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Nr. 255

Amts- unä Anzeigeblatt für cke» Oberamtsbezirk calw

Freitag, den 31. Oktober 1930

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Fahrgang 103

Der Wirtschafts- und Finanzplan

Die gesetzgeberischen Arbeiten vom Kabinett abgeschlossen Vorbereitungen

sür die Abrüstungskonferenz

TU. Berlin, 81. Okt. Amtlich wird «»geteilt: Das Reichskabinett brachte am Donnerstag in einer unter Borfitz des Reichskanzlers Dr. Brüning ftattgehabte« Abendsttznng seine gesetzgeberischen Arbeiten znm Wirtschafts- «nd Fi- »anzplan znm Abschluß. Sämtliche z« diesem Gesamtplan gehörenden Vorlagen sind vom Reichskabinett nunmehr ver­abschiedet. Der Beginn der Verhandlungen mit dem Reichs- r«t ist ans nächsten Dienstag den 4. November festgesetzt.

Minister Schiele nahm an den Donnerstagverhand- langen des Kabinetts nicht teil, da er an einer Grippe er­krankt ist und as Bett hüten muß. Infolgedessen werden die Weiterberatungen über die agrarpolitischen Maßnahmen, mit denen sich das Kabinett bekanntlich schon zu Anfang die­ser Woche beschäftigt hat, auf jeden Fall bis zur Genesung des Ernährungsmintsters ausgesetzt werden.

Einignngsverhandluugeu mit Bayern.

Amtlich wird mitgetellt: In Verfolg der seit einiger Zeit im Gange befindlichen Besprechungen der Reichsrcgierung mit den Länderregierungen fand gestern eine nochmalige Be­sprechung des Reichskanzlers Dr. Brüning und des Reichsfinanzministers Dietrich mit dem bayrischen Mini­sterpräsidenten Dr. Held statt. Zur Erörterung standen Fra­gen des Wirtschafts- und Finanzplanes der Reichsregierung und des Ausgleichs des bayerischen Haushalts. Aehnliche Be­sprechungen über den Wirtschafts- und Finanzplan der Reichsrcgierung finden heute in Berlin mit den mitteldeut­schen Ländern und den Hansestädten und morgen in Dresden mit der sächsischen Staatsregierung statt.

Deutschlands Stellung zur Abrüstung

Vorbereitung der Reichsregierung für bie Abrüstungs­konferenz.

Nachdem der Auswärtige Ausschuß des Reichstages in seiner letzten Sitzung eingehend über den Stand der Frage der allgemeinen Abrüstung beraten und die in der Presse veröffentlichte Entschließung gefaßt hat, fand gestern über die gleiche Frage unter Vorsitz des Reichskanzlers urrd unter Hinzuziehung der Chefs der Heeres- und Marineleitung auch eine Besprechung zwischen den beteiligten Reichsmini­stern statt. Gegenstand dieser Besprechung war die von Deutschland auch in der Abrüstungsfrage zu befolgende Politik sowie insbesondere diejenigen

Punkte, die mit dem Programm der in der nächsten Woche in Genf zusammentretenden vorbereitenden AfrüstungSkommis- sion zusammenhängen. Die Führung der deutschen Abord- nung für diese Kommission ist wiederum dem Botschafter a. D. Grafen Vernstorff übertragen worden.

