Seite 2 Nr. 293

Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter

Freitag. 13. Dezember 1929.

Anstellungs- und Besoldungssperre in Hessen

Darmstadk. 12. Dez. Das hessische Staalsministerium hak folgenden Beschluß gefaßt: Wegen der ungünstigen Finanz­lage des Staats sollen alle Anstellungen und Beförderungen hessischer Staatsbeamter unterbleiben. Die Berufung von Professoren an die hessischen Hochschulen wird dadurch nicht ausgeschlossen. Auch können mit Zustimmung des Gesamk- ministeriums Stellen von Amtsleitern und sonstige singu­läre Stellen beseht werden, wenn besondere Gründe es ausnahmsrveise notwendig machen. Durch diesen Beschluß werden Ausrückungen in höhere Gehaltsgruppen vorläufig unterbleiben. Das in der Besoldungsordnung vorgesehene Aufrücken von einzelnen Stufen und Gehaltsgruppen nach Dienstjahren wird jedoch davon nicht berührt.

Daß es zu solchen Maßnahmen kommen wird, gie sich nichl nur auf Hessen beschränken dürften, hat man schon lange befürchtet.

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Das deutsche. Eigentum in Marokko

Paris, 12. Dez. Der Generalresident von Marokko, Lucien Saint, ist nach Paris berufen worden wegen der Frage des noch nicht liquidierten deutschen Eigentums in Marokko. DieLiberte" wendet sich gegen die von Berlin auf Grund der Haager Abkommen geforderte Zurück­erstattung des Eigentums der Gebrüder Man- nesmann in Marokko (namentlich Kupferbergwerke). Dieses ist zum großen Teil bereits liquidiert, jedoch nicht in den bis vor kurzem noch nnunterworfenen Gebieten von Adadir und im Sous. Es wird behauptet, daß im Haag die französischen Unterhändler von den Empfehlungen des Youngschen Plans das deutsche Eigentum im Elsaß und in Marokko ausdrücklich ausgeschlossen hätten. Frankreich sei mit feiner Weigerung, dieses Eigentum zu­rückzugeben, infolgedessen in rechtlich sehr vorteilhafter Lage.

Heine Antwort ist auch eine

London. 12. Dezember. Aus eine Anfrage rm Unter- Haus, ob die Regierung über eine Vereinigung Deutschlands mit Oesterreich von einer ver beiden Seiten eine Nachricht erhalten habe, antwortete Außenminister Henderson mit Nein. Auf die weitere Frage, ob die Regierung gegen die Vereinigung etwas ein­zuwenden hätte und ob sie bereit sei, diese beiden Länder ihre eigenen Angelegenheit selbst regeln zu lassen, gab Hen­derson keine Antwort.

Das Oberhaus nahm mit 46 gegen 13 Stimmen einen Antrag Salisbury (Kons.) an, in dem die Politik der Arbeiterregierung in Aegypten als lieber» eilung bedauert wird. Es ist dies schon der zweite Tadelsbeschluh des Oberhauses gegen die Arbeiter- regierung. Der erste richtete sich gegen die Wiederausnahme der diplomatischen Beziehungen zu Moskau.

Auch Italien für Abschaffung der Tauchboote?

London, 12. Dez. DerTimes"-Berichterstatter in Rom will mitteilen können, daß die italienische Regierung nach sorgfältiger Erwägung beschlossen habe, den britischen und amerikanischen Vorschlag beir. Abschaffung der Tauchboote zu unterstützen, gleichviel, ob Frankreich und Japan geneigt sein werden, sich anzuschließen oder nicht.

Pacelli Nachfolger Gasparris?

Nom, 12. Dez. Der .Lavoro d'Jtalia* berichtet, Kardi­nal Gasparri, der 77 Jahre alt und seit 15 Jahren vati­kanischer Staatssekretär ist, wolle zurücktreten. Zu seinem Nachfolger sei der bisherige Nuntius in Berlin, Pacelli, ausersehen, der am Montag mit fünf anderen die Kardinals­würde erhalten soll.

