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Nr. 277
Gegründet 1827
Montag, den 85. November 1929
Fernsprecher Nr. 29
103. Jahrgang
Der „Irrtum" Snowdens
Die Erklärung des englischen Schatzkanzlers Snow - den im Unterhaus dürfte alle Welt überrascht haben. Wie steht die Sache? Nach der amtlichen Mitteilung des englischen Verwalters des beschlagnahmten Eigentums sind bis Juli 1929 durch das „Liquidations"- oder Verschleuderungsverfahren in England 1100 Millionen Eoldmark gelöst worden, wovon private englische — hochgeschraubte — Ansprüche in Höhe von 798 Millionen befriedigt worden sein sollen, weitere 60 Millionen seien noch zu befriedigen. Viele weitere Millionen sind bekanntlich veruntreut worden. Der verbleibende Rest in bar ist aber immerhin noch aus 250 bis 300 Millionen ohne die Zinsen zu berechnen. Dazu kommen die nicht unbedeutenden Liguidations-Ueberschüsse in Kanada, Australien und Neuseeland.
Snowden hat behauptet, nach Meinung der' „Sachverständigen" für den Ooungplan haben die Liguidations- Ueberschüsse als abgegolten zu gelten. Durch die „Nachlässe", die der Doungplan auf die Reparationen gewähre — in Wirklichkeit sind die Reparationen u m die Ueber- tragung' der Verbandskriegsschulden auf Deutschland gewaltig vermehrt worden — und diese Regelung bilde einen „untrennbaren" Teil des Sachverständigenplans. Jedenfalls werde England auf jene Ueberschüsse n i ch t verzichten.
Herr Snowden befindet sich in einem völligen Irrtum. Allerdings ist bereits im Haag von den anderen Gläubigerstaaten England die Einbehaltung dieser Ueberschüsse angeboren worden, um Snowden zum Verzicht auf andere Forderungen — gegenüber seinen Verbündeten — zu be- wegen. *Oiese aber hatten zu einem solchen Angebot auf Kosten Deutschlands nicht das g e r i n chst e-R-e ch t, und die deutschen Vertreter haben wenigstens in diesem Punkt Widerstand geleistet. Im Haag ist die Frage also in der Schwebe geblieben. Die Rechtslage aber ist in dem Sach- vsrständigen-Plan zweifelsfrei zugunsten des deutschen Anchruchs geregelt:
In dem neunten Kapitel des Plans über die „Liquidierung der Vergangenheit" wird im zweiten Absatz vor- geschlagen, die Konten, die sich aus Vorgängen „vor der Zeit des Dawesplans" ergeben, für gegenstandslos zu erklären und möglichst bald abzuschließen. Im dritten Absatz wird erklärt, daß Ansprüche Deutschlands „wegen früherer Vorgänge" durch die Herabsetzung der Jahreszahlungen des Dawesplans als abgegolten betrachtet würden. Das bezieht sich klarerweise auf Fragen wie die viel zu niedrigen Berechnungen der Reparakionskommission hin- sichklich der von Deutschland in den ersten Zähren nach dem Krieg ausgelieferten Werke; unter gar keinen Umständen dagegen auf die Ueberschüsse aus den Liquidationen. Diese Frage ist vielmehr ausdrücklich und eindeutig erst im dritten Absatz geregelt. Dort empfehlen die Sachverständigen den Gläubigerstaaten, von dem Recht zur Liquidation deutschen Eigentums weiterhin keinen Gebrauch mehr zu machen. Daran schließt sich folgender Sah:
„Der Ausschuß empfiehlt weiterhin, die noch nicht erledigten Fragen hinsichtlich dieser Werte innerhalb eines Zahrs nach Inkrafttreten dieses Planes durch Vereinbarungen zwischen den beteiligten Regierungen und Deutschland endgültig zu regeln."
