Heilquellen. Wann diese Quellen zuerst bekannt wurden, ist historisch nicht zu belegen. Erst von der Mitte des 16. Jahrhunderts ab werden sie „entdeckt“ und finden allgemeine Beachtung, besonders auch in der damaligen balneologischen Literatur. Liebenzell wird für 200 Jahre zu einem der oberdeutschen Modebäder. Im wechselvollen Lauf seiner Geschichte sinkt es nach dieser Glanzzeit wieder zu beinahe völliger Bedeutungslosigkeit hinab. Inzwischen hatte sich der Geschmack beträchtlich gewandelt, Badekurorte kamen aus der Mode, Trinkkurorte wie Pyrmont und Karlsbad waren gefragt. Politische Veränderungen brachten der Stadt zusätzlich noch weitere schwere Verluste. Bisher Oberamtsstadt, der 15 Gemeinden angeschlossen waren, wurde die Stadt 1808 dem Oberamt Neuenbürg zugeteilt, eine Zuteilung, die sich als äußerst unvorteilhaft erwies; später kam Liebenzell dann zum Oberamt Calw.
Mit der neuen Gemeindegesetzgebung, deren Vorkämpfer der Freiherr vom Stein war, kam für das Liebenzeller Gemeinwesen ein langsamer Aufschwung. — Als Badestadt begann für Liebenzell, wie auch für andere „vergessene“ Badeorte, zu Ende des 19. Jahrhunderts ein Wiederaufstieg, dessen Aufwärtsentwicklung durch schwere Rückschläge zwar wiederholt gehemmt war, der aber nicht wieder unterbunden werden konnte.
Wie wird nun ein Gemeinwesen geführt?
Vorbildlich für die deutsche Gemeindegesetzgebung des 19. Jahrhunderts wurde die preußische Städteordnung vom 19. November 1808 des Freiherrn vom Stein, die den Städten die Selbstverantwortung und Selbstverwaltung zurückgab. — Als juristische Person des privaten und des öffentlichen Rechts erfüllt die Gemeinde einerseits öffentliche Aufgaben, andererseits untersteht sie als wichtiges Glied des Staates der staatlichen Gesetzgebung und Aufsicht.
An der Spitze der Gemeinde steht der Bürgermeister. (Bürgermeister = früher Burge- meister, vom mittelhochdt. „burc“ = befestigter Ort = Stadt.) Er wird mittelbar oder unmittelbar meist auf mehrere Jahre gewählt. Seine Befugnisse umschreibt die Gemeindeverwaltung. Ihm beigegeben ist der Gemeindeausschuß, dem der Bürgermeister als Vorsitzender und besoldete und unbesoldete Stadträte angehören.
Was sind nun die Pflichten und Rechte eines Bürgers, und wer gilt als Bürger?
Im Mittelalter waren die Bürger, d. h. die Bewohner einer „burc“, fast ausschließlich Kaufleute und Handwerker. Bürger war, wer städtischer Gerichtsbarkeit und städtischem Recht unterstand, oder wer ein kaufmännisches Gewerbe oder Handwerk betrieb und Grundeigentum in der Stadt besaß. — Zu Beginn der Neuzeit galt der als Bürger, der nicht zum Adel oder Bauernstand gehörte. — Die französische Revolution brachte den Sieg des 3. Standes, des Bürgertums. Sie schuf in Frankreich den Begriff des „citoyen“, in Deutschland den des „Staatsbürgers“. — Das 19. Jahrhundert wurde
