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Nr. 215
Montag, den 15. September 1930
Jahrgang 103
Das Ergebnis der Reichstagswahlen
Das vorläufige Gejamtresultat zeigt ein gewaltiges Anwachsen der Nationalsozialisten und Kommunisten;
Sozialdemokraten und Zentrum behaupten sich
— Berlin, 16. Sept. Bisher liegen aus dem Reich folgende Abstimmungsergebnisse vor:
Sozialdemokratische Partei 8 449 229 — 146 Mandate
Dentschnationale Bolkspartei
2 441 699-- 40
Zentrumspartei
4 128 464 -- 68
Kommunistische Partei
4 521192^ 75
Deutsche Volkspartei
1557 738 -- 25
Staatspartei
1886 982-- 22
Wirtschaftspartei
1347 926 -- 22
Bayr. Bolkspartei
1658 556 - 17
Nationalsozialisten
6188 416 -- 163
Landvolk
965 489-- 16
Bolksrechtpartei
247 677--- 4
Banernpartei
887 847-- 5
Landbnnd
186 848-- 8
Hannoveraner >
145 419-- 2
Sächs. Landvolk
122 599-- 2
Konservative Bolkspartei
818 964-- 5
Chrtstl. Volksdienft
852 388 -- 14
Gesamtstimmenzahl 84 471 6S7. Zersplittert 283 460.
Die Zusammensetzung deS letzte« Reichstags.
Der Deutsche Reichstag hatte unmittelbar vor seiner Auflösung folgende Zusammensetzung: Sozialdemokratische Partei Deutschlands 152 Mitglieder, Deutschnationale Volkspartei 63 Mitglieder, Zentrum 60 Mitglieder, Kommunisten 54 Mitglieder, Deutsche Volkspartei 45 Mitglieder, Deutsch-demokratische Partei 25 Mitglieder, Wirtschaftspartei 23 Mitglieder, Christlich-nationale Bauern» und Landvolkpartei 22 Mitglieder, Bayerische Volkspartet 17 Mitglieder, Gruppen ohne Fraktionsstärke: Nat.Sozialist. Deutsche Arbeiterpartei 12, Deutsche Bauernpartei 8, Deutsch-Hannoversche Partei 4, Volksrechtpartei 2, bei keiner Partei 4 Mitglieder, zusammen 491 Mitglieder des Reichstags.
Die große Ueberraschung der diesmaligen Reichstagswahlen ist das ungeheure Anwachsen der nationalsozialistischen Stimmen. Zwar haben von der gleichzeitig ungewöhnlich stark zugenommenen Wahlbeteiligungsziffer auch andere Parteien Nutzen gezogen. Die Partei der Lauen und Nichtwähler, bekanntlich bisher die größte Partei, die mit mehr als einer Million über der Stimmenzahl der SPD. gelegen hatte, ist aufgewacht,' es scheint jedoch, daß diese Nichtpartei, die sich nicht zum wenigsten aus bürgerlichen Elementen zusammengesetzt hatte, in ihrem weit überwiegenden Teil den Nationalsozialisten ihre Stimm« gegeben hat. Die allgemein gefühlsmäßige Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Entwickelung der letzten Zeit, die starke Verstimmung gegen die vielfach so unfruchtbare parlamentarische Arbeit der letzten Jahre mögen die Gründe dafür sein, daß diese bisher ziemlich unpolitischen Deutschen sozusagen einmal mit der Faust auf den Tisch geschlagen haben. Bezeichnend ist aber auch ein ziemlich starkes Anschwellen der kommunistischen Stimmen, wenn die Radikalisierung auf der linken Sette auch nicht in dem überraschenden Umfange zugenommen hat, wie aus der rechten. Bemerkenswert ist weiter, soweit man dies bisher schon beurteilen kann, daß die neue Staatspartei nicht den Erfolg gehabt hat, den man vielerorts erwartet hatte. Besonders im Westen des Reiches liegen die Stimmen für die Staatspartei gar nicht sehr viel über den bisherigen Stimmen der Demokraten, während andererseits dt« Stimmen der Deutschen Volkspartei auf der ganzen Linie erheblich zurückgegangen zu sein scheinen.
