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ontag, den 19. Januar 1931
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Schluß üer Anzeigenannahme 3 Uhr vormittags
Zn Fällen h.)i:er»r »Gewalt besieht kein Anspruch aur Lie»eruntz ^er Aeirun^ oüer auf Kü^zahlung ä*r S«ZLg»pce»fer
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verantwort!. Schriftleitung: Frieärich Hans Scheele Druck unä De. lag cker A. Oelschlüger schen Suchäruckeret
Jahrgang 1o3
Der Gedenktag der Reichsgründung
Eindrucksvolle Kundgebungen für die Einheit des Reiches
Tages-Spiegel
-- Berlin, 10. Jan. Der Tag der Reichsgründung ist gestern in der Reichshauptstadt schlicht und würdig begangen worden. Im Reichstag hielt Geheimrat Kahl, der Senior der deutschen Abgeordneten und selbst Zeuge dcs TageS der Reichsgründung und der Kaiserproklamatio», die Festrede. Persönliche Erinnerungen de» damaligen bayrischen Jägers vor Paris leiteten über zu einem Überblick über die gesamte ivechselvolle Geschichte des Ncichsgedankens seit dem Ende des. alten Römischen Reiches deutscher Nation im H>al:r. 1806 bis in die heutige Zeit. Sein Appell richtete sich ^»n die seelischen und sittlichen vaterländischen Wicderaus- tmnkräsie. Tilsit und Versailles haben für ihre Zeit ungefähr gleiche Notstände enthüllt: die Kluft zwischen Staat und Volk. Nnr das, heute die Kluft in der Zerrissenheit des Volkes selbst gegenüber dem Staate liegt. Die innere Verbundenheit der Parteien im letzten und höchsten Ziele, für Volk und Vaterland, ist es, die uns fehlt. Grundsätzlicher Kampf gegen „diesen" Staat und seine Verfassung kann und darf niemals Volksparole sein. In die neue Zeit sich zu finden, ist zwar für viele schwer, aber der Konflikt mntz^ gelöst werden. Er forderte zum Schluß dreierlei: Mehr Ver?> traue», mehr Geduld und etwas mehr Dankbarkeit.
Reichskanzler Brüning ergriff darauf das Wort: 60 Jahre sind vergangen, seitdem das Reich gegründet und ein Ring um die Stämme Deutschlands geschlungen wnrde! Stunden sllnv ren Unglücks waren dem Reich beschieden und Schatten Leides und tiefer Trauer haben sich auf unser Volk gesenkt. Aber das vor 60 Jahre» geschmiedete Band eint uns noch heute! Das Gut der Reichscinheit ist gerettet! Bange Sorgen lasten schwer aus uns, ab.r das wechselvolle Geschehen unseres Volkes in seiner tausendjährigen Geschichte bezeugt, daß cs auch die härtesten Stürme überwindet und siegreich durch alles Leid geht, wenn es einig und geschlossen ist. An diese Einheit nnd an dieses Zusammenhalten soll uns die Erinnerung an seucn Höhepunkt deutscher Geschichte mahnen und uns leuchtend vor der Seele stehen. Sie wird uns die innere Kraft geben, unerschrocken und unerschüttert auf dem Wege des deutschen Wiederaufstieges fortzuschreiten, auf dem uns das Oberhaupt des deutschen Volkes vorangeht. Ihn, unseren hochverehrten Herrn Reichspräsidenten, als Zeugen der Ncichsgründiing, heute unter uns zu sehen, gibt dieser Feierstunde eine besondere Weihe. Wir werden in dem
— Genf, 1v. Jan. Unmittelbar vor Beginn der Ratstagung, die am Montag vormittag ihre Tagesordnung fest- stellcn wird, fanden -wischen dem Reichsanßenminister Dr. Cnrtius und den Außenministern Englands und Frankreichs der Reihe nach Besprechungen statt. Mit Hender- son konferierte Dr. Cnrtius über die Behandlung der Deutschland besonders interessierenden Fragen Da Hender- son den Borsitz der Ratstagung übernommen har, so liegt es an ihm, die Reihenfolge der auf der Tagesordnung stehenden Punkte vorznschlagen. Zwischen den Ministern ist vereinbart worden, die deutschen Obe rschlesienbesch werden am Mittwoch vor- und nachmittags ausschließlich im Rat zu behandeln. Die endgültige Festlegung des Datums der internationalen Abrüstungskonferenz und Benennung des Vorsitzenden dreier Konferenz wird voraussichtlich am Dienstag den Rat beschäftigen.