Daraus geht mit aller Klarheit hervor, daß die Ueberschüsse aus den bisherigen Liquidationen mit den vorhergehenden Empfehlungen, demnach auch mit der Herabsetzung der Iahreszahlungen des Dawes-Plans, nicht das geringste zu tun haben. Der gleiche Rechtszustand ergibt sich überdies zwingend daraus, daß auch der Toung-Plan die Bestimmungen des Diktats von Versailles nur insoweit ändern soll und kann, als er etwa ausdrücklich in einzelnen Fragen eine neue Regelung vorsieht. Es ist deshalb ausgeschlossen, daß die Pariser Sachverständigen an dem Artikel 243 von Versailles rütteln wollten, nach dem die Ueberschüsse aus den Liquidationen Deutschland auf Reparationskonto gutzubringen sind.
Hier aber liegt offenbar der Schlüssel für den „Irrtum" Snowdens:
Tatsächlich hat sein Vorgänger im Schatzkammeramt, Churchill, diesen Artikel 243 des Versailler Diktats mißachtet, indem er rund drei viertel der englischen Liqui- dations-Aeberschüsse einfach für die englischen Staatsausgaben vereinnahmte, anstatt sie, wie es die Vertragspflicht geboten hätte, dem Reparationsagenten zur Verfügung zu stellen. Von den 14 Millionen Pfund, die Snowden als Gesamtsumme dieser Ueberschüsse angab, sind also mehr als zehn Millionen Pfund oder über 200 Millionen Mark bereits im Rachen des britischen Löwen verschwunden.
Auch diese 200 Millionen Mark will Snowden nicht herausgeben. Daher seine „irrtümliche" Auslegung de» Sachverständiaenplans. Daher deckt er seinen Vorgänger Churchill, dessen offenbaren Vertragsbruch er sonst anerkennen würde.
Für Deutschland aber ergibt sich die unabweisbare Pflicht, diese Rechts- und Sachlage klar herauszustellen und nicht um Haaresbreite von seinem berechtigten Anspruch ab-
zuweicyen. daß diese 200 Millionen mindestens entsprechend Artikel 243 von Versailles zur Entlastung des Reparations- konkos verwendet werden.
Angenommen nun den — wie es scheint, nicht mehr wahrscheinlichen — Fall, daß die englischen Liquidations- Überschüsse wirklich aus die Voungplan-Reparationen angerechnet werden sollten, so hätte das Reich die deutschen Privateigentümer zu entschädigen. Nach dem Kriegs- schäden-Schlußgesetz vom März 1928 würde aber diese Ent- i schädigung, wenn sie überhaupt bezahlt werden kann, verhältnismäßig gering ausfallsn und nach dem Schlüssel jenes Gesetzes auf etwa 40 bis 50 Millionen Mark zusammenschrumpfen.
Es sek noch darauf hingewiesen, daß die Engländer als eine Vorbedmgung für die Wiederaufnahme ihrer amtlichen Beziehungen zu Sowjetrußland immer die Rückgabe beschlagnahmten englischen Eigentums und die An-
! erkennung der russischen Vorkriegsschulden an England gel- tend gemacht haben. Moskau hat demgegenüber darauf > hingewiesen, daß England Deutschland gegenüber es ja geradeso mache, nur mit dem Unterschied, daß Rußland bezahlen wollte, wenn es könnte, daß aber England bezah- len könnte, wenn es wollte.
Erklärung der geschädigten Englanddeukschen
Die Londoner „Financial News" veröffentlicht eine Erklärung der in England enteigneten Deutschen, worin es heißt:
„Snowdens Erklärung ist ebenso unbefriedigend wie die Haltung der vorangegongenen Regierungen in dieser Frage. Snowden erklärte nicht, ob die Sachverständigen der Gläubigerländer im Toung-Ausfchuß bei der Erörterung dessen, was Deutschland zahlen kann, auch die Entschädigungszahlungen berücksichtigt haben, die Deutschland auf Grund des Vertrages seinen eigenen Untertanen leisten mußte. Diese Zahlungen würden mehr als vier vollständigen Iahreszahlungen unter dem Toungplan gleichgekommen sein. Wenn die Vereinigten Staaten 100 Prozent freigeben können, Südafrika 95 und Japan 70 Prozent, soll Großbritannien auf seine 10 Prozent stolz sein?"
