KREISNACHRICH

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Unabhängige Tageszeitung und Amtsblatt für die Stadt und den Kreis Calw

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Samstag, 18. Januar 1969

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Sojus 4 landete bei 35 Grad Kälte

Weltraum-Umsteiger mit Fallschirmen in Kasachstan gelandet / Jubel in der Sowjetunion

Moskau (dpa). Nach dem ersten Umsteigemanöver im Weltall sind die beiden so­wjetischen Kosmonauten Alexej Jelissejew und Jewgeni Chrunow gestern morgen an Bord des Raumschiffes Sojus 4 mit dem Kommandanten Wladimir Schatalow sicher zur Erde zurückgekehrt. Sojus 5, mit dem Jelissejew und Chrunow am Mittwoch in den Weltraum hinausgeflogen waren, zog mit seinem Kapitän Boris Wolynow weiter seine Bahn um die Erde. Gestern abend lagen noch keine Hinweise dafür vor, ob So­jus 5 auch bald zurückkehrt oder vielleicht für neue Experimente noch im All

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MIT EINEM BESUCH der Deutschlandabteilung im amerikanischen Außenministeri­um begann Ministerpräsident Dr. Filbinger seinen zweitägigen Besuch in Washington. Er traf u. a. mit Sonderbotschafter George McGhee (rechts) zusammen, der bis zum vergangenen Jahr die USA als Botschafter in Bonn vertreten hatte. Gestern führte Filbinger auch ein Gespräch mit Beamten des Pentagon. (Foto: dpa)

bleiben wird.

Besonders in der Sowjetunion ist die Mis­sion der vier Raumfahrer mit ihren beiden Kapseln als ein weit in die Zukunft weisen­des Experiment gefeiert worden. Die Mos­kauer Nachrichtenagentur TASS veröffent­lichte die Kommentare mehrerer Wissen­schaftler, in denen Visionen vonglänzend ausgerüsteten Kosmodromen und komforta­blen Hotels im Weltraum als nicht mehr so weit von einer Verwirklichung bezeichnet werden. Der Astronom und Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Alexander Michailow, betonte die Bedeutung kosmi­scher Zwischenstationen, für die das Anein­anderkoppeln der beiden Raumschiffe von grundlegender Bedeutung war, und meinte, die Kosmonauten hätten einen Sieg davon­getragen,auf den die ganze Menschheit stolz sein kann.

Sojus 4 war gestern morgen um 7.52 Uhr (MEZ) wie vorgesehen 40 Kilometer nord­westlich von Karaganda in Kasachstan ge­landet. Der Landeplatz liegt etwa 600 Kilo­meter von dem Kosmodrom Baikonur ent­fernt, von dem die Raumschiffe gestartet waren. TASS meldete, alle drei Raumfahrer seien wohlauf. Das Landemanöver wurde, wie es heißt, handgesteuert. Die weiche Lan­dung bewirkten außer einem System von Fallschirmen besondere Triebwerke.

Die ganze Nacht hindurch hatten sich in dem für Sojus 4 vorgesehenen Landegebiet die Bodenmannschaften auf die Rückkehr der Kapsel vorbereitet. TASS-Sonderkorre- spondent Nikolai Schelesnow berichtete, die Temperatur sei am Morgen auf 35 Grad mi­nus gesunken und ein starker Wind sei auf- gekommen. Der Korrespondent meldet wei­ter:Jede Minute trafen in der Zentrale für die Suchmannschaften Berichte von den aus­geschickten Hubschraubern ein. Aus einem der Mi-6-Hubschrauber kam dann plötzlich der RufIch kann Sojus 4 sehen!.

Paris lädt zum Vierertreffen

Paris (AP). Die französische Regierung hat gestern entsprechend ihren Ankündi­gungen die Vereinigten Staaten, Großbritan­nien und die Sowjetunion zu Viererbespre­chungen über das Nahostproblem eingela­den. Nach einer Mitteilung des Außenmini­steriums erging die Einladung an die ständi­gen Mitglieder des Weltsicherheitsrates, zu denen eigentlich auch Formosa, als gegen­wärtige Vertretung Chinas gehört, das aber nicht erwähnt wurde.

Prag/Wien (dpa). Der Selbstmordver­such des Prager Studenten Jan Palach hat große Unruhe in der Bevölkerung hervorge­rufen und eine lebhafte Aktivität der Stu­dentenorganisationen ausgelöst.