Ueber die Hauptfrage der neuen Verhandlungen der vor­bereitenden Abrüstungskommisston und die deutsche Stellung­nahme erfährt derDemokratische Zeitungsdienst" u. a. fol­gendes: Bei den Novemberverhandlungen in Genf werden die Fragen der ausgebildeten Reserven und des lagernden Materials eine besondere Rolle spielen. Die deutschen Vertreter würben an ihrer Ansicht festhalten, daß alles, was im Frieden an Personal für den Krieg aus­gebildet und an Material sür den Krieg bereit gestellt sei, in di« Abrüstung mit «inbezogen werden müsse. Voraussichtlich werde eine sehr lebhafte Aussprache hervor­gerufen werden durch den deutschen Veröffentlichungsvor­schlag, nach dem der derzeitige Rüstungsstand als Unterlage sür die Abrüstungskonferenz fest­gehalten werden soll. Dieser Vorschlag gehört nicht in die Abrüstungskonvention, sondern eS werde eine gesonderte Behandlung von den deutschen Vertretern gefordert werden. Gegen die Absicht einer Reihe von Staaten, die zivile Luft­fahrt in irgend einer Form in die Abrüstungskonvention aufzunehmen, habe sich ein berechtigter Widerstand geltend gemacht, da die zivile Luftfahrt als friedliches Ver­kehrsmittel nicht zum Beschränkungsfaktor in de« Ab­rüstungsverhandlungen gemacht werden könne.

Ebenso werde von deutscher Seite die Forderung abge­lehnt werden, daß in der Abrüstungskonvention bisherige Verträge Erwähnung finden. Die Annahme dieser Forde­rung würde bedeuten, daß Deutschland freiwillig dt« militärischen Ausnahmebestimmungen -es Versailler Vertrages anerkennen würde. Bei den bisherigen Verhandlungen habe auch die Frage der Präam­bel des Konventionsentwurfs eineRolle gespielt. Die deutsche Auffassung gehe dahin, daß in der Präambel zum Ausdruck gebracht werden müsse, daß die Rüstungen Sicherheit und Frieden bedrohen, daß weiter der Art. 8 der Völkerbunds­satzung zur Beseitigung dieses Zustandes verpflichtet und daß schließlich der ersten Abrüstungskonferenz alsbald wei­tere folgen müßten.

Tages-Spiegel

D «4 ReichSkabinett hat gestern die gesetzgeberische» Arbei­te« für Le« Finanz- n»d Wirtschastspla« abgeschlossen.

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In der Reichskanzlei fand eine Chefbesprechung über die Haltung Deutschlands auf der Genfer Abrüstungskonferenz statt.

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Die Reichs- «nd die preußische Staatsregierung haben für die Opfer der Erubenkatastrophe im Saarrevier eine Spende von Vüö Mark zur Verfügung gestellt.

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I« Angora nmrde ein griechisch-türkischer Fre««dschaftsvcr- trag unterzeichnet. Gleichzeitig wurde in Athen eine Mili« tärverschwöruug anfgedeckt.

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Die Hochrvasserkatastrophe in Schlesien hat sich durch den Eintritt von Tauwetter im Ricsengebirge verschärft; in der Lausitz wurde Reichswehr z« Rettnngsarbeite« eingesetzt.

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Der Finanzausschuß des wÜrtt. Landtags genehmigte gestern mit dem Neckarkaualdnrchstich ein großes ArbeitSbeschaf- fnngsprogramm i« Höhe vo« 8 Millionen.

Abwehr gegen den Prager Deutschenhaß

TU. Berli», S1. Okt. In der gestrigen Sitzung des Aus­wärtigen Ausschusses des Reichsrates berichtete der Reichs» minister des Auswärtigen, Dr. Curtius, eingehend über die Dölkerbundstagung in Genf. An diese Berichterstattung schloß sich eine Aussprache über die Minderheitenfrage am Auf eine Anfrage des sächsischen Reichsratsbevollmächtigten, Dr. Gradnauer, über die deutschfeindlichen Kund- gebungeninPrag und den Boykott deutscher Tonfilm« gab der Reichsminister des Auswärtigen folgende Erklä- rung ab:

