Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter«
Dienstag, 3. Dezember 1929.
Dezember 1929.
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Seite 3 — Nr. 284
Aus Stadt und Land
Nagold, den 3. Dezember 1929.
Die besten Freunde einer Idee sind ihre Gegner; die
Anhänger sind es selten.
Landesausstellung für Lehrlingsarbeiten
Am kommenden Sonntag wird, wie bereits im gestrigen Anzeigenteil bekanntgegeben, von der Gewerbeschule und dem Eewerbeverein eine Omnibusfahrt zur Landesausstellung für Lehrlingsarbeiten nach Stuttgart unternommen. Eine recht rege Beteiligung aus allen interessierten Kreisen darf wohl erwartet werden. Die Anmeldungen müssen bis Mittwoch in der Gewerbeschule erfolgt sein. Wie wir hören, wird auch vom Hinteren Bezirk, d. h. von Altensteig aus eine Fahrt unternommen werden.
Zur Kircheinweihung Emmingen
Landaus landein klangen Adventsglocken; doch wohl kaum ein Geläute hatte für die sich versammelnde Gemeinde den Klang, wie die Glocken in Emmingen, riefen sie doch ihre Eemeindeglieder zum neuerstandenen Kirchlein. Ja fast schien es, als wollten sie nimmer schweigen, immer noch weitere Festgäste herbeizurufen.
Auf die Klänge unsrer Musikkapelle, die es sich nicht nehmen liest, auch ihre Kräfte in den Dienst der Feier zu stellen, und des Eemeindegesangs: „Tut mir auf die schöne Pforte" übergab der Architekt Herr Klatte in Firma Klatte und Weigle Stuttgart-Degerloch, der Geistlichkeit den Schlüssel zu dem wohlgelungenen Werk. — Wer, sein altes Kirchlein, von dem er vor einem halben Jahr im letzten Gottesdienst wehmütigen Herzens Abschied genommen, noch in Erinnerung hatte, am Sonntag unter den markanten Klängen der Orgel betrat, der fühlte sich angenehm überrascht ob der warmen Helle, die ihm entgegenstrahlte und mancher hat das Alte im neuen Kleid kaum wieder erkannt. Weihe und Gottesdienst, umrahmt von den erhebenden und wohlintonierten Gesängen des Kirchenchors und Liederkranzes unter ihren bewährten Leitern Herrn Hauptlehrer Reiber und Herrn Schmidthuber, sprachen so recht zum Herzen der vollzähligen Gemeinde. Neben den Vertretern der Kirchenbehörden O. K. Rat Frohnmeyer- Stuttgart u. Herrn Dekan Ott o-Nagold verstand es auch der Ortsgeistliche, Herr Pfarrer Sigwart uns Emmingern, unsere Heimatkirche zu zeichnen als ein Gut unschätzbaren Wertes und nunmehr ein Kleinod heimatlicher Scholle. — In den Reden während des gemeinschaftlichen Festessens schien es fast, als wollten die Herrn Redner sich gegenseitig übertreffen im Lob des andern und manch einer hat dabei ein gut Teil des eigenen Verdienstes verschwiegen. Nicht unerwähnt möge aber auch an dieser Stelle bleiben, dast unsre einheimischen Handwerksleute sich alle Mühe gaben, unser Gotteshaus einem solchen würdig zu gestalten. — Ein liturgischer Nachmittaasgottesdienst, während dessen die Kirche besonders auch der Jugend ans Herz gelegt wurde, mancher Greise aber zum ersten Mal aus der Geschichte seiner Kirche Interessantes erfuhr, bildete den erhebenden Abschluß der Feier.
Möge der Gemeinde ihr rühriger Seelsorger noch lange .erhalten bleiben. Die renovierte Kirche aber vielen Er- 'denpilgern eine Dankesstätte in der Freude, eine Zuflucht in Schmerz und Leid sein. A. E.
