Seite 2 Nr. 273

Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Mittwoch, 20. November 1929.

heute nacht von drei Unbekannten ein Revolveranschlag versucht.

Studenkenunruhen in Prag

Prag. 19. Nov. In den verschiedenen Abteilungen der Universität Prag kam es gestern zu Kundgebungen gegen die ausländischen jüdischen Studenten. Die Studenten ver- langten, dah nur eine beschränkte Anzahl jüdischer Etüden- ten zugelassen werde. Die kommunistischen Studenten er- griffen für die jüdischen Studenten Partei und es kam ver­schiedentlich zu Schlägereien, die von der Polizei unterdrückt weerden mußten. Die Universität blieb heute geschlossen.

Kriegsminister Good gestorben

Washington, 19. Nov. Nach einer schweren Blinddarm­entzündung ist der Staatssekretär des Kriegsamts, Good, ein persönlicher Freund des Präsidenten Hoover, im Alter von 63 Jahren gestorben.

Die Kämpfe an Qr mandschurischen Grenze

London. 19. Nov. Der Berichterstatter derTimes" in Mulden meldet, im Lauf der vorgestrigen Kämpf« seien an der mandschurischen Westfront 20 Meilen der Eisen­bahnstrecke zerstört worden.

Ser Sklarek-Aandal

Im Untersuchungsausschuß des preußischen Landtags wurde weiter durch Zeugenaussagen und die bisherigen Ergebnisse der Verwaltungs-Untersuchung festgestellt, daß der Direktor der städtischen Anschaffungsanstalt, Kieburg, ein gelernter Kaufmann, jahrelang die Lagerbücher gefälscht hat. Deswegen läuft noch ein besonderes Straf­verfahren gegen ihn. Kurz vor seiner Entfernung aus dem Amt schloß er mit den Sklareks einen Liefervertrag bis 1935 von 50 000 Wolldecken ab; darin wäre das An­schaffungsamt nach der Aussage des Oberregierungsrats Tapiolsn geradezu erstickt. Der Vertrag wurde zum Teil rückgängig gemacht. Für Waren hatten die Sklareks 1,4 Millionen Mark in Rechnung gestellt; sie nahmen sie um 600 000 Mark zurück, haben davon aber nur 280 000 Mark herausbezahlt. Fertige Anzüge, die die Sklareks von Fabriken zu 18 bis 68 Mark bezogen, hängten sie den Be­schaffungsämtern für 80 bis 140 Mark auf, und diese Preise wurden anstandslos bewilligt, obgleich die Organisationen der Berliner Geschäftsleute und die Handelskammer den Oberbürgermeister, die städtischen Behörden, den Magistrat

uno oas Staotveroronetenkollegtum auf diese Wucher­geschäfte aufmerksam gemacht hatten. Vielmehr wurde den Sklareks nun die Alleinlieferung bis 1935 übertragen. Die Unterbilanz, die Kieburg in seiner Amtsführung hmterließ, stellt sich auf 815000 Mark.

Württemberg

Stuttgart, 19. Nov. Staat gegen Stadt. In einem Prozeß des Staates gegen die Schloßgartenbau- Gessllschaft, deren Aktien größeren Teils im Besitze der Stadt sich befinden, betr. eine Aufwertungsforderung in Höhe von 50 000 -it, wobei die genannte Summe nur grundsätzliche Bedeutung hat, wurde lt. Süddeutscher Zei­tung der Staat in erster Instanz mit seiner Forderung ab­gewiesen. Am 25. November findet eine Verhandlung vor dem Oberlandesgericht statt.

Sein amtlicher Empfang. Am 30. November und 1. Dezember findet in Stuttgart eine Tagung des Republi­kanischen Reichsbunds statt, auf der u. a. Reichsminister Severing sprechen wird. Ein Gesuch der Ortsgruppe Stuttgart, die Stadt Stuttgart möge der Tagung einen amt­lichen Empfang in der Villa Berg bereiten, hat die zu­ständige Abteilung des Gemeinderats abgelehnt. Der­artige Empfänge kosten die Stadt immer ein schönes Stück Geld und die Stadtoertreter viel Zeit und Mühe. Man würde es nur billigen können, wenn derartige unnütze Aus­gaben, die nachgerade ein erschreckliches Ausmaß angenom­men haben, allgemein unterbleiben oder auf wirklich unumgängliche Gelegenheiten beschränkt würden.