zum „bürgerlichen Jahrhundert“. — Die Gemeindeangehörigkeit wurde früher durch Verleihungsakt, nach neuerem Brauch zufolge des Wohnsitzes erworben. Diese Ortsangehörigkeit bedingt aber noch nicht die politischen Rechte, zu wählen und gewählt zu werden. Diese werden erst durch Verleihung des Bürgerrechts erworben, das wiederum bestimmte Erfordernisse bedingt (deutsche Staatsangehörigkeit, Steuerzahlung usw.). Bürger ist jeder Deutsche, der mehr als ein Jahr in einer bestimmten Gemeinde wohnt. — Heimatrecht erwirbt man sich nach drei Jahren des in seiner Gemeinde Bürger-Seins. Hat man Heimatrecht, so kann man z. B. nicht mehr aus sicherheitspolizeilichen Gründen ortsverwiesen werden. — Heimatrecht haben, bedeutet im übertragenen Sinne auch, eine kleine Welt haben, mit der man sich durch unzerstörbare naturhafte und geistig-seelische Bande verbunden fühlt. „Weh dem, der keine Heimat hat“ (Nietzsche). Heute haben sehr viele Menschen keine andere Heimat mehr als (nach Dante) „ihr Gewissen und ihr Herz“. Hier eine wirkliche Heimat zu geben, auch das muß heute ein bevorzugtes Aufgabengebiet der Gemeinden sein. —
Die Aufgaben der Gemeinde sind sehr vielseitig. Sie umfassen die Vermögensverwaltung der Gemeinde, die Betreuung der Einwohnerschaft, das Schulwesen, die Gesundheitsfürsorge, um nur einige Gebiete aus dem großen Aufgabenbereich zu nennen. In Städten wie Bad Liebenzell kommt noch als eine sehr wesentliche Aufgabe die Pflege des Fremdenverkehrs hinzu.
Die tätige Mitarbeit ihrer Bürger wertet die Gemeindeverwaltung nicht nur als ein Zeichen des in sie gesetzten Vertrauens, sie erstrebt sie vor allem deshalb, weil eine an den Gemeindebelangen interessierte Bürgerschaft die zum Gedeihen des Gemeinwesens zu leistende Arbeit der Verwaltung beachtlich unterstützt. Rr.
Kreisstadt Calw
Sonntagsrückfahrkarten (Festtagsrückfahrkarten) zu Pfingsten 1951. Vom Bahnhof Calw wird uns gemeldet: Zu Pfingsten 1951 gelten die Sonntagsrückfahrkarten zur Hinfahrt von Donnerstag, 10. Mai, 0 Uhr, bis Montag, 14. Mai, 24 Uhr; zur Rückfahrt von Samstag, 12.Mai, 12 Uhr, bis Donnerstag, 17. Mai, 24 Uhr. Die Karten werden als Festtagsrückfahrkarten in allen Verbindungen ausgegeben. Fernschnelltriebwagen (Fdt) dürfen nicht benutzt werden.
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Hirsau. Ein Führer durch den Ort und seine Umgebung. Herausgegeben v. Diethelm L ü t z e, 1. Ausgabe. (Mit Abbildungen und Karten im Text.) Altensteig 1951: Lauk. 42 S., geheftet DM 0.70.
Erfreut nimmt man das hübsche Büchlein zur Hand. Das von E. Laich in maßvoller Farb- lichkeit künstlerisch geschmackvoll gestaltete Umschlagbild spricht sofort an. Man beginnt zu lesen und wird nicht enttäuscht. Anschaulich geschriebene Einzeldarstellungen von Bader, Lütze, Braun, Silberberger, Feldweg und Eisenmann vermitteln eine gute Vorstellung von der Landschaft und ihrem geologischen Charakter und von der Geschichte Hirsaus mit seinem berühmten Kloster, dessen kunsthistorischer Wert in einem besonderen Abschnitt behandelt wird. Von der Entwicklung Hirsaus zum Luftkurort wird berichtet und vom Fleiß seiner Bewohner, die es geschickt verstanden haben*, die Belange ihres Luftkurortes mit einer ihren Lebensunterhalt sichernden „Industrie in der Stille“ zu verbinden. Mit Vorschlägen für kleinere Wanderungen und größere Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung endet der Textteil. Ein vorzüglich ausgesuchtes Bildmaterial in bester Druckwiedergabe, ausgezeichnetes Papier und eine klare, gefällige Schrift machen die Ausstattung dem Inhalt gleichwertig. Ein vielseitiger, lebendig gestalteter Inseratenteil ist als Anhang beigegeben. Rr -