Das Gesamtergebnis aus Württemberg
Stimmznwachs für Nationalsozialisten ««d Chr. BolkSdienst.
Sozialdemokratische Partei 288 887 - 5 (4) Mandate
Dentschnationale Volkspartei 55 266 --- 6 fl)
Zentrnmspartei 364 814---5 (8s
Kommunistische Partei 181 744 - 2 fl)
Christlich-Soziale Volksgemeinschaft 8 918 --- 6 f6) Einheitsliste Volkspartet-GtaatSp. 186 775--2 (2) Wirtschaftspakte; 39189--1 (6)
Nationalsoz. deutsche Arbeiterpartei 181 688 — 2 (6) Volksrechtsp. «. Chr.-Goz. ReichKp. 26 462 -- 6 (6)
Deutsche Banernpartei 4 655 --- 6 f«)
Bauern- «nd Weingärtnerbund 186 848 -- 8 (8)
Rationale Volksgemeinschaft Christl.-Soz. Bolksd. (En. Beweg.)
Hans- und Grundbesitzer
Von 1746 377 Stimmberechtigten tige Stimmen abgegeben.
18 686--6 f6)
91 598 --1 f6)
2 685 -- 6 f6) wurden 1407 904 gül-
Gewählt find im 81. Wahlkreis Wnrttembsrg-Hohenzollern folgende Kandidaten:
1. Sozialdemokratie: Keil, Wilhelm, Redakteur in Lnd- wigsburg, seith. Neichstagsabgeordneter; Hildenbrand, Karl, Gesandter a. D., seith. Reichstagsabgeordneter, Berlin- Wilmersdorf,' Roß mann, Erich, Direktor, seith. Reichstagsabgeordneter, Stuttgart; Dr. Schumacher, Kurt, Redakteur und Landtagsabgeordneter, Stuttgart, und mit Hilfe von badischen Reststimmen der Landtagsabgeorbnete Ulrich.
2. Deutschnationale Volkspartei fWürtt. Bürgerpartei): Wider, Fritz, Dr. ing. «. h., Fabrikant und M. d. Landt., Stuttgart (wurde gewählt mit Hilfe der badischen Reststimmen).
3. Württ.-Hohenz. Zentrumspartei: Bolz, Dr. Eugen, Staatspräsident, in Stuttgart; Farny, Oskar, Guts- und Brauereibesitzer in Dürren, Gemeinde Waltershofen; Groß, Johannes, Vors, des Württ. Etsenbahnerverbandes und biSH. Reichstagsabgeordneter, Stuttgart; Wiedemaier, Franz, Gewerkschaftssekretär und Gauvorstand der kath. Arbeitervereine, Ulm; Ott, Hermann, Malermeister und Vorsitzender der Hohenz. Handwerkskammer in Sigmaringen.
4. Kommunistische Partei: Zetkin fZundel), Klara, Schriftstellerin in Berlin-Birkenwer-er; Schlaffer, Josef, Metallarbeiter in Stuttgart.
6. Christl.-Soziale Volksgemeinschaft: —.
6. Einheitsliste Bolkspartei und Staatspartei: Heust, Theodor, Dr., früher. Reichstagsabgeordneter, Berlin-Lich- terfclbe; Keinath, Otto, Mitglied des Reichswtrtschafts- rats, Leiter Wirtschaft!. Verbände, Berlin-WilmerSdorf.
7. Wirtschaftspartei (Mtttelstaudspartet): Silier, Friedrich, Schreiner-Ehrenobermeister, früher. Reichs- und Lanü- tagsabgeordneter, Ludwigsburg (gewählt mit Hilfe der badischen Reststimmen).
9. Natioualsozialisten: Dreher, Wilhelm, Schlaffer und bisher. Mitglied des Reichstags, Ulm; Murr, Wilhelm, kaufmänn. Angestellter in Eßlingen a. N.