Ungarn gegen weitere Reparationslasten

Budapest, 12. Dez. Im Oberhaus erklärte der ehemalige Handelsminister Szterenyi, die beabsichtigte Aufbür­dung einer größeren Reparationslast werde den einmü­tigen Widerstand des ganzen Landes heraufbeschwö­ren. Ungarn könne es sich nicht bieten lassen, daß von ihm neue Reparationen erpreßt werden, nur weil der Kleine Verband den Friedensvertrag verletzt habe und nun ver­lange, daß Ungarn die Kosten der Vertragsverletzung be­zahle. Die Großmächte und der Kleine Verband halten offenbar den Friedensvertrag von Trianon nur für ein Stück Papier. Aber wenn sie den Vertrag nicht achten, brauche auch Ungarn sich durch nichts gebunden zu fühlen. Das Oberhaus sprach einstimmig der Regierung die Billigung aus, daß sie der Aufbürdung weiterer Lasten sich widerletze.

Man denkt dabei unwillkürlich an die Uebernahme der Berbandsschulden an Amerika durch Deutschland, an das deutsch-belgische Markabkommen, die Zerstörung von Straßen und Eisenbahnen im Rheingebiet, die Verweigerung der Rückgabe der Liquidationsüberschüsse beim beschlag­nahmten deutschen Eigentum in England, an die Milliarden- ltHuidationen in Polen usw.

Württemberg

Oeffentl. Versammlung des Sparerbunds und der Dolksrechts-Partei

Die von der Ortsgruppe Stuttgart des Svarerbundes und der Volksrecht-Partei vor kurzem im Furtbachhaus abgehaltene öffentliche Versammlung war sehr gut besucht.

Der Landesvorfitzende Landtagsabgeordneter Baus er sprach in einem langen Vortrag über das Thema: Volks­recht und Volksnot. Er ging aus von den Veröffentlichungen über die Unterredung zwischen Stinnes und Rathenau in der Nacht vor dessen Ermordung. Die Notizen von Hugo Stinnes zeigen unwiderleglich, daß die Inflation eine bewußte und absichtliche Maßnahme war. Hugo Stinnes, dem größten Nutz­nießer der Inflation, kann es niemals geglaubt werden, daß er nicht egoistische Hintergedanken hatte, als er aussprach, man müsse »die Masse der Inflation auch weiter benützen".

Die Jnslationspolitik ist in erster Linie auch schuld daran, daß uns im Dawesplan und im Poungplan Lasten von uner­träglicher Höhe aufgelegt worden sind. Dawes selbst hat in Amerika gesagt, daß man auch mit weniger hätte zufrieden sein müssen, wenn Deutschland sich nicht selbst für entschuldet erklärt hätte. Im Kampfe gegen die untragbaren Tributlasten ist die Entschuldungssraae von ganz besonderer Bedeutung. Der Kamps gegen die Entschuldungslüge ist deshalb minde­stens so wichtig wie der Kamps gegen die Kriegsschuldliige. Im Volksbegehren hätte der 8 4 wegaessen und dazür die Ent­schuldungsfrage hereinqenommen werden sollen. Die Volks­recht-Partei werde auf alle Fälle den Poungplan ebenso be­kämpfen wie den Dawesplan, da auch der neue Plan auf fal­schen Voraussetzungen ausgebaut sei und untragbare Belastung des deutschen Volkes darstelle.

stehe der deutsche Staat in einer schweren Staats­und Rechtskrise, die letzten Endes eben darauf zurückzuführen sei, daß man den Rechtsgedanken mit Füßen getreten habe. Auch die verfassungsmäßig gesicherten Volksrechte werden miß­achtet, so daß immer häufiger der Staatsgerichtshof angerufen werden müsse. Wir haben heute keinen eigentlichen Volksstaat, sondern einen Parteistaat, hinter dem die Plutokratie stehe.

Die Wirtschaftskrise sei in erster Linie Kreditkrise her- hervorgerufen wiederum durch die Vernichtung des Sparkapi­tals, welche dem Volkswirtschaftskörper das Lebensblut ent­zogen habe. Darum seufze die Wirtschaft heute unter den hohen Zinsen. Weiter sei die Wirtschaftskrise eine Mittel­standskrise. Die Zusammenraffung des Volksvermögens durch das private Großkapital und durch die öffentliche Hand führen beide zur Proletarisierung immer weiterer Schichten des deut­schen Mittelstandes. Dieser Entwicklung müsse ein klares Ge­genziel gegenübergestellt werden: Die Vertretung des Volks­vermögens auf möglichst viele mittlere und kleiner Besitzer - eine Mittelstandspolitik. Entproletarisierung sei die Aufgabe nicht weiterschreitende Proletarisierunq. Schließlich sei die Wirtschaftskrise auch eine Arbeitskrise. Man müsse auch groß­zügige Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung der Arbeits­losigkeit selbst ins Auge fassen: ländliche Siedlung im Nor­den und Osten Deutschlands und Durchführung der Arbeits­dienstpflicht gleichzeitig ein gutes Mittel für die staatsbür­gerliche Erziehung der Jugend.