Abgelehnke Beflaggung. Die Stuttgarter Ortsgruppe des republikanischen Reichsbunds hatte vom Hotel Mar­quardt verlangt, es solle an der Stuttgarter Tagung des Bunds während der Anwesenheit des Ministers Seve- ring schwarz-rot-gold flaggen. Das Hotel hat das An­sinnen abgelehnt und die übrigen Stuttgarter Hotels haben sich diesem Standpunkt an­geschlossen.

ep. Eine Bitte des Sriegerdankbunds. Der Krieger­dankbund Gau Süddeutschland E. V., der dem Landes­verband für Innere Mission angeschlossen ist, hat bekannt­lich auf dem Rappenhof bei Gschwend OA. Gaildorf ein Krieger-, Invaliden- und Erholungsheim geschaffen. Er erläßt nun aus Anlaß der 10jährigen Wiederkehr von Ver­sailles einen Aufruf, in dem er alle bittet, ihm in seiner Arbeit zu helfen. Alte Bauschulden lasten nvch auf dem Erholungsheim. Erweiterungsbauten sind nötig, um das

Nagolder MetzgerzunftIund Postwesen

(Nachdruck verboten).

Noch ist der neue Tag nicht heraufgestiegen, da dröh­nen durch die stillen Straßen der Stadt die dumpfen Tritte der Metzger und ihrer Gesellen. Ein halbes Schwein oder ein Ochsenviertel auf dem Rücken schleppend, lenken sie ihre Schritte dem Rathaus zu, in dessen offenen Hallen sie von den Fleischschätzern erwartet werden. Diese untersu­chen das Fleisch und setzen den Preis seiner Güte entspre- ^ chend fest. Auf dem Rathausturm schlägt es fünf Uhr. Wer nach dem Elockenschlag sein Fleisch anliefert, kann am glei­chen Tag keines mehr verkaufen; weil die Schätzer Punkt ! fünf Uhrvon Michaelistag bis Fastnacht um sieben Uhr ihre Arbeit einstellen. So will es die Städteord- i nung, auf die sowohl die Schätzer als auch die Metzger ver- j eidigt sind. Zu Gott und seinen Heiligen hatten die an- ! gehenden Metzgermeister einen Eid ablegen müssen, daß sie ! die Vorschriften getreulich halten und ihr Handwerksau- ! ber und rein" treiben wollen. ^

Fleisch, Eingeschlächt und Würste, deren Brät vor der j Herstellung beschaut worden ist, werden in der Verkaufs- Halle aufgehängt. Farrenfleisch, Fleisch von Mutterschwei- s nen und anderes nicht vollwertiges Fleisch, auch Würste in j Rindsdärmen liegen auf einer Bank vor den Verkaufshal- ^ len auf der Freibank. Den Käufern wird die gewünschte Fleischsorte von bis 2 Pfund ausgewogen; Gastwirte er­halten bis zu 6 Pfund. In blank geputzten Eefässen wird das Eingeschlächt,wohl gesäubert und gefegt", bereit ge­halten und in einer Waage mit durchlöcherten Schalen, damit das Wasser davon mög rinnen", abgewogen.

Wenn die Hausfrauen ein gutes Stück Fleisch bekom­men wollen, müssen sie sich früh aus den Federn machen; denn die offizielle Verkaufszeit dauert nur eine Stunde. Nachher hat der Metzger freie Hand. Er kann dann sein Fleisch in größeren Mengen an die Gastwirte oder nach auswärts verkaufen.

Den Metzgern war der Einkauf von Vieh dadurch er­leichtert, daß jeder Bauer verpflichtet war, sein Schlacht­vieh mindestens drei Metzgermeistern zum Kauf anzubie­ten. Kommt kein Kauf zustande, so wird der Wert von dem amtlichen Schätzer festgesetzt. Lehnt der Metzger diesen Preis ab, so kann der Besitzer sein Tier schlachten und das Fleisch auf der Freibank äushauen lasten. Damit nun an Fleisch kein Mangel sei, schrieb die Metzgerordnung vom Jahr 1554 vor, daß überall da, wo die Aecker mit Ochsen gepflügt werden können, statt der Pferde Ochsen gehalten werden sollen. Neben einem Paar Ochsen durfte nur ein Pferd, neben zwei Paar Ochsen zwei Pferde gehalten wer­den. Wer diese Vorschrift mißachtete, besten Tiere wurden von der Weide, auf die bekanntlich alle Haustiere von städtischen Hirten getrieben wurden, ausgeschlossen. Auf diese Weise wurde der Fleischknappheit vorgebeugt und die Preise auf einer erträglichen Höhe gehalten.

