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BEKANNTMACHUNGEN DES LANDRATSAMTES UND DER BEHÖRDEN Calw Samstag, 7. April 1951 _ Nr. 14

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I

Stellungnahme des Landratsamts Calw zur Denkschrift der Stadt Pforzheim

Pforzheim und sein natürlicher Lebenskreds.

DÜJe Bunlctesnegiarung hat die Frage der Bildung des Südweststaates tim die Hand ge­nommen. Mit einer Lösung dieser so lange umstrittenen Fräse dlanf daher in nicht allzu- fiecner Zetiit gerechnet wenden. Die Stadt Pforzheim hat nach Zeiltungsnachii chten die Bundesregierung eiingeladen, die Verhältnisse in Pforzheim durch Augenschein kennen zu Semem und insbesondere sich von der unmög­lichem Grenzziehung im. der Umgebung von Pforzheim au überzeugen.

Eine natürliche 'Folge der Bildlumg Idleis Süd- weststaates wird die Neueinteilung der Kreise in diesem Raum sein. In einer lim Sommer des vergangenen Jahres herausgegebenen DenkschriftPforzheim untd sein natürlicher Lefosmkreus macht dlie Stadt Pforzheim den Vorschlag, einen Wiirtschafttstoeziirk Pforzheim mit drei AmitHbezMcen Notrd. Mitte und Süd au bilden. Unter der Annahme, daß düe Gemeinde Biribemfeld nach Pforzheim ein- gemefindieit wird und weitere fünf Gemeinden nämlich Neusatz. Rotsensol, iBemlbach, Hiememalb, Loffenau einem anderen badi­schen Kreis zugeteüt werden, sieht die Denk­schrift vor. 32 weitere Gemeinden des jetzi­gem Kreises Calw dem AimrtslbezdrkPforz­heim-Süd zaiEUitaillen. Dem Kreis Calw mit (nach dar neuesten Volkszählung) 100 425 Ein­wohnerin scdflien also 38 Gemeinden mit 44 680 Einwohnern weggienommen werden Anlaß genug für den Landrat von Oailrw, sich mit der Denk-schnift eingehender als bisher zu be­fassen.

Zweck und Ziel dar Denkschrift ist, der Stadt Pforzheim eine ihrer Bedeutung und Einwohnerzahl entsprechende Ausstattung mit Staatsbehörden. Diieinst- und anderen Verwaltungsstellen van wirtschaftlichen und anderen Verbänden, z. iB. Handelskammern und toulturellan Elniü'chtungen zu geben, die Verkehrs Verhältnisse zu verbessern und eine vernünftige Kreisneueiiniteiiung iim Rahmen des neu zu bildenden SüidwestStaates zu schaffen. Mi : it dieser Zielsetzung kann man sich dm großen und ganzen auch vom Kreis Calw aus einverstanden erklären. Dagegen

Inhalt amtlicher Teil

1 . Hausbrandversorgung

2. Volksabstimmung

3. Waffenscheine

4. Weiideverkehr der Klauentiere und Fohlen

5. Freiflugsperre für Tauben

6. Reinhaltung der öffentlichen Gewässer

7. Abschußpläne und Abschußlisten

8. Löschung eines Naturdenkmals

9. Sammlung dies Deutschen Müttergenesungs- werks

10. Journal Offizial Nr. 50 vom 14.3. 51 lil. Journal Ofiflizdiel Nr. 51 vom 21.3.51

12. Tübinger Studantenwerk

13. Verbotswidriges Sammeln von Spenden für Blindenziwe cke

14. Staatliche Maßnahmen für Förderung .der bildenden Kunst

15. Schweißfach-Inigenieuirüehngiang

16. Lehrgang für Huf- und Klauenpflege

17. Amtsgericht Calw

können die zu ihrer Durchführung gemachten Vorschläge nicht 'unwidersprochen bleiben.

Es ist ohne weiteres zuzugeben, daß die dm Jahr 1938 «erfolgte Neulbiddlung des Kreises Oalw nicht voll befriedigt. Die Beschränkung der Neueinteillung auf das Land Württemberg und das Vorhandensein der badüsch-württem- berglischen Grenze Im Norden das Kreises haben, eine zweckmäßigere Einteilung damals nicht zugelassen. Milt dam Wegfall dieser Grenze als Folge das Südwestsfaates steht aber einer besseren Einteilung nichts mehr im Wege. Dagegen wird sich auch dm Kreis Calw kein Widerspruch erheben.

Eine Amputation von 38 Gemeinden wäre für den Kreis Calw idas 'Ende seiner Selb­ständigkeit. Diese muß aber unter allen Um­ständen erhalten IMelben. Dann der Kreis Calw mit seinem Waldraicbtum und seinen Bädern, Kurorten und sonstigen Fremdemver- kebrsgemedinidJen hat einen ausgesprochenen Digencharakter und ist als wirtschaftliche Einheit durchaus in der Lage, seine Geschicke selbst zu bestimmen und die ihm gestellten Auf salben miif eigenen Mitteln und aus eigener Kraft zu lösen. Die walidbesützenden Gemein­den werden ebenso wenig wie die Fremden- verkehrsgemeinden in einem nach der Denk- schrif t einseitig auf die Bedürfnisse der Ffonz- hefimer Industrie efagesteffitenAmtsbezirk idle Vertretung ihrer Interessen in demselben Mäße finden wie dies 1m Schwarzwald- und Fremden verkelbrskreis Calw möglich äst. Die Denkschrift selbst betont Immer wieder, daß man Zusammengehöriges nicht trennen soll. Das muß aber für den Kreis Calw ebenso gellten wie für den Wlirtschaftsbeiziirk Pforz­heim.

