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ten Werte konnten abgeschrieven verden. ja, die erforderlichen Gelder für Umstellung auf Tonfilm konnten noch aus eigenen Mitteln genommen werden. Finanziellen Profiten wurde nicht nachgejagt, wie böswillige Verleumder behaupten, Gewinne find nicht aus- gejchüttet worden.
Es ist klar, daß bei einer wirtschaftlichen Sanierung von diesem Ausmaß und angesichts der übernommenen Verträge eine Besserung des kulturellen Niveaus — und um dieses Zieles willen war ja die Ufa erworben worden — nur allmählich erreicht werden konnte. Die Sanierung war die Voraus- letzung dafür. Erst nach und nach konnten immer bessere Filme produziert, die noch aus alten Verträgen stammenden schlechten Filme abgestoßen werden. Diesen Weg ist die Ufa in den drei Jahren planmäßig gegangen. Hilgenbergs (Pel, aus der Ufa ein Film-K u I t u r Unternehmer zu machen ist ganz allmählich — und unter den schwierigsten Verhältn-sien — der Verwirklichung näher gebracht worden. Unendlich viel bleibt noch zu tun übrig.
Voraussetzung für den endgültigen Erfolg aber ist, dag nicht die Freunde deutscher Kultur selbst die Ufa tolschlagen, indem sie sie bekritteln, unnötig in politische Diskussionen hineinzerren und damit ihre Arbeit gefährden. Diese Taktik sollte man lieber den politischen Gegnern überlassen. Die Gefahr, daß der Amerikanismus uns erstickt, ist angesichts der wirtschaftlichen Ueberlegenheit der amerikanischen Filmindustrie auch heute noch nicht beseitigt. Die Nur kritiker vergrößern die Gefahr.
Ein Punkt sei abschließend noch kurz behandelt. Bei den Wahlen wurde mit der Behauptung gearbeitet, ein Film der Bibelforscher sei in der Ufa helgestellt und in ihren Theatern vertrieben worden. Wie wir ermitteln konnten, ist der Film, der sich Die Weltorganisation" betitelt, für die Wachtturm- kieiellschaft von der KS.-Film — einem kleinen Berliner Werbe- filmunternehmen — hergestellt worden. Die Werbefilmabteilung der Ufa hat die Unterbringung des Films in Ufa-Theatern nach Besichtigung von vornherein abgelehnt. Die Theaterabteilung der Ufa hat jetzt nochmals veranlaßt, daß dieser Film in keinem Ufa-Theater zur Aufführung gelangt.
Aus Stadt und Land
Nagold, den 16. Dezember 1930. Was Du selbst nicht schaffen kannst Dafür lasse Andre fronen;
Kommt ihr Wirken Dir zu gut.
So vergiß nicht, sie zu lohnen.
Freimut i Sprüche.
„Naweba-
Naweba? So könnte eine wohlriechende Seife heißen oder ein duftendes berauschendes Parfüm. Naweba kann alles und — nichts bedeuten. Sprachforscher könnten an diesem Wortgebilde herumrätseln, ohne daß es ihnen gelingen würde, einen Sinn aus dieser Buchstabenzusammensetzung herauszubekommen.
Naweba! Wie das schon klingt. Irgend eine Frau, eine Tänzerin, eine Exotin könnte so heißen. Und dann . . . Naweba! Warum denn Kopfzerbrechen? Es ist eine Paragraphensammlung und ist betitelt: Dienstvorschrift über Namen und Wegweiser auf den Bahnhöfen. Ein „Beschriftungs-Reglement für Bahnbeamte und Bahnhofvorsteher". Nüchtern so etwas, nüchtern sind die 17 Paragraphen.
Der erste Satz: „Der Reifende soll sich als wohlgeleiteter, freundlich behandelter Gast der Eisenbahn fühlen; das Suchen des Weges muß ihm auf jede Weise erleichtert werden". Das läßt sich hören! Als freundlich behandelter East . . . Mit der Kundschaft muß man gut umgehen in den schlechten Zeiten. Versteht sich! Darum wird auch nichts mehr verboten. Paragraph 8 der Naweba: „Die Anschriften sind kurz, aber höflich zu fassen. Cs soll möglichst wenig „verboten" werden; vielmehr ist dem Reisenden zu sagen, was er tun soll (Beispiel der Anschrift über einem Papier- und Abfallkorb: nicht: Das Wegwerfen von Papier und Abfällen ist verboten, sondern: Papier und Abfälle). Ganz schlicht und einfach: Papier und Abfälle. Die Naweba verbietet nicht mehr, sie sagt nur noch. Man wird staunen über diese Höflichkeit. Ja staunen wird man!