Der Gesundheitszustand Palachs, der sich, wie berichtet, am Donnerstag auf dem Wen­zelsplatz in Prag selbst in Brand gesetzt hatte, ist nach Auskunft der behandelnden Ärzte weiterhin sehr ernst. Wie die tsche­choslowakische Nachrichtenagentur CTK ge­stern meldete, sind 85 Prozent seiner Haut verbrannt. Zur Vermeidigung von Infektio­nen wurde er in ein völlig sterilisiertes Krankenzimmer verlegt.

Ein Brief, der in dem zurückgelassenen Wintermantel des 21jährigen gefunden wur­de, hat inzwischen bestätigt, daß Palach die Tat alsdemonstrativen Protest beging. In dem Brief hat er erklärt, daß er mit seinem Selbstmord gegen die Zensur und gegen das zunehmende Abrücken der führenden Funk­tionäre vom Demokratisierungskurs und ge­gen die Anwesenheit der sowjetischen Trup­pen protestieren wolle.

Das Präsidium der Prager Studentenschaft hat in einer außerordentlichen Sitzung nach einem Gedankenaustausch mit dem tschechi­schen Ministerpräsidenten Stanislav Razl und anderen Ministern seiner Regierung un­ter anderem festgestellt, daßjede Vernied­lichung der Tat Palachs eine scharfe Reak­tion von seiten der Studentenschaft auslösen könnte. In einer Resolution wurde gefor­dert, daß das Zentralkomitee der KPC, das gestern seine Sitzung auf der Prager Burg fortsetzte, zu dem tragischen Fall Stellung nehmen und seine Stellungnahme in kürze­ster Zeit der Öffentlichkeit übergeben solle.

ZK billigt Kandidatur Colotkas

Prag (dpa). Das Zentralkomitee der tschechoslowakischen KP hat die Kandida­tur des jetzigen stellvertretenden CSSR-Mi- nisterpräsidenten Dr. Peter Colotka für das Amt des Vorsitzenden der Bundesversamm-

Ein Besatzungsmitglied schilderte über Sprechfunk, er könne sehen, wie die Raum­kapsel an ihrem orangefarbenen Fallschirm zur Erde niederschwebe. Ein anderer Hub­schrauber wartete bereits an der Stelle, wo die drei Astronauten landeten. Die Männer liefen sofort auf das Raumschiff zu und brachten den Kosmonauten warme Klei­dung. Erst nachdem die Raumfahrer diese angezogeri hatten, war Zeit für die Umar­mungen.

Auch die Bewohner aus der Umgegend eilten in dicken Pelzmänteln und Filzstiefeln durch den tiefen Schnee, um den Kosmonau­ten einen herzlichen Empfang zu bereiten. Immer wieder fragten sie, wie es den Kos­monauten gehe. Jewgeni Chrunow antwor­tete nur:Gut, während der zweite der Umsteiger im All, Alexej Jelissejew sagte: Ich finde keine Worte. Ich bin sehr froh, grenzenlos glücklich. Der Kommandant der Kapsel, Wladimir Schatalow, erkundigte sich zu allererst, wie es Boris Wolynow gehe, den sie in Sojus 5 auf seiner Erdumlaufbahn zu­rückgelassen hatten.

Von unserer Bonner Redaktion

Bonn. Nach der CDU haben jetzt auch die SPD und die FDP Stellungnahmen zum Wieder gutmachungs verfahren von Bundes­tagspräsident Gerstenmaier angekündigt. Dör Vorsitzende der SPD-Bundestagsfrak- tion, Helmut Schmidt, erklärte gestern, einer öffentlichen Äußerung seiner Fraktion müs­se erst einegründliche Beratung vorange­hen. Der Fraktionsvorstand der Sozialdemo­kraten will sich am kommenden Dienstag eine Meinung an Hand eines Berichtes bil­den, den die SPD-Mitglieder des Ältestenra­tes zusammenstellen werden. Die FDP- Fraktion wird sich ebenfalls am Dienstag mit den Angriffen gegen den Bundestags­präsidenten beschäftigen.

Gerstenmaier nahm gestern noch einmal vor dem Ältestenrat zu den gegen ihn erho­benen Vorwürfen Stellung. Er betonte, daß er die ihm ausgezahlten 280 000 Marknach Abzug der Steuern für den Kreis des deut­schen Widerstandes bestimmt habe. Der Wiedergutmachungsbescheid sei das Ergeb-

lung gestern in geheimer Abstimmung ge­billigt.

