Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter-

Dienstag, 24. Dezember 1928.

Seite 2 Nr. 302

anlage von 70 Millionen Mark hat sie niemals Dividenden^ bezahlt.

Verschwörung gegen LaSes

Neuyork, 23. Dez. Associated Preß meldet aus Mexiko- Stadt: In Verbindung mit einer Verschwörung gegen den ehemaligen Präsidenten Calles sind 70 Personen darun­ter auch Regierungsbeamte, verhaftet worden. Von den Verhafteten soll sich jeder einzelne verpflichtet haben, Calles zu ermorden. Ein für Sonntag geplantes Festessen zu Ehren Calles auf dem Gut des Generals in Santa Barbara, zu dem 5000 Gäste geladen waren, wurde abgesagt. Etwa 20 internationale Anarchisten sollen verbannt werden.

Wie Tschiangkaischek die Partie gewann

Tokio, 23. Dez. Tschiangkaischek hat, wie nunmehr fest­zustehen scheint, seine Hauptgegner durch große Geld­zuweisungen beschwichtigt. Nach japanischen Meldun­gen aus Peking, die von verschiedenen anderen Seiten be­stätigt werden, hat er I e n s i s ch a n, dem Gouverneur von Schansi, sechs Millionen Dollar ausbezahlt und ihm eine gewisse territoriale Unabhängigkeit zugesichert. Fengju- siang hat drei Millionen Dollar erhalten und weitere drei Millionen Dollar sollen an verschiedene hervorragende Oppositionsgenerale verteilt werden. Nach Ansicht japa­nischer Regierungskreise dürfte die Nankinger Regierung durch diese finanziellen Opfer wenigstens für die nächste Zeit freie Hand gewonnen haben, um sich den Verhand­lungen über die wichtigsten außenpolitischen Fragen zuzu­wenden.

Württemberg

Ekukkgark, 23. Dez. Ehrung des Kirchenpräsi- 0 ente n. Dem Kirchenpräsidenten Wurm ist die Würde rendoktors der Theologie von der evan- 8^'sich'Eheologlschen Fakultät Tübingen verliehen worden. Diese Würdigung darf als ein erfreuliches Zeichen der per- sönlichen Hochschähung des Kirchenpräsidenten sowie als ein Ausdruck der engen Verbundenheit kirchlicher Arbeit und theologischer Forschung gewertet werden.

Glückwunsch an den Papst. Der württ. Staatspräsident Dr. Bolz hat Seiner Heiligkeit Papst Pius XI. zu seinem Goldenen Priesterjubiläum die Glückwünsche der württ. Regierung ausgesprochen.

Verleihung der Rettungsmedaille. Der Staatspräsident hat der Elisabeth M ö ck in Ulm a. D., Tochter des Expe­dienten Heinrich Möck, die Rettungsmedaille verliehen.

Stuttgart, 23. Dezember. Die Lage des Arbeits­marktes. In der Arbeitslosenunterstützung standen am 18. Dezember 71 808 Personen, in der Kri- senunter stütz ung 10232 Personen. Die Gesamtzahl der Unterstützten stieg um 8700 oder 11,8 v. H. von 73 340 auf 82 040 Personen (68 763 Männer. 13 277 Frauen): davon kamen auf Württemberg 31931 gegen 28277 uick auf Baden 50109 gegen 45 063 am 11. Dezember ^029. Im Gesamtbezirk des Landesarbeitsamts kamen auf 10R) Einwohner 16,3 Hauptunterstützungsempfänger gegen 14,6 am 11. Dezember und 13,6 zur gleichen Zeit des Vor- lahres.

Zur Frage der Regierungserweiterung. Auf die Er- ttärung des Abg. Schultheißen R a t h - Lustnau, daß die Blattermeldung von einem angeblichen Eintritt der Deut­schen Volkspartei in die württ. Regierung, sowie seiner Jn- aussichtnahme als Wirtschaftsminister eine freie Erfindung sei, hält die Schwäb. Tagwacht an der Meldung fest. Rath sei von seiner eigenen Partei gezwungen worden, die Tat­sache in Abrede zu ziehen, da noch andere Mitglieder der Partei Absichten auf das Ministerium hätten, nämlich der Handelskammer-Syndikus Abg. Dr. Burger.