Die Unterredung zwischen Cnrtius und BrIanb dauerte über eine Stunde. Ueber das Ergebnis wurden keinerlei Mitteilungen gemacht. Von seiten der deutschen Abordnung wird lediglich erklärt, daß die Unterredung in freundschaftlichem Tone verlaufen ist und daß die deutsche Beschwerde gegen Polen sowie die Abrüstnngssragc das Hauptthema der Unterredung gebildet hätten.
In den vertraulichen Verhandlungen zwischen den einzelnen Abordnungen ist die Frage der Erennnng des Präsidenten der Abrüstungskonferenz bereits eingehend erörtert worden. Tie Wahl Beneschs stößt bei verschiedenen europäischen Regierungen ans starken Widerstand. Es wird allgemein erwartet, daß die deutsche Regierung ans die Ernennung einer Persönlichkeit dringen wird, die einem uneingeschränkt neutralen Lande angehört, das in keiner Weise durch Militär- verträgc oher politische Abmachungen in der Abrnstungsfrage ^gebunden Ist. Im Vordergrund steht die Person des däni- Außenministers Munch als geeignete Persönlichkeit firr den Präsidentenposten der Abrnstnngskvnfereuz. Erwartet wird ferner, daß sich die deutsche Regierung für die Verlegung der Abrüstungskonferenz nach Wien einfetzen wird.
Glauben an eine bessere deutsche Zukunft nicht verzage« nnd alles daran s tzen, dem feierlich:» Wunsch: der Proklamation von 1871 entsprechend auch unsererseits „auf dem Gebiete nationaler Wohl'ahrt. Freiheit und Gesittung M-Hrer des deutschen Volkes an de» Gütern und Gabe» b:S Frieders" z» sein. Für dieses Ziel wollen wir für Reich und Volk uns re letzte Kraft hingeben nnd dafür im Gedanken an den großen Kanzler, den Fürsten BiSmarck, Zeugnis ablegen in dem Nus: „Unser geliebtes Vaterland, es lebe hoch!"
Am Sarkophag Bismarcks hat die Ncichsregierung einen Lorberkranz niederlcgen lassen, dessen schwarz-rot-goldene Schleifen die Inschrift tragen „Der Reichskanzler und die Neichsregiernng zum 18. Januar".
Hinücnbnrg an die Kriegskameraden
Der Reichspräsident begab sich nach Schluß der Feier im Reichstag zum Sportpalast. In der bis auf den letzten Platz gefüllten Niesenballe fand die „Deutsche Weihestnnde» des Kyffhäuser-Bundcs statt, die bereits ihren Anfang genommen hatte. Als Hindeubnrg in der Loge erschien, erhob sich die Menge unter begeisterten Znrusen von den Plätzen. General der Artillerie, von Horn, der die Hauptansprache hielt, gedachte der großen Vergangenheit, beklagte das Schwinden des historischen Sinnes bei der Jugend und stellte den internationalen Drohungen der Zeit die Losung entgegen, baß der nationale Wehrwille sich wieder durchsetzen müsse.
