KREISNACHRICHTEN
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Unabhängige Tageszeitung und Amtsblatt für die Stadt und den Kreis Calw- Gegründet 1826 / Nr. 17 Mittwoch, 22. Januar 1969 Einzelpreis 30 Pfennig 2 H 2033 A
Heftiges Tauziehen um Fall Gerstenmaier
FDP lehnt Bildung einer Untersuchungskommission ab
Von unserer Bonner Redaktion
Bonn. Nach stundenlangen Beratungen ist es den Fraktionen des Bundestages gestern abend gelungen, zu einer Einigung im Fall Gerstenmaier zu kommen. Der Bundestagspräsident hatte sich bereit erklärt, einer kleinen Kommission der drei Parteien in seiner Wiedergutmachungsangelegenheit Rede und Antwort zu stehen. Doch dieser Plan scheiterte am Widerstand der FDP. Aber auch in der SPD-Fraktion sprach sich eine knappe Mehrheit der Abgeordneten gegen die Bildung der Kommission aus. Erst am späten Abend fanden die Vorsitzenden der drei Bundestagsfraktionen einen Kompromiß: Heute wollen sie mit Gerstenmaier persönlich ein Gespräch über die umstrittene Wiedergutmachungszahlung führen.
Erste Vierer-Konferenz über Vietnam am Samstag
Paris (dpa). Zur Übernahme seines neuen Amtes als Chef der amerikanischen Delegation bei der erweiterten Pariser Vietnamkonferenz ist der bisherige US-Botschafter in Bonn, Henry Cabot Lodge, von Washington kommend in der französischen Hauptstadt eingetroffen.
Die erste Vierer-Konferenz soll, wie von amerikanischer Seite verlautete, am Samstag um 10.30 Uhr beginnen. Die nordvietnamesische Delegation erklärte in einem Kommunique, sie und die NLF-Delegation hätten, einem amerikanischen Terminvorschlag zugestimmt.
Verstarkte Kommunistentätigkeit
Saigon (AP). In der ehemals entmilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südvietnam hat sich am Montag erneut ein Zwischenfall ereignet. Kommunistische Batterien beschossen aus der Pufferzone heraus ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug und beschädigten es. Amerikanische Artillerie erwiderte daraufhin von Süden her das Feuer und zerstörte zwei feindliche Geschützstellungen im südlichen Teil der Zone.
Feuerüberfälle und Terroranschläge, bei denen es leichte Verluste unter der südviet- r.amesischen Bevölkerung gab, ereigneten sich in verschiedenen Teilen Südvietnams, darunter auch im Stadtgebiet von Saigon, wo Terroristen an zwei Stellen Handgranaten in eine Menschenmenge warfen. Südwestlich von Saigon wurden bei einer Granatwerferattacke auf einen amerikanischen Flugplatz zwei Hubschrauber beschädigt. Im Mekong- Delta versenkten Vietkong-Einheiten durch Maschinenwaffenbeschuß ein Flußpatrouillenboot der US-Streitkräfte. Ein zu Hilfe eilender Hubschrauber wurde abgeschossen.
Paris (dpa). Für die Kriegsgebiete in Nigeria und dessen abgefallener Ostprovinz Biafra ist kein Ende der Hungersnot abzusehen. Wie aus dem jüngsten Bericht des Kinderhilfsfonds der Vereinten Nationen (UNICEF) hevorgeht, der gestern in Paris veröffentlicht wurde, fehlen in ganz Nigeria monatlich 18 000 Tonnen Lebensmittel.
Der Bericht weist darauf hin, daß täglich 400 Lastwagen und 100 Transportflüge nötig wären, um den Lebensmittelbedarf zu decken, daß aber täglich nur 30 bis 35 Nachtflüge möglich seien. In den von den nigerianischen Bundesregierung kontrollierten Gebieten brauchten 600 000 bis eine Million Menschen Hilfe, in Biafra sogar 3,5 bis vier Millionen.
Paris verhandelt über Lieferung von Waffen an Kuwait
Beirut (dpa). Der französische Verteidigungsminister Pierre Messmer und der ku- waitische Innen- und Verteidigungsminister verhandelten gestern in Kuwait über die Ausrüstung der Armee des Ölemirats am Persischen Golf mit französischen Waffen. Wie Minister Scheich Saad al Abdallah al Salim al Sabbah mitteilte, steht auch eine allgemeine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern auf der Tagesordnung der Gespräche. Messmer hatte zuvor bereits in Saudi-Arabien über französische Hilfe beim Ausbau der Landesverteidigung verhandelt. In Beirut halten sich gegenwärtig drei Obersten des französischen Generalstabs zu Kontakten mit Regierung und Armee Libanons auf.