Die Naweba besitzt seit 1. Oktober Gültigkeit. Nun wird sich alles, alles wenden.
Dienstnachrichten.
Der Herr Staatspräsident hat eine Lehrstelle an der evangelischen Volksschule Eeddelsbach, OA. Oehringen dem Hauptlehrer Huber in Wittendorf, OA. Freudenstadt, übertragen.
Durch Entschließung des Herrn Kirchenpräsidenten ist die Pfarrei Eräfenhausen, Dek. Neuenbürg, dem Pfarrverweser Hermann Bauer in Eräfenhausen, Dekanat Neuenbürg übertragen worden.
Generalversammlung des Landw. Bezirksvereins und der Biehzuchtgenoffenschaft Nagold
Am kommenden Sonntag wird von der obengenannten Vereinigung, wie aus dem Anzeigenteil zu ersehen ist, in Egenhausen die Generalversammlung stattfinden, die besonders durch die beiden Vorträge an Bedeutung gewinnt. Dr. Windheufer wird sprechen über: „Wie füttern wir diesen Winter?" eine Frage, die Heuer von ganz besonderer Wichtigkeit ist, weil die Qualität der diesjährigen Futterernte derart schlecht ist, daß bei nicht sachgemäßer Fütterung schwere Erkrankungen der Tiere zu befürchten sind. Landesökonomierat Dr. Dobler wird sich verbreiten über: „Die Grundfragen der rationellen Viehzucht". Es sollte kein Landwirt versäumen, der Generalversammlung beizuwohnen.
Gündrinaen, 1',. Dez. Beerdigung. Zu einer ergreifenden Trauerfeier gestaltete sich gestern die Beerdigung des infolge eines Unglücksfalles so jäh verschiedenen Alfred Rhein. Eine hier selten gesehene große Trauergemeinde hatte sich eingefunden, um dem allzufrüh aus dem Leben Gerissenen das letzte Geleite zu geben hinauf in den stillen Gottesacker. Am Grabe zeichnete der H. H. Ortsgeistliche ein jeden Teilnehmer tief rührendes Bild der Beliebtheit und der tadellosen Gesinnung des Dahingeschiedenen. der. wo immer es galt, sich freudig eingesetzt hatte für seine Mitmenschen und ebenso mutig nach seinem Unfall dem Tod ins Auge sah. Ein Berg von Blumen und Kränzen, letzte Abschiedsgrüße seiner Kameraden und Altersgenossinnen, seiner Freunde vom Jungmännerverein i und der D. I. K., seiner Mitschüler in Nagold und Pforz- ; heim deckten das Grab, als je ein Vertreter des Lehrerkol- i legiums der Realschule Nagold sowie der Oberrealschule ! Pforzheim in Worten tiefer Trauer und Ergriffenheit hier Abschied nahmen von einem jungen Menschen, der
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
nach seinen Fähigkeiten zu den besten Hoffnungen berech- ! tigte. Möge er ruhen in Gottes ewigem Frieden! !
j Herrenberg, 15. Dez. Bezirksratssitzung am 1v. Dez.1S30. ; : Wegen Unzuverlässigkeit wird einem Kraftradführer der i i Führerschein bis auf weiteres entzogen und ihm außerdem ! ! über die Dauer der Entziehung des Führerscheins auch > das Führen von Kleinkrafträdern untersagt. — Das Gesuch des Eugen Niethammer, Schneiders in Ober- jettingen, um Erlaubniserteilung für eine Schankwirtschaft (Cafe) in Oberjettingen, wird mangelnden Bedürfnisses halber abgelehnt. — Dem Hermann Weiß, Metzger in Hildrizhausen, wird die persönliche Erlaubnis zum Betrieb der Gast- und Schankwirtschaft zur „Krone" in Hildrizhausen erteilt. — Jakob Wanner. Metzger in Breitenholz, erhält die Erlaubnis zum Betrieb der Gast- und Schankwirtschaft zum „Bären" in Poltrin- gen. — Das Gesuch der Firma Pfannkuch G. m. b. H. L Co., in Pforzheim, um Erlaubnis zum Kleinhandel mit Branntwein für ihre Verkaufsstelle in Herrenberg, wird mangelnden Bedürfnisses halber abgelehnt. — Die Gebühren der Kaminfeger für Prüfung neu erstellter Kamine werden neu festgesetzt. —
Wegen dem außerordentlich starken Zuzug der Wanderer und Obdachlosen zur Wanderarbeitsstätte sind verschiedene Anschaffungen notwendig. Zur Unterstützung wird dem Hausmeister vorübergehend eine Hilfskraft zugeteilt.
