„Karriere“ im Sprungbrett
Ein Heiratsantrag ist auch ein Engagement - Von Jo Hanns Rösler
Eines Abends ließ ich mich verleiten, das Sprungbrett zu besuchen. Im Sprungbrett, dem Kabarett der Namenlosen, einmal wöchentlich und am Rande des Englischen Gartens gelegen, wo jedermann auf- treten und ein Lied zum besten geben darf, wenn es ihm nicht an Mu't, wenn auch oft an Talent gebricht, sah ich auf der Bühne ein junges Mädchen. Sie trug ein dramatisches Gedicht vor. Sie tat es mit einer so unnachahmlichen Grazie, daß ich den Kellner bat, sie an meinen Tisch zu führen. Er folgte meiner Aufforderung und legte mir dabei die Getränkekarte auf den Tisch, die Seite mit den Champagnersorten nach oben. Ich schlug sie zu und bestellte einen Brandy.
Das junge Mädchen, die kleine Nachwuchsschauspielerin, die inzwischen an meinem Tisch Platz genommen hatte und von den Manipulationen mit dem Kellner oder vielmehr des Kellners mit mir keine Notiz nahm, wandte mir, nachdem der Kellner gegangen war, ihr junges schönes Gesicht zu.
„Mein Name ist Georges Pinelli“, sagte ich, „ich haben Ihnen einen Vorschlag zu machen. Darf ich annehmen, daß Sie keine anderen Verpflichtungen eingegangen sind und frei über sich verfügen können?“
„Ich bin heute zum ersten Male aufgetreten“, sagte das sehr damenhaft aussehende junge Mädchen, „habe ich Ihnen gefallen?“ „Ausgezeichnet. Ich möchte sonst nicht hier sitzen und Sie unter Vertrag nehmen wollen.“
„Sie wollen mir einen Vertrag geben? Einen richtigen Vertrag?“ „Das ist allerdings meine Absicht. Ich möchte Sie gern für eine Hauptrolle verpflichten.“
„Eine Hauptrolle? Aber ich kann doch noch sehr wenig.“
„Für die Rolle, bei der ich an Sie gedacht habe, suche ich gerade eine Anfängerin. Die Rolle ist Ihnen, wenn ich mich so ausdrücken darf, geradezu auf den Leib geschrieben.“'
„Aber ich bin doch noch so schrecklich mager.“
„Sie sollen ja bei mir auch nicht den Falstaff spielen“, sagte ich und lachte, „ich habe mit Ihnen etwas Besseres vor. Ich bin schon über ein Jahr auf der Suche nach der idealen Besetzung. Als ich Sie vorhin sah, wußte ich, wer sie spielen wird.“
„Ich?“
Sie deutete aufgeregt mit dem Finger auf sich.
„Ich?“
„Ja“, sagte ich, „ich hoffe, wir werden uns einig.“
Foto: Jorde
Kohlmeise sucht Futterhäuschen!
Der allzu höfliche Gast
Von Hugo Hartung
Ernst Peppermint war ein höfli- penhaus bis ins Schlafzimmer hin- cher Mensch. Seine Höflichkeit auf hörte, fuhr eben aus der restschien, nach der Meinung seiner liehen Haut. Der Schlüssel wur- Frau, kaum zu überbieten. „Da de von Herrn Peppermint als der solltest du erst mal Zorngiebel ken- zweite Bodenschlüssel agnosziert... nenlernen!“ sagte Peppermint... Um halb fünf waren Peppermint Eines Tages lernte Frau Pepper- und Zorngiebel zum zweiten Male mint Zorngiebel kennen. Gott, war der au f der vereisten Chaussee, weil
höflich! Er sagte immerzu „mei- der Gast sich unmöglich dazu be- lmtPrhalt wirr1wqnröt . irl .
ne Wenigkeit“ und beteuerte ab- wegen ließ, den Rest der Nacht im Wohnung Teppfche lchmuch Klei wechselnd, es sei ihm peinlich und Hause zu verbringen. Er konnte es W g ’ PpKM ' K1
er sei so frei. Er sprang auf, sobald nicht annehmen, er wollte keine die Hausfrau sich aus irgendeinem Umstände machen ... Der gar nicht Grunde erhob, und war nur mit mehr höfliche Herr Pepper- Mühe davon abzuhalten, ihr in sei- mint schleuderte ihn beinahe in
Wenn sich der Nachwuchs sicher fühlt, stellt er sofort Ansprüche. Das ist überall so.