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Herrenberg, 2. Dez. Waldbesitzerversammlung. Im gros- ^ sen Rathaussaal in Herrenberg fand letzten Samstag unter dem Vorsitz von Stadtschultheiß Schick-Herrenberg eine Versammlung der Waldbesitzer statt, die von 45 Vertretern des Gemeinde- und Privatwalds aus den Oberämtern Herrenberg, Böblingen, Calw und Nagold besucht war. Vom Waldbesitzerverband war erschienen Dr. Fricker Stuttgart, welcher über die gegenwärtige Holzmarktlage und den Holzabsatz 1929/30 referierte. Beide Vorträge, die mehr instruktiven Charakter trugen, fanden starken Beifall. Angesichts der ungünstigen Entwicklung des Holzmarktes für den Waldbesitz war sich die Versammlung darin einig, daß ein enger Zusammenschluß des Waldbesitzes dringendes Gebot der Stunde sei. Ohne Fühlungnahme mit dem Waldbesitzerverband soll kein Holzgeschäft von einiger Bedeutung abgeschlossen und im übrigen jedem Holzverkauf ausnahmslos die Bedingungen des Verbandes zu Grunde gelegt und in allen Fällen auch eingehalten werden. Die dem Verbände noch fernstehenden wenigen Gemeinden werden wiederholt zum Beitritt aufgefordert. Kein Waldbesitzer dürfe heute mehr abseits stehen, nachdem sich auch die Holzkäufer in einem
Ring zusammengeschlossen haben. Alle Redner vertraten den Standpunkt, daß der Holzabsatz nur unter Beachtung der Ratschläge des Verbandes vor sich gehen könne, wenn man dem Waldbesitz nicht noch weiter Schaden zufügen wolle. Die Aufbereitung genügender Mengen Brennholz, das teilweise sehr schöne Erlöse erzielte, soll örtlich geprüft werden.
Letzte Nachrichten
Vor der Entscheidung über den deutsch-polnischen Handelsvertrag.
Berlin, 3. Dez. Wie der Demokratische Zeitungsdienst erfährt, ist die Entscheidung über den deutsch-polnischen Handelsvertrag in den nächsten Tagen zu erwarten.
Pariser Vorbereitungen für die zweite Haager Konferenz
Paris, 3. Dez. Die Pariser Besprechungen über die Vorbereitung der zweiten Haager Konferenz werden mit großem Eifer fortgesetzt. Ministerpräsident Tardieu hatte am Mittwoch vormittag erneut eine Aussprache mit Briand, Cheron und Loucheur, zu der der Gouverneur der Bank von Frankreich und eine Reihe französischer Sachverständiger hinzugezogen waren. Wie der „Temps" mitzuteilen weiß, galten diese Besprechungen der Prüfung der Arbeiten der verschiedenen Ausschüsse, die zur Durchführung der Haager Abmachungen und des Poungplans eingesetzt wurden. Der „Temps" glaubt weiterhin zu wissen, daß der Beginn der Haager Konferenz Anfang Januar endgültig seststehe und daß der Brüsseler Juristenausschuß am 10. Dezember zusammentreten werde.
Neue Kolonistenverhaftungen in Moskau.
Kowno, 3. Dez. Die Stimmung unter den Kolonisten in Stärke von 363 Personen, die am Montag Riga passierten, war bedeutend gedrückter als die des ersten Transportes. Wie aus Moskau gemeldet wird, sind kurz vor Abgang des Zugs verschiedene Familien aus dem Bahnhof verhaftet worden.
Major Franco gemaßregelt.
Madrid, 3. Dezbr. Der bekannte Flieger Major Franco wurde am Montag ohne Gehalt zur Disposition gestellt, weil er in einem von der Regierung beschlagnahmten Buch heftige Angriffe gegen seine Vorgesetzten gerichtet hat.
Zahlreiche Källeopfer in Amerika. Die scharfe Kältewelle hat im Norden der Union nachgelassen, dehnt sich aber im Süden bis zur Stadt Mexiko aus. In den südlichen Staaten sind weitere Fälle von Erfrorenen zu verzeichnen, andere sind durch Verbrennen an offenen Feuern ums Leben gekommen. Die Kälte ist auch die Ursache eines schweren Eisenbahnunglücks bei Onley (Virginia) gewesen. Infolge Schienenbruchs entgleiste ein Zug, wobei nach den bisherigen Meldungen 10 Personen getötet und 26 verletzt wurden, darunter viele schwer.
Ein Süskendampfer gefunken. Bei Ehime (Sudjapcm) ist ein japanischer Küstendampfer untergegangen. Die ganze Besatzung von 18 Mann und 12 Fahrgäste sind ertrunken, 22 Fahrgäste wurden -durch andere Schiffe gerettet.
