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Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
Mittwoch, K. November 1929.
Eine grauenvolle Statistik
Studie der Straße von einem Wandersmann.
(Nachdruck gestattet und erwünscht).
Seit zwei Jahrzehnten existiert in Württemberg für arbeitsfähige und mittellose Wanderer eine bewährte soziale Einrichtung: Die Wanderarbeitsstätten. Damit ist der verhältnismäßig kleine Staat allen anderen Ländern des Reiches in der Wandererfürsorge vorbildlich vorangegangen.
Wer nun den 19. Jahresbericht „des Vereins zur Förderung der Wanderarbeitsstätten in Württemberg" zu lesen Gelegenheit hatte, wird die soziale Bedeutung dieser Fürsorgeeinrichtung voll und ganz erkennen. Die in einem Berichtsjahre verpflegten Wanderer gehen in die Hunderttausende und der Kostenaufwand hierfür ist ein ganz enormer. Nebenbei weisen die sogenannten „Obdachlosenheime" ständig einen guten Besuch auf und erleichtern manchen Stadtsäckel um ein Beträchtliches. Die Ziffern wirken erschreckend und die Zeit wird kommen, wo alle staatliche und private Fürsorge machtlos diesem großen Landstraßenheer gegenübersteht.
Wenn nun von Zeit zu Zeit — und das meist von der kommunistischen Presse — über die wllrttembergischen Wanderarbeitsstätten in mehr gehässiger als sachlicher Weise geschrieben wird und ihre angeblich unzulängliche Beaufsichtigung seitens der Vereinsleitung immer wieder besonders dabei in Erwähnung kommt, so steht aber fest, und ist durchaus anzuerkennen, „daß seitens dieser Leitung alles geschieht, den „Brüdern der Landstraße" bezüglich Ernährung, Bekleidung und Unterbringung das Möglichste zu bieten und begründete Beschwerden seitens der Wände- i rer mit allem Nachdruck zu verfolgen und bestehende Män- ! gel abzustellen. !
Der Verfasser hat als East alle Wanderarbeitsstätten Württembergs und ausnahmslos auch diejenigen jenseits ! der Mainlinie besucht, ihre Fehler und Mängel mit kla- ^ rem Blick erkannt. Der aufgenommene Wanderer darf aber ! nie vergessen, daß er keinen rechtlichen Anspruch zur Auf- ! nähme in ein solches Wanderheim hat, sondern eine solche ! nur guttatsweise genießt. !
Es kennzeichnet die ungemein mißliche Lage unseres ! Wirtschaftslebens und ihre unheilvolle Rückwirkung auf , den im reiferen Mannesalter stehenden Erwerbsuchenden, ! wenn die Statistik schreibt, daß 50 Prozent aller Gäste der ! Wanderarbeitsstätten im Alter zwischen 40—50 Jahren stehen. Wieviel überschüssige volle Manneskraft geht da verloren, wie manches ehedem harmonische Eheleben geht da zugrunde. Die Landarmenhäuser und Strafanstalten , finden hier reichen Zuwachs. j
Ich behaupte auf Grund sorgfältiger Beobachtung, daß ^ ^ aller Wanderburschen niemals eine Wanderarheits- ^ stätte aufsuchen, sondern lieber „wild" gehen und die „Herbergen zur Heimat", meist aber die „wilde Penne" (Gasthaus niederen Ranges mit Fremdenherberge) als vorübergehendes Domizil aufsuchen. In letzterer sind hauptsächlich die Landstreicher zu suchen, die als Gewohnheitsbettler > das ganze Land überschwemmen und tatsächlich jeder gere- !
gelten Arbeit gerne aus dem Wege gehen. Leider gibt es auch „Herbergen zur Heimat" in Deutschland, in denen sich diese Sorte als sogenannte „Gelegenheitsarbeiter" wochenlang aufhält. Ihre Hauptbeschäftigung bleibt aber der Hausbettel und der eigene Augenschein hat mich oft belehrt, daß sich das „Klopfen" (betteln) reichlich lohnt. Ein großer Anschlag in den Herbergen verbietet wohl strenge den An- und Verkauf von Kleidungsstücken etc., aber auf dem Abort und im stillen Winkel wir dann das Erbettelte „verkümmelt" (gegen bar umgesetzt) und der Alkohol findet reichen Absatz.