Die Vorgänge tn Prag haben das deutsche Volk mit Recht erregt und empört. Erfolge deutscher Tonfilme waren Anlaß zu wüsten Demonstrationen «nd Ausschreitungen ge­gen deutsche Kunst, gegen das Deutschtum überhaupt. Die Boykottbewegung gegen den deutschen Tonfilm ist vom Ma- gistrat der Stadt Prag und dem größten Teil der tschecho» slowakischen Presse gebilligt worden. Unmittelbar nach den ersten Demonstrationen hat der deutsche Gesandte in Prag bei der dortigen Regierung interveniert. Ich habe in Genf den tschechoslowakischen Außenminister Dr. Benesch auf die ernsten Folgen der Vorgänge hingewiesen. Mit Genugtuung kaim ich festftellen, daß die für die tschechoslorvakische Außen­politik verantwortlichen Stellen die Ausschreitungen vorbe- haltlos mißbilligt haben. Der tschechoslowakische Außen­minister Dr. Benesch hat sie auch in seinen Erklärungen vor dem Auswärtigen Ausschuß des Prager Parlaments auf das schärfste verurteilt. Ich begrüße diese Erklärungen im Interesse guter nachbarlicher Beziehungen zur Tschecho­slowakei.

Leider ist ihnen nicht die Wiederaufführung deutscher Tonfilme in Prag gefolgt. Darin liegt eine schwere Benach­teiligung deutscher Kunsterzeugnisse. Dieser Zustand hat selbstverständlich Rückwirkungen in Deutschland zur Folge. Gleich nach den deutschfeindlichen Kundgebungen haben deutsche Künstler ihr Auftreten in Prag abgesagt, deutsche Sportvereine ihre Mitwirkung an Sportveranstaltungen ab­gelehnt, deutsche Kunststätten gegenüber tschechoslowakischen Künstlern, die die größeren Resonanzmögltchkeiten Deutsch­lands für sich nutzbar -n machen wünschen, kühle Zurück­haltung geübt.

Diese ablehnende Haltung deutscher Kunst- und deutscher Sportkreise war bei der ganzen Sachlage selbstverständlich. Sie wird solange weiterdanern, bis eine Aenberung in Prag zu beobachten ist. I« der Tat verträgt es sich nicht mit der Würde der deutsche« Kultur, ihre Leistungen in eiuem Lande zu zeige«, i« dem soeben aus Deutschenhaß eine deutsche Kunststätte wie das Deutsche Theater in Prag, bös­willig geschädigt morde« ist. ES verträgt sich ebensowenig mit der Würde der deutschcn Kultur» den Kunstwerken von Angehörige« eines Volkes besondere Förderung und Pflege angedeihe« z« lassen, in deren Hauptstadt die Vorführung dentscher Kunsterzengnisse durch Terrorakte verhindert wird. ES verträgt sich auch nicht mit der Würde des deutschen Sports, sich in Wettkämpfe mit de« Sportverbände« «ines Volkes einznlassen, bei dem die Dentschfeindlichkeit gewisser Kreise so offen zutage tritt.

Solche Feststellungen sind schmerzlich. Die deutsche Außen- Politik muß eine baldige Aenderung dieser Ver­hältnisse wünschen. Sie erwartet im Interesse des kul- turellen Austausches mit dem Nachbarvolk, mit dem sie gute Beziehungen wetterpflegen möchte, daß in Prag und der tschechoslowakischen Bevölkerung die Würde deutscher Kultur und die Bedentung des Deutschtums nicht länger verkannt werden." - -

Heftiges Erdbeben in Millelitalien

Voraussichtlich 50 Tote und 150 Verletzte Einsturzschäden an Kirchen

und Wohnhäusern

TU. Nom» 81. Okt. Die Seismographen des Meteoro­logischen Instituts in Rom habe« gestern 8.1S Uhr ei» heftiges Erdbeben registriert, dessen Mittelpunkt etwa 38080Ü Kur. entfernt ist. Das Meteorologische Institut vermutet de» Mittelpunkt in -er Adria «nd zwa, in der Richtung Rom» Lentgallia snördlich vo« Ancona). Die Registrierung dauerte etwa SV Minuten. Nach Mitteilungen des Instituts hat sich das Erdbeben von Ravenna längs der Küste der Marke» ausgedehnt.