Verlragsunterzeichnung. Am Donnerstag ist vom Stutt­garter Gemeinderat der sogenannte Wasenvertrag unter­zeichnet worden. Dieser Vertrag zwischen Staat und Stadt hat die endgültige Regelung der Grundbesitzverhältnisse auf dem Cannstatter Wasen zum Inhalt, die für den Staat nunmehr so getroffen sind, daß die verschiedenen kleinen, ihm gehörigen Grundstücke zu einem einheitlichen Areal von etwa 15 Hektar zusammengelegt werden

Frauenverein vom Roten Kreuz für Deutsche über See. Nach den Feiertagen wird der Festball des Frauenvrreins vom Roten Kreuz für Deutsche über See am 11. Jan. 1930 wieder die erste große Veranstaltung dieser Art im neuen Jahr bilden.

Vom Tage. Am 21. Dezember aberws explodierte m einer Gärtnerei der Untertürkheimerstraße in Cannstatt ein Kessel der Niederdruck-Dampfheizung. Hierbei erlitt ein 17 I. a. Gärtnerlehrling erhebliche Brarrdverletzungen, denen er wenige Stunden nach seiner Einlieferung in das Kran­kenhaus Cannstatt erlag. Die durch die Explosion entstan­dene Gefahr wurde von der Feuerwache 3 beseitigt.

In der Neckarstraße wurde am 21 Dezember nachmit­tags ein 16 I. a. Lehrling von einem Lieferungskraftwagen angefahren und zu Boden geworfen. Er erlitt einen Schä­delbruch und wurde in das Karl-Olga-Krankenhaus über­geführt. Dort ist er am gleichen Abend an der erlittenen Verletzung gestorben.

Beschimpfung der Kirchen. Der 38jährige Gregor G o g, wohnhaft im Sonnenberg bei Möhringen a. d. F., veröffent­lichte in der von ihm herausgegebenenZeitschrift für Vaga­bunden" maßlose Angriffe gegen die evangelische und ka­tholische Kirche. Das Schwurgericht verurteilte ihn zu der Geldstrafe von 200 Mark, die an die Stelle einer an sich ver­wirkten Gefängnisstrafe von einem Monat tritt.

Aus dem Lande

keonberg, 23. Dez. Totschlagsversuch. Bei Ra- statt wurde am 19. Dezember, 11 Uhr vormittags, der le­dige Fabrikarbeiter Otto Wolfangel von Eltin gen OA. Leonberg etwa 500 Meter von der Karlsruher Straße entfernt auf einem sich in der Richtung nach der Fohlen­weide hinziehenden Feldweg von einem Polizeibeamten mit einer schweren Kopfverletzung bewußtlos aujgefunden. Als Täter kommt der ledige Koch Robert Altenvörde von Straßburg in Betracht. Wolfangel und Altenvörde waren bis ,zum 16. Dezember in Ludwigshafen im Krankenhaus.

Sie suchten dann die Eltern des Wolfangel in Eltingen aus. woselbst Altenvörde dem Wolfangel ein Motorrad abkaufte. Am 18. Dezember fuhren sie mit der Bahn von Stutt- gart nach Karlsruhe und von dort bis Oetigheim, um an­geblich bei der Mutter des Altenvörde in Rastatt das Geld

sur oas geraufte Motorrad zu holen. Auf dem Weg von Oetigheim nach Rastatt, den sie zu Fuß zurücklegten, hat Altenvörde den Walfangel zweimal mit einem Prügel am den Kopf geschlagen, so daß er bewußtlos liegen blieb und erst am andern Vormittag gefunden wurde. Altenvörde ist nach verübter Tat mit der Bahn wieder nach Stuttgart gefahren und hat sich am 22. Dezember der Kriminalpolizei Stuttgart gestellt.

Heilbronn, 23. Dezember. Unter den Zug ge­sprungen. Bei der Abfahrt des 12.01 Uhr abgehenden Zuges warf sich am Samstag ein 53jähriger Kaufmann aus Stuttgart unter diesen und wurde tödlich überfahren. Wie aus hinterlassenen Papieren hervorgeht, handelt es sich üm Selbstmord infolge großen Geldverlustes.