— Der für die Weihnachtsfeier in der Wanderarbeitsstätte vorgesehene Betrag wird gegen des zu erwartenden Zuzugs erhöht. — Die Gemeinde Rohrau erhält vorbehältlich der nachträglichen Zustimmung der Amtsversammlung, als Beitrag zur Verlegung der Brühlbach- brücke im Zuge der Amtskörperschaftsstraße Rohrau-Eär- tringen, die durch die Feldbereinigung bedingt ist, einen ! Beitrag der Amtskörperschaft in Höhe von von den !
nach Abzug des Staatsbeitrags verbleibenden Baukosten ^ bis zum Höchstbetrag von 1000 NM. Außerdem wird ein ' außerordentlicher Beitrag im Betrage von 700 NM. ver- ' willigt. Dieser Beitrag entspricht dem Kostenbetrag für die Wiederherstellung der alten Brücke, der der Amtskörperschaft ohnedies erwachsen wäre. — An der Erbreiterung der Nachbarschaftsstraße Poltringen — Bahnhof Pfäffingen beteiligt sich der Staat nicht im vorgesehenen Umfang. Es soll daher mit den beiden Gemeinden wegen Uebernahme der Mehrkosten verhandelt werden. Die Amtskörperschaft übernimmt den auf sie entfallenden Teil der Mehrkosten. — Der Vezirksrat hat eine Neuein- I teilung der Straßenwärterstrecken und eine Neufestsetzung !
_ Dienstag, 16. Dezemb er 193»
der dienstlichen Beanspruchung der Straßenwärter durch geführt, weil der Zustand der Straßen z. T. durch Be- walzung, z. T. durch Oberflächenbehandlung erhebliche Verbesserungen erfahren hat. Infolgedessen konnte bei verschiedenen Wärtern die dienstliche Inanspruchnahme um einen Tag gekürzt werden. Zwei Strecken sotten auf 1. April 1931 aufgestellt werden. Eine weitere Strecke ist infolge Todesfalls freigeworden und einem andern Wärter übertragen worden. — Von dem Bericht über das Hopfensiegelgeschäft 1930 wird Kenntnis genommen und die Belohnungen für die Siegelmeister usw. angewiesen. — Die für die Neuffer'sche Dienstbotenstiftung zur Verfügung stehenden Geldmittel werden so erhöht, daß jedem Bewerber eine Gabe in Höhe von 10 RM. ausgezahlt werden kann.
Freudenstadt, 15. Dez. Neuschnee. Die Zuflucht meldet heute früh 10—12 cm. Schnee bei 1 Grad Kälte. Aehnlich wie auf dem Kniebis sind die Verhältnisse in Zwieselberg. Auch hier in Freudenstadt ist in vergangener Nacht wieder leichter Schneefall eingetreten. Das Thermometer zeigt Grad unter Null.
Aus aller Welt
Das Palais Blücher in Berlin ist an die Regierung der Vereinigten Staaten verkauft worden. Das Palais soll im nächsten Jahr von der amerikanischen Botschaft und dem Generalkonsulat bezogen werden.
Eine neue Apollobüste gefunden. An der Mündung des Selesiusses bei Paestum (Italien) ist eine herrliche griechische Bronzebüste Apollos gefunden worden. Sie ist 45 Zentimeter hoch und wiegt 45 Kilogramm. Sie soll in Palermo oder Neapel ausgestellt werden.
Theakerskandal in Nürnberg. Bei der Aufführung eines Stücks „Liebe mich" im Apollotheater in Nürnberg entstand am Samstag abend ein ungeheurer Lärm. Stinkbomben wurden geworfen und weiße Mäuse losgelassen, die sich als besonders wirksam erwiesen. Eine der Darstellerinnen siel in Ohnmacht. Die Polizei räumte den Saal mit dem Gummiknüppel.
Der Reinarque-Zilm in Oesterreich. Auf den 1. Januar ist die Aufführung des Hetzfilms „Im Westen nichts Neues" in Wien anoekündiat worden. Die Deutsche Turnerschast
Lehensgüter und Lehensträger in Nagold
Das Nagolder Heimatbuch gibt in seinem geschichtlichen Teil eine mustergültige Darstellung des Lehenswesens in alter Zeit und berichtet, daß nicht nur Herren vom Adel, wie die Herren von Eiiltlingen, die Kechler von Schwandorf, die Herren zu Berneck Lehensleute eines mächtigeren Herrn waren, sondern auch Vögte, Müller und selbst Bauern in einem Lehensverhältnis zu irgend einer Herrschaft standen. Es gab im Amt Nagold kaum eine Gemeinde, in deren Markung nicht Lehensgüter von Landwirten bewirtschaftet wurden. Auch die Amtsstadt selbst hatte unter ihren Bürgern eine größere Zahl von Lehensträgern.