Hindcnbnrg erwiderte mit weithin schallender Stimme in folgenden kurzen Sätzen: „Liebe Kameraden! Heute vor 00 Jahren zählte ich zu denen, die dem ersten Kaiser des wiedercrstanö nen Deutschen Reiches zujubclten. Seitdem haben wir vieles verloren, was uns lieb und teuer war und unseren Soldatenherzen auch weiterhin unvergessen bleiben wird. Eins aber ist uns geblieben: Das Vaterland. Ihm wollen wir in feiner Not über alles Parteiwcsen hinweg in selbstloser Liebe und Treue dienen und solches Gelübde in dieser Weihestunde durch den alten Kriegerruf bekräftigen: Deutschland Hurra!" Der Eindruck des knappen, aber erschöpfenden Appells war außerordentlich. Die Feier schloß mit dem großen Zapfenstreich.
Der Reichsgründuugstag ist in Berlin, abgesehen von kleineren Reibereien, ruhig verlaufen.
Reden Hsndersons und Martvkowttschs.
Im Europäischen Ausschuß wurde am Samstag die Aussprache über den Bericht Colijns mit einer grundsätzlichen Erklärung des englischen Außenministers eröffnet, die die weitestgehende Unterstützung der englischen Regierung für die Durchführung der im Colijn-Bericht hervorgehobenen wirtschaftlichen Aufgaben Europas zusagt. Die Fortsetzung der bisherigen Zollpolitik würde zum allgemeinen Tarifkrieg in Europa führen.
Der südslawische Außenminister Marinkowitsch entwickelte die Möglichkeiten einer Sanierung der europäischen Wirtschaft, wobei er von der Notlage der Landwirtschaftsstaaten Europas ansging. Wenn die Jndustriestaaaten sich weigerten, die Erzeugnisse der Landwirtschaftsstaaten aufzu- nchmen, so würden letztere gezwungen, eigene Industrien zu schassen und ihre Grenzen für jede Einfuhr von Jndustrie- warcn endgültig zu sperren. Nach seiner Ueberzeugung werden die Staaten Europas infolge ihrer gemeinsamen Interessen zwangsläufig zu einem Wirtschaftsverband werden. Die Zusammenfassung Europas müsse unter Berücksichtigung der politischen, wirtschaftlichen, sozialen nnd geographischen Bindungen der einzelnen Länder erfolgen. Das bisherige uneingeschränkte System der Meistbegiinstlgnngsklansel sei unhaltbar.
Reichskanzler und Neichsanßcnmintstcr nach Wien eingela-en.
Die deutsche Abordnung gab am Samstag nachmittag folgende amtliche Verlautbarung aus: „Der österreichische Vizekanzler und Bundesminister für die auswärtigen Angelegenheiten, Dr. Schober, hat gestern den deutschen Neichs- anßenminister besucht. Er überbrachtc emc Einladung der österreichischen Negierung nach Wien für den Reichskanzler und den Außenminister. Der Ncichsaußenminister nahm diese Einladung nach Verständigung mit dem Reichskanzler bankend an. Der Besuch wird im Laufe des Februar stattsinden. Die Zusammenkunft gab den beiden Ministern Gelegenheit zu einer Aussprache über die politische Lage der beiden Län-
Der Tag der Reichsgründung ist ln Berlin wie in den Hauptstädten der Länder durch würdige Feier« begangen worden.
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In Genf fanden zwischen den Minister« Cnrtius, Hender- son und Brian- Aussprachen über die Abrüstungs- und Polenfragtz statt.
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NeickManzler und Außenminister Hatzen eine o'fizielle Ein» ladn-g «ach Wien erhalten, welcher sie Folge leiste« werde».
Infolge der Differenzen über das Stcnervereinheitlichnngs» gesctz hat die Bayrische Volkspartci beschloß», Klage gegen die ReichSrcgicrnng in Leipzig zn erheben.
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Der Staatsanwalt wird gegen die in Oppeln gelandeten polnischen Militärflieger Anklage wegen Grenzverlr,.nr:g nnd Paßvergehcns erheben.
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Die -entsche Handelsbilanz für 1930 weist ohne Reparationen einen Ausfuhrüberschuß von rund 430 000 300 ans gegenüber 783 Millionen im Vorjahr.