Die Polizei hält wohl in gewissen Zeitabständen große Razzia ab und säubert gründlich, aber wie Pilze aus der Erde wachsen, bevölkern bald wieder die „Monarchen" (der „ewige" Handwerksbursche und tonangebend unter den Kunden) die Herbergen und sonstige Gaststätten. Ich habe gefunden, daß ein großer Prozentsatz dieser „ungeordneten" Wanderer sich aus Leuten im Alter zwischen 20—30 Jahren zusammensetzt. Ein recht trübes Bild unserer Zeit! Gesuchte Arbeitskräfte verlungern in,der Blütezeit ihres Lebens auf der großen Straße und ungesuchte Arbeitswillige weist man ab mit dem lakonischen Bemerken: „Zu alt!" —
Rettet die Jugend! Dieser tiefernste Mahnruf sollte die deutsche Tagespresse oft, sehr oft an das Reich u. alle Länderregierungen richten.
Im engsten Zusammenleben mit diesen abseits vom Wege stehenden Menschen, die so verschieden in Charakter und Gesinnung, in Alter und Erziehung usw. lernt man eine Welt kennen, an der die große Maste achtlos oder mit einemNaserümpfen vorübergeht. Und doch birgt diese Welt die Brutstätte für den moralischen Zerfall eines grossen Teiles der Heranwachsenden deutschen Jugend. Das bekannte W o r t eines Großen findet hier seine volle Anwendung: „biomo errang kera errsntepeior!" d. h. „Ein irrender Mensch ist schlimmer als ein wildes Tier" oder auch freier übersetzt: Doch der schrecklichste der Schrecken ist der Mensch in seinem Wahn".
Wie zu helfen? Zieht ein lückenloses Netz von Wanderarbeitsstätten über das ganze Reich, gebt dann dem Wanderer für seine vorgeschriebene vierstündige Arbeitsleistung eine geringe Entlohnung in bar (etwa 15 ^ pro Stunde), daß er seine kleinen Bedürfniste (Tabak, Rasieren, Haarschneiden pp) ohne Bettel bestreiten kann. Statt Haftstrafe für Vettel eine zwangsweise Arbeitsleistung von längerer Dauer für solche, die das „Klopfen" nicht lasten können aus „Macht der Gewohnheit".
Der kommende Winter wird aller Voraussicht nach wie- de^ mit einer großen Arbeitslosigkeit beginnen und viel Not und Elend mit sich bringen, die Landstraße wieder mit vielen Hunderttausenden bevölkern und der Bettel wird zur großen Landplage. Nach einmal: Alle bestehende Wanderfürsorge wird machtlos werden. Das Reich muß helfen, um Schlimmem vorzubeugen! R.G.
Aus Stadt und Land
Nagold, den 6. November 1429. Kultur ist etwas ganz anderes als Artistenvergnügen.
Hilfsverein für die vom Hirschunglück in Nagold Betroffenen
Es wird in den Kreisen der in Betracht kommenden Personen mit Freude begrüßt werden, daß der vorhandene Aufwertungsfonds in diesen Tagen zum größten Teil durch die Verwaltung, Oberamtssparkaste Nagold, zur Auszahlung kommen wird. Damit findet ein schon lang gehegter Tkunsch der Beteiligten seine Verwirklichung und die früher geäußerten Bedenken, als ob die angesammelten Gelder für andere wohltätige Zwecke verwendet würden, sind daher hinfällig.
Die landw. Winterschule Nagold
wurde am Montag, den 4. November mit 26 Schülern (12 1. Kurs und 14 2. Kurs) eröffnet. Die Schüler stammen aus den Oberamtsbezirken: Nagold 22, Freudenstadt
sowie je die Hälfte für Mitglieder und Sänger anderer Vereine, soweit sie sich als solche ausweisen können, festge- legt.
Calw, 4. Nov. Amtsjubiläum. Gestern waren es 25 Jahre, da Michael Nonnen mann in Zavelstein zum Ortsvorstand der kleinsten städtischen Eemeindewesens in Württemberg berufen wurde. Nonnemann ist also noch ein „lebenslänglicher" Stadtvorstand. Mit der ihm eigenen Klugheit und eisernen Tratkraft hat er seine an Glücksgütern nicht reich gesegnete Gemeinde zu einem weithin bekannten Fremdenverkehrsort gemacht. Stadtschulth. Non- ncnmann ist ein weit über die Grenzen des Oberamts hinaus sehr angesehener und bekannter Mann, dem auch die Gabe eines sonnigen Humors zu eigen ist.