Da die Fleischpreise nicht von dem einzelnen Metzger oder von der Innung, sondern von dem Magistrat festge­setzt wurden, so war das Einkommen der Metzger oft ein recht mäßiges, so daß sie, wenn sie nicht auch Landwirt­schaft trieben, irgend einen Nebenerwerb suchen mußten. Der Anfall von Unschlitt, das sie nur schwer verkaufen konnten, legte ihnen die Herstellung von Kerzen nahe. Ob­wohl sie damit in Wettbewerb mit den Seifensiedern tra­ten, hatte man von amtswegen nichts gegen diese Neben­beschäftigung einzuwenden, nur schrieb man ihnen auch für die Kerzen den Verkaufspreis vor.

Ein dritter, allerdings recht zweifelhafter Nebenerwerb war der Postdienst, den man den Metzgern auferlegte. Wohl hatte der Kaiser den Postverkehr als ein besonderes Recht für sich in Anspruch genommen und dieses Recht den Fürsten von Thurn und Taxis übertragen, aber seit dem 16. Jahrhundert fragte die württ. Regierung nicht viel darnach. Die einzige zu dieser Zeit bestehende Postverbin­dung der Thurn und Taxisschen Post von Knittlingen

über Enzweihingen, Cannstatt, Ebersbach, Göppingen bis Altenstadt genügte den Bedürfnissen des Verkehrs nicht. Darum richtete Herzog Friedrich I. neben den bestehenden noch weiterMetzger- und Nebenposten" ein, und legte den Metzgern die Verpflichtung auf, jedem Reisenden ge­gen eine festgesetzte Gebühr ein Pferd zu stellen und ihn bis zur nächsten Poststelle zu begleiten. Die Metzger muß­ten also zwei Pferde halten oder ein zweites Pferd entleh­nen. wenn an sie die Reihe des Postdienstes kam. Daß sie dafür von Frondiensten befreit waren, wog den Verlust, den sie dabei erlitten, nicht auf.

Als nach dem Dreißigjährigen Krieg der Nagolder Postdienst so geregelt wurde, dag ihn die Orte, Altensteig, Wildberg, Haiterbach und Bondorf drei Tage, die Nagol­der aber am vierten Tag versehen sollten, wehrten sich die Wildberger dagegen. Die Verkettung mit Nagold wollte ihnen nicht gefallen. Die zehn Wildberger Metzger fühl­ten sich mit den in Wildberg anfallenden Postdiensten ge­nug beschwert und wollten nicht noch neue Lasten auf sich nehmen. In einer Eingabe an den Fürsten baten sie um Befreiung von den Nagolder Postritten. Wenn man sie hiezu nötige, schreiben sie, so erfordere es die Billigkeit, daß man sie auch in Nagold schlachten und Fleisch aus­hauen lasse, zumal sie sehr arme Leute und nicht imstande seien, Postpferde zu halten. Wenn sie ein Pferd entlehnen und dafür täglich 20 Kreuzer erhalten, so lasse sich bei dem hohen Haberpreis das Simri kostete 32 Kreuzer leicht ausrechnen, daß sie bei den festgesetzten Postrittge­bühren nicht auf ihre Rechnung kämen. Die Nagolder wollten diese Einwände nicht gelten lasten und errechne- ten einen Gewinn aus den Postritten. Erst als es den Wildbergern gelungen war, sich von der Nagolder Post zu lösen und die Nagolder ihren Postverkehr allein versehen mußten, lautete die Rechnung ein wenig anders.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts fühlen sich die Na­golder Metzger über alle Maßen beschwert. An manchen Tagen müssen sie vier bis fünf Pferde stellen. Kaum sind sie von einem Postritt heimgekehrt, so müssen sie gleich wie­der aufsitzen und nach Böblingen, Freudenstadt oder Al- pirsbach reiten. Im Jahr 1690 haben sie nach Ausweis ihrer Postzettel 432 Gulden für geleistete Postritte anzu­sprechen, abernicht den geringsten Heller erhalten". We­gen desleidigen französischen Ein- und Ueberfalls" sind die Pferde zu hart mitgenommen und wegen des herrschen­den Futtermangels so zugerichtet worden, daß sie weder zum Postdienst noch zum Feldbau mehr verwendet werden können. Um den Postverkehr aufrecht erhalten zu können, fordert daher der Nagolder Vogt Matthias Brecht einige Reiter aus der württembergischen Miliz an. Auch das Kaiserliche Postamt in Cannstatt macht die Regierung auf den unhaltbaren Zustand aufmerksam und klagt, daß ihre Postsachen von Böblingen aus nicht ordnungsgemäß wei­ter befördert würden. Die Nagolder Metzger Joh. Philipp Deublin, David Lutz. Hans Jakob Dörttenbach und Hans Jakob Günther rechtfertigen sich und erklä- ern, daß ihreKlepper", deren sie noch vier oder fünf be­sitzen, durch die starke Inanspruchnahmezu schänden ge­ritten". Wenn man ihnen nicht das wohlverdiente Post­geld von 400 Gulden bezahle, könnten sie sich keine taugli­chen Pferde anschaffen.