EsWietzsU -es driWsMM Mchs-artMzes
Kassel, 24. Nov. Nach der Rede Dr. HngenbergS- die von der großen Versammlung mit stürmischem Beifall ausgenommen wurde, wurden verschiedene Entschließungen einstimmig angenommen:
1. Der Aeichsparteitag der Deutschnationalen Volks- Partei spricht allen Beamten, die sich durch die ungeheuerlichen und verfassungswidrigen Gvxütmatznahmen der Regierung von der Eintragung in-Hie Listen zum Volksbegehren nicht haben abschrecken lassen, für ihr mannhaftes und mutiges Verhalten den Dank aus. Die Deutschntionale Volksvartei würde sich mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitköln für die Wahrung der verfassungsmäßigen Beamtenrechte einsetzen und für jeden Beamten tatkräftig eintreten, der wegen seines Bekenner- inuks verfolgt werden sollte.
2. Gegen das Verhalten des Deutschen Beamtenbunds im politischen Kampf um das Volksbegehren wird schärfste Verwahrung eingelegt. Der Deutsche Beamtenbund hat vielmehr die Pflicht, den mit Dienstversahren bedrohten Beamten Rechtsschutz zu gewähren. Da die gegenwärtige Leitung der D. Beamtenbunds dies nicht erwarten läßt und das Vertrauen weiter Kreise der Beamtenschaft verloren hat, ist die Leitung so umzugestalten, daß für die Zukunft eine Gewähr gegen die Wiederholung derartiger Vorkommnisse gegeben wird.
3. Mit großer Besorgnis verfolgt die Deutschnationale Volkspartei die Stellungnahme der französischen Regierung zu den Saarverhandlungen. Wir stellen erneut vor aller Oeffentlichkeit fest, daß die Deutschnationale Volksxartei die sofortige Rückgliederung des Saargebiets und die Räumung der Rheinlands ersehnt, allerdings nicht gegen weitere Zugeständnisse. Vor den wirtschaftlichen Verhandlungen die politische Rückgliederung,
rem Berzicyr auf Rückgabe deutschen Bodens. Bedingungslose Rückgabe deutscher Saargruben an Preußen und Bayern. Unbedingte Ablehnung einer Beteiligung französischen Kapitals, keine Regelung auf Kosten der Landwirtschaft.
4. Gegen den aus der polnischen und deutschen Presse bekannt gewordenen deutschpolnischen Liquida» tionsverkxgg (smrch den zwei Milliarden - deutschen Eigentums geopfert werden) und gegen die Absicht des Reichscrußenministers Dr. Lurtius, den zollpoliki- schen Schutz gegen Polen in wichtigen Punkten preiszugeben» wird entschiedener Widerspruch erhoben. Diese Politik erweist sich als unfähig, deutsche Interessen dem Auslande gegenüber zu vertreten. Don der deutschen Regierung, wird verlangt, daß sie beim Kampf um die Weichsel nicht deutsche Lebensrechte der Gegenwart und Zukunft preisgebe.
5. Zn Zolitik und Wirtschaft hat der Marxismus unser Volk an den Rand des Abgrunds geführt. Hier kann ein entscheidender Wechsel in der Regierung, durch den ein Herumwerfen des Steuers möglich wird, Wandel schäften. Weit gefährlicher noch sind die nach der Revolution zielbewußt wirkenden Kräfte, welche die Grundlage unserer Kultur, Christentum und Deutschtum, an der Wurzel zu zerstören trachten. Jenen ist durch die Verelendung der kultürtragenden Mittelschicht in hohem Maß Vorschub geleistet worden. Wir bekennen uns zu dem Glauben an die unverrüchbare Verbundenheit von Christentum und Deutschtum. Wir rufen all« deutschnationalen Männer und Frauen auf: seid euch der Gefahr bewußt! Kämpft für unsere heiligsten Güter! Werbet Bundesgenossen weit über den Rahmen unserer Partei hinaus und richtet gegen all« kulturbolschewistischen Bestrebungen einen schützenden Damm auf."