Aus aller lVelt
Grabmal für Sonrad v. Höhendürf. Auf dem Friedhof von Wien-Hitzing wurde am 4. November das Grabmal für den verstorbenen österreichischen Generalstabschef und Heerführer Feldmarschall Konrad von Hötzendorf eingeweiht. Der Feier wohnten der Bundespräsident, der Bundeskanzler, zahlreiche militärische Abordnungen und die Veteranen bei. Die deutsche Reichswehr war durch den Chef der Heeresleitung, General Heye, vertreten.
Ein deutscher Forscher ln Südamerika verschollen. Mitte Mai 1929 reiste eine deutsche Expedition zur Erforschung der süd-amerikanischen Jndianerstämme unter Führung von Dr. A. W. Ado Bäßler aus und sie wollte Ende November wieder in Europa eintreffen. Dr. Bäßler befand sich, nachdem Peru und Bolivien durchquert waren, aus dem Weg zum Gran Chaco, jenem großen, noch wenig bekannten Gebiet, wo diese drei Staaten ungefähr zusammenstoßen. Seitdem sind die Verbindungsleute der Expedition ohne jede Nachricht von Dr. Bäßler. Er soll mit seinen Begleitern von Indianern gefangen worden sein. Vor kurzer Zeit ist in jener Gegend der französische Forschungsreisenüe Miller verschollen und eine Anzahl Missionsmönche wurden durch vergiftete Pfeile getötet.
Maßregelung wegen Unterzeichnung des Volksbegehrens.
Der Südd. Ztg. werden von einem Schweizer in Zürich zwei Bekanntmachungen der Gesellschaft für deutsche Sprache und Literatur in Zürich zur Verfügung gestellt. In der ersten wird ein Vortrag des Herrn Ernst Schnackenberg aus der preußischen Stadt Altona (bei Hamburg) in Zürich auf 6. November über „Plattdeutsche Dichtung" angekündigt. In der zweiten Bekanntmachung wird der Vortragsabend abgesagt mit der Begründung: „Dem Redner ist von seiner Behörde (in Altona) der bereits bewilligte Urlaub entzogen worden, weil er das Volksbegehren unterzeichnet hatte."
Die Scheidungsklage der Frau Subkoff. Dem aus Deutschland ausgewiesenen Industrieritter Subkoff wurde die Scheidungsklage durch einen Gerichtsvollzieher in Euskirchen zugestellt. Die von Subkoff verlangte „finanzielle Entschädigung" wird natürlich zurückgewiesen. Die Beweisgründe gegen den Schwindler sind niederschmetternd.
Del einem Stierkampf in Saragossa (Spanien) setzte ein stier über die Schranken und stürzte sich auf die Zuschauer. Vier Personen wurden getötet und acht verletzt.
Flucht aus einem russischen Skräflingslager. Aus dem russischen Lager der Insel Solovetsk am Weißen Meer sind 60 Sträflinge geflohen. 13 erreichten die finnische Grenze» die übrigen dürften umgekommen sein. Die Leute berichten von fürchterlichen Zuständen in dem Sträflingslager. 100 Angehörige einer religiösen Sekte, die beschuldigt wurde» eine Revolte versucht zu haben, erhielten im letzten Februar den Befehl, ihre eigenen Gräber zu graben und sich hineinzulegen. Darauf überließ man sie dem Tod des Erfrierens.
Das größte Bombenflugzeug der Welk hat seine Probeflüge in Mailand glücklich durchgeführt. Die Maschine, ein auf den Caproniwerken gebauter Doppeldecker, ist 10 Meter hoch und 28 Meter lang. Die untern Tragflächen haben eins Spannweite von 47, die obern eine solche von 33 Meter. Das Flugzeug, das von sechs Assomotoren von je 1000 PS. getrieben wird, kann eine Höchstgeschwindigkeit von 210 Stundenkilometern entwickeln. Bei voller Belastung kann es 8000 Kilo Bomben und 12 000 Kilo Brennstoff an Bord nehmen. — Das nennt man Abrüstung.