„Wie sind Ihre Bedingungen?“ fragte sie.
„Ich verlange zunächst einmal ein Exclusivrecht“, sagte ich sachlich. „Ich biete Ihnen dafür wirtschaftliche Sicherheit und einen gewissen Luxus. Für Ihr Leben ist gesorgt. Sie bekommen eine schöne Wohnung mit allem, was dazu gehört, Bad. Telefon, auch prächtige Teppiche, die ja einer Frau erst den rechten Rahmen geben und ihrer Schönheit schmeicheln, auch ein Hausmädchen steht Ihnen selbstverständlich zur Verfügung — wenn Sie ausfahren wollen, haben Sie einen Wagen mit Chauffeur — Sie werden schöne Kleider tragen, Schmuck, einen Pelzmantel, Sie werden in guten Lokalen essen, Theaterbesuchen, reisen, sich in bester Gesellschaft bewegen —“
„Und das Finanzielle?“
„Steigert sich von Jahr zu Jahr.“ „Bekomme ich auch Ulaub?“ „Einen von mir bezahlten sogar. Mit allen Reisekosten, Hotelaufenthalt, Flugkarten, wohin Sie wollen.“ Das Mädchen glaubte, daß es träume.
„Das ist wie ein Wunder! Ich werde alles haben wie jeder andere große Filmstar?“
„Alles“, sagte ich.
„Ich werde unter meinem Namen Uschi Elliot bekannt werden?“ „Nein“, sagte ich, „das ist die einzige Bedingung, die ich daran knüpfe. Den Namen müssen Sie ändern.“
„Aber er ist doch sehr schön?“ „Zugegeben. Aber er paßt nicht für die Rolle, die ich für Sie gedacht habe.“
Sie trank den Brandy mit einem Schluck hinunter, schon wie ein richtiger Filmstar, und sagte:
„Um welchen Film handelt es sich eigentlich?“
„Um gar keinen Film. Wie kommen Sie darauf?“
„Ach so“, sagte sie, wesentlich enttäuscht, „Sie haben nur ein Theater?“
„Nicht einmal ein Theater.“
Sie starrte mich fassungslos an. „Ja — wo und was für eine Hauptrolle soll ich denn bei Ihnen spielen?“
Ich sagte:
„In meinem Haus. Als meine Ehefrau. Ich möchte dich heiraten, Mädchen.“
Das wäre eigentlich schon die Pointe unseres Gespräch gewesen, und es kommt gar nicht mehr darauf an, daß der Leser erfährt, ob sie nun ja gesagt hat oder nein und ob wir glücklich geworden sind oder nicht. Aber mir wurde plötzlich eines erschütternd klar, als ich meinen Antrag in diesem kleinen Kabarett der Namenlosen vorbrachte: Jede Ehefrau im Lände ringsum hat alles, was sich ein Star erträumt. Sie spielt ein Leben lang immer die Hauptrolle, für ihren Lebens-
nem Diensteifer überallhin zu folgen. Danach war er schwer wieder auf den Stuhl zu kriegen. Er flötete, säuselte und lispelte. Selbst Pep>
der, einen Pelzmantel, ein Hausmädchen, einen Wagen mit ihrem Mann als Chauffeur, Reputation, Ansehen — das ist doch eigentlich, so zusammengerechnet, recht hübsch, was wir Ehemänner unseren Frauen bieten. Und nur darum eigentlich, um diese Erkenntnis weiterzureichen, habe ich diese Geschichte niedergeschrieben. Vielleicht liest heute eine Frau beim Friseur mein Scriptum, und wenn ihr Mann heute abend heimkommt, geht sie ihm mit zärtlichen Lächeln entgegen und sagt: „Liebster, du
seinen Wagen.
Ernst Peppermint kam erst am nächsten Mittag zu seiner in Äng- . . , sten aufgelösten Frau zurück,
permmt wurde es ein bißchen viel. g e j n Auto wurde von zwei munte-
Und seine Frau fand das Zusam- ren Rößlein gezogen, und auf dem
mensein der beiden Höflichen reich- wagendach war die Tanne festge-
lich strapaziös. bunden, an der es auf dem
schreck- Rückweg gestrandet war. Zum
liehe Sache. Weil der letzte Auto- (Rück ließen seine dicken Gesichts- ,
bus nach dem Vorort Zorngiebels verbände Herrn Peppermint noch verwöhnst mich wie ein Filmstar!“
schon weg war, erbot sich der Gast- genug Luft, um wie ein Bierkut- Und das mit den Pelzen, da ist auch
geber, seinen alten Bekannten nach sc ü er au f Zorngiebel zu fluchen, bei den Filmstars viel Kanin dar- Hause zu bringen. Peppermmts seine Frau fand ihn wunderbar... unter...