Stuttgart. 11. Dezember.

Abänderung und Aushebung von Ortsbauplänen. Durch Verordnung ded Staatsministeriums vom 7. Dezember 1929 wurde die Zuständigkeit des Innenministeriums zur Ge- nehmigung der Feststellung neuer und der Abänderung oder Aufhebung bestehender Ortsbaupläne auf die Gemein­den Fellbach. Schmiden und Uhlbach ausgedehnt.

Statist» des Unterrichts- und Erziehungswesens in Württemberg. Das Kultministerium veröffentlicht soeben eine 70 Druckseiten umfassende Schrift, die eine tabellarische Uebersicht über das Unterrichts- und Erziehungswesen für die Jahre 192628 gibt. Dabei sind berücksichtigt die drei Hochschulen in Tübingen, Hohenheim und Stuttgart, die Landwirtschaftlichen Fachschulen, die Technischen höheren Schulen, die Gewerblichen Berufs- und Fachschulen, die drei Kunstlehranstalten in Stuttgart (Akademie der bildenden Künste. Kunstgewerbeschule, Hochschule für Musik), ferner die Anstalten zur Ausbildung und Fortbildung von Lehrern und Lehrerinnen, die Höheren Schulen und die Volksschulen, die Erziehungsanstalten und die staatlich anerkannten Kin- dergärtnerinnenseminare. Im Anhang findet man d:e Landesbibliothek und die Landesanstalt für Erziehung und Unterricht..

Gebäudebrandschadenumlage. Nach einer Verordnung des Innenministeriums über die Gebäudebrandschadenum­lage für das Jahr 1930 beträgt die Umlage auf die nach Vorkriegspreisen berechneten Versicherungssummen bei den Gebäuden der 3. Klasse 7,5 Reichspfennig auf 100 Reichsmark Brandversicherungsanschlag.

Weihnachts- und Reujahrspostsendungen. Zum Weih- nachts- und Neujahrsfest sind wieder Weihnachts- und Neu­jahrs-Glückwunschtelegramme zu wesentlich ermäßigter Ge­bühr in den Tagen vom 15. Dezember bis einschließlich 5. Januar zugelassen. Bei rechtzeitigem Eingang werden die Telegramme am ersten Weihnachtstag bzw. am Neujahrstag und an den Vorabenden zugestellt. Ohne Umschlag ver­sandte gedruckte einfache Weihnachts- und Neujahrskarten, die hinsichtlich der Größe, Form und Papierstärke den Be­stimmungen für Postkarten entsprechen müssen, kosten so­wohl im Ortsbereich des Aufgabeorts als auch im Fernver­kehr 3 Rpf. Es dürfen in diesen Karten außer den sogenann­ten Absenderangaben (Absendungstag, Name, Stand und Wohnort nebst Wohnung des Absenders) noch weitere fünf Worte, die mit dem gedruckten Wortlaut im Zusammenhang stehen müssen, handschriftlich hinzugefügt werden. Werden solche Karten im offenen Umschlag versandt, so kosten sie so­wohl im Ortsbereich des Aufgabeorts als auch nach außer­halb 5 Rpf.

kindslölung. Das 20jährige Dienstmädchen Maria Baumann von Leinbach, Amts Ueberlingen, tötete im Februar ihr neugeborenes Kind, das sie dann einige Zeit mit sich herumtrug und endlich bei einer Eifenbahnfabrt zum Fenster hinauswarf. Das Schwurgericht verurteilte sie zu 2 Jahren 3 Monaten Gefängnis.

Dönnigheim OA. Besigheim, 12. Dez. Schwerer Jagdunfall. Bei der auf hiesigem Gebiet abgehaltenen Treibjagd wurde der auf dem Kirchbachhof stationierte, beim Herzogl. Rentamt angestellte Förster Robert Grimm aus Bietigheim durch einen Schrotschuß schwer, jedoch nicht lebensgefährlich verletzt.

Dom Cbnisee, 12. Dez. DerEbnisce abgelassen. Zum Zweck des Abfischens ist das Wasser des Ebnisees ad- gelassen worden. Nach dem Abfischen wird der See sogleich wieder gestaut.