Unkerheinriel OA. Heilbronn, 23. Dez. Ein Origi­nal gestorben. Hier verschied der älteste Bürger Gott­lieb Dietrich, nachdem er am 14. Dezember das 92. Lebens­jahr vollendet hatte. Dietrich war viele Jahre Postbote, und zwar machte er Tag für Tag 15 Jahre lang den Weg UnterheinrietWeinsberg und über Grantschen und Ell­hofen zurück nach Unterheinriet und nach Vorhof. Diese in 15 Jahren durch Fußmarsch zurückgelegte Strecke beträgt etwa 164 000 Kilometer. Später erledigte er seinen Post­dienst mit dem Fuhrwerk. Während der Zeit der Geld­entwertung konnte er sich nicht genug wundern, daß alle Löhne so hoch waren, währeftd er doch seinen Dienst um täglich 1 Mark verrichtete. Mit ihm wird zugleich eine originelle Gestalt zu Grabe getragen.

Kochendorf. OA. Neckarsulm, 23. Dezember. Erhängt aufgefunden wurde nahe der Staatsstraße Neckarsulm Kochendorf, Markung Kochendorf, ein sauber gekleideter, etwa 25 I. a. Mann. Seine Personalien konnten nicht festgestellt werden.

Kocherstetten OA. Künzelscm, 23. Dez. Schweres Autounglück zwei Tote. Nachmittags überfchlug sich das Auto des Gutsbesitzers Bauer aus Rappolsweiler- hof aus bis jetzt unbekannter Ursache, wobei die Frau des selbst fahrenden Bauer zu Tode gedrückt wurde. Bauer

Unseren Leserinnen, Uesern unci Niturbeitern *

et« frohes und gesegnetes

wekbuachtsfest

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ftwst wuroe ichwer verletzt ins Bezirkskrankenhaus einge­liefert, wo er noch am gleichen Abend starb.

Lllwangen, 23. Dez. Landesökonomierat Muty gestorben. Auf dem Schloßhof Ellwangen starb am Samstag abend der 66 Jahre alte Landesäkonomierat Jo­seph Muth, der aus eine 24jährige Tätigkeit auf der Do­mäne und an der Ackerbauschule zurückblicken konnte. Lan­desökonomierat Muth verfügte über umfassende Berufskennt­nisse und war ein Mann treuester Pflichterfüllung, ein of­fener und leutseliger Charakter. Er war Mitglied, der Württ. Landwirtschaftskammer, außerdem Vorstand des 1828 gegründeten Landw. Bezirksvereins, dem er ununter­brochen feit Oktober 1906 in vorbildlicher Weise Vorstand.

Tübingen, 23. Dezember. Von der Universität. Der ao. Professor am hiesigen Botanischen Institut, Dr. Metzner erhielt einen Ruf nach Greifswald zum o. Pro­fessor und Direktor des Botanischen Gartens als Nachfolger von Professor Dr. Buder.

Ravensburg. 23. Dezember. Falschmünzer. Wegen Falschmünzerei hatte sich vor dem hiesigen Schöffengericht der 23 I. a. frühere Metallarbeiter Albert Braun von Cannstatt zu verantworten. Braun war zuletzt Reisender in Versicherungen und Zeitschriften und hatte in Viberach die Bekanntschaft einer Vollwaise gemacht, der Fabrikarbeite­rin Emilie G e rste r, in deren Haufe er sich mit der Her­stellung von Fünf- und Zweimarkstücken sowie auch von 50ern beschäftigte. Er gab zu, 100 falsche Münzen in Um­lauf gesetzt zu haben. Braun wurde zu 6 Monaten Ge­fängnis. das Mädchen zu 40 -4l Geldstrafe verurteilt.

Vom Ries, 23. Dez. Ein Gattenmord. Der oerh. 38jährige Maurer Friedrich Lang von Hohenaltheim bei Nördlingen und die 30jährige Landwirtsehefrau Mart« Ger st meier von Hohenaltheim hatten sich vor den Ge­schworenen wegen Mords zu verantworten. Lang hatte nach vorheriger Verabredung mit der Gerstmeier deren Ehemann in seinem Anwesen am 17. August mit einem Duchenscheit überfallen und totgeschlagen, während die Gerstmeier das elektrische Licht ausgedreht batte, um ihrem Mann eine Gegenwehr unmöglich zu machen. Das Gericht erkannte gegen beide wegen Totschlags auf je 10 Jahre Zuchthaus und 10 Jahre Ehrverlust.

Vom bayer. Allgäu, 23. Dezember. Der Winter­sport. Oberstaufen hat eine Meng« vorzüglicher Ski- plätze. Heuer sind in der Umgebung von Heitisau, 1^4 Stunden von Oberstaufen entfernt, 20 Hütten als Skihütten an die Schupo, Reichswehr und Skiklubs verpachtet; die meisten Mieter stammen aus Württemberg. Die Kälte hat jetzt empfindlich eingesetzt. In einigen Gebirgsorten beträgt sie bis zu 20 Grad, in Kempten 15 Grad.