Wagen war nicht mehr neu, und , .
bei winterlicher Kälte und zunehmendem Schneegestöber sprang der Motor erst mal lange nicht an. Auf der Waldstraße hatte der scharfe Nordwind stellenweise den Schnee weggefegt, so daß der leichte Wagen sich zwei- oder dreimal gefährlich um sich selber drehte. Es wurde eine abscheuliche Fahrt, und die überlangen Dankeshymnen Zorngiebels am Ziel der Fahrt ließen Peppermint fast die Füße abfrieren.
Als er endlich um drei Uhr morgens in einem Bett lag, hatte er immer noch Herzklopfen von den Aufregungen am Steuer. Erst kurz vor 4 Uhr schlief er ein.
Um 4 klingelte es... die nervenschwache Frau Peppermint schrie:
„Einbrecher!“ Unlogik der Frauen:
Als ob Einbrecher klingelten! Ihr Mann ging im Nachthemd zur Haustür. Draußen stand Zorngiebel! Eben hatte man den Kerl unter Lebensgefahr heimgeschafft und
jetzt war er wieder da- Eine
kleine Schneelawine fiel von seinem Hut auf Peppermints nackte Füße. Und der schreckliche Mensch war nicht zur Tür hereinzubringen. Er flehte ein übers andere Mal um Entschuldigungen_Pepper
mint war auf 80. Selbst sein altes Auto schaffte das nur mit Mühe und Not.
Endlich packte der sonst so höfliche Mann seinen Gast beim Kragen, zerrte ihn ins Haus und brüllte ihn an: „Was zum Teufel führt Sie denn wieder hierher?“
„Ich habe aus Versehen einen Schlüssel bei Ihnen eingesteckt“, sagte der vor Kälte Bibbernde.
„Nun dachte ich, falls es Ihr Hausschlüssel ist, können Sie nicht herein und müssen womöglich Ihre verehrte Frau Gemahlin wach klingeln!"
Die verehrte Frau Gemahlin, die das Gespräch aus dem Trep-
iitti
Die kleine Stadt im Winterkleid.
Der Jahresabschluß
Foto: Jorde
Eine heitere Liebesgeschichte von Wolf-Dieter Herzog
Erst als ich nach zwei Stunden noch immer dasaß und addierte, wurde mir der furchtbare Sinn der Worte bewußt.
Silvester ist für einen Bankbeamten nicht immer ein Abend ausgelassener Geselligkeit. Oft sitzt er bis kurz vor dem Läuten der Glok- ken über Büchern und Zahlenkolonnen. Er verläßt seinen Platz nicht, bevor Journale und Konten auf den Pfennig stimmen, und daß sie am 31. Dezember meistens nicht stimmen, ist eine alte Regel.
Ich war damals ein frischgebackener Banklehrling. Man hatte mich in die Kontokorrentbuchhaltung einer kleinen Privatbank gesteckt. Von den buchhalterischen Tücken, die das Jahresende mit sich bringt, hatte ich keine Ahnung, von den seelischen Tücken ganz zu schweigen, denen ein hoffnungslos verliebter Jüngling ausgesetzt ist.
Meine Angebetete hieß Fräulein Asprion. Sie hätte wahrscheinlich jedem anderen in meinem Alter das Herz ebenso rasch umgekrempelt wie mir. Die 22jährige Kontokorrentbuchhalterin entsprach in Art und Gestalt so ganz dem Frauenideal eines schwärmenden Jünglings. Sie sorgte für uns Männer wie eine Mutter und sprach zu uns mit der herzlichen Aufrichtigkeit einer lieben Schwester. Wenn ich in der Mehrzahl spreche, so meine ich neben meiner Wenigkeit meinen Vorgesetzten Herrn Hildebrand, den Hauptbuchhalter, ein Mann in den besten Jahren, der weit in der Welt herumgekommen war. Er war dem Aussehen nach nicht gerade der Typ eines Buchhalters und steckte voller interessanter Geschichten, die ihm bei einer Tasse Bohnenkaffee nur so aus dem Mund sprudelten. Fräulein Asprion kochte jeden Mittag Bohnenkaffee. Sie hatte von ihrem eigenen Geld einen Tauchsieder gekauft. Die Kosten des Kaffees teilte sie sich mit Herrn Hildebrand, während ich als Kleinverdiener meine Tasse um-- sonst bekam. Dafür rannte ich jeden Tag zum Konditor und besorgte Gebäck für die Kaffeestunde.