Tuningen, OA. Tuttlingen, 12. Dezember. Aus Fahr- lässigkeit angeschossen. G. Haug hatte eine Zimmerflinte zum Spatzenschießen geladen in der Stube hängen. Der anwesende 17jährige O. Erchinger nahm sie von der Wand, zielte aus den 9 jährigen Sohn Gottfried des Haug, der schreibend am Tisch saß und drückte los. Die 9 Millimer-Kugel drang dem Bube» unter dein Auge in den Kopf und blieb im Nackenwirbel stecken. Der Schwerver­letzte wurde alsbald ins Bezirkskrankenhaus Tuttlingen verbracht. Sein Zustand ist ernst.

Aus der Pfalz, 12. Dezemlnr. Ein Po st sack des Zeppelins gefunden. Am Dienstag nachmittag wurde in Pirmasens aus dem Dach eines Hauses in der Schießstraße ein Postbeutel mit Kartengrüßen vomGraf Zeppelin" gesunden. Die Karten, die mit dem Poststempel vom 28. Juli versehen waren, sind anläßlich der Pfalzfahrt des Luftschiffs über Pirmasens abgeworfen worden. Da die Signalflagge, die um den Postbeutel gewickelt war, sich nicht gelöst hatte, ist der Abwurf unbeachtet geblieben. Die Karten, nach verschiedenen Städten des In- und Auslands gerichtet sind, sind dank der schützenden Hülle bis auf zwei noch versandfähig. Sie wurden sofort zur Post gegeben.

Aus Stadt und Tand

Der Miißigana macht unendlich viel müder und nervö­ser als die Arbeit und schwächt die Widerstandskraft auf der eigentlich alle Gesundheit beruht. Hilty. '

Rechtzeitig einkaufen!

Der evangelische Presseverband schreibt:

Wer kennt nicht von früheren Weihnachtszeiten her das Bild von den überfüllten Läden? Das Verkaufsperso­nal hastet und eilt fieberhaft hin und her. Vor den Tischen staut sich die Masse der Käufer. Ungeduldig stehen sie da und warten und ärgern sich über die vergeudete kost­bare Zeit und die mangelhafte Bedienung. Wenn du dann endlich an die Reihe kommst, dann bist du schon reichlich nervös geworden und um sich her stehen auch nervöse Leute, die es kaum erwarten können, bis du fertig bist, damit sie dran kommen.

Hast' du in dieser gespannten und gepreßten Umgebung überhaupt noch die innere Ruhe zu liebevoller Auswahl^ Vollends aber, wenn das Gewünschte nicht mehr vorhan­den ist, dann packt dich der Grimm und schimpfend ziehst du von dannen mit dem Vorsatz, dieses Geschäft künftig nicht mehr zu betreten. Aber wer ist daran schuld? Nie­mand als du selbst! Hättest du schon eine Woche früher eingekauft, dann hättest du noch Muße und Zeit gehabt und hättest in den Geschäften reiche Auswahl und gute Beratung gefunden!

Wie aber sieht es in der Seele der Verkäuferin­nen aus? Da ergießt sich in den Abendstunden der ganze Strom der Kunden in den Laden herein. Alle wollen höf­lich und aufmerksam bedient sein. Alle beanspruchen Zeit für sich. Wenn etwas nicht klappt, dann wird genörgelt. Das zehrt an den Nerven. Und die hinter dem Ladentisch stehen, sind doch auch Menschen und keine Automaten! Müde und abgehetzt kommen sie nach Hause. Und dies wie­derholt sich nun täglich und steigert sich bis zum Fortissimo am heiligen Abend. Da kommen diese zusammengeschufte­ten Menschen mit wirrem, schwerem Kopf heim und sol­len nun mit ihren Lieben Weihnacht feiern!

Weihnacht feiern? Nein das ist ihnen nicht mehr mög­lich. Sie sind zu müde, zu verärgert, zu abgespannt, als daß sie noch feiern könnten. Es gibt Geschäftsleute, die den heiligen Abend auf den Morgen des Christfests legen müs­sen, weil auch ihnen die Zeit fehlt. Aber so oder so, sie sind um Weihnachten betrogen wegen dir, der du dich nicht zum rechtzeitigen Einkauf entschließen konntest".

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Sonderfahrt zur Landesausstellung von Lehrlingsarbeiten

Am vergangenen Sonntag besuchten die hiesige Ge­werbeschule und der Gewerbeverein Nagold die Landes­ausstellung von Lehrlingsarbeiten, die gegenwärtig von dem Württbg. Landesgewerbeamt in Stuttgart veranstal­tet wird.