Neueste Nachrichten
Abänderung des Dielnchschen Agrarprogramms
Das Reichskabinett hat am Freitag das Programm des Reichsernährungsministers Dietrich für die notleidende Landwirtschaft beraten und in wesentlichen Punkten ab- ge ändert oder, wie der „Vorwärts" sagt, „verbessert". Diese Aenderungen bestehen u. a. darin, daß bei Ueber- schreitung eines Roggenpreises von 24 Mark und eines Weizenpreises von 27 Mark je Doppelzentner der
Zoll unter die bisherige Höhe, und zwar auf 5 Mark ermäßigt werden soll. Dadurch soll eine „übermäßige Getreideverteuerung" verhindert.und ein Verbraucherschutz in die Neuregelung eingeschlossen werden. Durch eine gleichbleibende Festsetzung des Einfuhr-^ scheins aus 5 Mark bezw. 5,50 Mark soll verhindert' werden, daß der Handel das neue Gleitzollsystem zu Spekulationen mit Einfuhrfcheinen ausnützt.
Das Verhältnis zwischen Mehlzoll und Getreidesoll wird neu geregelt. Gegenüber einem bisherigen Mehlzoll von 14,50 Mark soll i n Z u k u n f t bei einem Getreidesoll von 5 (5.50) Mark der Mehlzoll auf 11,25 (12) Mark, bei einem Getreidezoll von 7 (7,50) Mark auf 14,25 (15) Mark und schließlich bei einem Zoll von 9 (9,50) Mark auf 17,25 (18) Mark heraufgesetzt werden.' Damit soll eine unverhältnismäßig« „Teuerung" des Mehls im Verhältnis zum Getreide unterbunden werden.
Der „Vorwärts" berichtet dann über die „Abwehr einer ganzen Flut von anderen Hochschutzzöllen der Industrie und auch der Landwirtschaft". So sei die Erhöhung einer ganzen
Reihe von Textilzöllen um 100 bis 300 Prozent gefordert. Kunstseide, Kammgarn, Leinengarn und viele andere wichtige Waren sollten durch neue Zölle wesentlich verteuert werden. Insgesamt sollten mehrere Dutzend Zoll- positionen entscheidend erhöht werden. Als Gegenprogramm habe der Reichsernährungsminister für den Fall einer Annahme dieser Industriezollerhöhungen eine Anzahl von agrarischenZollerhöhungen angemeldet. Für zahlreiche Gemüsearten, Obst, Eier, Wein, Teigwaren, usw. sollten die Zölle teilweise um 100 Prozent ausgeskoppk werden. Aus alledem sei nichts geworden, da das Reichskabinett die Zollerhöhungen abgelehnt habe.
Das Volksbegehren verfassungsändernd?
-Berlin, 24. Nov. Aas Re.Hskabinett sprach sich dahin aus, daß nach seiner Ansicht das Volksbegehren „Freiheitsgesetz" verfassungsändernd sei, daß daher der Volksentscheid eine entsprechende Mehrheit der Stimmberechtigten habe« müsse. — Eine Begründung der Ansicht des Reichskabinettr ist bis jetzt nicht vekanntgegeben worden. Die Frage, ob eine verfassungsändernde Absicht oder Tatsache bei dem Volksbegehren vorliege, ist kn der Parkeipresse schon erörtert, eine stichhaltige Begründung aber bis jetzt noch nicht hergebracht worden.
Einspruch der Kirchenbehörde
Berlin, 24. Nov. Der Berliner Polizeipräsident hat an» geordnet, daß der bisher in Preußen streng gefeierte Totensonntag (24. Noomber) künftig hinsichtlich der Lustbarkeiten, Tanzvergnügen usw. wieein gewöhnlicher Sonntag behandelt werden soll. Die Berliner Kirchenleitung hat gegen diesen Erlaß Einspruch erhoben.
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