Äus dem Jahre 1368 wird uns berichtet, daß die Herrschaft Württemberg den Peter von Tettingen verpflichtete, in Kriegszeiten auf seine Kosten dem Grafen von Württemberg gewappnet zu Pferd zu Hilfe zu eilen und ihm solange beizustehen, bis der Krieg zu Ende geführt ist. Dafür erhielt er den Hof zu Nagold in der Stadt und den Benz Hagmann als Leibeigenen.
Hundert Jahre später meldet uns eine Urkunde. daß Eberhard der Aeltere am 23. November 1484 einen Lehensbrief Unterzeichnete, in dem er dem lieben und getreuen Ulrich Hiller seinen Teil an dem Hof zu Nagold, der als Burg- und Mannlehen bisher von Hans Broß bewirtschaftet worden ist, überträgt. Ulrich Hitler hat hie- für jährlich 20 Malter Korn, 10 Schillingheller. 6 Hübner und 100 Eier zu liefern, und, wenn der Graf in Feindseligkeiten verwickelt würde, die Burg Nagold einen Monat lang auf seine Kosten verteidigen zu helfen. Wird er länger zur Verteidigung des Schlosses herangezogen, dann will die Herrschaft die Kosten selbst tragen.
Ueber die Bedeutung des Hofes, über seine Größe und seine Bewirtschaftung erhalten wir nähere Nachrichten aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts. Von einer Verpflichtung des Lehensmannes zu Kriegsdiensten ist nicht mehr die Rede. Die Kriegführung war eine andere geworden. Die Fürsten bedienten sich zur Austragung ihrer Streitigkeiten der Söldnerheere. Sie konnten fetzt auf die gepanzerten Reiter verzichten. Die Landsknechte entschieden über Sieg oder Niederlaqe. Die Lebensherrn änderten daher die alten Vorträge. Ums Jahr 1520 sitzt auf dem Nagolder Erblehenshof der Maier Jörg Vigel (Beige!). Sein Wohnhaus liegt innerhalb der Stadt „an der gemeinen Gassen", die Scheuer hat zwei Tennen und stoßt hinten auf die Stadtmauer. Zum Hof gehören 120 Jauchert (Morgen) Aecker und 15 Mannsmahd Wiesen. Was er darauf erntet, fällt zur Hälfte der Herrschaft Württemberg zu. Um nun auch wirklich zum halben Ertrag des Hofes zu kommen. Hai sie dem Maier einen Strohmaier auf den Hof gesetzt, der dafür zu sorgen hat, daß die Ernte in gleiche Teile geteilt wird. Der Strohmaier führt also die Aufsicht im Auftrag der Lshensherrschaft. Dabei hilft er gleichzeitig dem Maier beim Dreschen und wird von diesem für seine Arbeit entlohnt. Ob sich die beiden Maier miteinander vertragen haben, ob nicht die Höhe des Lohnes die Annen des Strohmaiers schwächte, darüber schweigen sich die Akten aus. Dafür erzählen sie uns aber sehr ausführlich von andern Bürgern der Stadt und der umliegenden Ortschaften. die dem Maier zum Dienst an seinem Hof verpflichtet waren.
Die Bewohner der Stadt Nagold und der Dörfer lln- teriettinaen, Emmingen, Mindersbach, Rohrdorf, Ober- schwandork und Jselshausen sind schuldig, dem Maier jährlich an vier Tagen vom Morgen bis zum Mittag zu pflügen. Sie haben mit ihrem Gespann auf Anruf des Nagolder Amtmanns unweigerlich zu erscheinen. Dieser darf für seine Mühe zwei Pflugtage der Nagolder zum Pflügen seiner eigenen Güter in Anspruch nehmen. Die Pferdebc- sitzer zu Naaold müssen dem Maier eine Fahrt in der Ernte ausführen. Jeder Bürger, der Haus- und Pferdebesitzer ist, hat ihm in der Ernte einen Schnitter für einen Tag zu stellen. Davon ist nur befreit, wer bei der Herr-
, schaft oder bei der Stadt im Dienst steht. Die Bondorfer Bauern sind verpflichtet, einen Tag lang Dung auf die ! Güter des Maiers zu liefern. Den Tag der Lieferung be- ! stimmt der Maier; die Säumigen werden vom Bondorfer j Schultheiß gemahnt und im Falle ihrer Weigerung ge- § straft. Für seine Arbeit erhält der Schultheiß vier Karren Dung. — So bleibt also dem Maier nicht mehr viel Arbeit auf seinen Gütern übrig. Er war mehr Verwalter als Landwirt.