Der Fall Gerstenmaier beherrschte gestern die Szene im Bonner Bundeshaus. Der Bundestagspräsident erklärte am Vormittag gegenüber den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU und der SPD, daß er nicht bereit sei, sich den öffentlichen Angriffen durch einen Rücktritt zu entziehen. Wie es heißt, soll Gerstenmaier selbst den Vorschlag gemacht haben, daß eine Kommission aus Rechtsexperten der Parteien seine Wiedergutmachungsangelegenheiten überprüfe. Dem Vernehmen nach sind für diese Kommission der CDU-Abgeordnete Güde und der SPD-Abgeordnete Hirsch vorgeschlagen worden.
Als am Nachmittag um 13 Uhr die Fraktion der CDU/CSU zusammentrat, hielt sich Gerstenmaier im Zimmer des Fraktionsvorsitzenden Barzel auf. Viele CDU-Abgeordnete machten hinter vorgehaltener Hand kei-
In dem UNICEF-Bericht heißt es, in den letzten fünf Monaten seien aus Fernando P6o und Sao Tome weniger Flüge in das Katastrophengebiet unternommen worden als an zwei Tagen der Berliner Luftbrücke
Britischer Hubschrauberträger durch Feuer beschädigt
London (dpa). Ein größeres Feuer hat gestern in einem Trockendock der südenglischen Hafenstadt Portsmouth den 9550 Tonnen großen britischen Hubschrauberträger „HMS Blake“ beschädigt. Sieben Feuerwehren bekämpften den Brand, der in einem Holzlagerraum aus bisher noch unbekannten Gründen ausgebrochen war und sich mittschiffs an der Steuerbordseite ausbreitete. Der Brand konnte nach zwei Stunden eingedämmt werden. 500 Dockarbeiter und 200 Marineangehörige mußten vorübergehend evakuiert werden. Der einstige Kreuzer war erst kürzlich zu einem Trägerschiff für Hubschrauber umgebaut worden.
Luftbrücke beendet
Nürnberg (dpa). Ohne Zwischenfall beendete gestern abend die amerikanische Luftwaffe ihren Luftbrückeneinsatz von Kansas nach Nürnberg im Rahmen des Manövers „Reforger I“. Um mehrere Minuten früher als geplant landete um 18.51 Uhr die letzte der 62 Transportmaschinen vom Typ C 141 „Starlifter“ auf dem Nürnberger Flughafen. Damit waren in rund 33 Stunden etwa 5000 Offiziere und Soldaten in Nürnberg gelandet. Mit Lastkraftwagen und der Bahn wurden die Einheiten zum oberpfälzischen Truppenübungsplatz Grafenwöhr weitertransportiert, wo am 29. Januar eine siebentägige Feldübung der amerikanischen Hee- res-Einheiten beginnt.
nen Hehl aus ihrem Groll gegen den Bundestagspräsidenten. Nach einem Bericht Bundeskanzler Kiesingers über die politische Lage betrat Gerstenmaier gegen 17 Uhr den Fraktionssaal. Die CDU-Abgeordneten nahmen die halbstündige Rechtfertigungsrede des Bundestagspräsidenten mit Schweigen zur Kenntnis. Gerstenmaier soll seine Erklärung mit den Worten beendet haben, daß er allen, die sich von seinem kürzlichen
Prag (AP/dpa). Genau fünf Monate nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen in die Tschechoslowakei hat sich gestern in Prag die Angst vor weiteren Selbstverbrennungen und vor einer drohenden Krise ausgebreitet. Viele Menschen versammelten sich am Denkmal des Sankt Wenzel und an dem Brunnen, an dem der Student Jan Pa- lach vergangene Woche den Freitod suchte. Als weiteres Anzeichen für die Unruhe unter der Bevölkerung wird der Ansturm auf die Zeitungen gewertet: Bis in die frühen Mittagsstunden waren alle verfügbaren Blätter in Prag ausverkauft.
