KREISNACHRICHTEN

ftaootöer^n^igct Caltuec ($h$bM 0rf)roai3U)afö=cöo

Unabhängige Tageszeitung und Amtsblatt für die Stadt uiid den Kreis Calw Gegründet 1826 / Nr. 2 Freitag, 3. Januar 1969 Einzelpreis 30 Pfennig 2 H 2033 A

Nach Schneemassen jetzt Hochwasser-Gefahr

Im Raum Stuttgart war der Zugverkehr gestern stark behindert Einsetzende Schneeschmelze brachte Entspannung

Hamburg/Stuttgart (dpa). Während der Winter gestern am Tage in Süd­deutschland noch sein Regiment ausübte, hat er im übrigen Bundesgebiet eine Atem­pause eingelegt. Bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt trat am Nachmittag auch in Baden-Württemberg zum Teil Nieselregen ein. Hatte der Verkehr in den letzten Tagen mit den Schneemassen zu kämpfen, so droht jetzt Hochwassergefahr, weil der tauende Schnee infolge des gefrorenen Bodens nicht versickern kann, sondern die Flüsse und Bäche über Gebühr beanspruchen wird.

In Süddeutschland fielen die Flocken fast ununterbrochen 24 Stunden lang und führ­ten teilweise zu meterhohen Schneeverwe­hungen. In Nürnberg waren bis gestern nachmittag rund 25 Zentimeter Schnee ge­fallen. Das ist die höchste Messung in der Stadt seit sechs Jahren. Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun, um die im Schnee oder auf glatter Straße hängengebliebenen Fahrzeuge wieder flott zu machen. Auto­bahnstrecken waren stellenweise vorüberge­hend blockiert. Fahrzeugschlangen erreich­ten eine Länge von fünf bis sechs Kilome­ter. Trotz der Räum- und Streukommandos, die ständig im Einsatz waren, kämpfte sich der Verkehr auf den Bundes- und Landes­straßen nur mühsam und im Schrittempo gegen die Schneemassen vorwärts. Einzelne kleine Ortschaften waren vorübergehend von der Außenwelt abgeschnitten.

Die Störungen im Zugverkehr konzen­trierten sich vor allem auf den Großraum Stuttgart Nach einer Übersicht über die Be­triebslage bei der Bundesbahndirektion Stuttgart zog der starke Schneefall gestern morgen mehrere Weichen im Bahnhof Stutt­gart-Bad Cannstatt in Mitleidenschaft, wo­durch drei von vier Gleisen zwischen Cann­statt und Stuttgart nicht mehr befahren werden konnten. Ebenfalls am Vormittag kam der Verkehr auf der Strecke Stuttgart Ulm durch einen Fahrleitungsbruch über eine Stunde zum Erliegen. Zahlreiche Züge mußten zurückgestaut werden, da sie der Stuttgarter Hauptbahnhof nicht mehr auf­nehmen konnte. Von neun Uhr an waren nach Angaben der Bundesbahn etwa 100 Mann zum Schneeräumen im Hauptbahnhof

Stuttgart eingesetzt. Zur Entlastung des Hauptbahnhofs ließ die Bundesbahn im Be­zirksreiseverkehr zahlreiche Züge auf Vor­bahnhöfen wenden und leitete eine Reihe von Fernreisezügen unter Umfahren des Hauptbahnhofs über dieGüterbahn Korn­westheim Untertürkheim um. Zwischen sieben Uhr und 14 Uhr entstanden durch die Verkehrsstockungen im Stuttgarter Bahnhof Verspätungen der Züge von etwa zwei Stun­den.

Einsetzende Schneeschmelze brachte der angespannten Verkehrslage auf Straßen und Autobahnen in tieferen Lagen gestern nach­mittag die ersehnte Entlastung. Im Raum Heidelberg Mannheim verlief der Auto­bahnverkehr wieder normal.

Auf der Schwäbischen Alb hielten dage­gen die Schneefälle auch am Nachmittag an und führten in Stötten zu bis zu zwei Meter hohen Schneeverwehungen. Auch als es im Tal schon regnete, schneite es auf der Alb noch bei Temperaturen von minus zwei Grad. Auf der Münsinger Alb brachten die Schneemassen den Straßenverkehr fast zum Erliegen.