Vulkanausbruch in Guatemala. Der Vulkan Santa Maria in der Nähe der Küste ist am Sonntag und Montag in heftige Tätigkeit getreten. Mehrere Dörser^ mußten ge- räumt werden, auch die 30 000 Bewohner der Stadt üuazal» tenango machen sich zur Flucht bereit. 300 Menschen sollen umgekommen sein.
Erklärung des Oberbürgermeisters Büß zum 5all Sklarek
4. Eine Begünstigung der Gebrüder Sklarek durch mich ist niemals erfolgt und auch niemals in Frage gekommen. Ich habe niemals auf ihre Lieferungsgeschäfte oder Kre-
Berlin, 5. Nov. Oberbürgermeister Böß läßt durch das Nachrichtenamt der Stadt Berlin folgende Erklärung verbreiten :
„Die ungeheuerlichen ehrverletzenden Angriffe, die in
2 und Calw 2. Wie bisher steht die Schule unter der Lei- s girier Abwesenheit, ohne daß ich davon Kenntnis erhielt ^ ..... --.. . - . und wehren konnte, gegen mich erhoben wor
den sind, haben mich aufs tiefste erschüttert. Umso schwerer habe ich es empfunden, daß ich mich auch nach meiner Rückkehr nicht sofort öffentlich dazu äußern durfte, da ich verpflichtet war, vorher die Vernehmung in dem von mir beantragten Disziplinarverfahren abzuwarten. Nachdem diese heute nachmittag erfolgt ist, gebe ich folgende Erklärung ab:
1. Die meiner Frau von den Gebrüdern Sklarek gelieferte Pelzjacke ist ihr als ein besonders günstiger Einkauf von Pelzjacken aufgedrängt worden. Nach Lieferung der Jacke habe ich die Uebersendung der Rechnung verlangt. Da mir der Rechnungsbetrag zu niedrig erschien, ich mich andererseits mit den Gebrüdern Sklarek nicht in Verhandlungen über den Preis einzulasten wünschte, habe ich mich der peinlichen Erörterung dadurch entziehen wollen, daß ich einen Betrag zur Linderung von Not verwandte und die Gebrüder Sklarek hiervon benachrichtigte. Ich erkenne natürlich heute, zumal nach den jetzigen Aufklärungen über die Persönlichkeit der Verkäufer und den Wert der Pelzjacke, daß es unvorsichtig von mir gewesen ist, den Pelzkauf zu dulden und — entgegen meinem ursprünglichen Gefühl — die Pelzjacke nicht zurückzugeben. Einer rechtlichen und sittlichen Schuld bin ich mir nicht bewußt. Die Pelzjacke ist wenige Stunden nach meiner Rückkehr dem Konkursverwalter der Firma Sklarek zur Verfügung gestellt worden. Andere Pelzjacken habe ich und meine Familie von den Gebrüdern Sklarek nicht bezogen.
2. Es ist unrichtig, daß eines meiner Kinder bei der Firma Sklarek ein besonderes Konto „Böß junior" gehabt hat. Ich und meine Familie haben vor mehreren Jahren vereinzelt Bekleidungsstücke von der Firma Sklarek bezogen und nach Lieferung ordnungsmäßig bezahlt. Daß ich überhaupt Waren von der Firma Sklarek genommen habe, erklärt sich aus der llebernahme der städtischen K. V. E. durch die Gebrüder Sklarek.
3. Zwischen den Gebrüdern Sklarek und mir oder meiner Familie haben niemals persönliche oder gesellschaftliche Beziehungen irgendwelcher Art bestanden. Ich und meine Familie sind niemals bei ihnen zu East gewesen, ebensowenig die Gebrüder Sklarek bei uns.
tung von Herrn Oekonomierat Ha eck er.
Ein Grab am Nordpol
Man schreibt uns:
Ein hochinteressanter Film der Schwäb. Bilderbühne wird in den nächsten Tagen im Festsaal des Seminars gezeigt. „Ein Grab am Nordpol" heißt dieser Film, der uns seltsame Dinge, die man nie geseheir hat, greifbar nahe vor Augen bringt. Eine Walfifchjagd die von Anfang bis zum Ende ausgenommen ist, dürfte wohl das Elanzstück dieses Filmstreifens sein. Aber auch das Einfangen eines lebendigen Eisbären, die Jagd auf Walrosse usw. bietet hochinteressante spannende Bilder, die durch ihre Echtheit jeden Senfationsfilm llbertreffen. Mit klopfendem -Herzen verfolgt man das allmähliche Vordringen tapferer Männer in jene Gegend, die, von Eis und Nebel erfüllt, wie das Ende der Welt anmutet. Und ein eigenartiges Gefühl von Beklommenheit und Schwere legt sich auf unser Herz, wenn wir endlich Zeugen der Auffindung der letzten Reste einer im Jahre 1913 verschollenen Expedition sind.