Studenten, die enttäuscht von der Antwort der Prager Führer auf ihre Forderungen von Gesprächen mit den Politikern zurückkehrten, erklärten, die Regierung sei sich noch über die Schritte unschlüssig, die zur Beruhigung der derzeitigen Situation not-
Uber den Zustand des 25 jährigen
Brauereiarbeiters Josef Hlavaty, der am Montagabend bei einem Selbstmordversuch mit Verbrennungen zweiten Grades in ein Pilsener Krankenhaus eingeliefert worden war, war zunächst nichts weiteres bekannt. Die Prager Zeitung „Svo- bodne Slovo“ berichtete in ihrer Dienstagausgabe, Josef
Hlavaty habe aus ähnlichen Motiven wie der inzwischen verstorbene Student Jan Palach gehandelt. Pa-
Tel Aviv (dpa). Keinerlei Einzelheiten sind über die ausführlichen Gespräche bekanntgeworden, die der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank, Hermann Josef Abs, während seines zehntägigen Besuchs in Israel geführt hat. Abs, der gestern in die Bundesrepublik zurückkehrte, hatte unter anderem mit dem Präsidenten Zalman Schasar, Ministerpräsident Levi Eschkol, Außenminister Abba Eban und Finanzminister Pinchas Sapir gesprochen.
Ein Mißklang überschattete den letzten Tag seines Aufenthaltes. Der kommunistische Abgeordnete Meir Wilner legte der Knesseth eine dringende Anfrage vor, in der verlangt wird, daß Abs in Israel als Nazi- Verbrecher angeklagt werde. Wilner erklärte, Abs sei während des zweiten Weltkrieges Leiter deutscher Firmen gewesen, die Millionen von Zwangsarbeitem beschäftigten.
In einem Bericht über diese Interpellation hob die „Jerusalem Post“ hervor, Abs sei als Bankier maßgeblich am Zustandekommen größerer Anleihen und Zuwendungen an Israel beteiligt gewesen und habe in diesem Zusammenhang in den vergangenen zehn Jahren mehrmals Israel besucht.
Israelis erschossen Araberin
Tel Aviv (AP). Israelische Soldaten haben am Montag in der Stadt Rafah im Gaza- Streifen eine demonstrierende Araberin erschossen und neun weitere arabische Frauen und Mädchen durch Schüsse verwundet. Ein israelischer Armeesprecher in Tel Aviv gab am Abend bekannt, die Soldaten hätten
Zomesausbruch betroffen fühlten, „Glück und Gottes Segen über den Weg“ wünschte.
Zwischen den drei Fraktionszimmem herrschte reger Verkehr. Abgeordnete der einzelnen Parteien nahmen immer wieder Kontakt auf, um die Beschlüsse ihrer Fraktionen abzustimmen. Die FDP lehnte schließlich den Vorschlag einer Dreier-Kommission ab. Sie begründete ihren Entschluß damit, daß der Fall Gerstenmaier kein rechtlicher, sondern ein politisch-moralischer sei. Im Bundeshaus hieß es am späten Abend, die Kontakte zwischen der FDP und der SPD seien nicht so gut gewesen wie zwischen SPD und CDU. Beide Fraktionen hätten bei ihren Beschlüssen angenommen, daß auch die andere Gerstenmaiers Anregung einer rechtlichen Überprüfung seiner Wiedergutmachungsangelegenheit abgelehnt hätte.
Nach den Vorstellungen der CDU/CSU und der SPD sollte die Kommission vier Fragen bis zum Wochenende klären:
1. Auf welchen gesetzlichen Grundlagen beruhte das Wiedergutmachungsverfahren?
2. Hat Gerstenmaier Einfluß auf das Verfahren genommen?
3. Hat Gerstenmaier Einfluß auf die Gesetzgebung genommen?
4. Ist das Gesetz, nach dem Gerstenmaier Wiedergutmachung gewährt wurde, auch von anderen Personen in Anspruch genommen worden?
lach gehörte einer Gruppe an, die aus Protest gegen den Verlust der Freiheit in der von Sowjettruppen besetzten Tschechoslowakei eine Reihe von Verbrennungen angekündet hat, deren nächste für gestern geplant war. Aus Studentenkreisen verlautete, Palach werde möglicherweise am Samstag in Prag beerdigt werden.
Am Dienstagnachmittag standen auch ältere Frauen „Ehrenwache“ am Nationaldenkmal, wo seit Donnerstagabend zwei Wachen tschechoslowakische Fahnen in Trauerstellung halten. Ein junger Arbeiter küßte die Fahne, bevor er sie bei der Wachablösung einer Kollegin übergab. Studenten haben inzwischen mit einer Geldsammlung für die Errichtung eines Denkmals für Palach begonnen, der als das „erste Opfer des Kampfes um die Verwirklichung der Ideale der Jugend“ bezeichnet wird.