Diese ideale Büroehe zu dritt währte bis zum Jahresende. Überflüssig zu sagen, daß sich während dieser Zeit mein Interesse mehr auf die hübsche Kollegin konzentrierte als auf meine Arbeit. Ich weiß nicht, ob sie ahnte, was in mir vorging. Herr Hildebrand jedenfalls fand häufig Anlaß, mich wegen meiner Zerstreutheit zu tadeln. Ich empfand ihn immer mehr als Störenfried in unserer Gemeinschaft. Daß Fräulein Asprion mich stets in Schutz nahm, legte ich in meiner Verblendung leider falsch aus.
Eine Woche vor Silvester, als der neue Wochenspielplan fürs Theater herauskam, bat mich die Angebetete um einen Gefallen. Sie wolle mit ihrer Mutter die Silvestervorstellung der „Fledermaus“ besuchen, sagte sie, ob ich mich für sie um zwei Karten anstellen würde? Und ob ich wollte!
Ich stand drei Stunden während der Geschäftszeit Schlange vor der Theaterkasse und erstand nicht nur zwei, sondern drei Plätze in einer Stuhlreihe. Von der dritten Karte erwähnte ich natürlich kein Wort. Im stillen malte ich mir ihre Überraschung aus, wenn ich am Silvesterabend plötzlich im neuen dunkelblauen Zweireiher neben ihr auftauchen würde, und ich flehte zum lieben Gott, er möge es so arrangieren, daß nicht die alte Dame, sondern die heißverehrte Tochter neben mich zu sitzen kam.
Doch wie schon gesagt, ich hatte nicht mit den buchhalterischen Tük- ken des letzten Tages im Jahre ge
rechnet. Um 5 Uhr abends zog Fräulein Asprion ihren Joumal- bogen aus der Buchungsmaschine und gab ihn Herrn Hildebrand zur Endabstimmung. Ich war seit einer Stunde damit beschäftigt, die Spesen und Provisionskonten zu addieren, in Gedanken natürlich schon längst neben Fräulein Asprion im Theater sitzend. „Von stimmen kann keine Rede sein“, hörte ich Herrn Hildebrand sagen, aber erst als ich nach zwei Stunden immer noch dasaß und addierte, wurde mir der furchtbare Sinn dieser Worte allmählich bewußt.
Ich war der Verzweiflung nahe, Herr Hildebrand dagegen die Ruhe selbst. Fräulein Asprion kicherte fortwährend und sagte: „Ich hab’s ja kommen sehen“, was mich furchtbar nervös machte. Vergaß sie denn, daß in einer Stunde die Vorstellung begann?
Um halb acht betrug die Differenz noch 8,75 Mark, ein Betrag so zäh wie Leder, der weder die Möglichkeit eines Umstellers noch die einer Verwechslung von Soll und Haben barg. Ich bemerkte schüchtern, man könne diese kleine Differenz ebensogut im neuen Jahr suchen. Zwei Paar Augen richteten sich vorwurfsvoll auf mich. Als aber Fräulein Asprion auf die Uhr blickte, ihr Handtäschchen öffnete und mir mit heiterer Gelassenheit ihre Theaterkarte in die Hand drückte, war ich sprachlos vor Schreck. Sie sagte: „Sie können hier doch nicht mehr helfen. Gehen Sie also bitte für mich ins Theater. Keine Ausflüchte bitte, ich weiß, wie gerne Sie ins Theater gehen. Trösten Sie meine Mutter. Und kommen Sie gut ins neue Jahr hinüber.“ Ich wäre
lieber ins Jenseits gegangen als ins neue Jahr.
Es gibt nicht mehr viel zu sagen über jene Neujahrsnacht. Ich saß drei Stunden lang mit todernstem Gesicht inmitten lachender Menschen. Zu meiner Linken saß Fräulein Asprions'Mutter, eine sehr nette Dame übrigens, die sich wunderte, daß ich so still war, und zu meiner Rechten befand sich ein leerer Platz, für den ich teures Geld umsonst ausgegeben hatte.