Dies wurde am Abend nach der zweitä­gigen Plenarsitzung des ZK auf einer Pres­sekonferenz für Auslandsjournalisten von Präsidiumsmitglied Vaclav Slavik in Prag mitgeteilt. Mit der Kandidatur Colotkas ist das Tauziehen um dieses hohe Amt, in dem ein großer Teil der Bevölkerung den jetzi­gen Parlamentspräsidenten Josef Smrkovsky sehen wollte, nach wochenlangem Ringen endgültig entschieden. Smrkovsky wurde, wie vorgesehen, in der Plenarsitzung als stellvertretender Vorsitzender der Bundes­versammlung und als Präsident der Volks­kammer, eines der beiden Häuser der Bun­desversammlung vorgeschlagen. Die genauen Abstimmungsergebnisse wurden bei der Pressekonferenz nicht bekanntgegeben.

Nach der Begrüßung stiegen die Raumfah­rer in einen der Hubschrauber, der sie nach Karaganda brachte, wo sie im Hotel Tschaika erwartet wurden. Auf dem Wege sahen sie, wie der TASS-Korrespondent schreibt, denkosmischen Postsack mit Zei­tungsartikeln über ihren Flug und Grußbot­schaften durch.

TASS beschrieb gestern, daß dielebens­erhaltenden Behälter an den Beinen der Kosmonauten befestigt waren, um sie beim Aus- und Einsteigen nicht zu behindern. In den Behältern waren Geräte zur Sauerstoff­versorgung, Heizelemente, automatische Temperaturregler und Ventilatoren, mit de­nen die warme oder kalte Luft in den Raumanzügen verteilt wurde.

Grüße auch an China

Moskau (AP). Die vier sowjetischen Kos­monauten an Bord der beiden Raumschiffe Sojus 4 und Sojus 5 haben während ihres Fluges Grußbotschaften an die Völker Ame­rikas, Chinas, Europas, Vietnams, Austra­liens, Lateinamerikas, Afrikas und Asiens geschickt, wie die sowjetische Nachrichten- Agentur TASS gestern berichtet. In der Botschaft an die europäischen Völker heißt es unter anderem:Wir senden den europäi­schen Völkern gute Wünsche für ein Wohl­ergehen und einen stärkeren Frieden. In der Botschaft an das chinesische Volk wird dagegen dem Vertrauen auf dieunverbrüch­liche Freundschaft des sowjetischen und chi­nesischen Volkes Ausdruck verliehen.

nis eines einstimmig verabschiedeten Geset­zes. Wörtlich erklärte der Bundestagspräsi­dent:Auf die damit gesetzlich verbundene materielle Entschädigung kam es mir nicht an. Ich hatte von Anfang an den Verzicht erwogen. Da mir von fachkundiger Seite er­klärt wurde, ich liefe bei einem Verzicht Ge­fahr, auch meiner übrigen Rechte aus dem Verfahren verlustig zu gehen, mußte ich das Verfahren ablaufen lassen. Die Klärung, daß er zum Widerstand gegen Hitler gehör­te, sei ihm noch wichtiger gewesen als die Anerkennung der akademischen Lehrbefug­nis.

Die FDP kündigte an, sie wolle sich bei den Beratungen über die Vorwürfe gegen den Bundestagspräsidenten auch mit den rechtlichen Grundlagen beschäftigen, die zu dem Wiedergutmachungsbescheid führten. Die CDU hatte am Donnerstag eine Ver­trauenerklärung für Gerstenmaier abgege-

Arbeitgeber bieten 5,5 Prozent

Stuttgart (dpa). Die Tarifpartner des öf­fentlichen Dienstes haben gestern in Stutt­gart die am 6. Dezember vergangenen Jah­res vertagten Lohn- und Gehaltsverhand­lungen für die rund 1,2 Millionen Arbeit­nehmer bei Bund, Ländern und Gemeinden wieder aufgenommen. Den Forderungen der Gewerkschaften ÖTV und DAG nach einer achtprozentigen Einkommenserhöhung und nach dem von der ÖTV verlangten neuen Lohnsystem für Arbeiter steht das Angebot der Arbeitgeber von 5,5 Prozent Lohn- und Gehaltserhöhung gegenüber. Außerdem bie­ten sie eine Anhebung der Dienstalterszula­ge an. Wie der ÖTV-Vorsitzende Heinz Kluncker dazu mitteilte, entspricht dieses Angebot der Arbeitgeber nicht den Vorstel­lungen der ÖTV für ein neues Lohnsystem. Nach Angaben von Arbeitnehmerseite be­steht auf beiden Seiten die Bereitschaft, bei den Verhandlungen zu einem Ergebnis zu kommen. Die Teilnehmer an den Gesprä­chen rechnen mit langwierigen Verhandlun­gen.