Ministerpräsident Cernik: ..Lage gefährlich zugespitzt“
Wien (dpa). „In den letzten Tagen hat sich die politische Lage in unserem Lande gefährlich zugespitzt“, erklärte gestern abend der Ministerpräsident der tschechoslowakischen Bundesregierung, Oldrich Cernik, vor Delegierten des tschechischen Gewerkschaftsverbandes in Prag. „Wir können nicht leugnen, daß wir uns in einer ernsten Situation befinden. Die staatlichen Organe, so vor allem die Polizei, werden daher energisch durchgreifen müssen, denn mit Gefühlen allein kann keine Politik gemacht werden.“ „Ruhe und überlegte Handlungsweise ist noch lange nicht Schwäche“, sagte der Ministerpräsident. „Wir wollen daher nicht zulassen, daß mit unserer nationalen Existenz ein Hasard-Spiel getrieben wird.“
über die Köpfe der Frauen hinweggeschossen, die sich während des Ausgehverbots zu einem Gelände begeben hatten, in dem 16 eines Terroranschlags verdächtige Araber festgehalten wurden. Die Frauen seien zwar einmal zerstreut worden, seien aber eine Stunde später zurückgekehrt und hätten sich nun geweigert, in ihre Häuser zu gehen. Daraufhin hätten die Soldaten das Feuer eröffnet.
Israelische Patrouillen haben nach eigenen Angaben in der Nacht zum Dienstag bei zwei Zusammenstößen in der Negev-Wüste insgesamt sechs arabische Partisanen getötet. Die Zusammenstöße mit den arabischen Sabotagetrupps ereigneten sich beide in der Nähe der israelischen Grenzsiedlung Ein Yahav, 60 Kilometer südlich vom Toten Meer. Bei den Erschossenen wurden Granaten und Sprengvorrichtungen gefunden.
Nasser lehnt Verhandlungen ab
Kairo (AP). Der ägyptische Staatspräsident Nasser hat am Montagabend anläßlich der Eröffnung der Sessionsperiode des neugewählten Parlaments in Kairo jede direkte Verhandlung mit Israel über eine Beilegung der Nahost-Krise erneut nachdrücklich abgelehnt und unter dem Beifall der 350 Abgeordneten der „Arabischen Sozialistischen Union“ erklärt, Ägypten werde keine Handbreit seines Territoriums aufgeben. „Wir setzen uns nicht mit dem Feind an den Tisch, solange Teile unseres Landes besetzt sind“, rief Nasser aus. „Wir werden im Wüstensand und in den Tälern kämpfen, bis alle arabischen Gebiete befreit sind.“
De Gaulle macht Sorgen
Von Karl M egerle
General de Gaulle ist dabei, der französischen Außenpolitik neue Impulse und eine neue Richtung zu geben. Er will die Erinnerung an die Rückschläge des Jahres 1968 vergessen machen und zeigen, daß ihm immer noch etwas einfällt. In seinen Bemühungen um das Vergessen begegnet er sich mit der Sowjetunion, die den Überfall auf die Tschechoslowakei hinter sich bringen und aus der moralischen Diffamierung herauskommen will, in die sie sich dadurch gebracht hat.
Im September hatte Debre gesagt, der weitere Weg der Entspannung führe über den raschen Abzug der Besatzungstruppen und im Oktober vor der UN: nur ein Abzug dieser Truppen könne eine Verschärfung der Spannung für Europa und die Welt verhüten. Aber jetzt arrangiert man sich mit der Sowjetunion, drückt die schmutzigen Hände des Invasoren und verkündigt, daß die russisch-französische Entspannung und Zusammenarbeit dem Frieden und Gleichgewicht Europas und der Welt diene.
Die erstrebte Rückkehr in den Kreis der großen Vier kennzeichnen die neue Phase. De Gaulle hat sie in seiner Neujahrsansprache angekündigt. Er sprach von Vietnam, Biafra, dem Nahen Osten, dem Eintritt Chinas ins Konzert der Großen, von Kanada und einem Weltwährungssystem. Auch von der Entspannung mit Osteuropa. Von Westeuropa, der EWG, von Deutschland oder England kein Wort.