Handel und Verkehr
Schlimme Reichskassenlage
Vorwegnahme der Zündholzanleihe — Erhöhung des Arbeilslosen- beilrags
Die Monate Oktober und November haben in den Reichseinnahmen Ausfälle von mindestens je 40 Millionen Mark gebracht. Es hat sich nun das Kunststück schwer gerächt, daß beim Reichshaushaltplan im laufenden Rechnungsjahr für die Einnahmen eine Höchst- und für die Ausgaben eine Mindestschätzung vorgenommen wurde, wie wenn wir uns in aufsteigender Kun- iunktur befinden würden, statt in einer absteigenden. Die Mindereinnahmen entfallen auf die Einkommen- und körperschafks-, vor allem aber auf die Umsatzsteuer. Dazu kommt noch — infolge der guten Jnlandernte — ein Minderertrag der Gelreide- zölle, der etwa 150 Millionen ausmachen dürfte. Ferner hat die Zahl der Arbeitslosen bereits Mitte Oktober die 800 000-Grenze überschritten, von der «m die Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung nicht mehr aus laufenden Beiträgen decken kann, sondern ihre Rücklagen angreifen oder Reichsoarlehen in Anspruch nehmen muß. Die im Sommer 'anaelammelten Rück
lagen — es handelt lich im Grund um nur Teilrückzählungen von Reichszuschüssen — dürften bis Ende November aufgezshrt worden sein. Jetzt muß das Reich neue Darlehen gewähren. Die im Rechnungsjahr 1929 bereitgestellte Anleihe von ISO Millionen wird voraussichtlich Ende Dezember verbraucht sein. (Die Zahl der Arbeitslosen beträgt zurzeit etwa 1050 000.) Eine ähnliche Rolle spielen die hohen Aufwendungen für die Srisensürsorge, von deren Aufwendungen die Reichskaffe 80 v. H. zu leisten hat. Jedes Hunderttausend Arbeitslose über die 800 000-Grenze erfordert einen Reichszuschuh von 8 Millionen im Monat. Die Reichs- kaffe ist aber leer, daher wird in Berlin beabsichtigt, Ende Dezember einen Teil der Zündholzmonopolanleihe vorweazu- nehmen, obgleich die Anleihe erst nach Annahme des Doungplans vonstatten gehen soll. Andererseits wird zwischen den Regierungsparteien darüber verhandelt, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um 9,5 v. H. zu erhöhen, statt um 0,75 v. H. wie Arbeitsminister Wissell wünscht.
Der vorl. Reichswirtschastsrat hat dem Zündholzmonopol zugestimmt.
Die Boung-Reparaklonsanleihe
Nach einer Meldung aus Paris sollen die Neuyorker Bankiers es für möglich halten, daß die deutschen Voung-Schuld- verschreibungen nächsten Februar oder März aufgelegt werden könnten, falls inzwischen die Internationale Zahlungsbank (in Basel) errichtet sei. In Neuyork nehme man an, daß die Schuldscheine mit 7 v. H. zu verzinsen und mit 1 o. H. zu tilgen seien. Möglicherweise werde Frankreich einen Teil dieser Schuldverschreibungen dazu benützen, französische Staatsobligationen dagegen auszutaufchen.
Wetterführung des Betrieb« der Firma Gebr. Zöppritz. Wie uns aus Mergelstetten mitgeteilt wird, beruht die Meldung von einer Mitte Dezember zu befürchtenden Schließung des Betriebs der Firma Gebr. Zöppritz auf einem Irrtum. Es handelt sich um die längst vorgesehene Teilentlassung von Arbeitern, die infolge größerer Auftragseingänge um 8 bis 10 Tage hinausgeschoben wurde. Mit der Schließung des Betriebs ist keinesfalls zu rechnen, vielmehr soll mit einer Stammbelegschaft von 250 bis S50 Arbeitern wellergearbeitet werden.
Vorübergehende Stillegung der Heinrich Lanz AG. in Mannheim. Nach Informationen hat die Verwaltung der Heinrich Lanz AG. in Mannheim die völlige Stillegung des Betriebs vom 15. Dezember bis 17. Januar 1930 verfügt. Außerdem wird ab 2. Januar eine Arbeitsverkürzung auf 34 Wochenstunden in verschiedenen Büroabteilungen angeordnet. Bon der Einschränkung werden etwa 2000 Arbeiter und 200 Angestellte betroffen.
Zahlungseinstellung. Die seit Jahrzehnten bestehende Bank AlbertKuntzeu. Co. in Dresden hat die Zahlungen eingestellt. Das ist die dritte zahlungsunfähig gewordene Bank in Dresden.
Der Bankverein Bischofswerda (Sachsen) hat infolg« großer Abhebungen nach haltlosen Gerüchten die Zahlungen eingestellt. Die Bilanz soll indessen aktiv sein.
Die Großschreinerei Billing u> Zoller in Karlsruhe hat die Zahlungen eingestellt. Die nicht bevorrechtigten Forderungen betragen 370 000 Mark gegen 31 000 Mark freien Aktiven.
Amerikanische Rahrungsmittelfabriken in Deukschland. Der von dem Neuyorker Bankhaus I. P. Morgan u. Co. mit einem Kapital von vorläufig 450 Milt. Dollar errichtete Nahrungsmittelkonzern „Standard Brands" beabsichtigt, in Deutschland einige Fabriken größten Umfangs, und zwar zunächst für Back- und Puddingpulver zu errichten.