Erste-Hilfe-Kurs für alle Führerscheinbewerber

Bonn (AP). Vom 1. August an müssen alle Führerscheinbewerber einen Kurs in Erster Hilfe absolvieren, bevor sie ihre Fahr­erlaubnis erhalten. Diese neue gesetzliche Regelung wurde gestern einstimmig im Bundestag verabschiedet. Die Ausbildung, in der Kenntnisse über die Bergung und Lage­rung Verletzter, Atemspendung, Blutstillung und andere Grundzüge der Versorgung Un­fallverletzter vermittelt werden sollen, wird nacb Meinung des Parlaments etwa zwei bis drei Doppelstunden beanspruchen.

Zugleich mit diesem Gesetz wurde die Be­stimmung verabschiedet, daß Beschaffenheit, Ausrüstung und Prüfung der Fahrzeuge die Insassen bei einem Verkehrsunfall vor Ver­letzungen schützen oder deren Folgen mil­dern müßten. Zu den dabei ins Auge gefaß­ten Einzelheiten gehören bei Kraftwagen ein verformungsfester Innenraum, weiche Ver­kleidungen, Sicherheitslenksäulen,unfall­gerechte Türen und Türschlösser und die Anbringung von Sicherheitsgurten. Zum Er­laß dieser Detailvorschriften, zu denen auch die Verpflichtung zum Mitführen von Ver­bandsmaterial gehört, wurde der Bundes­verkehrsminister durch das Gesetz ermäch­tigt.

Mirage-Jäger für Malaysia?

London (AP). Frankreich soll Malaysia nach einem Bericht der britischen Zeitung The Daily Mail Düsenjäger vom Typ Mi­rage zur Verteidigung gegen eine etwaige philippinische Aggression angeboten haben. Der diplomatische Korrespondent des Blat­tes, John Dickie, nennt in seinem gestern veröffentlichen Bericht keine Quelle für sei­ne Informationen.

US-Truppenabzug wird aktuell

Saigon (AP). Nach dem Pariser Überein­kommen zur Aufnahme der lange geplanten Viererverhandlungen ist jetzt offenbar die Frage eines Abzugs amerikanischer Trup­peneinheiten aus Südvietnam in ein akutes Stadium getreten. In Begleitung des US-Oberkommandierenden General Creigh- ton Abrams konferierte gestern der ameri­kanische Botschafter in Saigon, Ellsworth Bunker, zwei Stunden lang mit dem süd­vietnamesischen Staatspräsidenten Nguyen Van Thieu über eine Reihe wichtiger Pro­bleme, darunter den Beginn und das Aus­maß des Truppenabzugs, das Verfahren für eine Feuereinstellung und das gemeinsame Vorgehen im Falle eines feindlichen An­griffs auf Saigon während der kommenden Verhandlungen.

Anti-Kriegs-Demonstration vor Amtseinführung Nixons

Washington (AP). Auf der historischen Pennsylvania Avenue, wo am Montag die Parade zur Amtseinführung Präsident Ni­xons stattfindet, werden amerikanische Kriegsgegner morgen, einen Tag vor diesem Ereignis, eine Protestdemonstration veran­stalten. Wie ein Sprecher des National Mo- bilization Committees, einer der beteiligten Organisationen, bekanntgab, hat die Regie­rung der Veranstaltung zugestimmt. Neben dem Protestmarsch sollen morgen auch eine Friedenskundgebung und einGegen-Ein- führungsball stattfinden.

Das Deutsche Fernsehen wird in einer 50 Minuten dauernden Sondersendung, die in Farbe ausgestrahlt wird, am Montagabend (23.10 bis 24.00 Uhr) über die Amtseinfüh­rung des neuen amerikanischen Präsidenten Richard Nixon berichten.