Ebingen. 23. Dez. Selbstmordversuch. Gestern abend 9 Uhr schoß sich der Fabrikarbeiter Johannes Erhard aus Endingen im Caf6 Fuchs mit einer Selbstladepistole in den Kopf, als er dort seine frühere Geliebte in der Gesell­schaft mit einem anderen antraf. Schwerverletzt wurde er in das hiesige Krankenhaus gebracht.

Neu-Ulm, 23. Dezember. Im hiesigen Stadtstift starb eine altere Frau, die als Unterstützungsbedürftige seit lan­ger Zeit in der Wohlfahrtsfürsorge stand. Das Erstaunen war groß, als man in einem Rock der Verstorbenen 1200 in Hundertmarkscheinen eingenäbt vorfand und dazu noch einiges Silbergeld.

Aus Stadt und Land

Nagold, den 24. Dezember 1929. Die Liebe ist der Hauptschlüsfel, der alles beim Men­schen aufschlietzt. Hippel.

Zum Weihnachtsfest

Man mag es sich selbst nicht eingestehen, aber in Wirk­lichkeit ist das Fest für viele zur Frage geworden. Sicher ist, daß manche sich vor Weihnachten fürchten. Nicht bloß die einsam gewordenen Gatten mit den bedrückenden Ge­danken:Es war einmal". Auch nicht bloß Kranke, Sor­genvolle, Abgebaute, Kleinrentner, die nicht wissen, wie durchkommen sondern noch ganz andere Leute. Es fällt doch auf, wie die Warnungen vor den allzu vielen geräusch­vollen Weihnachtsfeiern sich mehren. Und zwar sind damit nicht bloß dieChristbaumfeiern" der zahllosen Vereine ge­meint, die in der Regel außerordentlich wenig mit Weih­nachten zu tun haben. Auch in christlichen Vereinen ist mit allem Gutgemeinten manchmal zu viel geschehen und ge­legentlich die eigentliche Feier am Familientisch und in der Gemeinde beeinträchtigt worden. Davon will ich gar nicht reden, daß allzuviel Plackerei in Vorbereitungen dar­an schuld ist, daß manche Hausfrau, mancher Geschäfts­mann, manche Angestellte soabgekämpft" in die Festtage hineinkommen, daß sie nur noch einen Wunsch haben: auf- atmen! in Ruhe gelassen werden!

Ich muß sagen, es ist erfreulich, daß man weithin auf­wacht und merkt, daß etwas in unserer Weihnachtsfeier nicht in Ordnung ist. Es ist nicht, daß man sich in den Feier­tagen sich etwas mehr leistet an Behaglichkeit und Genuß als sonst. Laßt das ruhig sein und gönnt es jedem, wenn er einmal aus der Tretmühle des alltäglichen Pflichten­kreises herauskommt. Nicht bloß die Kinder sollen ihre Lebkuchen haben. Es ist gewiß etwas vom Feinen und wohltuenden der kommenden Tage, daß man einander zu überraschen sucht. Wie viele sinnige, gemütvolle Wärme kann darin liegen; wieviel träumerischer Duft liegt über diesen Tagen! Und wenn Philisterseelendarüber längst hinaus sind" und sagen:Da hast du ein paar Mark, kauf dir etwas!" so laß dich nicht in ihre Armut einfangen. Das Fest der schenkenden Liebe soll's bleiben, und seine Strahlen werfen, auch auf die Heimatlosen, Familienlosen, Einsamen. Aber dasFest" soll es fein! ^

Wir sollten so weit sein, daß wir verstehen, Weihnachten kann man nur feiern, und alle äußerliche Festlichkeit hat nur dann einen Sinn, wenn man dahinter das ewig tiefe Geschehnis ahnt, die sichtbar, geschichtlich gewordene Güte Gottes. Und wer das am Christtag ahnt, dem gehen die Augen dafür auf, daß sie auch hinter den Alltag leuchtet, der hat etwas von dergroßen Freude, die allem Volk wider­fahren" ist. Dann braucht er das unruhige Getriebe nicht mehr. Er weiß etwas von dem.der gekommen ist".