Diese Zustände waren also für alle Beteiligte auf die Dauer unhaltbar. Es mußte Abhilfe geschaffen werden. Wie dies geschah, das verkünden uns die Inschriften im Hotel Post, dem ehemaligen Postamt der Thurn und Ta­xisschen Post. Die Buchstaben bi? mit der Jahreszahl 1697 bezeichnen vermutlich den Wendepunkt im Nagolder Post­wesen und was weiter geschah, das melden uns die übri­gen Inschriften. Am.eindruckvollsten aber wirkt das Bild des Postillions, das mit den Wappen der früheren Inha­ber der Posthoheit, den Hirschhörnern und dem Reichsad­ler. die Geschichte des Postverkehrs der im Hintergrund auftauchenden alten Stadt veranschaulicht.y.

I Helm noch mehr Erholungsbedürftigen zugänglich zu ! machen. Am Totensonntag veranstaltet der Kriegerdank- ! bund im Gustav-Siegle-Haus in Stuttgart abends 7 Uhr eine Gefallenen-Gedächtnisfeier, bei der neben musikalischen Darbietungen unter anderem auch Kirchenpräsigent Wurm das Wort ergreifen wird.

ep. Vom Landesausschuß gegen den Alkoholismus. Das Staatsministerium hat den seitherigen nebenamtlichen Ge­schäftsführer des Landesausschusses gegen den Alkoholis­mus, Oberreallehrer Bihler in Stuttgart, zur hauptamt­lichen Arbeit kür diesen Landesausschuß ab 1. April 1930 auf die Dauer eines Jahrs beurlaubt. Die Aufgaben des Landesausschusses haben sich in letzter Zeit so gesteigert, daß ohne eine hauptamtliche Geschäftsführung nicht mehr aus­zukommen ist.

Kommunistischer Aeberfall. In der Nachk vom 25. zum 26. September überfielen nach einer Versammlung der Na­tionalsozialisten in Stuttgart 10 Kommunisten einen auf dem Heimweg befindlichen Nationalsozialisten und schlugen der- art auf ihn ein, daß er schwer verletzt ins Krankenhaus ge- bracht werden mußte. Bisher konnten drei der beteiligten Kommunisten ermittelt werden, nämlich Albert Beck von Stuttgart, der 23jährige Hermann Beckenbach und der 22jährige Max Schmidt von Stuttgart. Der Angeklagte Beck wurde zu einer Gefängnisstrafe von 3 Monaten, Beckenbach zu 1 Monat 15 Tagen Gefängnis verurteilt. Schmidt wurde freigesprochen, da bei ihm die Beweise nicht ausreichen, um ihn zur Strafe zu ziehen.

Rottenburg, 19. Nov. Notstandsarbeiteil durch Gemeinden und Amtskörperschaften. Der Verwaltungsausschuß des Arbeitsamts Reutlingen nahm im Rathaus zu Rottenburg unter dem Vorsitz von Ober­regierungsrat Brendle folgende Entschließung einstimmig an: Der Aufforderung des Wirtschaftsministeriums, Not­standsarbeiten vorzunehmen, können die Gemeinden und Amtskörperschaften insolange nicht die erforderliche Folge leisten, als es nicht möglich ist, in stärkerem Maß alz seither durch Darlehen und sonstige Förderung diese Arbeiten zu unterstützen. Insbesondere bedauert der Verwaltungsaus­schuß, daß die verstärkte Förderung der Notstandsarbeit Straßenbau UrachHülben" vom Landesarbeitsamt ab­gelehnt wurde.