Ganz andere Sorgen haben die Verant­wortlichen in den Teilen der Bundesrepu­blik, wo die atlantische Warmluft den Schnee bereits zum Schmelzen gebracht hat und Tauwetter herrscht So kündigte sich gestern in Südniedersachsen mit geringfügig stei­gendem Wasser auf Weser, Aller, Leine und ihren Nebenflüssen eine Hochwasserwelle an. Nach Angaben der Wasser- und Schiff­fahrtsdirektion in Hannover stieg der Pegel der Weser bei Hameln im Vergleich zum Mittwoch um etwa 40 Zentimeter.

Griechisches Flugzeug entführt

Bewaffneter Grieche zwang Besatzung zur Landung in Kairo

Kairo (dpa). Kaltblütig hat gestern ein bewaffneter Grieche im Alleingang ein Passa­gierflugzeug mit 100 Personen an Bord nach Kairo entführt. Der Täter gibt an, er habe die Maschine entführt, um vor den griechi­schen Militärbehörden zu fliehen.

Die Maschine, eine DC-6-B der griechi­schen GesellschaftOlympic Airways, war in Heraklion auf Kreta zum Flug nach Athen gestartet, als der Pilot 18 Minuten später mit vorgehaltener Pistole von dem Entführer zur Kursänderung nach Kairo ge-

Revision der US-Auslandshilfe

New York (AP). Nach einem Bericht der New York Times von gestern arbeiten Kongreßmitglieder gegenwärtig an der Re­vision des amerikanischen Auslandshilfe- Programms nach Richtlinien des designier­ten amerikanischen Präsidenten Richard Ni­xon. Ein Sonderausschuß, den Nixon einset- zen will, soll später das Programm noch ein­mal überarbeiten.

Als wichtigstes soll den technischen Hilfe­vorhaben, besonders auf den Gebieten der Gesundheit, der Bildung und der Landwirt­schaft größeres Gewicht als bisher beigemes­sen werden, um den Entwicklungsländern die Vorteile der modernen Technologie zu­gute kommen zu lassen. An Stelle größerer staatlicher Zuwendungen und Ausleihungen an die Entwicklungsländer sollen Beteili­gungen an mehrseitigen Projekten treten, wobei von den außeramerikanischen Staaten größere Beiträge erwartet werden.

Gummischleuder-Attentat auf Japans Kaiser

Tokio (AP). Ein 48jähriger Elektromecha­niker, der mit einer Gummischleuder und einer kleinen Stahlkugel nach dem japani­schen Kaiser Hirohito geschossen hatte, ist nach Mitteilung der Polizei von gestern fest­genommen worden. Der Mann war in einer Menge von Gratulanten, die sich vor dem kaiserlichen Palast versammelt hatte, um dem Herrscher ihre Neujahrsglückwünsche zu Überbringern Nach Angaben der Polizei legte er eine Stahlkugel von etwa einem Zentimeter Durchmesser, wie sie bei einem populären automatischen japanischen Spiel benutzt wird, auf seine Schleuder und schoß, verfehlte jedoch den Kaiser. Zehn Personen stürzten sich sofort auf den Mann, überwäl­tigten ihn und übergabenihn der Polizei.

zwungen wurde. Dort landete sie rund zwei Stunden später. Politische Beobachter in Kairo nehmen an, daß der Entführer seine Tat aus Opposition zur griechischen Regie­rung verübt hat.

Flughafenpolizei erwartete die Maschine und ihre Passagiere, als sie um 11.35 Uhr auf setzte. Der Entführer, dessen Name von ägyptischen Stellen mit George Flamorides angegeben wurde, wurde von der Polizei zum Verhör abgeführt. Die 95 Passagiere, darunter 27 Frauen, sieben Kinder und sechs Armeeoffiziere, sollen, wie der Generaldi­rektor derOlympic Airways, Ioannis Georgakis, in Athen mitteilte, so schnell wie möglich mit einer anderen Maschine nach Athen zurückgeflogen werden.