Der Anfang der neuen Politik soll offenbar im Nahen Osten gemacht werden. Rußland und Frankreich haben sich, ohne die Ära Nixon abzuwarten, ziemlich weitgehend darüber geeinigt, daß die vier Großmächte die Lösung in die Hand nehmen und notfalls den Widerspenstigen in Nahost, vor allem
Fünf von zehn Schnellbooten bei Manöver beschädigt
Kiel (dpa). Unter einem unglücklichen Stern steht ein taktisches Manöver des 5. Schnellbootgeschwaders aus Olpenitz/Ostsee gegenwärtig im Kattegat. Von den zehn zum Geschwader gehörenden Booten mußten fünf wegen Beschädigungen die Heimfahrt antreten. Wie das Flottenkommando der Bundesmarine gestern mitteilte, sind am Montagabend im südlichen Kattegatt die beiden Schnellboote „Alk“ und „Pinguin“ und wenig später die beiden Boote „Reiher“ und „Weihe“ zusammengestoßen. Zum Zeitpunkt der Havarien soll die Sicht sehr schlecht gewesen sein. Im Schlepp nach Travemünde befindet sich bereits das Schnellboot „Storch“, das nach Mitteilung des Flottenkommandos am Sonntag ebenfalls im Kattegat auf Grund gelaufen ist.
den Israelis, auferlegen sollen. In den französisch-russischen Nahostkonzeptionen spielt vor allem eine Viermächtegarantie der neuen arabisch-israelischen Grenzen eine Rolle, die innerhalb oder außerhalb der UN geleistet werden und notfalls militärische Kontingente der vier Großmächte an diesen Grenzen vorsieht. De Gaulle hat sich bereit erklärt, solche zu stellen. Die Russen werden nicht zögern, die Gelegenheit zu benützen, auf legale Weise zum erstenmal die Rote Armee im Nahen Osten einzusetzen.
Wer dazu beiträgt, die Rote Armee irgendwo diesseits des Eisernen Vorhangs zu stationieren, übernimmt eine große Verantwortung. Ob sie jemals wieder geht und was sie tut im fremden Land, ist eine bedrückende Frage. Daß sich Frankreich zu dieser Beihilfe hergibt, ist höchst beunruhigend. Dem europäischen und Weltgleichgewicht wäre damit nicht gedient. Frankreich könnte allein kein Gegengewicht gegen Rußland bilden. Es ist macht- und weltpolitisch nur ein Federgewicht. Sein Verhältnis zu Rußland wäre ein Bündnis des Lammes mit dem Löwen.
Man muß sich darauf gefaßt machen, daß unter de Gaulle das freie Europa von Frankreich nicht mehr viel zu erwarten hat. Er hat Kiesinger gesagt, Frankreich habe ohne die EWG gelebt und werde notfalls auch wieder ohne sie weiterleben. Während den Russen in Paris ein herzlicher Empfang bereitet wird und die französische Rußlandpolitik offenbar im großen Stil wieder aufgenommen wird, wird das halbjährliche Treffen zwischen dem französischen Staatsund dem deutschen Regierungschef von einer Selbstverständlichkeit zu einem Problem, das wohl jeder gern rasch hinter sich gebracht sähe.
Zwischen dem 21. August 1968 und dem Treffen der „Großen Kommission“ liegt die Kraftprobe zwischen Mark und Franc auf der Bonner Konferenz. De Gaulle wird sie nicht vergessen. Er sah sich plötzlich der deutschen wirtschaftlichen Machtentfaltung gegenüber und sah sich instinktiv nach dem russischen Gegengewicht um. Man muß sich um die Entwicklung des deutsch-französischen Verhältnisses sorgen. In die Handlungen des Generals dringen zunehmend Elemente der Unbeherrschtheit, des Ressentiments ein. Daß er sich das Weltjudentum zum Feind gemacht hat, oder herrisch das Aralpaket von Deutschland fordert, daß ihn zwei israelische Hubschrauber im Libanon zu einer Strafaktion gegen Israel veranlassen, aber 100 000 Russen in der CSSR nicht hindern, über Westeuropa hinweg Rußland zu umwerben, muß beunruhigen.
ZWEI NAMEN trägt das Ruderboot, mit dem der 31 Jahre alte britische Abenteurer John Fairfax gestern zu einer Überquerung des Atlantiks im Hafen von Las Palmas auf den Kanarischen Inseln in See stach. Das Boot trägt auf der einen Seite den Schriftzug „Britannia“, auf der anderen „Aragon“. In drei Monaten, so hofft er, wird er die Küste von Florida erreicht haben. (AP-Photofax)
In Biafra wird noch lange gehungert
Ganz Nigeria fehlen monatlich 18 000 Tonnen Lebensmittel
Abs beendete Israel-Besuch
Keine Einzelheiten der Gespräche bekannt / Mißklang am letzten Tag
Prager Bevölkerung beunruhigt
Angst vor weiteren Selbstverbrennungen / Sturm auf die Zeitungen
Josef Hlavaty