Ein Film, weitaus größer als alle anderen Polarfilme, die wir bisher gesehen haben. Ein echtes Dokument der Geschichte des Kampfes um den Nordpol. Eine Heldentat, bei der sich Wissenschaft und Kinematographie die Hände reichen. Die Vorführungen finden am Freitag und Samstag, 8. und 9. Nov. um 8 Uhr abends statt.
Herbstkonzert
des Arbeitergesangvereins „5rohfinn-
Zum ersten Mal nach seinem Dirigentenwechsel tritt der „Frohsinn" mit einem Konzert an die Oeffentlichkeit und wir dürfen gespannt sein, wie sich der Verein im Laufe dieser Zeit entwickelt und weitergebildet hat. Wir wünschen ihm einen guten Erfolg! Vorgesehen für dieses Konzert am kommenden Sonntag sind Männer- und gem. Chöre, Solis des Dirigenten, Herrn Schmidhuber aus Hirsau, fowie „Südslawische Dorfbilder" (unter Mitwirkung des Gesangvereins Emmingen). Am Flügel wirkt Fräulein Bernhardt-Nagold mit. Der Zeitpunkt des Konzertes ist so gelegt, daß auch auswärtige Gäste es besuchen können. Beginn 4.30 Uhr nachmittags. Als Eintrittspreise wurden 1,50 -4l (1. Platz) u. 1.— (2. Platz),
ditgeschäfte Einfluß genommen oder auch nur Einfluß zu nehmen versucht. Nach der Dezernatsverteilung und der bestehenden Organisation habe ich mit den Lieferungsgeschäften und den Kreditgeschäften zwischen den Gebrüdern Sklarek und der Stadt nichts zu tun gehabt.
5. Es ist mir niemals gemeldet worden, daß die Gebrüder Sklarek hohe Millionenkredite von der Stadtbank erhalten haben. Ich habe von den hohen Mittionenkrediten der Gebrüder Sklarek erst während der zweiten Hälfte meiner Amerikareise erfahren. Ich bin von zeher grundsätzlich gegen hohe Kredite der Stadtbank an private Unternehmen gewesen. Ich habe bereits im Jahre 1925 mit dem damaligen Stadtkämmerer Dr. Karding und dem Geschäftsführer Schmitt der Berliner Stadtbank ausdrücklich vereinbart, daß hohe Kredite der Stadtbank an Private nicht gegeben werden sollen.
6. Ich verurteile aufs schärfste, daß zwischen den Gebrüdern Sklarek und der Stadt Berlin ein Monopolvertrag ohne die städt. Körperschaften abgeschlossen worden ist. Ich habe von diesem Vertragsabschluß erst in Amerika gehört.
Alle Behauptungen, die mit den vorstehenden Erklärungen nicht übereinstimmen, sowie alle sonstigen über mich ausgestellten Behauptungen, die darauf hinauslaufen, daß ich unerlaubte Vorteile irgendwelcher Art in Anspruch genommen habe, sind nuwahr und werden von mir gerichtlich verfolgt werden, gez. Böß, Oberbürgerm.".
Um die frühere Einberufung des Reichstags.
Berlin, 6. Nov. Wie die Telegraphen-Union erfährt, hat Graf Westarp in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Deutschnationalen Reichstagsfraktion an die Reichsregierung das Ersuchen gerichtet, die Abstimmung über die Annahme der Pariser und Haager Abmachungen im Reichstag nicht vor der Abstimmung über den Volksentscheid stattfinden zu lasten und deshalb den Reichstag zu einem früheren Termin als dem ursprünglich vorgesehenen einzuberufen. Graf Westarp hatte bekanntlich bereits in der letzten Reichstagssitzung gefordert, da^ erst das Volk selbst über Annahme oder Ablehnung des Poungplans befragt werden müsse, ehe der Reichstag als Mandatar des Volkes über den Poungplan abstimmen könne.
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