Nach offiziellen Angaben aus Athen spiel­te sich die Entführung wie folgt ab: um 8.11 Uhr hob die DC-6-B vom Flughafen von Herakleon planmäßig ab. Um 9.29 Uhr er­hielt der Flughafen Athen von dem Piloten der Maschine die Mitteilung, daß er zur Kursänderung nach Kairo gezwungen wer­de. Zwei Flugzeuge der griechischen Luft­waffe sollen daraufhin Jagd auf die ent­führte Maschine gemacht haben. Sie seien jedoch aufgefordert worden, wieder abzu­drehen, da andernfalls das Passagierflug­zeug gesprengt würde. Nach seiner erzwun­genen Landung in Kairo berichtete der Pi­lot, der griechische Entführer habe über sei­nen Kopf hinweg einen Schuß abgegeben, als er versuchte, sich über Funk mit Athen in Verbindung zu setzen. Dabei sei ein Fen­ster in der Pilotenkanzel zersplittert. Größe­re Schäden wurden jedoch nicht angerichtet

mm

SO SAH ES GESTERN IM GANZEN LAND AUS: Kraftfahrer mußten, bevor sie sich auf den Weg machen konnten, erst ihre Wa­gen freischaufeln. Die Schneemassen führten zu zahlreichen Verkehrsstörungen, sogar die Bundesbahn mußte vom Wetter sprechen. Wenn die Wetterämter recht behalten, dann tritt jetzt Tauwetter ein, wodurch aber die Gefahr von Hochwasser entsteht. (dpa-Bild)

Bemühungen um Entschärfung der Nahost-Krise gehen weiter

Am Suez-Kanal und im Jordan-Tal wurde wieder geschossen

London/Paris/Beirut (dpa). Die Bemühungen um eine Entschärfung der Nahost-Krise wurden gestern fortgesetzt. Gleichzeitig wurde im arabisch-israelischen Kleinkrieg wiedev am Jordan geschossen.

Der libanesische Ministerpräsident Abdal­lah El' Jafi hat wiederholt, daß sein Land zur Sicherung seiner Integrität keinen mili­tärischen Schutz von seiten nichtarabischer Staaten wolle. Er sagte außerdem gestern in einer Pressekonferenz in Beirut, daß von Li­banon aus keine arabischen Kommando- Trupps nach Israel einsickerten. Israel hatte für seinen Vergeltungsschlag gegen den Flughafen von Beirut vom vergangenen Samstag Infiltrationen vom Libanon aus als einen der Gründe angeführt.

Die kritische Lage im Nahen Osten war das einzige Thema eines Gespräches, zu dem der sowjetische Botschafter in London, Mi­chail Smirnowsky, gestern den britischen Außenminister Michael, Stewart aufsuchte. Einzelheiten der halbstündigen Unterredung wurden noch nicht bekanntgegeben. In di­plomatischen Kreisen der britischen Haupt­stadt wurde betont, daß bisher niemand den Vorschlag für eine Konferenz der vier Groß­mächte über die Lage im Nahen Osten der britischen Regierung unterbreitet hat Man räumte jedoch ein, daß die Vertreter der vier ständigen Mitglieder des Weltsicher­heitsrates USA, Sowjetunion, Großbri­tannien, Frankreich über die Frage einer neuen Initiative der Großmächte im Nahen Osten beraten haben.

Auch in Paris wird der Nahost-Konflikt voraussichtlich bei mehrtägigen Beratungen über die künftige wirtschaftliche, technische und kulturelle Zusammenarbeit zwischen Frankreich und der Sowjetunion behandelt

werden, zu denen eine größere sowjetische Regierungsdelegation gestern eintraf. Bei der Begrüßung unterstrich der französische Außenminister Debre, daßunaufhörliche Anstrengungen nötig seien, um Tendenzen zu überwinden, die ständig drohten,lokale Schwierigkeiten in einen Weltkonflikt zu verwandeln.

Der ägyptische Staatspräsident Nasser un­terstützt den Appell des jordanischen Kö­nigs Hussein, eine arabische Gipfelkonferenz einzuberufen. Ein entsprechendes Tele­gramm Nassers an den Monarchen ist ge­stern in der jordanischen Hauptstadt Am­man veröffentlicht worden.

Nach Angaben aus Amman haben zehn is­raelischeMirage-Düsenjäger und Panzer gestern morgen im nördlichen Jordantal an­gegriffen. Wie dazu in Tel Aviv verlautete, hätten israelische Maschinen Stellungen ara­bischer Untergrundkämpfer unter Feuer ge­nommen, nachdem eine Militärpatrouille in dieser Gegend von jenseits des Jordans be­schossen worden sei. Das Feuer sei erwidert worden. Auf israelischer Seite habe es keine Verluste gegeben.