Vielleicht lächeln einige etwas verlegen. Sa etwas sagt man doch nicht. In Wirklichkeit wird nur der,der so etwas sagt und sagen kann", kein Fragezeichen mehr hinter dos Wort Weihnachten setzen. Er h a t das Fest. Möchten es viele sein! E. Welsch.

Bezirksverein Nagold der Ortsvorsteher und Körperschaftsbeamten

Nach längerer Pause versammelten sich letzten Samstag, den 22. Dezember die Ortsvorsteher und Körperschaftsbe­amten vom Bezirk Nagold im gold. Adler in Nagold. Der Vorsitzende, Stadtschultheiß Maier, gedachte in seiner Begrüßungsansprache mit Worten des Dankes und freundl. Zukunftswünschen der in den Ruhestand versetzten Mitgl. Stadtpfl. Lenz und Stadtbeaum. Lang-Nagold, Er lud auch heute wieder alle Ruhestandsbeamten zum re­gelmäßigen Besuch der Versammlungen ein, wo sie stets herzlich willkommen sind. Der Vorsitzende begrüßte die neu eingetretenen Mitglieder, Stadtbaümeister Venz und Obersekretär Wagner, Nagold und gab seiner Freude Ausdruck, daß die schwer erkrankten Kollegen Dür r-Min- dersbach und R a u s e r-Jselshausen wieder gesund und munter sich unter uns befinden. Er konnte als Gäste die Herren Landrat Baitinge r, Vet.-Rat Dr. Metzger und Oekonomierat Häcker begrüßen. Alle 3 Herren tra- / ten für die Wiederauflebung und Begründung von O r ts- v i e h v e r s.-V e r e i n e n ein, die heute notwendiger als vor dem Kriege seien. Landrat Baitinger ersuchte die Ortsvorsteher, sich dieser Sache anzunehmen und, wo ir­gend möglich, Ortsviehvers.-Vereine zu gründen oder neu zu beleben. Der Staat gebe Beiträge zu den Eründungs- kosten und auch Beiträge bei starken Belastungen.

Dr. Metzqer wies auf frühere Vereine u, ihre mu­stergültige Geschäftsführung hin. Wohl gewährt heute der Staat in 51 Proz. aller Schadensfälle Unterstützung. Wei­tere 25 Proz seien auf Fremdkörper zurückzuführen. Im Bezirk trete die Rindertuberkulose stärker auf. Der Heuer gegründete Milchhof Pforzheim werde verlangen, daß alle milchliefernden Gemeinden dem freiw. Tuberkulosenver­fahren sich anschließen. Dazu komme heute der große Ka­pitalmangel und die hohen Zinsen für die Wiederbeschaf­fungskapitalien. Der Ortsviehvers.-Verein sei heute nöti­ger aber auch tragbarer als früher und er bitte dringend, sich dieser wichtigen Sache anzunehmen.

Eine rege Aussprache schloß sich an. Die Gründung schei­tert meistens daran, daß die größeren Landwirte es ab­lehnten, für die kleineren mit ihrem Händlervieh einzu­stehen. Aber gerade darin liege doch das Erhebende, daß hier der eine für den anderen stehe und jeder seinem Ne­benmenschen helfe. Ueberall will man den Versuch machen, die Ortsviehvers.-Vereine wieder neu zu beleben.

Besprochen wurde weiter die Angestclltenveisi- cherungspflicht der Hebammen, die durch eine neue Entscheidung ab 1. 10. 1929 erheblich erweitert wurde, die Durchführung der Novelle zum Arbeits­lose n v e r s.-E e s e tz, die dem Ortsvorsteher die Ausstel­lung von Erundbesitzbescheinigungen in größerem Umfang auferlegt, weiter eine Entscheidung des Verw.-Eerichts- hofs, wonach Ehefrauen, die im Gewerbebetrieb ausschl. tätig sind, künftig unter Umständen als Teilhaber am Ge­werbe gelten und für sie der T e i l h a b e r a b z u g am Gewerbesteuerkapital gemacht werden kann.

Zu zahlreichem Besuch der Eauversammlung des Eemeindetags am 4. Januar 1930 im Lö­wensaal in Nagold wird besonders aufgefordert.

Der Vorsitzende teilt zum Schluß der Versammlung mit, daß heute unser Kollege Vetter-Pfrondorf seinen 70. Geburtstag feiere. Er beglückwünschte ihn zu diesem Feste und wünschte ihm fernerhin gute Gesundheit, daß er sei-