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über Rorddentschland haben schwere Stürme gewütet und besonders in den Küstengebieten Schaden angerichtet.
der und insbesondere über die im Nahmen des europäischen Studienkomitees Deutschland und Oesterreich besonders berührenden Fragen. Sie stellten vollständige Uebereinstim- mung der Auffassungen fest."
Die Reichsgründungsfeier in Stuttgart
Der Tag -ex Reichsgründung in Stuttgart.
Festlich hat die Landeshauptstadt Württembergs den Tag der 60. Wiederkehr der Gründung des Deutsthen Reiches begangen. Von den öffentlichen Gebäuden und vielen Privathäusern wehten zahlreiche Flaggen. Für die Truppen von Groß-Stuttgart fanden Militärgottesdienste statt, wobei die Feldzeichen der alten württ. Regimenter ausgestellt waren. Nach den Gottesdiensten marschierten die Truppen zur Paradeausstellung in den Hos des Neuen Schlosses. Pünklich um 10.15 Uhr zog die Jahnenkompagnie mit 4l dunkel- roten Fahnen der alten schwäbischen Regimenter in den Schloßhof ein und nahm vor dem Mittelportal Aufstellung. Der Befehlshaber im 5. Wehrkreis, Generalleutnant Freiherr Sentier von Lötzen- hielt dann folgende Ansprache an die Truppen: „Als heute vor SO Jahren im Schloß zn Versailles König Wilhelm l. von Preußen -um Kaiser auegerusen wurde, da war durch Bismarcks Staatskunst das Deutsche Reich gegründet auf den Siegen eines ruhmreichen Heeres. Bor uns stehen ihre Fahnen, dieselben Fahnen begleiteten das stolze deutsche Heer von 1314 ln den Krieg. Auf dem Schlachtfeld unbesiegt, gezwungen durch die Not der Heimat, mußten wir den Kampf aufgeben. Daß uns trotz allem die Einheit des Reiches, wenn auch an seinen Grenzen verstümmelt, erhallen blieb, gibt uns Hoffnung für die Zukunst. Daß wir treu und unbeirrbar als Soldaten unsere Pflicht erfüllen wollen, bas geloben wir heute am Gründungstag des Deutschen Reiches erneut." In das dreifache Hurra, das der Divisionskommandeur am Schluß seiner Ansprache auf das deutsche Vaterland ausbrachte, stimmten die Truppen begeistert ein. Während dann die Kapelle -as Deutschlandlied spielte, löste vom Akademiehof aus eine Batterie der 3. Abteilung 5. Art.-Regt. 21 Schuß Salut, die gewaltig über die Stadt dröhnten. In tadelloser Haltung und Richtung und unter dem Beifall der vielen Tausende, die diesem glänzenden militärischen Schauspiel beiwohnten, marschierten die Truppen im Paradeschritt an dem Divisionskommandeur und dem Staatspräsidenten vorbei.
Die Staatsregierung, die Reichsbehörden, die Stad: Stuttgart, die Techn. und die Lanöw. Hochschule hatten zur eigentlichen NetchsgründniigSfeier in die Stadthalle eingeladen. In Massen strömte die Bevölkerung Stuttgarts zur Stadthalle, die lange vor Beginn überfüllt war. Die Geben! rede hielt Universitätsprofessor Dr. jur. Walther Schön feld aus Tübingen, der die große Vergangenheit des deut schen Volkes vor dem geistigen Auge der Zuhörer wieder erstehen ließ. Das Deutsche Reich mußte kommen, weil es in Gottes ewigem Plane lag, als er das Volk der Deutschen schuf. Ein Mann ans preußischem Geiste, aus dem Staate Friedrichs des Großen und Kants ist es gewesen, den sich die Vorsehung dazu erkor, das Ungeheure zu vollbringen, dem deutschen Volke sein Haus zu gründen. Dieses Reich trotz aller Not der Zeit zu erhalten, ist liniere oberste Pflicht. Mit dem gemeinsamen Gesang des Deutschlandliedes schloß die eindrucksvolle Feier.
Ministerbesprechungen vor der Ratstagung
Reichsaußenminister Lurlius bei Henderson und Briand
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