Vom Handwerk waren die meisten Berufe vertreten, so daß alle 55 Teilnehmer aus ihrem Gewerbe ausgestellte Arbeiten fanden. Besonders erwähnenswert sind die gut aufgebauten Lehrgänge für die einzelnen Berufe der In­dustrie. Aber auch das Handwerk zeigte ganz hervorra­gende Leistungen in den Gesellenstücken, die kaum hinter Durchschnittsleistungen von Meistern zurückstehen. Bei

Tagung des Reichsverbands der deutschen Industrie

Bedeutsame Rede Duisbergs

Berlin, 12. Dezember. Zu der öffentlichen Mitglieder­versammlung des Reichsverbands der Deutschen Industrie hatten sich mehr als 3000 Teilnehmer eingefunden. Geheim­rat Duisberg begrüßte insbesondere die Vertreter des Reichs, Reichsaußenminister Dr. Curtius und Reichs- wirtschaftsminister Professor Dr. Moldenhauer, ferner den preußischen Handelsminister Dr. Schreiber, den Generaldirektor der Reichsbahn, Dr. Dorpmüller, ferner den Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht, bei dessen Erwähnung sich ein Beifallsturm erhob.

Dr. Curtius dankte dem Reichsverband für die in seiner DenkschriftAufstieg oder Niedergang" geleistete wertvolle Arbeit. (Wir haben seinerzeit über die Denk­schrift ausführlich berichtet. D. Schr.) Man müsse jedoch die Schwierigkeiten bei der Durchführung einer Finanz­reform berücksichtigen. Er sei sich der Mängel des Regie­rungsprogramms wohl bewußt, es enthalte aber wenigstens dieTendenz", die der Wirtschaft entspreche, besonders die Anerkennung der Notwendigkeit der Kapitalbildung.

Geheimrat Duisberg erwiderte, die Ausführungen des Reichswirtschaftsministers von der Notwendigkeit des kapitalistischen Wirtschaftssystems und des Zusammenschlus­ses aller aufbauenden Kräfte dürfe wohl als eine pro­grammatische Erklärung festgehalten werden, er möchte den anwesenden Reichsministern abxr auch zurufen, daß sie fest bleiben und hart seien gegenüber ande­ren Systemen.

Duisberg führte weiter aus, seit der letzten Hauptver­sammlung in Düsseldorf haben sich die wirtschaftlichen Ver­

hältnisse verschlechtert. Wenn heute das Unterneh­mertum aus Verantwortungsbewußtsein seine Stimme er­neut erhebt, so geschehe das infolge der Wirkungen der verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik der letzten Jahre. Wir haben die Reichskanzler, Minister und Parlamentarier immer und immer wieder aufgeforderk, sie sogar angesleht, den Kurs der Wirtschasts- und Fi­nanzpolitik zu ändern, sonst steuerten wir mit Sicherheit dem Untergang entgegen. Niemand hat uns geglaubt, niemand hat uns gehört, niemand hat uns geholfen. Jetzt, wo das Haus der Wirtschaft ansängk, zu brennen, wo überall Mut­losigkeit und Verdrossenheit in allen Teilen des Deutschen Reichs sich bemerkbar machen, jetzt kommt die Einsicht, hof­fentlich ist es noch nicht zu spät! Das schwelende Feuer ist, so Höften wir, noch zu löschen. Noch halten wir eine Um­kehr für aussichtsreich: noch lebt die Wirtschaft, wenn auch in allerschärfttem Kampf ums Dasein.

Eine sofortige Reform der Wirtschasts- und Finanzpolitik muß erfolgen» unbekümmert darum, ob der Pung-Plan an­genommen wird oder nicht. Wir haben immer wieder di« Vorlage eines Plans der so nötigen Finanzreform gefordert. Wir vermissen die große wirtschaftspolitische Linie einer Finanzreform in den bekanntgewordenen Vor­schlägen. Kommt die Hilfe erst in Etappen, womöglich erst in drei oder fünf Jahren, so kommt sie zu spät. Kom­promisse Helsen nicht mehr. Es geht ums ganze TysiEw- Jetzt darf nicht mehr gelkjpelt, jetzt muß klar und deutlich I unserem ganzen Volke verkündet werden: die Wirtschaft ist I am Ende ihrer Kraft! (Lebhafte Zustimmung.) _ ^