Neben diesem Maierhof ist noch von einem Fronhof, der Briel, genannt, die Rede. Er muß ursprünglich Eigentum des württembergischen Grafen gewesen und an das Kloster zu Stein am Rhein als Erblehen abgetreten worden sein. Es wäre sonst nicht zu verstehen, daß aus diesem Fronhof junge Hühner und unablösbarer Hellerzins (4 Pfund) alljährlich auf Martini an die Kellerei (Finanzamt) Nagold abgeliefert werden mußten. Aehnlich dürfte es sich mit der Besetzung der Pfarrstelle u. der 4. Kaplaneien zu Nagold, die dem genannten Kloster zustand. verhalten haben. Wir hätten dann eine Erklärung dafür, daß jeder Pfarrer zu Nagold jährlich auf Martini „von der Kirche für einen grauen Rock und ein Pfund Pfeffer, (haben vor Zeiten auf das Schloß in die Küche gehört!) 2 Pfund Heller liefern mußte.
Um bei den kirchlichen Verhältnissen zu bleiben, müssen wir noch ein Nagolder Lehen, das den Klosterfrauen zu Wildberg gehörte, erwähnen. Es ist das Owelßharterin Lehen, das jährlich 20 Malter Frucht eintrug.
Eine besondere Art von Lehen sind die Uebertragung der Rechte, die sich auf die Ausnützung des Wassers und der Wasserkraft beziehen. In der Geschichte der Stadt Nagold ist davon sehr häufig die Rede. Schon 1455 belohnt der Vogt zu Nagold, Heinrich von Eiiltlingen, den Häns- lin Rüd mit dem oberen Teil des Wassers von der Waldach. Den unteren Teil erhält Heinrich Rüd. Vom ganzen Wasser erhält die Herrschaft als Lehenszins 300 „Dürrfische". Das Jahr zuvor gaben Graf Ludwig II. und Graf Eberhardt V. zu Lehen ein Wasser in der Waldach dem Laurentius Tächler in Nagold, ebenso einem „fremden Gesellen Namens Ulrich, ein Wasser der Nagold und dem Johann Raf von Nagold ein Wasser der Nagold hinter der Burg. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts besitzen i Fischwasser zu Lehen Jakob Raff, Hans Vogler, Hans ! Ackermann, der Propst zu Herrenberg, Gabriel Kapps Erben u. a. Hört das Lehensverhältnis auf. so j haben sie 7 Schillingheller als „Weglösin" zu zahlen. Den I gleichen Betrag zahlt der Lehensnachfolger als „Handlohn".
Als Lehensgut galt auch die öffentliche Badstube zu Nagold. 1523 ist sie im Besitz der Witwe Magdalene Rummler, die jährl. 5 Pfd. Heller an die Herrschaft zahlen muß. Beim Besitzerwechsel werden vom Nachfolger 5 Proz. des Werts als Handlohn erhoben.
Endlich sind noch als Lehen die beiden Nagolder Mühlen zu erwähnen. Sie sind Eigentum der Herrschaft und als Erblehen ums Jahr 1520 dem Martin E s s i g und dem Michel Müller übertragen. Beide ziehen aus ihrer Mühle 5 Pfund Heller, 40 Malter Mühlkorn. 2>L Viertel Musmehl und 100 Eier. Außerdem müssen sie an den vier höchsten Festtagen des Jahres, genannt die 4 Opferhochzeiten", dem Amtmann zu Nagold einen sogenannten Mühlkuchen spenden. Für die Bondorfer waren die beiden Mühlen Bannmühlen, d. h. sie durften bei Vermeidung einer Strafe von 3 Pfund Heller in keiner anderen
Mühle mahlen. ^ <
Ueber die Lehensverhältnisse im Amt Nagold haben wir in den Januar-Nummern des „Gesellschafters,, von ! 1929 berichtet und gezeigt, wie sie einer fortschrittlichen I Entwicklung der Landwirtschaft hemmend und hindernd I im Wege standen. Eine Aenderung trat erst zu Beginn ' des 19. Jahrhunderts ein. — »