Konkurse im November 1S29. Nach der Steigerung der Konkurszahlen im Reich im Oktober ist im November ein gewisser Stillstand eingetreten. Die Zahl der neueröffneten Konkurse hat nach einer Zusammenstellung der Finanzzellschrist „Die Bank" im November dieses Jahr 866 gegen 876 im Oktober und 697 im September betragen. Die Zahl der Vergleichsverfahren hat allerdings eine Erhöhung von 385 im Oktober (279 im September) aus 431 erfahren.
Schweinepreife. Balingen: Milchschweine 30—42. — Bovfingen: Läufer 72—85, Saugschweine 32—42. — Besigheim: Milchschwein« 30—45, .Läufer 95. — Lroilshelm; Läufer 65—100. Milchschweine 35—50. — Dürrmenz-Mühlacker: Milchschweine 32—35 Mark. — Giengen a. Br.: Milchschweine 39—46, Läufer 70—95. — Güglingen: Milchschweine 29—40, Läufer 60—90. — Jlshofen: Milchschweine 42—53. — Künzelsau: Milchschweine 32—52. Läufer 154. — Marbach a. 1l.: Milchschweine 85—56. — Rokkwell: Milchschweine 34—42. — Ulm: Milchschweine 43—50. — Valhinqen a. E.: Milchschweine 35—50. — Ravensburg: Ferkel 30—45, Läufer 50 bis 70. — Rosenfeld: Milchschweine 42—47. — Sindelfingen: Milchschweine 35—47, Läufer 50—75. — Sirchhelm: Milchschweine 35—45. Läufer 40—70
Gestorbene: Friederike Krauß, geb. Zwirner alt Traubenwirts Wwe., 77 Jahre, Herrenberg — Karl Vögele, Steuersekretär, Freudenstadt — Anna Maria Eüntyer, 59 Jahre, Baiersbronn — Eg. Schneider, senior. Schlosserin., 79 Jahre, K l o st e r r e i ch e n- bach — Eottlieb Eutekunst, Schreiner, 38 I., Dornstetten.
Die heutige Nummer umfaßt 8 Seiten
Bekanntmachung
über die
von Grundeigentümern, Eefällberechtigten, Ee- bäudebesitzern und Gewerbetreibenden zu erstattenden Anzeigen.
Alle Personen, die im laufenden Kalenderjahr ein steuerbares Grundstück, Gefall oder Gebäude erworben oder verändert haben, werden aufgefordert, hievon bis spätestens 15. Januar 1930 auf dem Stadtschultheißenamt Anzeige zu erstatten. Besonders wichtig ist die Anmeldung von Kulturveränderungen.
Die Gewerbetreibenden, die ein Gewerbe neu begonnen, übernommen, teilweise oder vollständig eingestellt oder in andere Geschäftsräume verlegt haben, sind verpflichtet, diese Tatsachen binnen 14 Tagen auf dem Stadtschultheißenamt anzuzeigen.
Soweit die Anzeigen über die im Kalenderjahr 1929 anzeigepflichtig gewordenen Aende- rungen noch nicht erfolgt sind, sind sie bis spätestens 16. Januar 1930 nachzuholen.
Auf die Anschläge am Rathaus wird hingewiesen.
Nagold, 1. Dezember 1929. l 725 Stadtschultheißenamt.
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Mittwoch, den 4. Dez., 2—4 Uhr im Jugendamt. Stadtgemeinde Nagold.
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Die Steuerkarten für 1930 sind ausgestellt und können von heute ab auf der Polizeiwache abgeholt werden. Daselbst werden auch die Steuerbogen^-Formulare zum Einkleben der Marken abgegeben. (Betriebe mit mehreren Arbeitern fordern ihre Steuerkarten am vorteilhaftesten durch Vorlage eines Arbeitnehmerverzeichnisses an).
Unstimmigkeiten auf der Steuerkarte werden auf der Kanzlei des Stadtschultheißenamts behoben.
Bei Vorliegen besonderer, die Leistungsfähigkeit beeinträchtigender wirtschaftlicher Verhältnisse kann das steuerfreie Existenzminimum erhöht werden. Weiterhin ist eine Erhöhung der Pauschbeträge für Werbungskosten und Sonderleistungen möglich. Anträge, die alljährlich zu erneuern sind, können zur Weiterleitung an das Finanzamt hier gestellt werden.
Nagold, den 2. Dezember 1929.
1716 Stadtschultheißenamt.
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Wilh. Rothfutz, WUdberg. Telefon ( 2 .