Lauterbach OA. Oberndorf, 19. Nov. Ueberfall. Sonntag abend erschienen vier junge Burschen aus Kirn­bach in der Gastwirtschaft z.Adler" auf dem Fohrenbühl und suchten Streit mit den andern Gästen. Als der 14 I. a. verh. Matthias Hug und der 26 I. a. ledige O e h I e r. beide von Sulzbach, die Wirtschaft verlassen hatten, folgten ihnen die vier Burschen und stachen mit Messern auf sie ein. Hug erhielt zwei Bauch- und sechs Rippenstiche und wurde lebensgefährlich verletzt in das Krankenhaus nach Schramberg verbracht. Oehler erhielt drei Bruststiche. Die Täter wurden verhaftet

Göppingen. 19. Nov. Eine erfundene Räuber­geschichte. Ein hiesiger Arbeiter erstattete in der Nacht zum Freitag Anzeige, einUnbekannter" habe ihn in der Jebenhauserstraße hier wegen einer Zigarette räuberisch erpressen wollen. Als er sich gegenüber dem Unbekannten mit einer scharf geladenen Pistole zur Wehr setzen wollte, habe ihm dieser einen Schlag aus den Arm versetzt, so daß ein Schuß aus der Pistole losgegangen und ihm das Ge­schoß durch die Hand gegangen sei. Die polizeilichen Ermitt­lungen haben ergeben, daß der waffenunkundige Verletzte mit seiner Pistole gespielt und sich selbst in die Hand ge­schossen hat.

Ulm, 19. Nov. Untreue. Der bei der Oberamtsspar­kasse Münsingen früher angestellt gewesene Kassenbeamte O. M., von Hundersingen gebürtig, hatte sich wegen Unter­schlagung zu verantworten. Seit Gründung des Zentral­verbands für Körperschaftsbeamte im Jahr 1922 war er Kassier für den Bezirksverband Münsingen. Die Anklage behauptet, M. habe Vereinsgelder, die er zu Haus liegen hatte, für sich verwendet. Vom Angeklagten wurde das be- j stritten. Das Gericht verurteilte den Angeklagten wegen Untreue zu 14 Tagen Gefängnis, umgewandelt in 300 -K Geldstrafe und zur Tragung der Kosten. Gegen das Urteil soll Berufung eingelegt werden.

Heidenheim a. Br-, 19. Nov. Ein großes Pump­werk. Die Firma 3. M. Boith lieferte in der letzten Zeik nach Niederwartha bei Dresden ein Pumpwerk, das bei einer Förderung von 140150 Meter zwölf Kubikmeter in der Stunde leistet. Die Pumpe nimmt etwa 28 000 Pferde­stärken im Maximum auf. Das Pumpwerk dient dazu, der Stadt Dresden einen regelmäßigen Strombezug zu gewähr­leisten.

Landesausschutz der Zentrumspartei

Ravensburg. 19. Nov. Am Montag tagte hier unter Vorsitz von Justizminister Dr. Beyerle der Landesaus­schuß der Württ. Zentrumspartei. Reichstagsabgeordneter Groß sprach über die Lage im Reich, Landtagsabgeord­neter Bock über die politische Lag« im Land. Letzterer be­tonte. daß sich die württ. Politik durch ihre strenge Sachlichkeit wohltuend abheb« und daß die gegen-

wärtigeKoalitiondurchausersprießl'.chge-

arbeitet habe. Der Vorwurf, daß die württ. Regierung Beamtenstellen «inseitig vergeben habe, sei entschieden zuruck- zuweisen. Beim Landesschulgesetz dürfe die Staatsaufsicht nicht über den üblichen Rahmen hinausgehen und die Mög­lichkeit der Errichtung privater Schulen müsse offen gehalten werden. Die Zurückhaltung bezüglich der Leh­rerbildung habe nichts geschadet. Die finanzielle Seite dürfe bei der Lehrerbildungsreform nicht außer Acht gelassen werden. Die Haltung der Regierung gegenüber dem Versuch, politische Debatten über den doungplan und die Reform der Arbeitslosen­versicherung zu provozieren, war in beiden pullen richtig. Wenn die Lage einmal so weit geklärt fei, daß man Entschlüsse fassen könne, dann werde das württ. Zen­trum zum Poungplan genau so votieren, wie das Reichs­tagszentrum aber man könne sich nicht im voraus m solch wichtigen Fragen festlegen. An der Aussprache beteiligte sich auch Präsident Andre. der di« Wirtschaft des R e i ck, s- ' arbeitsmini st eriums scharf kritisierte und ! die unbefriedigende politische Lage darauf zuruckfuhrte. da» die Landwirtschaft bei der letzten Wahl großenteils zuhause geblieben sei. Der Redner wandte sich auch gegen das unverantwortliche, rein agitationspolitische Verhalten der Sozialdemokratie.

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