Nach den letzten Meldungen wurden 80 Tote und gegen 150 Verletzte festgestellt. Es steht aber noch nicht fest, ob diese Zahlen endgültig sind. Es bestätigt sich, daß der Mittelpunkt des Erdbebens bei Sentgallia gelegen hat, wo etwa 20 Tote und schwere Sachschäden zu beklagen sind. Das Erd­beben ist in mehreren Provinzen verspürt worden, besonders heftig in den Provinzen Ancona, Pesaro und Macerata. In Ancona sind außer bedeutenden Sachschäden 3 Tote und 100 Verletzte, in der Gemeinde Cassauro ein Toter und 3 Ver­wundete, in Fornetto 2 Tote zu beklagen. In weiteren IS Ortschaften der Provinz Ancona sind Dachschäden festge- stellt worden. In der Provinz Pesaro sind 8 Verwundete ans der Provinzhauptstadt, 6 Verwundete aus Fano, 22 aus Mondolfo und einer aus Constanzo gemeldet. In der Pro­vinz Mazerata sind nur Sachschäden, aber keine Toten oder Verwundeten zu beklagen. Zu dem Rettungswerk sind Trup- pen und Miliz aufgeboten, außerdem wird an der Wieder­herstellung der zum Teil beschädigten Telegraphen- und Telefonlinten gearbeitet. Der Eisenbahnverkehr ist nirgends unterbrochen. Die Züge erleiden aber infolge der Senkung eines Gleises zwischen Senigallta und Montemarctano Ver- spätnngen. Das Erdbeben wurde auch in Triest und in Nea­pel verspürt, wo es aber weder Schäden anrtchtete noch Pa­nik hervorrief.

Nach Meldungen ans Ancona mußte dort das Mtlitär- krankenhaus wegen Beschüdigmrg geräumt werden. Die

Kranken wurden tn Zelte« untergebracht. Das Gebäude der Provinzialverwaltung, der Justizpalast und mehrere Kir­chen sind beschädigt, ebenso das Gebäude desCorriere Adriatic". Besonders mitgenommen ist die Gemeinde For- netto, wo die meisten Gebäude beschädigt sind. Die Mole im Hafen weist große Risse ans.

Jpr Eröbebengebiet sind die Bergungsarbeiten sofort mir aller Energie tn Angriff genommen worden. Nach den letz­ten Meldungen dürfte die Zahl der Verwundeten 150 nicht übersteigen. Die Zahl der Toten steht nach nicht endgültig fest. Der Sachschaden ist sehr bedeutend, sein Umfang jedoch noch nicht genau zu übersehen. Die Hilfsarbetten konzentrie­ren sich hauptsächlich ans Sencgallia, das am stärksten ge­litten hat. Das Erdbeben hat dort eine Stärke von über 8 Grad der Skala erreicht. Die Bevölkerung ist mit Lebens­mitteln versorgt worden. Wo eS erforderlich war, wurden Zelte verteilt, oder für anderweitige Unterbringung -er Ob­dachlosen gesorgt. Dte Leitung der Bergungsarbeiten liegt in der Hand des zuständigen Divisionskommandeurs. Flug, zeuge führen Erkundungsflüge über dem Erdbebengebtet aus. Mussolini läßt sich ständig über den Verlauf der Ber­gungsarbeiten auf dem Lausenden halten. , ...

Felssturz im Siebengebirge

TU. Honnef, 81. Okt. Hunderttausend Kubikmeter Fels stürzten am Donnerstag unter gewaltigem Getöse vom Süd­hang der Wolkenburg. Die Steinmassen begruben eine Fläche von etwa SO auf 400 Meter, etwa sechs Meter hoch liegen die Schuttmassentm Tal. Sie haben Feld, Wiesen- und Obst­kulturen zerstört. Durch den Absturz senkte sich die Kuppe der Wolkenburg um zehn Meter. Soweit bis jetzt sejtge stellt wurde, find Menschenleben nicht -» beklage».