In Gedanken war ich immer noch im Büro, wo Herr Hildebrand mit Fräulein Asprion die Differenz suchte. Ein immer deutlichere Formen annehmender Verdacht beunruhigte mich, auch später, als zu Hause die Stimmung auf den Höhepunkt stieg und das neue Jahr mit Gläserklang und Raketenknall seinen Einzug hielt.
Fräulein Asprion heißt heute Frau Hildebrand. Und damit wäre die Geschichte zu Ende, wenn ich nicht noch ein Geheimnis preiszugeben hätte. Die Ehre alleiniger Mitwisserschaft hat mir geholfen, den ersten Liebesschmerz zu lindern. Am Morgen des 2. Januar fand ich beim Abstauben unter dem Sitzpolster von Fräulein Asprions Stuhl einen ungebuchten Beleg über den Differenzbetrag von 8,75 Mark.
Meine Kollegin wurde rot, als ich ihn ihr unter die Nase hielt.
Als aber gleich darauf Herr Hildebrand kam, ergriff sie meine Hand, in der ich den Beleg hielt, riß sie mit gut gespielter Freude in die Höhe und rief: „Er hat die Differenz gefunden, ein Beleg, den du vergaßest zu buchen. Ist er nicht tüchtig, der Junge?“
Es verläuft programmgemäß
Von Carola Bauer
„Großartig haben Sie das wieder gemacht!“ Herr Jansen betrachtet äußerst zufrieden die Schaufenster seines Modegeschäfts.
Die junge Dekorateurin schaut ganz glücklich drein. „Ich freue mich, daß es Ihnen gefällt.“
„Gefällt mir so gut, daß ich Sie zum Abendessen einlade, wenn Sie einverstanden sind, Fräulein Sofie Neumann.“
„Bitte, sagen Sie doch einfach ,Sofie“ zu mir.“
„Also Sofie, gehen wir.“ Herr Jansen wirft noch schnell einen Blick in sein größtes Schaufenster mit dem Spiegel im Hintergrund. Der Blick gilt dem eigenen Bild. Wer könnte bestreiten, daß er gut aussieht? Mann im besten Alter, sicher im Auftreten... über Chancen beim anderen Geschlecht kann er sich nicht beklagen. Allerdings sind nicht alle so liebreizend und ohne jede billige Koketterie wie die junge Dekorateurin.
Selbstverständlich kommt nur ein sehr vornehmes Lokal in Frage. „Ach, hier wollte ich schon immer gern einmal her“, bekennt Sofie-
Herr Jansen lächelt geschmeichelt. Die Blicke, die seine schöne Begleiterin treffen, kassiert er mit so großem Vergnügen wie Komplimente für seine hübschen Modelle. Wenn sie ihn vertrauensvoll an- schaut, meint er sein Herz beginne zu rotieren. Wahrscheinlich gehört Sofie zu den jungen Mädchen, die sich bei einem erfahrenen Mann geborgener fühlen als bei einem gleichaltrigen Verehrer. Außerdem
hat er schon diverse Male überlegt, ob er nicht noch einmal heiraten sollte.
„Gut ist der Wein“, stellt Sofie anerkennend fest.
Ein zärtlicher Blick streift sie. „Sagen Sie ehrlich, Sofie, bin ich Ihnen sympathisch?“
„Ohne Zweifel, Herr Jansen, aber noch wichtiger ist doch, daß ich Ihnen sympathisch bin.'“
„Sofie! Ich glaube, wir gehen heut noch tanzen.“
„O himmlisch!“ Sofie ist Feuer und Flamme.
Herr Jansen hebt feierlich sein Glas. „Hätten Sie es sich träumen lassen, daß wir heut abend so zusammensitzen werden?“
Sofie nickt prompt. Ihre schönen Augen strahlen ihn wieder vertrauensvoll und beglückt an. „Das habe ich gewußt. Es verläuft doch alles programmgemäß.“
Herr Jansen hat plötzlich das Gefühl, in einer Komödie mitzuwirken. „Wieso — um Himmels willen, verläuft alles programmgemäß?“ Sofie lächelt jugendlich überlegen. „Ihre Einladung und Ihre Komplimente... Ich kenne doch meinen alten Herrn, sagte Frank ... sagte Ihr Herr Sohn — Sei ja nett zu Papa, ich komme nach und sage ihm, daß wir uns verloben werden Er muß die standesgemäße Flasche Sekt spendieren.“ Sofie lacht in der Erinnerung. „Wie er das sagte — ich finde ihn wunderbar.“
„Ich auch —“ sagte Herr Jansen und bestellt sich einen doppelten Kognak...