Geschossen wurde gestern auch wieder am Suezkanal, wo sich südlich von Ismailia ägyptische und israelische Truppen ein halb­stündiges Feuergefecht mit leichten Maschi­nengewehren lieferten. Nach ägyptischer Darstellung hätten die Israelis als erste ge­schossen, um einem Spähtrupp am Ostufer des Kanals Feuerschutz zu geben. Verluste auf ägyptischer Seite seien nicht eingetreten.

Slowakische Regierung vereidigt

Sadovsky wurde Regierungschef / Neue Unterstützung für Smrkovsky

Wien/Moskau (dpa). Die Vereidigung der ersten Regierung derSlowakischen So­zialistischen Republik", neue Vertrauensbe­kundungen aus der Bevölkerung für Parla­mentspräsident Josef Smrkovsky und anhal­tende Kritik an der Besatzungszeitung Zpravy" kennzeichneten gestern die Ent­wicklung in der Tschechoslowakei.

Slowakischer Regierungschef wurde er-

Dem Frieden einen Schritt näher?

Biafra beharrt nicht mehr auf völligen Waffenstillstand

Umuahia (AP). Der Führer der von Nige­ria abgefallenen Ostprovinz Biafra, Oberst Udumegwu Ojukwu, ist jetzt von seiner bis­herigen Haltung abgegangen und fordert nicht mehr das Inkrafttreten eines völligen Waffenstillstands vor der Aufnahme von Friedensverhandlungen mit Nigeria. In einer Ansprache über Radio Biafra sagte Ojukwu, er befürworte den Abschluß eines bedin­gungslosen begrenzten Waffenstillstands für einen Zeitraum, der die dringend benötigten Hilfelieferungen in großem Maßstab ermög­liche. Auch dieser begrenzte Waffenstill­stand könne dann möglicherweise zu Ver­handlungen über einen Friedensschluß im 18 Monate andauernden Bürgerkrieg führen.

Zur Lage im Bürgerkrieg meinte der Oberst, seit September hätten die Bundes­truppen kein weiteres Gebiet Biafras erobern können. Vielmehr seien sie dabei, das vorher eroberte Gebiet allmählich wie­der zu verlieren. Als das größte Hindernis auf dem Weg zum Frieden bezeichnete Ojukwu den britischen Premierminister Wilson, derNigeria und Biafra mehr als Märkte denn als Länder betrachtet.

Das Internationale Rote Kreuz (IRK) hat, wie gestern der IRK-Beauftragte im biafri- schen Verwaltungszentrum Umuahia, H. Jaggi, mitteilte, im Monat Dezember insge­samt 2000 Tonnen Lebensmittel und andere Hilfegüter nach Biafra fliegen lassen.

wartungsgemäß Stefan Sadovsky, ein hoher Parteifunktionär, der dem Präsidium und dem ZK-Exekutivkomitee der tschechoslo­wakischen KP angehört. Sein Kabinett, das aus zwei stellvertretenden Ministerpräsiden­ten und 16 Ministem besteht, setzt sich aus­schließlich aus fortschrittlichen Mitgliedern der KP der Slowakei zusammen. Mit beson­derer Aufmerksamkeit wurde in westlichen Beobachterkreisen die Ernennung von Gene­ralmajor Egyd Pepich zum Innenminister aufgenommen. Pepich war früher Chef der politischen Hauptverwaltung der CSSR-Ar- mee. Arbeifs- und Sozialminister wurde die bisherige Chefredakteurin des slowakischen KP-OrgansPravda, Maria Sedlakova, und Kulturminister der bisherige Vorsitzende des slowakischen Schriftstellerverbandes, Miroslav Valec.

Neue Vertrauensbekundungen aus tsche­chischen und slowakischen Landesteilen für Parlamentspräsident Smrkovsky wurden ge­stern von drei Prager Zeitungen veröffent­licht. In den Resolutionen wird nach einer Meldung der tschechoslowakischen Nach­richtenagentur CTK gefordert, Smrkovsky einen Tschechen zum Vorsitzenden der neuen Bundesversammlung der Föderation CSSR zu machen. Die Verfasser wenden sich damit gegen den slowakischen KP-Chef Dr. Gustav Husak, der in den letzten Wochen immer wieder darauf gedrungen hatte, daß ein Slowake dieses hohe Amt erhält.