Bel der ln Idfer Denkschrift vorgescMagenen Amputation würde die* heute 5 032 449.55 DM betragende SteuaTkrafitsumme des Krei­ses Oalw auf 2 891 944 55 DM absinken. Da­mit wäre die finanzielle Grundlage für den Kreis Oalw zu schwach. Die natürliche Folge müßte eine Erweiterung das Kreises Oalw in anderer Richtung sein. Die Bildung «des Wirt­schaftsbezirks Pforzheim im Sinne der Denk­schrift würde also zwangsläufig zu einer durchgreifenden Änderung aller Kreasgremzen, auch ln der weiteren Umgebung von Pforz­heim. führen. Dazu besteht aber kein zwin­gender Anlaß. Außerdem muß man sich dar­über klar sein, daß eine so einschneidende Mlaßnahme auch erhebliche finanzielle Aus­wirkungen im Gefolge haben müßte, idie ver­mieden werden sollten. Auch wegen dieser Folgeerscheinung wäre die Durchführung der Pforzheimer Vorschläge unerwünscht.

Grundsätzlich darf bei der Neubildung der Kreise im kommenden Süldiweststaat überhaupt nicht nur auf die Wünsche und vermeintlichen Bedürfnisse eines einzelnen Wlirfschaftslbeizirks Rücksicht genommen wer­den. Es müssen vielmehr alle überhaupt in Frage kommenden Gesichtspunkte und Er­fordernisse gegeneinander abgewogen und selbstverständlich 'auch der Wille 'der Bevöl­kerung berücksichtigt werden, um Fehlent­scheidungen. wie 'bei der Kreisneueinteilung im Jahr 1938, unld Verstimmungen zu ver­meiden.

Für den Wlirtschaftsfoeziifc Pforzheim will die Denkschrift 3 sogenannte .Amtsbezirke bilden. Was für ein Gebilde diese Bezirke sein sollen, wird uns aus der Denkschrift nicht klar. Anscheinend soll damit ein Zwischending zwischen Stadt- und Landkreis geschaffen werden, das in dem bisherigen klaren Verwaltungsaufbau keinen Vorgang findet und deshalb nur eine weitere Kompli­kation statt eine Vereinfachung dm Staats­aufbau zur Folge haben müßte, weil die Ein­teilung Gemeinde, (Stadt unld Land-) Kreis, Staat damit durchbrochen wäre. Außer­dem werden die kleinen Amtsbezirke die Neigung haben, sich auf Kosten der Gemein­den verwaltungsmäßig auisziudebnen und des­halb einen bedenklichen Rückschritt in dam Ringen um eine Verwaltuntgsrefarm und um die Dezentralisierung der Verwaltung mit Übertragung weiterer Aufgaben auf die Ge­meinden bedeuten.

Als Schema für diese Amitisbezdrke schafft der VerfasserMarktarte, ,Amtsorte und Kreisorte, stellt eine Größenordnung für diese Orte auf und stattet sie mit Amtsstelien und Kulturstätten aus. Abgesehen davon, daß diese Einteilung mit ihrem Schematismus sehr stark an die vor mehr als einem Jahr­zehnt erfolgte, nicht von allen Sachkennern als geglückt bezeichnete Kneisneuetateilung in Oldenburg erinnert, stimmen auch die vom Verfasser seiner Einteilung zu Grunde geleg­ten Zahlen mit den Gegebenheiten des Wirt­schaftsbezirks Pforzheim nicht überein. Nir­gends ist z. B. elin Amifcsont mit 2030 000 Einwohnern vorhanden dem er übrigens für ein Einzugsgebiet von 80'100 000 Men­schen nicht einmal eine höhere Schule und ein Schlachthaus ziubilLigen will. Oder soll etwa der künftige Kredeort. also die Stadt Pforzheim, auch die Amtsarte beherbergen?

Eine Klärung in dieser Richtung scheint unbedingt notwendig, bevor man zu den Vor­schlägen der 'Denkschrift Stellung nehmen kann.

Darüber hinaus enthält die Denkschrift eine Reihe von Widersprüchen. Ungenaulskedten und leider auch offensichtlichen Unrich­tigkeiten, auf die hingewiesen werden muß. wenn es auch nicht Aufgabe dieser Ausführungen sein kann, die Denkschrift in allen 'Edmzelheiten kritisch zu betrachten. Es soll lediglich ein Boden gefun­den werden, auf idem eine sachliche Ausein­andersetzung über die Probleme der Stadt Pforzheim, zu denen auch eine neue 'Grenz­ziehung im Norden des Kreises Oalw gehört, möglich ist. Das Bestreben der Stadt Pforz­heim, als kreisfreie Stadt ihren Einfluß­bereich möglichst weit auszudehnen, wird zu weiteren Eingemeindungen führen und wohl das Ende des Landkreises Pforzheim 'bedeu­ten. Schon hieraus werden sich sehr schwer­wiegende grundsätzliche Probleme ergeben.

Die Behauptung, die Denkschrift enthalte Widersprüche, Ungenauigkeiten und Unrich­tigkeiten kann durch folgernde Beispiele er­härtet werden:

1. Zunächst wenden erfreulicherweise die Aus­führungen im Vorwort

Kaum eine Stadt hat in vieler Hinsicht derart unter der Lage auf der Schwelle zweier Länder zu leiden gehabt, wie die unselige

in der Denkschrift selbst 'durch die Fest­stellung berichtigt, idaß es der Stadt ge-