11. Volksrechtspartei: —.
12. Deutsche Bauernpartei; —.
13 a) Württ. Bancrn- und Weiugärtncrbund: Dingl« r» Wilhelm, Landwirt und Landtagsabgeordneter, Calw; Haag, Heinrich, Wetngärtner, Heilbronn-N., Freiherr von Stauffenberg, Franz, Landwirt in Ritztissen, O.-A. Ehingen.
13 b) Rationale Volksgemeinschaft: —.
17. Christlich-Sozialer BolkSdienst: Simpfendörfer, Wilhelm, Schriftleiter, Korntal.
34. Haus- »nd Grundbesitzer: —.
In Baden wurden von den Kandidaten der Staatspartei und Bolkspartei der Einheitsliste Minister Dr. Cur - tius und mit Hilfe der württembergischen Reststimmen auch Retchsfinanzminister Dietrich gewählt.
Vergleicht man das Ergebnis der gestrigen Reichstagswahl mit dem der Wahl vom 20. Mat 1928, so ergeben sich teilweise sehr erhebliche Verschiebungen. Zunächst ist mit Genugtuung festzustellcn, daß die Bemühungen, die Wahlmüden an die Urne zu bringen, nicht ohne Er- > folg geblieben sind. Die Zahl der Stimmberechtigten ist -war um 89123, die Zahl der abgegebenen Stimmen aber
von 1172 800 auf 1415 532, also um 242 732 gestiegen, während sich der Prozentsatz der W a hlbeteiligung. von 68Z auf 8108 erhöht hat.
Was die einzelnen Parteien anlangt, so hat es Sieger und Besiegte gegeben. Die Sozialdemokraten haben ihre Stimmenzahl von 272 018 auff 283 387 erhöht. Das entspricht nicht ganz der größeren Wahlbeteiligung. Ihr« Hauptgegner, die Kommunist«», dagegen konnten ihre Stimmenzahl von 88121 auf 181744 erhöhen, ein ganz erheblicher Zuwachs. Die Deutschnatioualen sind von 71 685 auf 56 206 zurückgegangen. Hier macht sich die Parteiabsplitterung bemerkbar^ die der Nationalen Bolksvereinigung (Kultusminister Bazille) mit 18056 Stimmen zugute gekommen ist. Der Verlust reicht aber auch noch darüber hinaus. Bazille hat einen nennenswerten Erfolg nicht erzielt. Im Zentrum hat man sich auf die Wahlpflicht besonnen. Es hat seine Stimmenzahl von 386191 aus 304 314, also um die imponierende Zahl von 70 000 vermehrt. Das ist ein bedeutender Erfolg. Die Einheitspartei, bestehend aus der neu gebildeten Deutsch«« Staatspartei und der Deutsche» Bolkspartei, hatte bei der letzten Wahl, wenn man die Stimmen der Deutschen Volkspartei und der Deutschen demokratischen Partei zusammen- zählt, 173570 Stimmen erzielt, bei der heutigen Wahl aber nur 186 775. Berücksichtigt man dabei auch noch die stöbere Wahlbeteiligung, so must man von einem Fiasko der Einheitspartei sprechen. Die Wirtfchaftspartei, für die sich in den Kreisen der Handwerker und der Gewerbetreibenden ein« lebhafte Bewegung geltend gemacht hatte, konnte ihr« Sttmmenzahl von 14 958 auf 89189 erhöhen, ein schöner Anstieg, wenn es auch zu keinem Sitz aus den württembergischen Stimmen langt. Die Nattonalsozialiste» find die Hauptsieger -es Tages. Ihre Sttmmenzahl ist von 21730 auf 181 688 emporgeschnellt, das ist mehr als das Sechsfache. Besonders bemerkenswert ist. Saß die Nationalsozialisten in Mm die stärkste Partei geworden sind. Ihren Gewinn haben sie wohl zu größerem Teil auf Kosten der Deutschnationalen erzielt, aber auch auf Kosten des Bauernbunds, dessen Stimmenzahl von 199 513 auf 180 843 -urückgegangen I ist. Auch der Auch der Christlich-Soziale BolkSdienst gehört ' zu den Siegern des Tages. Er hat wohl aus allen Kreisen des Bürgertums Zuzug erhalten. Seine Stimmenvermehrung von 14017 auf 91599 zeigt an, daß diese auf christliker Grundlage beruhende Partei eine Zukunft zu haben scheint. Die Bolksrechtpartei gehört zu den Leidtragenden. Ihre Sttmmenzahl ist von 42 068 aus 29 402 zurückgegangen. Was die Christlich-Soziale Volksgemeinschaft, die Deutsche Bauernpartei und die Haus- und Grundbesitzer anlangt, so zeigen die von diesen Parteien erzielten geringen Zahlen, Laß solche Parteibildungen keine Daseinsberechtigung haben.