Die arme Insel

Von Christian Roche

Es wird ein schweres Jahr für England werden. Die Schulden Großbritanniens an die Welt betragen zum Jahresende 58 Mil­liarden Mark. Man versucht in großen Men­gen Wertpapiere ins Ausland zu verkaufen. Das schiebt die letzte Krise noch ein wenig hinaus. Aber wie lange? Zu viele Fehler sind gemacht worden. Die Verstaatlichung der Stahlindustrie war ein völliger Fehl­schlag. Ihre Defizite machen Preiserhöhun­gen großen Umfanges notwendig. Die briti­schen Gewerkschaften operieren so fahrläs­sig, daß ihre Forderungen auf die Dauer Wirtschaft und Staat ruinieren müssen. Die Produktion selbst arbeitet mit so veralteten Methoden, daß ihr Zurückbleiben auf dem Weltmarkt' fast unumgänglich scheint Der Mann, der für vieles dabei verant­wortlich ist, hat eiserne Nerven. Er benutzt sie vor allem dazu, jeden Gedanken an einen

Sowjet-Kriegsschiffe in Aden

Kairo (dpa). Fünf sowjetische Kriegsschif­fe, ein Raketenzerstörer, ein Raketenkreu­zer, ein Zerstörer und zwei Tanker trafen gestern zu einem fünftägigen Flottenbesuch in Aden ein. Die sowjetischen Schiffe besu­chen die Volksrepublik Südjemen zum zwei­tenmal innerhalb eines Jahres. Das Land hat seit seiner Unabhängigkeitserklärung im November 1967 unbestimmte Mengen sowje­tischer Waffen erhalten.

Rücktritt imgerührt zurückzuweisen. Viel­leicht würde Wilson sogar Neuwahlen aus­schreiben, wenn es einen günstigen Termin für ihn gäbe. Aber es wird keinen solchen Termin geben, denn die Konservativen sind in ständigem Vorrücken und würden die Wahl an jedem der nächsten 365 Tage ge­winnen. Dabei ist eines paradox. So glücklos Wilson sein Land regiert, er ist zur Zeit, möchte man meinen, die stärkste Persönlich­keit der britischen Politik. Weder in seiner eigenen Partei noch bei seinen Gegnern zeichnet sich ein Mann ab, der ihn verdrän­gen könnte.

Heath gilt selbst in der Konservativen Partei als guter, aber nicht sehr guter Mann. Nur ein Drittel der Engländer traut ihm zu, wie Testfragen ergaben, ein fähiger Premier zu werden. In den Reihen der Tories gibt es noch zwei andere Kandidaten, die aber auch jeder in seiner Art Nachteile haben. Der ehemalige Regierungschef Douglas- Home ist erfahren und intelligent Er ist ein typischer Engländer in seiner Art des per­sönlichenUntertreibens. Aber es fehlen ihm, besonders zur Bewältigung einer so /erfahrenen Situation, sicherlich auch die elementare Kraft und ein Funke Genialität die jetzt vonnöten wären. Der andere wäre Enoch Powell, der mit seinen unorthodoxen Methoden gerade seiner Partei manchen Är­ger macht. Unzweifelhaft ein hochbegabter Politiker, aber vielen etwas unheimlich, nicht zuletzt deshalb, weil er die Massen mit Mitteln hinter sich zu bringen versteht die nicht immer angenehm sind.

So ist Englands nächste Zukunft reichlich dunkel. Denn auch die Außenpolitik und die des Commonwealth bietet ja wenig Silber­streifen am Horizont. In der Rhodesienfrage hat die Regierung wenig erfolgreich ope­riert Die farbige Welt ist ungehalten über die englischeGewaltlosigkeit, und finan­ziell hat der bisherige Boykott der briti­schen Zahlungsbilanz 170 Millionen Pfund Verlust eingetragen. Gewisse Anzeichen, daß Frankreich unter dem Druck der Franc-Kri- (Fortsetzung auf Seite 2)