Organisiertes Gewissen

Von Klaus Korff

Die Wehrdienstverweigerung beschäftigte in dieser Woche den Bundestag, ohne daß das Parlament tiefer in die Materie eindrin- gen wollte. Der Bericht des Wehrbeauftrag­ten bot dazu auch wenig Anlaß, denn trotz mancher Berichte sind die Zahlen noch im­mer nicht alarmierend. Es kann aber auf Grund falscher Rekrutierungspolitik und bei verstärkter Aktivität außerparlamentari­scher Kräfte innerhalb der Bundeswehr eine Situation eintreten, die das Parlament zwingt, die Möglichkeiten der Wehrdienst­verweigerung einzuschränken. Zunächst wird nur mit der lückenlosen Erfassung der Dienstverweigerer für den Ersatzdienst ge­droht. Aber es ist kein Geheimnis, daß die Forderungen der Bundeswehrführung wei­ter reichen.

Das ist bedenklich, weil damit eine immer größere Zahl gar nicht aus Gewissensgrün­den handelnder Wehrdienstverweigerer die Anerkennung der wirklich begründeten Fäl­le gefährden. Seit bei der Wehrdienstver­weigerung dieDarstellungslast neben die Beweislast getreten ist, wird mit der Sache an sich erheblicher Mißbrauch getrie­ben. Das Grundgesetz hat dieser Entwick­lung Vorschub geleistet, denn es sagt in Art. 4 Abs. 3:Niemand darf gegen sein Gewis­sen zum Kriegsdienst mit der Waffe ge­zwungen werden. Dadurch hat der Begriff Gewissen vielfache Auslegung erfahren. Den ersten Wehrdienstverweigerern wurde eine Beweislast auferlegt, die darin bestand, daß man die Mitgliedschaft zu einer Ge­meinschaft wie beispielsweise der Zeugen Jehovas nach wies und unter Berufung auf derenGesetze die Gewissensnot erklärte.

Inzwischen werden, seit das Bundesver­waltungsgericht das Gewissen juristisch zu interpretieren versuchte, auch rein politische Beweggründe anerkannt, die Beweislast be­ginnt der Darstellungslast zu weichen. Die Verwaltungsrichter fanden eine treffliche Definition:

Die eigene Erkenntnis des Erlaubten und des Verbotenen und die Absicht, verpflichtet zu sein, dieser Erkenntnis gemäß zu han­deln, somit eine im Innern ursprünglich vorhandene Überzeugung von Recht und Unrecht und die sich daraus ergebende Ver­pflichtung des Betroffenen zu einem be­stimmten Handeln oder Unterlassen, machen das Gesetz aus."

Mit diesem Wortungetüm hantieren seit­her die Kreiswehrersatzämter. Sie behaup­ten, es habe zur organisierten Wehrdienst­verweigerung geführt.

' Da kommt zum Beispiel ein junger Mann und sagt, sein politisches Gewissen verbiete ihm den Waffendienst Er zitiert den Atom­sperrvertrag, das Potsdamer Abkommen und sagt etwas über Biafra oder Vietnam. Man stellt ihm folgende Frage:Gesetzt der Fall, Ihre Mutter würde von zwei Russen angegriffen, dabei fällt dem einen eine Pi­stole aus der Tasche und Ihnen vor die Füße würden Sie Ihrer Mutter zu Hilfe eilen und schießen? Der junge Mann, als Mit­glied einer Studentenorganisation über diese Fangfrage längst informiert, sagt achsel­zuckend:Ich würde niemals schießen! Ab nach links, der Mann ist anerkannt Ihm folgt ein junger Arbeiter oder Bauernjunge, Volksschüler, den tatsächlich Gewissens­gründe plagen, der aber vor dieserDarstel­lungslast versagt Als es um seine Mutter geht, sagt er:Na ja, ich würde die Pistole nehmen und ihr zu helfen versuchen! Ab nach rechts, der Mann geht zur Bundeswehr.

Das falsch interpretierte Grundgesetz be­günstigt die einen und benachteiligt die an­deren. Es verlockt außerparlamentarische

(Fortsetzung auf Seite 2)

Johnson: Bitte, Nixon, jetzt sind Sie dran! (Deutsches Monatsblatt, Bonn)

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Selbstmordversuch erregt Tschechen

Zustand von Jan Palach sehr ernst / Warnung der Studentenschaft

Gerstenmaier bleibt im Gespräch

SPD und FDP kündigen Stellungnahmen zur Wiedergutmachung an

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