U«b«rscha»t «an das Ergebnis der Wahl aus der ganze» Linie, so steht mau, daß bieStSrke»erhältnisfeder württembergischen Parteien ans^rordentlich gewechselt habe«. Während btG«r die stärkste Partei die Sozialdemokratie gewesen ist, ist nnnmehr das Zeutrnm mit seinen 864 814 Stimmen an die Spitze gerückt, es folge« di« Sozialdemokraten, dann der Banernbnud, die Einheitsliste von Bolkspartei und Staatspartei, und dicht nebeneinander di« Kommnnisten «nd die Nattonalsozialiste«.
Das Wahlergebnis im Bezirk Calw
Große Sttmmgewinne der Nationalsozialistische« Deutschen Arbeiter-Partei «nd des Chrtstl. So» BolksLienst«S — Bauernbund »nd Sozialdemokratie wahre« ihre« Stimm«
bestand.
— Calw, 15. Sept. Bei der gestrigen ReichstagSwahl habe« im Bezirk Calw von 18 276 Stimmberechtigte« 14 516 ihre Stimme abgegeben, die Wahlbeteiligung betrug also 86H Prozent (1928: 65,8 Prozent). Es entfiele« ans die Sozialdemokratische Partei 2269, ans die Dentschnationale Bolkspartei 897, ans die Zentrnmspartei 216, ans die Kommnnistische Partei 829, ans die Christ. Soziale Volksgemeinschaft 56, ans die Einheitsliste der Deutsche« Volks- und Staatspartei 1425, ans die Wirtschaftspartei 456, ans die Rattonalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei 2624, anf die Bolksrechtspartei 144, anf die Deutsche Banernpartei 46, anf de« Bauern- und Weingärtnerbund 8522, anf die Nationale Volksgemeinschaft 865, ans de« Christlich-Soziale« Bolks- dienst 2396, anf di« Litze der Hans- «nd Grundbesitzer 8 Stimme«. Die Zahl der ««gültigen Stimme« betrug 69, die der Stimmscheine 166S.
Bet der letzten ReichstagSwahl am SO. Mai 1928 hatten Im Bezirk Calw an Stimmen erhalten: Sozialdemokratie 2138, All« Sozialdemokraten 85, Dentschnationale Bolkspartei 1863, Zentrum 179, Deutsche Bolkspartei 861, Deutsch-Demokratische (Staats-)Partei 1180, Kommunistische Partei 486, Wirtschaftspartei 81, Nattvnaksozialtsten 294, Völkisch-Nationaler Block 19, Deutsche Bauernpartei 42, Bauern- und WeingLrtnerbund 3998, Bolksrechtspartei 818, Christlich-Soziale 214, Haus- und Grundbesitzer 7, Evangelische Volksgemeinschaft 807. — Der Christliche BolkSdienst konnte bei der letzten LaudtagSwahl 834 Stimmen auf sein« Liste vereinigen.
Vergleichen wir unter Berücksichtigung -er eingegaugene« Listen- und Wahlvorschlagsbedingungen diese Ergebnisse, so ergibt sich etwa folgendes Bild: Zugenommen haben die Stimmzahlen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei um 2341, des Christi. Sozialen Bolksdienstes um 1462, der Wirtschaftspartei mit 369 und der Kommunistischen Partei mit 343 (fast um das Doppelte). Ihren Sttmmen- bestaud habe» gewahrt die Sozialdemokratische Partei mit